Aktuelle IWC für den Alltag: Teil 1 - IWC Aquatimer Automatic IW328801

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Uhrenfreunde,


    die ruhigen Tagen um den Jahreswechsel bieten ein wenig Gelegenheit, zu lange liegen gebliebene Aufgaben endlich abzuhaken und wieder ein wenig "klar Schiff" zu machen. Auf meiner diesjährigen Liste standen auch einige Uhren, die zum Teil schon etwas länger bei mir sind, die ich aber noch nie richtig vorgestellt habe.


    Bekanntermaßen bin ich ja der Marke IWC durchaus zugeneigt, was sich auch entsprechend in der Sammlung niederschlägt. Deshalb ist es schon überraschend, dass über viele Jahre keine oder nur eine Uhr aus der aktuellen Kollektion darunter war. Das hatte verschiedene Gründe - so kaufe ich fast alle meine Uhren gebraucht und das benötigt naturgemäß immer einer gewisse Zeit, bis sich für aktuelle Modelle ein relevanter Gebrauchtmarkt bildet. Dann gab es in vielen Kollektionen einen relativ raschen Wechsel, so dass manche Uhr nach kurzer Zeit "alt" wurde - auch wenn oft das Nachfolgemodell nicht wirklich dramatisch verändert wurde. Und schließlich machte es einem die Preisentwicklung der vergangenen Jahre auch nicht leichter, sowohl was die Listenpreise als auch was die Rabatt-Neigung anging.


    In den letzten zwei Jahren haben dann aber doch (für mich selbst etwas überraschend) gleich drei aktuelle Modelle den Weg zu mir gefunden: Eine Flieger, eine Portugieser und eine Aquatimer. Alle aus dem erweiterten (IWC-)Einsteigersegment, alle mit einem Inhouse-Kaliber der neuen Generation und alle eher aus der Kategorie "schlicht und ergreifend". Als erste möchte ich die Uhr vorstellen, die als letzte den Weg zu mir gefunden hat:


    IWC Aquatimer Automatic IW328801


    Wir haben ja in den letzten Jahren einen regelrechten Uhrenhype erlebt, der ganz wesentlich zwei Kategorien betraf: Sportlich-elegante Stahlsportuhren mit integriertem Band ("Genta-Uhren") und Stahl-Taucheruhren (ins. Rolex Sportmodelle). Wohl kaum eine Marke hat sich diesem Trend so erfolgreich entzogen wie IWC. Zwar gehört IWC mit der Ingenieur SL 1832 zum originalen "Genta-Trio" und hat über Jahrzehnte in den 80er, 90er und 00er Jahren mit meist mäßigem Erfolg versucht, dieses Design unter die Leute zu bringen. Aber als man endlich vom Trend eingeholt wurde, hat man sich diesem Uhrensegment komplett verweigert und stattdessen die belangloseste Ingenieur-Kollektion der Marken-Geschichte in die Vitrinen gestellt. Wo diese Uhren mangels Käufern auch heute noch liegen. Noch spannender war der Ansatz beim heiß gelaufenen Markt der Taucheruhren, wo inzwischen viele Rolex-Wartelisten-Opfer bereit waren, sich auf andere Marken zu stürzen. Die Antwort von IWC lag hier in einer kompletten Angebotsverweigerung - seit 2013 dümpeln 2,5 Aquatimer-Modelle vor sich hin, ergänzt um die eine oder andere absonderliche Special Edition.


    Und so war es nur konsequent, dass man eine eigentlich doch relativ einschneidende Produktneuerung, nämlich die Umstellung auf Inhouse-Werke, bestmöglich vor der interessierten Öffentlichkeit abschirmte - die Uhren waren einfach irgendwann da und sahen zudem noch (fast) genauso aus, wie die Vorgängermodelle. Gut, die Preiserhöhung hatte man nicht vergessen, auch wenn die tatsächlich für Richemont-Verhältnisse sogar überschaubar ausfiel.


    Und so hat man nun eine interessante Situation: Eine Tauchuhr, die unheimlich viele Boxen tickt - hochwertig verarbeitet insbesondere bei Gehäuse und Band mit Schnellwechsel- und Schnellverstellsystem, ein eigenständiges Design, nicht zu groß und nicht zu klein, Inhouse-Werk mit der heute obligaten langen Gangreserve, preislich zwischen Rolex und Omega - und das Ganze sogar verfügbar bei jedem Konzi.


    Also ein sicherer Renner - wenn diese Uhr nur irgendjemand wahrnehmen würde... Bei der Werbung waren sie definitiv schon mal mehr auf Zack in SH und so bleiben nur absolute Hardcore-Kunden wie ich, die sich selbst bereits für den Halbvorgänger mit dem ETA-Werk erwärmen konnten.


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    Nach 6 Jahren kann ich da übrigens ein klares Urteil fällen: Für mich ist das eine Super-Uhr, die mir gerade im tatsächlichen Einsatz am Strand und auf dem bzw. im Wasser jeden Sommer treue Dienste leistet.


    Ich war deshalb schon fast so weit, beim Konzi vorstellig zu werden, als ich dann doch (ähnlich wie bei der 3290 übrigens) auf ein mediterranes Gebrauchtangebot stieß, das ich nicht ablehnen konnte - da kann man sich ja auf die Italiener verlassen ;)


    Und so fand im Spätsommer die Aquatimer 3288-01 mit dem blauen Blatt den Weg zu mir. Gekauft hatte ich sie nur mit dem blauen Kautschukband (das an der Innenseite etwas überarbeitet wurde), da das Stahlband meiner 3290 kompatibel ist - und der Tausch eine Frage von Sekunden ist. Deshalb auch bei den Fotos nicht über Macken am Band wundern - das ist 6 Jahre alt, die Uhr selbst kam neu und verklebt.


    Zu meiner eigenen Überraschung hat sich diese blaue Aquatimer als ein ziemlicher Treffer entpuppt: Die Uhr läuft seit Ende September (ohne Uhrenbeweger!), was bei mir in Anbetracht täglicher Uhrenwechsel absolut rekordverdächtig ist. Dazu kommt, dass die Uhr extrem genau läuft und den 3,5 Monaten der Nutzung bei ganz unterschiedlicher Gangreserve eine Abweichung von <20s angesammelt hat, also rechnerisch wenige Zehntelsekunden pro Tag.


    Optisch sind die Veränderungen nur minimal, im Prinzip hat man das Zifferblatt der Cousteau-Version in das normale Gehäuse verpackt, also ohne die Gravur auf der Rückseite. Von vorne kann man die Modelle mit den Inhouse-Werken nur ein einem Detail erkennen: Das Datum hat jetzt nicht mehr die ETA-Standardschriftart sondern den typischen IWC-Font, wie er auch schon beim Kal. 80 verwendet wurde. Eigentlich also nichts Neues, trotzdem schaue ich auch heute noch öfters verträumt aufs Handgelenk... :lupe:


    Damit das etwas anschaulicher wird, hier nun endlich ein paar Bilder:


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    Hier erkennt man gut die Schriftart des Datums:


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    Die Spitze des Sekundenzeiger ist orange abgesetzt:


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    Unter Insidern als "Duschkopf" bekannt - das Gehäuse für die Kupplung des Drehreifs:


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    Die Maße der Uhr sind mit 42mm Durchmesser und 14,1mm Höhe noch sehr erträglich, zumal die Uhr durch den flachen Boden und die sehr weit herunter gezogenen Hörner satt am Handgelenk sitzt:


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    Das Band ist sehr flach, vor allem die Schließe - heute geht ja der Trend zur Feinverstellung in der Schließe, was aber den großen Nachteil hat, dass diese dann meist sehr ausladend und kastig wird und damit im Alltag Zusammenstöße vorprogrammiert sind.


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    Im Sommer kann man hier entweder das Band schnell anpassen oder einfach auf Kautschuk wechseln:


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    Der Blauton des Zifferblatts ändert seine Wirkung je nach Lichtverhältnissen:


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    Fazit: Unter meinen Zugängen 2022 war das die positive Überraschung - und es ist mir nicht begreiflich, warum IWC im Tauchersegment so desinteressiert ist - das ist ein Riesenmarkt und es gibt genügend Leute, die von der "Das ist nur ein Ausstellungsstück"-Welt die Nase voll haben und dankbar wären, für spannende Alternativen.


    So bleibt es eine Uhr für die Nische - aber eben eine ziemlich gute, wie ich finde :G


    Gruß,

    Christian

  • Hi Christian,


    vielen Dank für die geniale Vorstellung. Da ich mich seit ein paar Monaten ebenfalls mit den Tauchern von IWC beschäftige, hat sie mich besonders interessiert. Kann dir nur beipflichten, dass ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, wie stiefmütterlich man bei IWC das Segment Taucheruhren behandelt und stattdessen die 250. Limited edition der Portugieser oder sonst was rausbringt.


    Viele Grüße und komm gut ins neue Jahr

    Wolfgang

    nach den Gesetzen der Physik kann die Hummel nicht fliegen - aber sie kümmert sich nicht drum und fliegt einfach :wink::wink::wink:


    Breaking News: I don’t care

  • Trefflich geschrieben- man kann das Verhalten der IWC wirklich nicht nachvollziehen.


    Umso schöner, dass du einen solchen Treffer gelandet hast. Glückwunsch

    :wink: Benny :wink:

    Die junge Generation hat auch heute noch Respekt vor dem Alter; allerdings nur noch beim Wein, beim Whisky und bei Möbeln.
    Truman Capote



  • Sehr schöner Bericht über die Aquatimer :respekt:!

    Auch ich bin schon zum zweiten Mal einer 3580 erlegen, rein von den Massen her absoluter Wahnsinn (Höhe 21 mm, Durchmesser 48mm und nicht wie von IWC angegeben 46mm!).

    Aber am Arm absolute TOP. Bin noch nirgend hängen geblieben. Und von der Leuchtmasse her ein Traum.


    Weshalb IWC die Aquatimer so stiefmütterlich bewirtschaftet ist mir ein Rätsel. Es wäre ja schön wenn die Aquatimer wieder einmal ein UpDate bekämen.


    Auch bei den Ingenieuren bin ich voll und ganz deiner Meinung - auf diese hätten Sie besser verzichtet und die alte Genta-Modelle im Programm gelassen.


    Aber bei IWC ist es wie immer, die alten Modellreihen werden erst geschätzt wenn sie nicht mehr im aktuellen Programm sind, zumindest bei den Ingenieuren und den Aquatimer!



    LG Markus

  • Klasse Vorstellung. Schiele ja auch schon länger Richtung IWC, aber bei der Aquatimer gefällt mir der „Duschkopf“ (die Bezeichnung kannte ich bislang nicht dafür, passt aber perfekt) nicht, und die Ingenieur ist mir im Gegensatz zu den „alten“ Modellen zu langweilig. Aber vielleicht kommt da ja demnächst mal was neues, wenn denen die Farben bei den Fliegermodellen ausgehen. :G

  • Treffender kann man die Vernachlässigung der Ingenieur- und Aquatimerlinie nicht beschreiben.

    Leider wahr, oder doch eher Glück, da diese dann nicht so gehyped sind wie andere Marken? Ich weiß selbst nicht, wie ich darüber denken soll.


    Auf alle Fälle vielen Dank Christian, für deine Vorstellung.


    Aquatimer hmmm, das war und ist für mich so die Nummer 4 bei der IWC. Nach den Fliegern, Portugiesern und Ingenieuren.

    Bei der Werksbesichtigung diesen Sommer wurden dann alle Uhren der aktuellen Kollektionen aufgetischt. Und was soll ich sagen, an den ganzen Fliegern und Portugiesern hatte ich mich scheinbar satt gesehen und ich hatte an diesem Tag nur Augen für genau diese Aquatimer am Kautschukband.

    Die perfekte Größe, sie lag super am Arm. Das Zifferblatt mit herrlichem Sonnenschliff, das Spiel der polierten und satinierten Flächen und Kanten machen sie zu einem wirklich erstrebenswerten Hingucker.

    Auch wenn ich aktuell keinen weiteren Diver kaufen möchte, behalte ich genau diese Referenz im Hinterkopf. Vielleicht ergibt sich ja mal eine günstige Gelegengeit.


    Uwe, bei den Ingen könnte nächstes Jahr was passieren.;) Preislich dann aber wohl im 5stelligen Bereich:schock:

  • Danke für die - wie immer - wunderbare Herzblut-Vorstellung der "neuen alten" Aquatimer.

    Ich kann jede Deiner Aussagen mit vollster Überzeugung unterschreiben.

    Auch ich schleiche als IWC- Freund seit der Neu-Auflage des ehemaligen Costeau-Modells um genau diese Uhr umher -

    zur Zeit halten mich noch die verschwundenen Rabatte und die große Ähnlichkeit zu meiner ETA-Kaliber Ref.3290 Aquatimer davon ab, stärker auf die Suche zu gehen.

    Darüber hinaus bin ich ein weiteres Interessenten-Liste-Opfer.;)


    Weiterhin viel Spaß mit dieser Uhr und Deiner großartigen Sammlung.


    Christian

    • Offizieller Beitrag

    Danke für die Glückwünsche :wink:


    Napier : Das Problem mit der Ähnlichkeit hatte ich auch, wobei ich da ja relativ schmerzfrei bin im Aquatimer-Segment. Am Ende habe ich mich selbst überzeugt, dass das unterschiedliche Werk und die andere Zifferblattfarbe ausreichen für eine Abgrenzung. Jetzt im Alltag kommt dazu, dass ich die 3288 praktisch nur am Stahlband trage und die 3290 nur am Kautschuk - und damit sind das ja unstrittig komplett unterschiedliche Uhren ;) :G ...


    supporter_bsc : Ich bin auch gespannt, was bei den Ingenieuren kommt - da der Genta-Hype gerade deutlich abklingt, wäre es vom Timing her genau in der IWC-Tradition, jetzt mit solchen Modellen herauszukommen. Anschauen würde ich sie mir trotzdem, denn wie man an der 3239 sieht (die ja zu Lebzeiten eher ignoriert wurde), gibt es da schon Bedarf für eine neue Interpretation des Themas - vor allem, wenn man da dann auch wirklich mal im Laden kaufen kann.


    Volvo : So bekloppt die 3580 auch ist von den Dimensionen her (und dass man für 200 bar nicht solch einen Klopper braucht, hat IWC ja schon in den 80ern bewiesen...), muss ich auch gestehen, hier bereits ein paar Mal ernsthaft überlegt zu haben :rotwerd: . Ich habe ja noch einen Omega PO Chrono hier liegen, der auch eine Höhe von 19,2mm und einen Durchmesser von 46mm hat und das in Stahl - geht auch. Mich schreckt nur das Glas etwas, denn wenn man da einen Chip rein macht (was schon passieren kann), dann wird es richtig teuer...


    Gruß,

    Christian

  • Hallo Christian

    Da das Glas abgeschrägt ist, ist die Angriffsfläche nicht so krass wie bei einer 90 Grad-Kante.

    Ich habe die 3580 praktisch ein Jahr ununterbrochen getragen - die Kratzer hat das Gehäuse abbekommen und nicht das Glas! Wobei ich sagen muss, dass ich meine Uhren eng trage und das grobe Kautschukband so, sehr angenehm zum tragen ist.

    Weiter muss ich gestehen, dass Glas macht einen grossen Teil der Faszination dieser Uhr aus.

    Für mich war die Uhr nie ein Thema bis ich die Uhr Live in Schaffhausen gesehen und gefühlt habe - danach war es um mich geschehen, die 3795 (Charles Darwin) musste gehen und die 3580 hielt Einzug. Noch ein kleines Gimmik hat die Uhr, die SL der Minuterie (Minutenzeiger und Drehring) leuchten Orange, der Rest in Blau.

    Dass IWC auch flach kann hat Sie ja mit der Océan 2000 bewiesen, die hat eine Bauhöhe von ca. 12 mm.


    Ich bin jetzt schon der Überzeugung, dass diese Uhr noch Zuspruch bekommen wird nicht heute, aber die Zeit wird kommen, wie so oft bei IWC Taucher-Uhren (Océan, GST 3536, …).




    LG Markus

  • Moin Christian,


    vielen Dank für deinen wunderbaren Beitrag der Aquatimer.


    Auch wenn ich mir in diesem Jahr einen Pilots Chrono in blau zugelegt habe,

    so könnte ich mir diese wunderschöne Uhr auch noch in der Zukunft vorstellen.


    Allen Member einen guten Rutsch und ein gesundes Jahr 2023!


    Gruß Simon