„Le Monde du Silence“
Blancpain Fifty Fathoms Concept 2000
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erfahrung mit den zwölf Taucheruhren von Blancpain während der Operation HARDTACK zu nahezu vollständiger Zufriedenheit geführt hat. [...] Es ist nicht der geringste Verbesserungsvorschlag für diese Uhr möglich.“
Abschließender Testbericht der US Navy von 1959 s./E.H. Lanphier
1953, das Jahr in dem alles begann?
Hier kann und muss die Antwort Ja und Nein lauten. Fakt ist auf jeden Fall, dass 1953 von Blancpain und Rolex mit der Fifty Fathoms und der Submariner Uhren lanciert wurden, die wohl als Archetypen der modernen Taucheruhr gelten dürften.
Genauso ist aber auch Fakt, dass es wasserdichte und zum Schwimmen und Tauchen geeignete Uhren schon früher gab, wie die Rolex Oyster, mit der Mercedes Gleitze als erste Frau 1927 den Ärmelkanal (fast) durchschwamm, die verschiedenen für das U.S. Navy's Bureau of Ships entwickelten Canteen Watches und die von Rolex produzierten Panerai Radiomir der italienischen Kampfschwimmer im zweiten Weltkrieg belegen. Als erste industriell gefertigte Taucheruhr gilt die 1932 lancierte Omega „Marine“.
Unabhängig von einander, aber jeweils im militärischen Auftrag, entwickelten in den ‘50er Jahren dann aber Blancpain und Rolex die moderne Taucheruhr, wie wir sie heute kennen und tragen. Während Rolex den Entwicklungsauftrag für die Submariner von der britischen Royal Navy erhielt, stand hinter der Entwicklung der Fifty Fathoms die französische Marine Nationale Française.
Die Blancpain Fifty Fathoms:
Die Entwicklung und das Design der ersten Fifty Fathoms geht auf Capitaine Robert „Bob“ Maloubier und Lieutenant Claude Riffaud der französischen Marine Nationale zurück, die für das Kampftaucherkorps des französischen Militärs eine Uhr brauchten, die auch im Dunklen und bei schlechter Sicht gut abzulesen war.
Dank guter Beziehung Maloubiers zum damaligen CEO von Blancpain Jean-Jacques Fiechter, der selbst auch ein Taucher war, erklärte sich der kleine Uhrenhersteller in Villeret bereit, das Projekt für die Les Nageurs de combat zu verwirklichen und so entstand die „Fifty Fathoms“, deren Namen sich aus der von der Kampfschwimmereinheit geforderten Wasserdichtigkeit von 50 nautischen Faden (300 Feet oder 91,45 Meter) ableitet – die (oder eine) Legende war geboren.
Anders als bei der ebenfalls legendären Rolex Submariner, deren Design über die Jahrzehnte nur behutsam verändert wurde, war die Fifty Fathoms verschiedensten Modeströmungen unterworfen, es fanden sich auch die unterschiedlichsten Uhrwerke in der Uhr.
In den ‘60er und ‘70er Jahren war auch die deutsche Bundesmarine Abnehmer der Blancpain Fifty Fathoms, sie stattete ihre Kampfschwimmer und Waffen- und Minentaucher mit den Uhren aus Villeret aus. Kurios hierbei ist, dass die ab 1960 unter der Versorgungsnummer 6645-12-129-8664 ausgegebenen Uhren nicht die typischen schwarzen Zifferblättern und Lunetten hatten, sondern stattdessen Blau und Orange waren. Die orangefarbenen Uhren wurden den Minentauchern zugeteilt, denn da die Uhren nicht voll antimagnetsch waren, mussten sie vor der Annäherung an eine Mine abgelegt werden und das Orange half den Tauchern nach dem Einsatz beim Wiederfinden ihrer Uhren.
In einem weiteren Punkt unterschieden sich die legendären Taucheruhren Fifty Fathoms und Submariner: im Preis. Bis zum Einschlafen der Marke Blancpain während der Quarzkrise und zur Wiedererweckung im Januar 1983 durch Jean-Claude Biver und Jacques Piguet waren die zeitweise auch unter dem Markennamen Rayville – ein phonetisches Anagramm von Villeret, dem damaligen Stammsitz der Blancpain SA – immer preiswerter als die Uhren aus Genf. Erst 1997, mit Einführung der Trilogy Reihe, kehrte sich das Verhältnis um.
Eine gewisse Berühmtheit erlangte die Fifty Fathoms auch, als Jacques Yves Cousteau und seine Taucher während der Dreharbeiten zum Unterwasserfilm „Le Monde du silence“ („Die schweigende Welt“), der 1956 bei den Filmfestspielen in Cannes die Goldene Palme und 1957 in Hollywood den Oscar als bester Dokumentarfilm gewann, und der TV-Star Lloyd Bridges eine Blancpain Fifty Fathoms Taucheruhr auf dem Cover der Februar Ausgabe des Skin Diver Magazine 1962 trugen.
Die „Trilogy“ und „Concept 2000“ Reihe:
Der älteste Schweizer Uhrenhersteller Blancpain (gegr. 1735) stellte 1997 in Basel die Neuinterpretation ihrer legendären Taucheruhr vor: die Fifty Fathoms „Trilogy“ Reihe.
Die Serie besteht, wie der Name schon impliziert, aus drei Modellen, die die See (Fifty Fathoms), die Erde (Fifty Fathoms GMT) und die Luft (Fifty Fathoms Air Command) repräsentieren sollen. Obwohl die „Trilogy“ Reihe zunächst nicht zur regulären Kollektion von Blancpain (Leman, LeBrassus und Villeret) gehörte, sondern unter „Specialties“ geführt wurde, war die sehr sportlich designte Uhren-Reihe sehr erfolgreich.
Schon zwei Jahre später präsentierte Blancpain dann die auf der Trilogy-Reihe basierende Serie „Concept 2000“.
Technisch waren die Uhren identisch, optisch sahen sie sich sehr ähnlich und waren doch unterschiedlicher wie sie kaum sein konnten. Während bei der Trilogy für Gehäuse und Band konventionelle Materialien (Stahl, Gold) eingesetzt wurden, war man bei der Concept 2000 innovativer: der Rand der Lunette, die Krone und die Mittelglieder des Bandes bestehen aus Kautschuk, bzw. aus mit Glasfaser verstärkten Kautschuk-Elementen. Die Uhrengehäuse und die äußeren Bandglieder waren wahlweise aus Edelstahl, Weiß- oder Gelbgold (letztes in Kombination mit blauem Kautschuk) oder Platin. Für den Londoner Juwelier Asprey und die Monaco Yacht Show wurden zudem Sonderserien aufgelegt.
Der Prospekt:
Die Uhr:
Die Blancpain Fifty Fathoms Concept 2000 sah ich zum ersten Mal bei ihrer Vorstellung 1999 in einem deutschen Uhren-Magazin und schlagartig war es um mich geschehen. Der vorsichtige Blick auf’s Preisschild ernüchterte dann aber sofort: mit 13.700,00 DM kostete die Uhr fast so viel wie ein nagelneuer 90 PS Opel Corsa 16V oder zweieinhalb Rolex Submariner Date und weit mehr als ich mir leisten konnte. So blieb diese Liebe unerfüllt und der Traum verblasste mit der Zeit…
… bis mir irgendwann ein Mitglied eines deutschsprachigen Forums (Danke, Bernd!) mit seiner Concept 2000 vor der Nase herum wedelte. Natürlich stand seine Uhr nicht zum Verkauf, aber das alte Feuer wurde neu entfacht und so erfolgte zwangsläufig der Check der üblichen Verkaufsplattformen: Wenig Angebote und trotz des hohen Alters immer noch hohe Preise – aber machbar.
Mit viel Disziplin zwar, aber machbar.
Das mit der Disziplin sollte sich dann aber doch noch als Problem herausstellen, denn es gibt ja noch sooo viele andere interessante Uhren.
Ende Mai war es dann aber endlich soweit, auf meinem bevorzugten Portal wurden zwei Concept 2000 angeboten, eine mit Standort Riga, Lettland und eine mit Standort Warschau, Polen.
Nach einer kurzen Beratung mit Bernd aka BSBV schien die Uhr aus Polen das bessere Angebot zu sein und nachdem ein paar wenige Fragen mit dem Verkäufer geklärt waren, wurden wir uns schnell handelseinig und die Blancpain gehörte mir.
Nach neun unendlich langen Tagen des Wartens – das Paket kam innerhalb von zwei Tagen von Warschau nach Frankfurt am Main und hing dort dann 5 Tage im DPD Lager fest – stand endlich der Kurier vor der Tür und überreichte mir meine Uhr.
Meine Fifty Fathoms wurde im Juli 2006 von Schmuck- und Uhren Mercury in Moskau dem Erstbesitzer übergeben, zu mir kam sie mit einer originalen, aber nicht zur Uhr gehörenden Box und sämtlichen zur Uhr gehörenden Papieren. Der Zustand der Uhr war ausgezeichnet und auch die Wasserdichtigkeit wurde vor dem Versand noch geprüft und mittels Protokoll belegt. Da mir der Wartungszustand meiner 15 Jahre alten Fifty Fathoms aber nicht bekannt war spendierte ich ihr eine komplette Revision bei Blancpain in München.
Die Spezifikationen
Gehäuse:
Material: Edelstahl 316L, Lunette aus Edelstahl 316L und Kautschuk
Glas: bombiertes Saphirglas, beidseitig entspiegelt
Gehäuseboden: verschraubter und gravierter Gehäuseboden
Abmessungen: Ø 40.50 mm, Höhe: ↕︎ 13.00 mm, Länge (über die Hörner gemessen): ↔︎ 45.00 mm
Gewicht: 122 g
Wasserdichtigkeit: wasserdicht bis zu einem Druck von 30 bar (300 m | 1000 ft | 164 Fathoms)
Eigenschaften: außenliegende, unidirektional drehbare Taucherlunette (120 Klicks) aus Edelstahl und Kautschuk, signierte, mit Kautschuk beschichtete Krone bei 3:00 Uhr
Zifferblatt und Zeiger:
Farbe: „Black Sun“ Schwarz, außen glänzend schwarz, im Zentrum mich Sonnenschliff, polierte Zeiger mit Swiss Super-LumiNova® belegt, aufgedrucktes Logo
Stundenskala: aufgesetzte Ziffern und Indexe mit Swiss Super-LumiNova® belegt, aufgedruckte Minuterie
Zeiger: polierte Schwertzeiger, mit Swiss Super-LumiNova® belegt, trapezförmiges Datumsfenster bei 4:30
Uhrwerk und Funktionen:
Kaliber: von Hand dekoriertes und finissiertes Manufakturkaliber BP 1151 mit automatischem Aufzug, Basis Frédéric Piguet, 21.600 A/h (3 Hz), 185 Teile, Triovis Feinregulierung nach Valdar S.A., Doppelfederhaus, Zentralsekunde, 29 Lagersteine, Glucydur-Unruh, Nivarox-1-Flachspirale, Kif-Flektor Stoßsicherung, kein Sekundenstopp, in 5 Lagen reguliert
Gangreserve: ca. 100 Stunden
Funktion: Stunden, Minuten, Sekunden und Datum
Armband:
Material: Edelstahl und Glasfaser verstärktes Kautschuk, an der Bandanstoßseite 20.00 mm breit, 18.00 mm an der Schließenseite
Farbe: Silber und Schwarz
Schließe: signierte Doppelfaltschließe aus Edelstahl, Tastenverschluß, keine Taucherverlängerung
Listenpreis (2000):
13.700,00 DM
Fazit:
Die Concept 2000 ist nach der IWC Aquatimer GST und der Ocean 2000 die dritte Traumuhr aus den Anfangszeiten meiner Uhren-Leidenschaft und sie gehört wie die anderen beiden auch definitiv zu den Keepern in meiner bescheidenen Sammlung.
Die Uhr ist unglaublich leicht und trägt sich äußerst komfortabel und nachdem Blancpain die Fifty Fathoms mit der „Trilogy“ Reihe in den Olymp der Luxus-Taucheruhren gehoben hat, sind natürlich auch Material- und Verarbeitungsqualität über jeden Zweifel erhaben und sämtliche Details sind hervorragend ausgeführt. Die Typographie von Zifferblatt, Datumsscheibe und Lunette stimmen überein, die Zeiger sind ausreichend lang ausgeführt und die Datumsscheibe hat eine zum Zifferblatt passende Hintergrundfarbe. Das sind sicher Punkte, die von einem Premium-Hersteller erwartet werden können, die aber längst nicht jeder liefert. Ich mag auch das trapezförmige Datumsfenster bei 4:30 Uhr mit den an den Ausschnitt angepassten Ziffern auf der Datumsscheibe.
Auf der Zeitwaage zeigt sich ein hervorragendes Bild und auch am Arm läuft die Uhr ausgesprochen gut – alles andere wäre allerdings auch eine herbe Enttäuschung, denn die Fifty Fathoms wurde gerade erst von Blancpain revidiert.
Auch wenn ich meine Concept 2000 bislang noch nicht sehr oft tragen konnte – das gute Stück war immerhin volle 105 Tage bei Blancpain zur Revision – zeichnet sich doch ab, dass sie zu Recht zu meinen Traumuhren gehört und jeden Cent des doch recht hohen Preises wert ist. Das einzigartige Design geht auch heute noch als aktuell durch und die Uhr macht sowohl in Kombination mit einem Casual-Outfit als auch mit dem klassischen Dreiteiler eine gute Figur.
Danke fürs Lesen.
Quellenhinweise:
Blancpain SA | „Armbanduhren – Wristwatches – Montres Bracelets“ von Christian Pfeiffer-Belli und Gisbert L. Brunner, 2006, Könemann Verlag Köln, ISBN 978-3833125591 | Blancpain „A Tradition of Innovation“ | Blancpain „Edition Fifty Fathoms“ | Chronos Special Blancpain | Blancpain Broschüre „Concept 2000“ | Blancpain Katalog 2000 | Blancpain „Lettres du Brassus“ Ausgabe 18 | „Militäruhren“ von Konrad Knirim
Bildquellen: Bild 1: Omega SA | Bild 2: Rodale, Inc. | Bild 3 bis 10: Blancpain SA | Bild 11 bis 20: own work