Unser Robert (TheLupus) hat letztens in einem anderen Thema den Ausdruck "Stahl-Hype" gebraucht. Hype, kommt ja von hyperbole und bedeutet einfach übersetzt: Übertreibung. Wiki beschreibt die Hyperbel als extreme, im wörtlichen Sinne zumeist unglaubwürdige oder auch unmögliche Übertreibung für die Darstellung oder Hervorhebung des Außergewöhnlichen oder Außerordentlichen.
Bezogen auf Rolex wird schon seit längerem von einem Hype gesprochen. Zwei Zeitmesser stechen besonders heraus: Ein fast 10 Jahre altes und quasi unverändertes Modell (116610LV) wird heute übertrieben begehrt und gesucht. Verzweifelte Konzis schließen Wartelisten, Graue überbieten sich gegenseitig. Vor einiger Zeit hat man die 6-stelligen Subs noch als Pummel-Subs bezeichnet und das Zusammenspiel von schönem Sonnenschliffblatt und blassgrüner Lünette oft belächelt. Die Uhr wurde selten besprochen und ging gebraucht unter Liste weg. Neu bekam man sie mit etwas Wartezeit, teilweise war sie sofort verfügbar. Ein heute über 6 Jahre altes Modell (116710BLNR) konnte mit der blau-schwarzen Lünette anfangs nicht wirklich überzeugen. Das Zusammenspiel von Blau und Schwarz wurde nicht verstanden, wurde sogar kritisiert. Die Uhr war kurz nach Basel 2013 hier und da gut verfügbar. Grau lag sie anfangs schon deutlich unter Liste. Beide Modelle lebten relativ leise vor sich hin. Zumindest war das meine Erfahrung mit diesen Referenzen.
Doch dann irgendwann wurde der Schalter umgelegt! Man sprach vom Kampf des Herstellers gegen den Grauhandel und sogar von künstlicher Verknappung. Folge: Die Uhren wurden nicht schöner oder besser, aber seltener. Und plötzlich entwickelten sich normale Stahluhren zu extrem begehrten Stücken, zu außerordentlichen Zeitmessern, als ob Rolex sie erst 2 Tage vorher mit einer aufwendigen Lasershow dem weltweiten Publikum kurz vor der Tagesschau präsentiert hätte. Ein Bekannter von mir lief plötzlich aufgeregt zu seinen Konzis und bestellte die beiden Modelle. Ich fragte ihn, warum er sie sich nicht schon vor Jahren gekauft hat. Seine Antwort: erst jetzt wo sie schwer zu bekommen sind, finde ich sie cool und interessant. Mir blieb nur ein .
Am Ende des Tages sind es also nicht die Neuheit, die besondere Optik oder technische Performance einer Uhr, die einen Hype auslösen, sondern vielmehr einfache Verfügbarkeiten. Dabei ist es egal, ob es vergangene Modelle sind, die man früher relativ entspannt kaufen konnte. Begehrlichkeiten können also auch anders geweckt werden. Für mich ist es verständlich, wenn eine Daytona weiterhin ihren Mythos mit sich trägt oder die Reinkarnation der Stahl-Pepsi eine besondere Aufmerksamkeit bekommt und die Uhr gesucht wird. Aber der Hype um diese beiden "Superhelden" ist schon wirklich besonders, ja unglaublich und tatsächlich übertrieben. Begleitet wird es seit kurzem noch durch den 11 Jahre alten Ladenhütter 116710LN, den keiner mehr wollte und somit auch von Rolex aus dem Programm verbannt wurde. Plötzlich ebenfalls "holy grail" und die Überuhr aus Biel. Über Nacht bis zu 5k rauf. Sogar für abgerockte Zwiebeln. Ein ebay-Verkäufer aus Norddeutschland schreibt in seinem aktuellen Angebot gar "Die GMT II LN ist damit die meistgesuchte Rolex überhaupt." Was soll man dazu noch sagen? Fehlt eigentlich nur noch ein Alias als Superheld.
Fazit: Superhelden bestechen durch übertriebene Fähigkeiten. Das passiert aber nicht nur im Comics so, sondern offensichtlich auch bei profanen Stahluhren. Bin gespannt was uns noch so erwartet. Teils finde ich es bedauerlich, aber auch außergewöhnlich und unterhaltsam ist es allemal.
Was meint Ihr? Schöne Woche noch.