Meine neue EMILE CHOURIET Challenger Deep Red
Liebe Lounger,
viele von Euch wissen sicher um meine Leidenschaft für vor allem klassisch elegante Uhren, auch Dresser genannt. Daher trug und besaß ich bis vor wenigen Tagen auch nur solche. Wenn mich ein Uhrenfreund fragte, wann ich mir eigentlich mal eine Taucheruhr zulege, sagte ich immer: Kommt Zeit, kommt Diver. Denn viele sportliche Uhren gefallen mir durchaus; nur meine ich, diese passen irgendwie nicht zu mir. Wenn mir aber mal ein Diver über den Weg kommt, der nicht gerade ein Kampftaucher ist, sondern einen gewissen eleganten Touch hat, dann könnte ich ja mal meine Uhrenpalette erweitern, habe ich mir immer gesagt. Vor gut einem Jahr (ich hatte hier auch einen Hinweis-Thread eröffnet) entdeckte ich eine solche Uhr, die das hatte, was ich suchte, halt ein Dressdiver, wenn man mal die Bezeichnung so wählen will. Diese Uhr gefiel mir auf den ersten Blick, nicht zuletzt auch wegen des wunderschönen schwarz-roten Zifferblattes und den für Taucheruhren eher ungewöhnlichen Zeigern und Indizes. Es ist die EMILE CHOURIET Challenger Deep Red. Hier erst mal ein Foto von meiner Neuen:
Wie schon gesagt, gefiel mir die Uhr direkt. Allerdings sagte mir der Name des Herstellers rein gar nichts ... nie gehört. Ich hoffe, ich blamiere mich jetzt nicht total und lege nicht meine Bildungslücken offen, wenn mir die Marke unbekannt war. Schließlich machte ich mich schlau und erfuhr, dass Emile Chouriet kein reiner Fantasiename für eine Uhrenreihe ist, die mit zahlreichen anderen Tickern in Fernost vom Band fällt, was man ja erst mal voreilig vermuten könnte, sondern ein kleiner Schweizer Uhrenhersteller aus Genf bzw. Meyrin, der dort auch seine Uhren entwickelt und baut. Irgendwie scheine ich es mit Uhren aus der schönen Stadt oder dem Kanton Genf zu haben.
Mein Interesse war auf jeden Fall geweckt. Allerdings kam dann meine geliebte Baume & Mercier Baumatic und irgendwie verschwand die Emile Chouriet wieder von meinem Radar und leuchtete erst nach einem Jahr, sprich in den letzten Tagen wieder auf, nämlich als ich ohne Kaufabsicht und eher aus Interesse und auch Langeweile mal einen Blick in die Marktplätze der Lounge und des Uhrforums warf. Und da sah ich sie auf einmal wieder im UF, angeboten von einem mir nicht unbekannten Uhrenfreund, gerade mal paar Wochen alt, kaum getragen, in neuwertigem Zustand. Nun konnte ich nicht widerstehen. Das übliche Prozedere lief angenehm und reibungslos und kurz darauf war sie bei mir, die Challenger Deep, und das in einem tadellosen Zustand mit allen Papieren und Zubehör. Noch mal vielen Dank an Dich, Lance, solltest Du hier mal lesen.
Zur Uhr: Ich war natürlich sehr gespannt, was aus dem Paket kommt, wenn ich es erhalte und öffne. Schließlich hatte ich die Uhr mangels entsprechender Konzis und Händler in Deutschland noch nie live gesehen, oder in der Hand gehabt. Wie sieht die Uhr in echt aus, wird sie mir gefallen? Wie wird sie von der Verarbeitung und Qualität her sein? Und ich kann Euch sagen: Ich war und bin wirklich angetan von meiner Neuen. Eine wirklich schöne und wertige Uhr habe ich da erworben, die - obwohl sie kein Dresser ist - sicher ihre regelmäßige Tragezeit bei mir bekommen wird und etwas Abwechslung in meine bescheidene Uhrenkollektion bringt. Aber im einzelnen:
Das Gehäuse der Challenger ist aus Edelstahl, rundum poliert, hat einen Durchmesser von 42,5 mm und eine Höhe von 13 mm. Bei dem leicht gewölbten Glas handelt es sich um Saphirglas. Die einseitig drehbare Edelstahl-Lünette ist mit einem schwarzen Keramikeinsatz versehen. Das Zifferblatt mit Sonnenschliff, welches farblich von außen Schwarz nach innen Rot verläuft und an ein Korallenriff erinnern soll, ist wirklich sehr wertig, wunderschön anzusehen und verleiht der Uhr eine besondere Eleganz. Je nach Lichteinfall oder Umgebungslicht strahlt dieses in einem tiefen Bordeauxrot bis hin zu einem dezenten Dunkelrot, wobei der Sonnenschliff bei entsprechender Lichteinstrahlung einen bis ins Hellrot gehenden, schmalen Schein auf das Blatt projiziert. Die weißen, ohne Rahmen aufgesetzten sowie ziemlich langen und schmalen Indizes, die eher an eine klassische Uhr im Bauhausstil erinnern, geben, zusammen mit den für eine Taucheruhr doch recht untypisch schmalen und eleganten Zeigern, diesem Diver eine aus meiner Sicht wunderbar dressige Note. Die bei Tageslicht weißen Zeiger sowie die Indexe leuchten bei Dunkelheit Dank SuperLuminova in einem gut sichtbarem Grün. Nun bin ich ja ein kleiner Ästhet, weshalb mir direkt der rote Ring an der Krone auffiel, welcher in Anlehnung an die ZB-Farbe dort mit Liebe zum Detail platziert wurde. Die Krone ist übrigens verschraubt, lässt sich problemlos auf- und wieder zuschrauben, hakt nicht beim Rausziehen und funktioniert beim Aufziehen der Uhr sowie beim Stellen von Zeit und Datum einwandfrei. Und auch der Minutenzeiger bleibt beim Reindrücken der Krone genau an der Stelle, an die er gestellt wurde, und verspringt nicht.
Als Kaliber arbeitet in der Challenger das EC9316, hinter welchem sich als Basis das bekannte ETA 2824-2 in Qualitätsstufe Elaboré mit 42 Stunden Gangreserve verbirgt. Der Edelstahlboden ist mit einem Anker verziert und 6-fach verschraubt. Die Wasserdichte beträgt übrigens 30 bar (300 Meter). Das schwarze Band an der Uhr ist aus Kautschuk und wird mit einer Edelstahl-Faltschließe geliefert. Ich hatte bis dato noch nie ein Gummiband an einer Uhr bzw. am Arm, sondern immer Leder oder Edelstahl. Da man aber mit der Zeit gehen sollte und diese Gummidinger modern zu sein scheinen, wagte ich auch hier das Experiment, wohl wissend, dass ich auch ein Edelstahlband nachbestellen oder ein schwarzes Lederband an die Uhr montieren könnte. Ich muss aber sagen, ich finde das Kautschuk-Band gut. Es lässt sich angenehm tragen und die Uhr ist mit diesem nicht so schwer, als wenn da auch noch ein dickes Stahlband dran wäre. Übrigens, weil einige davon sprechen - vor allem bei Oris - dass die Kautschukbänder so stark nach Vanille riechen: Dieses Band hier riecht weder nach alten Autoreifen noch nach Vanille, Schoko oder Erdbeer, sondern einfach .... nach nix. Oder ich habe - ohne es zu wissen - Corona und rieche deshalb nichts. Die Uhr gibt es übrigens auch mit schwarzem Blatt oder blauem Blatt und blauer Lünette, am Gummi- oder Edelstahlband.
Wenn ich was kritisieren wollte, dann vielleicht 2 Dinge:
1. Das Saphirglas spiegelt sich etwas stark. Entweder wurde dieses nicht, oder nicht ausreichend entspiegelt. Dieses dürfte aber vom Hersteller so gewollt sein, da die aufgetragene Schicht schon etwas den Glanz des Zifferblattes beeinträchtigen kann, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, als ich mal eine Uhr nachträglich entspiegeln ließ, was keine gute Idee war. Ferner wäre eine Entspiegelung ja wirklich kein großer Akt, wenn man dieses gewollt hätte. Mich stört das aber bei dieser Uhr nicht besonders. Bei einem Dresser, bei dem man das Glas kaum bemerken sollte, wäre das anders.
2. Taucher sind manchmal etwas flott unterwegs, um z.B. vor einem Haifisch zu flüchten, wollen sie nicht als kleine Mahlzeit im Bauch desselben landen. Und so ist auch meine Challenger vom Gangverhalten her etwas schnell. Ich hatte in diversen Lagen im mittleren Gang +6,2 Sekunden / 24 Stunden gemessen. Zum Vergleich: Meine B&M: -1,1 / meine FC: +0,9. Ich könnte die Uhr bei Gelegenheit mal regulieren lassen, kann aber auch damit leben, da ich diese ohnehin nur immer einen Tag trage, und dann erst wieder nach Tagen, wo ich sie eh neu stellen und aufziehen muss. Sonst aber hätte ich nichts weiteres und sinnvolles zu bemängeln.
Zum Hersteller: Vor über 300 Jahren, im 17. Jahrhundert, gab es in Genf einen begnadeten und sein Handwerk außerordentlich gut verstehenden Uhrmacher namens Emile Chouriet, welcher im Jahre 1685 seine Werkstatt eröffnete und unter Montres Chouriet Company firmierte. 313 Jahre später, nämlich im Jahre 1998, gründete der ebenfalls in der Uhrenindustrie tätige Jean Depéry, dessen Vorfahr, der Uhrmacher François Dagobert Depéry, mit Emile Chouriet zusammen arbeitete, seine eigene Uhrenfirma, welche er quasi als Hommage nach dem Genfer Uhrmachermeister benannte. Fortan begann man mit der Entwicklung und Produktion von Armbanduhren, die schon ein gutes Stück weit von einer eigenen Designsprache geprägt sind. Im Jahre 2012 konnte ein neues Verwaltungs- und Produktionsgebäude in Meyrin / Genf einweihet werden, wodurch u. a. ein Ausbau der Produktionskapazitäten möglich wurde. Schließlich schuf man sogar das erste, hauseigene Manufakturkaliber, das EC5318. Emile Chouriet verfügt über 9 Kollektionen, wobei es sich in der Regel um dressige Uhren handelt, so z.B. bei den Kollektionen Lac Léman und Historique. Die einzige Sportkollektion ist die Challenger-Serie, aus welcher meine Uhr hier stammt. Hier mal eine Zeichnung von Emile und ein Foto des Gebäudes der heutigen Montres Chouriet SA in Meyrin:
Quelle Fotos: emilechouriet.ch
Seit einiger Zeit gehört EC zum FIYTA-Konzern, dem größten Uhrenhersteller Chinas. In Europa ist EC von der Bekanntheit und den Verkaufszahlen recht schwach vertreten. Nur in der Schweiz gibt es ein etwas dichteres Netz an Verkaufspunkten. In Asien ist dieses - sicher auch aufgrund der Muttergesellschaft - anders. Hier erwirtschaftet EC den Großteil seines Umsatzes und ist alles andere, als eine unbekannte Marke. Nun hat so ein kleinerer Uhrenhersteller natürlich auch keine unbegrenzte Kapazität, will man weiterhin alle Uhren in Genf herstellen. Dennoch hat man sich vorgenommen, sich künftig auch stärker in Europa zu etablieren, wie ich las. Der Uhrenfreund, von dem ich die Uhr kaufte, besuchte einmal Emile Chouriet, als er in Genf war. Er trat völlig unangemeldet und einfach mal so ein und erlebte genau das, was ich in gleicher Art bei Frederique Constant erlebte, als ich vor 2 Jahren die schöne Stadt Genf besuchte. Er wurde sehr freundlich empfangen und bekam neben Getränken auch eine kleine Privatführung durch die Räumlichkeiten angeboten. Wie er mir berichtete, begegnete er einem sehr netten und dynamischen Team, das viel Leidenschaft für schöne Zeitmesser verspüren ließ, und konnte während der Besichtigung den Uhrmachern über die Schulter schauen. Wenn ich wieder mal in Genf bin, werde ich wohl nicht nur FC erneut besuchen, sondern auch mal EC.
Zum Challenger Deep: Nun habe ich Euch schon mit so viel Text gequält, dass es langsam mal gut sein sollte. Ist es aber nicht .... Jetzt kommt noch bisschen Geographie und Ozeanographie. Der für die Uhr verwendete Name Challenger Deep ist kein Kunstbegriff, sondern, wie Ihr vielleicht wisst, die Bezeichnung des eventuell tiefsten Punktes unserer Erde. Das Challengertief ist ein Meerestief im Marianengraben im Pazifischen Ozean, etwa 1.800 km östlich der Philippinen gelegen. Letzte Messungen ergaben eine Tiefe von 10.984 Meter. Im Jahre 1960 tauchten die ersten Menschen auf den Grund des Challengertiefs. Es waren der schweizer Ozeanograph Jacques Piccard und sein amerikanischer Kollege Don Walsh im Tauchboot Trieste. Um dieser Leistung zu gedenken, benannte Emile Chouriet die Uhr nach dem Meerestief. Nun ja, auch wenn kein wirklicher Zusammenhang besteht .... irgendeine Geschichte und einen Namen für sein Kind muss man ja finden. Da unterscheidet sich EC aber kaum von vielen anderen Uhrenherstellern und deren Namensfindungen. Erst 52 Jahre nach dem Tauchgang von Piccard / Walsh, nämlich im Jahre 2012, erreichte der dritte Mensch den Grund des Challengertiefs, nämlich der kanadische Filmregisseur James Cameron.
Fazit: Emile Chouriet ist sicher nichts für Prestige-Jünger oder Freunde der großen Namen auf den Zifferblättern. Ebenso wird das zwar eigenständige, aber auch eigenwillige Design der Challenger, bei dem Sportlichkeit mit klassischer Eleganz zusammen geführt wurde, nicht jedem zusagen. Mir hat dieses aber besonders gefallen, weshalb ich mich für die Uhr entschied. Von der Qualität und Verarbeitung sowie vom Tragekomfort bin ich von der Challenger echt begeistert. Nun wird diese Uhr aus einem alten Dresserteur keinen Diverteur machen. Dafür liebe ich die schönen Dresser zu sehr. Spaß macht dieser Diver aber ohne Frage. Und Tragezeit wird er sicher auch genügend bei mir bekommen. Ich freue mich wirklich über diesen schönen und für mich etwas ungewöhnlichen Neuzugang.
Und nun wieder die wichtigsten Daten in der Übersicht:
Hersteller: Montres Chouriet SA (Meyrin GE / Schweiz)
Referenz: 08.1169.G6.AW.R8.8
Material Gehäuse: Edelstahl
Material Glas: Saphir, leicht gewölbt
Material Boden: Edelstahl
Kaliber: Automatik - EC9316 (25 Steine, 42 h Reserve, A/h 28.800) Basis-Kaliber: ETA 2824-2 (Elaboré)
Wasserdichte: 30 bar / 300 m
Durchmesser: 42,5 mm
Gehäusehöhe: 13 mm
Zifferblatt: von Schwarz ins Dunkelrot verlaufend, mit Sonnenschliff
Lume: Zeiger und Indizes mit Leuchtmasse SuperLuminova
Band und Verschluss: schwarzes Kautschukband mit Edelstahl-Doppelfaltschließe
Nachdem Ihr Euch nun wieder durch so einen langen Text gekämpft habt, gibt es zur Belohung noch paar Fotos, ohne die eine Uhrenvorstellung keine Uhrenvorstellung wäre. Angelehnt an die Tiefen des Meeres habe ich die Bilder etwas dunkler gehalten, weshalb auch Ihr diese am besten in einem gedämpften Umgebungslicht betrachtet.
Wenn Euch die Vorstellung gefallen hat, würde ich mich natürlich sehr freuen. Danke fürs Reinschauen und für Euer Interesse.
Beste Grüße
Tom
PS: Und hier noch die Links zu meinen bisherigen Vorstellungen, sollte sie jemand noch nicht gesichtet haben, oder noch mal betrachten wollen:
BAUME & MERCIER Clifton Baumatic
FREDERIQUE CONSTANT Classics Moonphase Manufacture
POLJOT INTERNATIONAL (Alexander Shorokhoff) Zar Peter der Große