Liebe Gemeinde!
Mit der Marke Cuervo y Sobrinos kam ich zum ersten Mal in den 2010ern in Berührung. Damals hatte mein Essener Stammkonzi die Marke neu aufgenommen.
2021 habe ich dann meine erste CyS selbst erworben. Das kann man übrigens HIER nachlesen.
Die Zweite kam dann im vergangenen Jahr und macht mir auch bis heute noch Spaß. Sie ist eine gelungene Sommeruhr, die viel gute Laune durch ihre Farbgebung macht.
Wer sich dafür interessiert, findet die Vorstellung der Buceador HIER.
Für alle, die die alten Geschichten nicht mehr aufwärmen möchten, hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung der Markenhistorie.
Die Geschichte begann im Jahr 1882, als Don Ramón Fernández Cuervo, der aus Spanien nach Kuba ausgewandert war, zusammen mit seinen sechs Neffen, auf spanisch Sobrinos, eine Juwelierboutique in Havanna gründete.
Im Jahr 1953 eroberte die kubanische Revolution Havanna und die Familie Cuervo musste aus ihrem Geschäft fliehen, nur mit dem, was sie am Leib trugen. Sie ließen das Juweliergeschäft mit seinen verschlossenen Stahlgewölben für die nächsten 40 unberührt Jahre. Infolge des Umbruchs flieht die Familie Cuervo ins europäische Exil. Der berühmte Name gerät für Jahrzehnte in Vergessenheit.
Im Jahr 1997 erhielt der italienische Unternehmer Marzio Villa erstmals Zugang zum ursprünglichen Geschäft in der San Rafael Street in Havanna. Er entdeckt das Potenzial dieser Marke und lässt sie seitdem mit Neuauflagen der in der Schweiz hergestellten und dann weltweit verkauften Originaluhren wiederbeleben.
Cuervo y Sobrinos ist somit der einzige Schweizer Luxusuhrenhersteller mit kubanischen Wurzeln.
Ich verfolge die Marke schon sehr lange, aber habe erst mit der Buceador angefangen auch regelmäßig die Website zu besuchen und mir anzuschauen, was dort an Neuheiten präsentiert wird. Gerade in den letzten zwei Jahren kam vieles, dass mir gut gefiel und sich vom sehr pomadigen Image der 2010er gelöst hat.
So wurde ich dann auch auf die Lonsdale aufmerksam, eine dezente Drei-Zeiger-Uhr mit Vintage-Charme, die auf dem klassischen Cuervo y Sobrinos-Design der Referenzen aus der Blütezeit Havannas in den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts inspiriert ist. Während der traditionelle Durchmesser damals eher etwa 34mm betragen hätte, ist die Lonsdale mit zeitgemäßen 40mm gut proportioniert. Lug-to-Lug liegt der Abstand bei nur 44,6mm, was die Uhr auch für kleinere Handgelenke sehr gut tragbar macht. Die Höhe liegt bei nur 10,5mm inkl. Glas.
EXKURS
Wer jetzt Protest schreit und sich darüber aufregt, dass die Uhr nach einer britischen Boxer-Modemarke mit zweifelhaftem Ruf benannt sei, dem mag ich hier widersprechen, denn das ist eben nicht der Fall.
Lonsdale ist ein klassisches Zigarrenformat, das einige Marken in ihrem Sortiment führen. Der Namensgeber ist der englische Earl of Lonsdale, der Anfang der 20. Jahrhunderts die Maße dieser Zigarre zu seinem Standardformat wählte und große Mengen davon in Kuba bestellte.
Eine Lonsdale Zigarre variiert in den Maßen zwischen 16,5 und 19 cm Länge und 15,8 bis 17,5 mm Durchmesser, was einem Ringmaß von 40 bis 44 entspricht. Die kubanische Formatbezeichnung lautet Cervantes. Die Lonsdale ist also eine lange, schlanke und damit sehr elegante Zigarre. Die Rauchdauer beträgt je nach Abmessung zwischen vierzig und neunzig Minuten.
EXKURS ENDE
Zurück zu der Uhr: Die Lonsdale ist die Idee zweier erfahrener Zigarrenraucher: Scaramanga (Mitbegründer des Uhrensammlerclubs CronotempVs Collectors), der für seine Sondereditions-Kooperationen mit Uhrenmarken bekannt ist – und Marco Gabella, Vorsitzender und Herausgeber der Watchonista und Gründer der Lifestyle-Plattform „The Lounge“.
Diese Beiden Zigarren- und Uhren-Freaks rauchten während des COVID-19-Lockdowns ein paar kubanische Zigarren, während sie via ZOOM verbunden waren (kommt mir irgendwie bekannt vor). Irgendwann kamen sie in ihrem Gespräch auf von Zigarren inspirierte Uhren. Sie hatten die Idee, einen besonderen Zeitmesser mit einer schön gestalteten Box zu erschaffen, der von der Welt der Premium-Zigarren inspiriert ist. Folgerichtig kamen sie zügig auf die Marke Cuervo y Sobrinos.
In einem Interview erzählte Scaramanga, dass sie die reiche kubanische Geschichte von Cuervo y Sobrinos und seine heutigen, von Zigarren inspirierten Uhren und Accessoires kannten, aber sicher waren, dass es noch keine gemeinsame Kreation mit leidenschaftlichen Zigarrenrauchern gab. Also schlug er der Marke exakt das vor, da er der Meinung war, dass die einzelnen Parteien wie geschaffen für einander sind.
Dann ging es an das Design der Uhr, das der DNA von Cuervo y Sobrinos entsprechen sollte. Sie bekamen Dank der Marke und Freunden, die Vintage-Uhren sammeln, zwei Stücke in die Hände, die Ihnen wegen ihrer Mid-Century-Eleganz besonders gut gefielen, die „Tradition“ wegen ihres auffälligen Gehäuses und ein weiteres unbenanntes Stück wegen ihres klaren, dezenten Zifferblatts.“ Marco und er fragten dann bei CyS nach, ob es möglich wäre, die Gehäuse- und Zifferblattdesigns dieser beiden Referenzen von gestern zu übernehmen und sie in Form einer Neo-Vintage-Uhr nachzubilden. Die Idee gefiel CyS sehr gut und so wurde die Uhr geboren.
Eines der ersten Dinge, die an der Lonsdale auffallen, ist die markante Form ihres Edelstahlgehäuses, das für dieses Projekt frisch entwickelt – oder sogar neu entwickelt – wurde. Die geraden Seitenlinien der Bandanstöße breiten sich entlang des Gehäusebands aus und erzeugen ein leichtes Tonneau-Profil. Aber stufenartige Rillen, die an den Seiten bei 3 und 9 Uhr eingeschnitten sind – genau wie damals beim Gehäuse der Tradition – tragen dazu bei, dass das Gehäuse schlanker wirkt.
Die Lonsdale gibt es in drei Zifferblattvarianten, die jeweils 82mal in Kleinserie gefertigt werden. Diese sind nach den Farben traditioneller Zigarrendeckblätter benannt:
- Candela, mit versilbertem und grünem Zifferblatt
- Claro, mit Champagnerzifferblatt sowie
- Oscuro, mit braunem Zifferblatt.
Ich selbst habe mich für die Oscuro entschieden, sie hat ein schokoladenbraunes Zifferblatt.
„Uno de 82“ ist auf jedem Gehäuseboden eingraviert. Zusätzlich ist ein eingravierter „Münzschlitz“ auf dem verschraubten Gehäuseboden eine Anspielung auf das altmodische System, bei dem vor vielen Jahrzehnten die Rückseite mit einer Münze geöffnet wurde. Im Schlitz wurde die Serien- und Limitierungsnummer eingraviert. Das ist alles total liebevoll gestaltet und man versucht damit, eine dem Original getreue Ästhetik zu erreichen.
Im Inneren tickt das Automatikkaliber CYS 5158, bei dem es sich um ein überarbeitetes Sellita SW 261-1 mit 38 Stunden Gangreserve handelt.
Die Box der Lonsdale ist wie eine hochwertige Zigarrenkiste aus spanischer Zeder gefertigt, ist aber zum ersten Mal meines Erachtens nicht als Humidor geeignet. Hier wurde dieses Mal ein wenig gespart. Dafür kommen aber zwei witzige Raucher-Accessoires mit, ein Zigarrenhalter und ein Tube für eine Zigarre.
Auf der Außenseite des Kunstlederbezugs der Box ist ein vergoldetes und geprägtes Rauchwirbelmotiv zu sehen. Hier wird überall geschrieben, dass dies vom „renommierten Uhrendesigner Eric Giroud“ entworfen wurde… ganz ehrlich, ich kannte den nicht und musste erst einmal googlen, aber er scheint wirklich viele coole Uhren entworfen zu haben, unter anderem die PRS 516 von Tissot, etwas für Mido, VanCleef, Vacheron Constantin, usw. Muss also ein echt guter Typ sein.
Dass man allerdings diesen vergoldeten Rauchwirbel so feiert, verstehe ich nicht… solche Zeichnungen hat meine Tochter im Kindergarten damals reihenweise erschaffen.
Zusätzlich zum Kalbslederband gibt es ein gelbes abnehmbares NATO-Armband, das dem Seidenband ähnelt, mit dem Zigarren gebündelt werden. Das sieht echt witzig aus und ist auch gute gemacht, passt allerdings meines Erachtens gar nicht an die Uhr.
Ich habe wie immer beide OEM Bänder in die Box gepackt und mich stattdessen für ein schönes, weiches MAYS Vintage Strap entschieden. Das steht der Uhr ganz ausgezeichnet, da es exakt die Farbe der Ziffern auf dem Blatt aufgreift und es ist vor allem genügend lang für mich.
Ich finde die Uhr unglaublich gut gelungen und feiere sie momentan richtig. Ich bin wirklich froh, dass sie endlich angekommen ist. eigentlich sollte die Auslieferung bereits im Frühjahr sein, aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten bei Zulieferern konnte CyS die Auslieferung erst jetzt im November starten. Noch sind einige Exemplare über ChronotempVs zu beziehen, ich denke aber, viele werden sich nicht nach Deutschland verirren. Hier wird die Marke irgendwie nicht so richtig wahrgenommen, obwohl sie tolle Uhren zu einem angemessenen Preis baut.
Ich bedanke mich für's Reinschauen und Durchhalten bis zum Ende... Ich hoffe, Ihr hattet Spaß, es zu lesen. Es tut mir übrigens leid, dass es "nur" Quinteros sind und keine Montecgristos (wie auf den offiziellen Pressefotos. Ich hatte nix anderes aus Kuba mehr im Humidor... erstens kommt man an die Dinger nicht ran und zweitens sind sie auch noch viel zu teuer... wenn ich davon zu viele rauche, kann ich mir die passende Uhr nicht mehr leisten.