Hier noch ein paar Details zur Revision: Abwicklung lief über Wempe HH, gemacht wurde es in München. Auf die ausgeführte Grundüberholung wird eine 24monatige Garantie gewährt - d.h. zumindest in den kommenden zwei Jahren kann eigentlich nichts passieren.
Teile zu tauschen ist ja relativ unkritisch, das ist dann "wie neu" oder im Falle des Drehrings sogar besser. Entscheidender ist, wie am Ende das Gehäuse aussieht.
Das Aquatimer-Gehäuse ist schon relativ komplex und kleinteilig, also keine triviale Aufgabe. Bei der Cousteau handelt es sich um eine 3548-03, also ein Modell der ersten Serie - ähnlich wie die ganz frühen "normalen" 3548 aus dieser Generation hat sie deshalb polierte Seiten, wie bei einer GST Aquatimer 3536. Erst nach ca. einem Jahr wurde auch an den Flanken der heute bekannte Streifenschliff eingeführt. Ob das jetzt eine Oberholung erleichtert, kann ich nicht so einschätzen - zumindest sehen aber vorherige Tragespuren auf polierten Flächen schlimmer aus.
Eine Gefahr bei der Überholung ist, dass man am Ende ein "rundgelutschtes" Gehäuse hat. Bei den Aquatimern kann man das sehr einfach an drei Stellen überprüfen:
- Die Lünette muss spürbar über den Mittelteil des Gehäuses überstehen
- Die Stahlstifte am Band dürfen nicht plan mit dem Gehäuse abschließen, sondern müssen (mindestens an einer Seite) deutlich vertieft sitzen
- Der Übergang zum Band muss passig sein.
Dazu kommt, dass im Neuzustand nicht jede Kante "scharf" ist, sondern insbesondere an den Hörnern weiche Übergänge vorgesehen sind mit einer leicht gebogenen Oberfläche. Um das hinzukriegen, darf nicht jede Tragespur komplett herausgeschliffen werden - dann hat man zu viel Materialverlust. Wenn man die Uhr mit der Lupe anschaut, kann man deshalb noch ab und an die Reste tiefere Spuren sehen - allerdings fällt das am Arm nicht auf.
Die zweite Besonderheit ist der Boden: Der wird bei der Cousteau NICHT aufgearbeitet, wie bei allen Uhren mit Gravuren. Das ist eigentlich auch vernünftig - zum einen sieht man den Boden eh nicht am Arm, zum anderen sieht man sonst oft nur noch blanke Deckel. Z.B. bei den klassischen Super-Compressoren aus den 60er/70er Jahren sind die Schriften in der Regel weg und auch Taucherhelme, U-Boote etc. haben meist stark gelitten.
Ein paar Bilder dazu:
Oben rechts am Horn sieht man noch eine ganz kleine Delle, der Übergang zum Band (das nicht aufgearbeitet ist) passt und man kann auch noch gut den vertieften Bandstift sehen:
Der neue Drehring ist jetzt satt orange:
Wer gute Augen hat, kann innen zwischen Lünette und Glas noch drei klein Kerbchen sehen - innen kann man die Lünette nicht abschleifen, da sie sonst nicht mehr passig ans Glas anschließt
Der Bodendeckel ist unbearbeitet - war aber auch vorher nicht zu gerockt wie der Rest der Uhr:
Das neue Zifferblatt hat wieder den perfekten Glanz:
Und die polierten Flächen und Anglagen glänzen wieder:
Das Glas ist nicht billig, aber soll auch bis 100bar halten:
Und die Kostenseite? Im Vergleich zu meiner vergangenen Cousteau liegt es ungefähr gleich, wenn man die Revision wertsteigernd berücksichtigt und die Kosten für das fehlende Band noch gegenrechnet.
Zur Nachahmung empfohlen? Nicht unbedingt - denn das hätte auch schief gehen können und mit einem abgesoffenen Werk wäre der komplette Kaufpreis perdu gewesen. Und das war durchaus knapp. Drei Sachen habe ich für mich mitgenommen:
- Von starken äußeren Gebrauchsspuren sollte man sich nicht zwingend abschrecken lassen - auch hunderte kleine Kratzerchen sind kein Problem. Allerdings kann eine einzige richtig tiefe Kerbe oder Delle ein KO-Kriterium sein.
- Einen Glastausch muss man bei solchen Uhren einplanen und gerade bei echten Divern dafür mit ca. 200 Euro (und mehr) rechnen.
- Entscheidend ist der Blick aufs Werk: Bei Feuchtigkeit droht Totalverlust - und das kann eben trotz einer bestandenen WD-Prüfung der Fall sein.
Der letzte Punkt ist der eigentlich kritische, den ich auch unterschätzt hatte: Alles lässt sich regeln, nur ein Wasserschaden kann wirklich zum Totalverlust führen. Kein normaler (auch gutgläubiger) eBay-Verkäufer hat das Werkzeug, um Werksbilder zu zeigen. Da bleibt also immer ein Risiko - denn wie geschrieben, auch diese Uhr hat mehrfach den WD-Test bestanden und trotzdem war Feuchtigkeit in der Uhr.
Deshalb: Nichts für schwache Nerven - und leider ohne Garantie, dass es am Ende immer ein Happy End gibt...
Gruß,
Christian