Verehrte Lounger!
Um es vorweg zu nehmen: diese Vorstellung ist ebensowenig etwas für Weichklatschen wie die Uhr selbst.
Wer sich die Brust rasiert, die Augenbrauen zupft oder nur mit gebügelter Unterwäsche das Haus verlässt, der sollte über den Kauf der hier vorgestellten Uhr gar nicht erst nachdenken. Eine Uhr für Männer, nicht für Jungs. Nichts für Neymar Junior, sondern Wayne Rooney inkl. blutverschmiertem Trikot.
Diese Uhr ist kein frisch frisierter Pudel, sondern eine sabbernde Bulldogge.
Verhasste Nachbarn beeindruckt man mit dieser Uhr ebenfalls nicht, man schüchtert sie eher ein.
Genug der Analogien.
Diese Uhr ist roh, massiv, wuchtig, kantig, schwer. Sie ist martialisch und kompromisslos. Love it or hate it- period.
Hier wurde nicht so lange gefeilt, bis man ein rundgelutschtes Produkt für den Massengeschmack gefunden hat, sondern hier wurde einfach mal etwas Derbes rausgehauen, statt den nächsten „Everybody’s darling“ in den Vitrinen platzieren zu können. Vielleicht sogar einen zukünftigen Klassiker?
Nein, sie ist wahrlich keine Uhr, die mit feinem Zwirn matcht. Da ist sie ungefähr so fehlplatziert wie Capital Bra bei der Verleihung des Literaturnobelpreis.
Nur wenige Uhren sind solche Spalter wie diese es unumstritten ist. Trotzdem oder besser gesagt genau deswegen ist sie faszinierend, absolut unverwechselbar, bietet noch nie dagewesene Eigenschaften, ist tadellos verarbeitet und die Detailverliebtheit kam trotzdem nicht zu kurz.
Die Kanten am Gehäuse sind messerscharf und von chirurgischer Präzision, ebenso wie die Einkerbungen der Stahllünette. Das Datumsfenster wurde exakt im gleichen Farbton gehalten wie die Farbe der Leuchtmasse, die Schliffe sind absolut gleichmässig, hier gibt es also auch nichts zu beanstanden- ganz im Gegenteil.
Zum Hybrid- Armband: das passt ganz hervorragend, nicht nur an den Arm, sondern auch an die Uhr. Eine weitere ganz hervorragend zu Uhr UND Träger passende Bandvariante wäre vielleicht noch Stacheldraht.
Nein, man muss sie gewiss nicht mögen. „A face that only a mother can love“ war noch eine der milderen Kommentare, die man nach der Vorstellung auf der Baselworld 2019 lesen konnte.
Aber wie hat Oliver Kahn es unmissverständlich formuliert:
Als Träger dieser Uhr hat man eben jene Eier und schert sich einen Dreck darum, was andere dazu sagen und greift beherzt zu, oder eben nicht und man legt sie mit zittrigen Händen wieder zurück auf das Vorlagetablett des Konzis. Für Letztere Zeitgenossen gibt es dann auch eine fast unendliche Auswahl an politisch korrekten Allerweltsweckern in schönen und weniger schönen Farben, als limitierte Edition (…mit der man dann wahlweise den Regenwald rettet, die Namib mit Frischwasser flutet, den Titikakasee vor dem Austrocknen rettet, Korallenriffe regeneriert oder aber den Andreasgraben glattbügelt…) oder gerne auch mal in der vierundsiebzigsten Ziffernblattvariante in braun-rot-grün-pink inkl. Sonnenschliff.
Wow, wie toll. Warum also nicht mal etwas völlig anderes?
Hier nun ein paar Fotos von dieser überaus missratenen Uhr, dieser Fehlkonstruktion mit absolut unpassender Lünette, die niemand haben möchte:
Ich finde die P01 genial. Natürlich ist sie heavy metal im wahrsten Sinne des Wortes, sie hat Ecken und Kanten, und genau das hat mich neben der Fertigungsgüte derart überzeugt, dass ich mich trotz anfänglicher Zweifel bezüglich der Größe mit Haut und Haaren für sie entschieden habe. Und genau deswegen liegt sie in diesem Jahr unter dem Weihnachtsbaum- als Geschenk an mich selbst.
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.
Beste Grüße, Fabian.