Alte Fliegeruhren

  • Hallo Leute,


    die Fliegeruhren von Steinhart orientieren sich ja an alten Vorbildern. Nachdem wir in einem anderen Fred kurz die "Originalitätsfrage" gestellt hatten, habe ich mal was zusammengetragen.


    Also:


    Bei der deutschen Wehrmacht (WW2) gab es zum Teil sehr detaillierte Vorgaben, wie ein Einsatzzeitmesser auszusehen hatte. Dies betraf sowohl die Zifferblattgestaltung (z.B. Ablesbarkeit, Verwendung von Leuchtmasse, schwarzes Blatt) wie auch die Uhrwerkstechnik (z.B. Anzeigen, Gangwerte, Robustheit). Die auf Basis dieser Vorgaben gebauten Uhren gelten heute gewissermassen als die Mütter aller Fliegeruhren.


    Die sog. Navigations- oder Beobachtungsuhren waren i.d.R. für den (Bord-)Navigator gedacht und kamen in erster Linie von Lange, Wempe, Stowa, Lacher und IWC. Charakteristisch war die Zentralsekunde, die Grösse von 55mm Durchmesser, die griffige Krone (auch mit Handschuhen zu bedienen) sowie die klar gestalteten Zifferblätter mit dem Dreieck bei der 12. Grundsätzlich gab es zwei Blattvarianten, zum einen mit grossem Stundenkreis und zum anderen mit grossen Minutenkreis und kleinem Stundenkreis, manchmal auch mit Grandmassskala.


    Die Gehäuse waren im einfachsten Fall aus lackiertem Messing, häufig aber vernickelt, selten aus Edelstahl. Das Finish war immer matt, farblich von silbrig-grau bis mittelgrau. Die Zeiger wurden zum Schutz vor Korrosion gebläut. Die Bänder waren aus Gründen der Robustheit aus dickem Leder, beidseitig genietet, und hatten Überlänge, da die Uhren i.d.R. über der Flieger- bzw. Feldjacke getragen wurden, häufig sogar am Oberschenkel.



    Die verwendeten Werke waren gemäss des damaligen Stands der Technik robuste (Taschenuhren-)Werke mit (indirekter) Zentralsekunde, Sekundenstopp, Handaufzug, ohne Datum. Die Werke waren i.d.R. grainiert und vergoldet, hatten einen Schwanenhals, manchmal eine Stosssicherung, vereinzelt auch Chatons.



    Die Bilder zeigen einmal IWC und zweimal Lange, wobei sich die Hersteller nicht wesentlich unterscheiden. In der Lounge gibts noch ein paar Hochglanz-Pics von Originaluhren zum Gucken, Suchwort "Beobachtungsuhr".


    Viele Grüsse
    Eisbaer

  • Danke für den Beitrag - aber einige ergänzungen:


    Zitat

    ........kamen in erster Linie von Lange, Wempe, Stowa, Lacher und IWC


    Die Uhren, die vom RLM (Reichluftfahrtsministerium) bestellt wurden, kamen ausschließlich von den genannten Herstellern.


    Zitat

    ............zwei Blattvarianten, zum einen mit grossem Stundenkreis und zum anderen mit grossen Minutenkreis und kleinem Stundenkreis


    Der Typ 1 wurde bis 1941 gefertigt (großer Stundenkreis), der Typ 2 anschließend für die restlichen 992 Jahre des 1000jährigen Reichs. :bgdev::bgdev:


    Zitat

    .............i.d.R. über der Flieger- bzw. Feldjacke getragen wurden, häufig sogar am Oberschenkel.


    "über dem Jackenärmel" ist als Variante verifiziert und okay, dagegen "am Oberschenkel" leider eine Legende, die nirgendwo belegt ist und auch keinen Sinn machen würde: WIE soll der Nutzer die Zeit ablesen ( und außerdem sollte er recht dünne Oberschenkel haben)? :rolleyes:


    Tolle und fast wissenschaftliche Beiträge gibt es hierzu im" Flying Time " - Forum.




    Volker

    ALDI Funkuhr, FLÖTENSCHNIEDEL Regulateur mit Tourbillon, COLT M1911 Cal.45 ACP.
    "Der Morgen stellt im Anschluss an die Nacht gewissermaßen ein Ende der
    Dunkelphase mit Beginn einer Lichtphase dar." :respekt:


  • kamen ausschließlich von den genannten Herstellern


    Auf der anderen Seite hat Lange z.B. aus Kapazitätsgründen viele Uhren nicht selbst gebaut, sondern eigene Werke aushäusig im Auftrag einschalen lassen. Diese Uhren gelten zwar als Lange bzw. als "Bauart Lange", der "offizielle" Hersteller ist aber ein anderer.


    Der Typ 1 wurde bis 1941 gefertigt (großer Stundenkreis), der Typ 2 anschließend


    Danke für den Hinweis! Ich bin hier immer am rätseln, weil ich auch schon anderslautende Datierungen gesehen habe (Kataloge, Börsen). :grb:


    "am Oberschenkel" leider eine Legende


    Sorry, Fauxpas von mir, bei den B-Uhren wäre das wohl in der Tat seltsam... Und die Bänder sind wirklich nicht lang genug, um als Begründung herzuhalten. :gut:


    Bei den Piloten-Chronos bin ich mir aber (trotz Werwolf-Syndrom ;) ) nicht sicher, ob das wirklich nur eine Legende ist. Da ich aber nicht mehr weiss, wo ich das gesehen oder gelesen habe, ziehe ich diese Behauptung zurück. :G


    Und vielen Dank für die Unterstützung hier! :) :blume: :)


    Viele Grüsse
    Eisbaer

  • Solche Informationen - kurz, prägnant - liebe ich (hoffentlich auch andere Leser). Und das mit den "fast wissenschaftlichen ...". Sorry, das liest nur noch, der es muss. Mehr als eine DIN-A-4-Seite, im Forum der Fensterinhalt, wird im Allgemeinen nicht mehr gelesen.
    Kurz und übersichtlich - und alles zur Definition Fliegeruhr. So muss es sein. Danke!