Die Eterna Royal KonTiki Modellreihe: Hidden Champion oder Groschengrab?

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Uhrenfreunde,


    wenn man sich länger mit dem Thema Uhren beschäftigt, hat man unweigerlich diese Momente, wo man denkt: "Hätte ich damals bloß..." Die Leerstelle füllt sich meist mit Gedanken zur PP Nautilus für 15k, die man nicht haben wollte, die Sub No Date, die für 3k zu profan erschien, der Datograph, der bestimmt noch unter 25k fällt etc. pp. - je älter man ist, desto doller werden die Geschichten :opa:


    Nun sind das bei den üblichen Verdächtigen meist nicht wirklich überraschende Entwicklungen, das hätte man kommen sehen können (hat es meist auch) und steht damit nicht wirklich allein.


    Und dann gibt es ja aber immer wieder etwas abseitige Modelle und Marken, die lange verschmäht oder gar vergessen waren, nur um dann irgendwann plötzlich wieder aufzutauchen und zwar meist mit Preisen, die den alten Hasen die Augen reiben lassen. Das kann bei etablierten Marken passieren: zum Beispiel mit sehr seltenen Uhren, die neu "entdeckt" werden (z.B. bei IWC eine 3705, Deep One oder 3239 Laureus), oder mit gängigen Modellen, deren Qualitäten man erst so richtig wertschätzt, wenn sie nicht mehr gebaut werden (z.B. Omega 2254.50), oder mit Uhren, bei denen sich die Wahrnehmung von "abgenudelt und veraltet" zu "authentisch und einzigartig" wandelt (z.B. Heuer SG 1550 BUND).


    Nicht selten sind es aber Uhren von längst vergangenen Marken, die es trotz großer Taten in der Vergangenheit komplett dahingerafft hat oder die heute nur noch als Schatten/Namen existieren. Gängige Beispiele wären hier Enicar, UG, Minerva oder Excelsior Park. Nun kann man leider nicht in der Zeit zurückreisen und sich zu günstigen Kursen mit dem notwendigsten eindecken, diese Chancen sind vertan. Es stellt sich aber die Frage: Welche Marken und Modelle, die heute im Tal der Tränen sind, könnten denn in 10, 20 oder 30 Jahren eine vergleichbare Wiederauferstehung feiern?


    Nun muss man bei solchen Überlegungen sehr vorsichtig sein, denn es gibt auch bei den heutigen Vintage-Helden einen klaren Survival-Bias: Man hört nur von den Fällen, wo Uhrenfreunde den richtigen Riecher hatten. Aber nur wenige präsentieren ausgiebig verwegene Sammlungen vergangener Raritäten, die wider Erwarten auch noch heute wirklich niemanden hinter dem Ofen hervorlocken. Und nicht nur verheerende Auktionsergebnisse großer Swatch-Sammlungen lehren da, dass man auch völlig falsch liegen kann.


    Entsprechend ist ein guter Start, wenn man nicht gleich mit Unsummen ins Risiko geht. Und was auch immer hilft: Wenn einem die Uhren wirklich selbst gefallen - auch wenn der Rest es dann doch nie begreifen will, hat man so zumindest für sich selbst einen guten Kauf getätigt.


    Und das bringt mich zum Titel dieses Posts: Meine Uhren-Präferenzen stehen ja nicht unerheblich unter dem Einfluss frühkindlicher Prägung, von der urgroßväterlichen IWC-Taschenuhr bis zur Omega Seamaster De Ville meines Vaters. Und es gibt noch eine weitere Marke mit einer solchen "familiären" BIndung: Eterna. Vor langer Zeit hatte ich mal die Eterna-matic 2002 vorgestellt, die bei meinem Großvater 1971 die IWC Taschenuhr als Trageuhr abgelöst hatte: https://forum.watchtime.ch/viewtopic.php?t=49822 .


    Auch wenn ich die Uhr vor 10 Jahren komplett aufarbeiten und revidieren lassen habe, wirklich tragen tue ich sie eigentlich nie, die ich diese Form nicht so richtig passig an meinem Handgelenk finde. Dennoch habe ich eine gewisse Schwäche für Eterna, auch wenn diese Marke inzwischen nur noch im wirtschaftlichen Zwielicht vor sich hindämmert. Nach dem Verkauf von Porsche an neue chinesische Eigner hörte man eigentlich nur noch Hiobsbotschaften aus Grenchen - kein Marketing und ein zusammenbrechendes Konzi-Netz, katastrophale Service-Performance und offenbar existenzbedrohende Sparmaßnahmen und Liquiditätsengpässe.


    Und trotzdem gab es immer wieder spannende Uhren von Eterna, meist ziemlich wahllos mit dem Schlagwort "KonTiki" verbunden. Einmal hat es sogar zu einer richtigen Modellreihe gereicht, mit neu entwickeltem Inhouse-Werk und tatsächlich nachvollziehbaren Bezügen zur eigenen Markengeschichte: Die Eterna Royal KonTiki-Baureihe von 2013 bis ca. 2019.


    Diese Uhren verbinden das Design der ursprünglichen Eterna Royal KonTiki von 1976 mit einer modernen "Genta"-Interpretation. Hier mal ein Bild des Vorbilds aus dem eigenen Haus:



    (c) https://eterna-fanatic.com/pro…ontiki-royal-quartz-1979/


    Gewisse Anleihen bei der damals aktuellen IWC Ingenieur-Kollektion lassen sich auch nicht übersehen, was meiner Zuneigung sicherlich nicht abträglich war ;) ...


    Gestartet ist diese Kollektion 2013 mit der Eterna Royal KonTiki Manufacture GMT, bei der das neuentwickelte Kaliber 39 um eine GMT-Komplikation erweitert wurde (Kal. 3945A). Diese Uhr gab es zunächst in vier Varianten: schwarzes und silbernes Zifferblatt jeweils mit Kautschuk- oder Stahlband. Später kam noch eine komplett schwarze PVD-Version und dann noch eine PVD-Variante mit vergoldeten Akzenten hinzu (beide jeweils nur am Kautschukband). Diese neue Modellreihe stieß damals durchaus auf ein positives Echo, wenn man mal von den üblichen Fragezeichen zum Listenpreis absieht - einmal beispielhaft die Berichte bei ABTW:


    https://www.ablogtowatch.com/eterna-royal-kontiki/


    https://www.ablogtowatch.com/e…ufacture-gmt-watch-hands/


    Im Jahr 2015 wollte man dann mal so richtig etwas raushauen und lancierte den ersten Inhouse-Chrono, gleich in Kombination mit der GMT-Komplikation:



    (c) https://www.neueuhren.de/etern…-kontiki-chronograph-gmt/


    Diese Uhr passte optisch nicht so wirklich in diese Reihe und war mit 45mm auch deutlich größer als die anderen Referenzen, die bei ca. 42,3mm lagen. Und so wurde dann zum Modelljahr 2016 ein weiterer Chrono nachgeschoben, der sich deutlich besser in die von der GMT gesetzten Design-Sprache einpasste und auch der Gehäusegröße aufnahm (auch wenn die Höhe bedingt durch die Chrono-Komplikation von 12,5mm auf knapp 15mm anwuchs).


    Diese Uhr bot absolut den Stand der Technik inkl. Flyback-Funktion, 65h Gangreserve und der Abbildung von Stoppminute und -stunde in einem kombinierten Compteur, wie es IWC und Omega vorgemacht hatten. Entsprechend waren auch hier die Stimmen durchaus positiv:


    https://www.ablogtowatch.com/e…ontiki-chronograph-watch/


    Nun bin ich sicher nicht der Erste, der diese Uhren entdeckt hat und so finden sich ab und an durchaus umfassende Vorstellungen und Lobpreisungen in den bekannten Uhrenforen, z.B. hier:


    https://uhrforum.de/threads/da…ure-kaliber-3945a.396189/


    https://uhrforum.de/threads/ma…f-7755-40-50-0280.352848/


    Was allerdings auffällt: So richtig glücklich scheint niemand mit diesen Uhren geworden zu sein, denn auch die Ersteller dieser Fäden haben sie meist relativ zeitnah wieder weiterverkauft. Und damit sind sie nicht allein, wenn man die üblichen Marktplätze beobachtet.


    Warum ist das so? Nach meiner Einschätzung liegt das zum einen an der Kaufmotivation. Von privat, von verzweifelten Händlern oder über meist amerikanischer Black Friday-Angebote werden diese Uhren im Vergleich zur ursprünglichen UVP (die in der 5-6k Region lag) meist zu extrem niedrigen Preisen angeboten. Da erwacht der Schnäppchenjäger und schlägt spontan zu, ohne dass es vielleicht die ganz große Liebe ist. Und dann muss man ehrlich sein: Die Qualitätskontrolle bei Eterna war ziemlich zurückhaltend in diesen Jahren mit der der Folge, dass eine ganze Menge dieser Uhren ihre Probleme und Problemchen haben. Dazu kommt dann der (hart erarbeitete) katastrophale Rufe des Eterna SAV - da versucht man lieber, so eine Gurke ganz schnell weiterzuverkloppen und sich monatelange Dramen zu ersparen.


    Deshalb auch der klare Hinweis: Man sollte diesen Uhren nur kaufen, wenn man a. immer einen Service mit einpreist, b. einen fähigen Uhrmacher (am besten mit Eterna-Konzession) vor Ort hat und c. ausreichend andere Uhren hat, um eine mehrmonatige Abwesenheit zu überbrücken. Wer also aus dem Stand Perfektion braucht, wer die eine einzige Uhr für jeden Tag sucht, wer sich bei Macken und Mängeln gerne direkt mit dem Hersteller auseinander setzen möchte - der ist bei diesen Uhren absolut falsch :wech:


    Glücklicherweise treffen die Punkte a. bis c. auf mich zu :G - und mit der entsprechenden Geduld und fähiger Unterstützung vor Ort kriegt man diese Uhren sehr gut zum Laufen: Eine Revision kostet z.B. bei der GMT knapp 300 Euro und dann laufen diese Werke wirklich zuverlässig und genau. Und selbst bei Teilen (Bänder, Schließen etc.) waren die Lieferzeiten nicht viel schlimmer als aktuell bei den Großkonzernen, die Preise aber noch durchaus moderater.


    Und so haben sich über die Jahre 5 Royal KonTikis bei mir angesammelt, die Stahlversionen jeweils mit beiden Bandoptionen zum Wechseln (sicher ist sicher :lupe: ). Was fehlt sind Fotos - die kommen nun endlich :wink:


    1. Eterna Royal KonTiki GMT schwarz:







    2. Eterna Royal KonTiki GMT silber:








    3. Eterna Royal KonTiki GMT schwarz PVD:







    4. Eterna Royal KonTiki Flyback Chrono schwarz PVD:







    5. Eterna Royal KonTiki Flyback Chrono grau:







    Ihr seht: Wenn in 20 Jahren in Grenchen nur noch Moos auf den Ruinen des Eterna-Hauptsitzes wachsen sollte und neue Generationen von Uhrenfreunden plötzlich die Royal KonTikis als das heißeste Ding seit geschnitten Brot entdecken - ich bin vorbereitet :G


    Und wenn das wider Erwarten nicht stattfinden sollte, habe ich zumindest jahrelang Freude an wirklich schönen, technisch interessanten und auch mit Nebengeräuschen günstigen Uhren gehabt ;)


    Gruß,

    Christian

  • Sehr schöne Beschreibung der Eternas.

    Die silberne Kontiki könnte mir auch noch gefährlich werden.

    Wenn mir eine Uhr wirklich gefällt, dann sind mir Dinge wie Markenimage, Wiederverkaufswert und Servicenetz vollkommen egal.

    Ich habe so einige Uhren in meiner Sammlung, über die mancher "Kenner" nur die Nase rümpfen würde. Ich mag aber jede von ihnen und trage sie alle gerne.


    LG

    Tom.

  • Sehr schöne Vorstellung. Ich habe auch seit einiger Zeit die GMT und das mit der Qualität und dem langen Service kann ich zu 100% unterschreiben. Meine war ca. 1 Jahr nach Kauf für mehrere Monate bei Eterna im Service, da die Uhr stark nach ging. Auch hat meine Kratzer auf dem Ziffernblatt, welche nicht behoben wurden, trotz ausführlicher Bitte, da Produktionsmangel.

    Dennoch bleibt die Uhr bei mir, da ich die Geschichte hinter der Marke kenne und schätze. Die Uhr hat ihren eigenen Charm. Ich hoffe irgendwann mal zu einem moderaten Preis an den Flyback zu kommen.


    Zu meiner gab es noch einen kleinen Nachbau der namesgebenden Kon-Tiki dazu.

  • sehr schön geschrieben, die Story um und mit Eterna.


    Für mich hat die Marke auch eine besondere Bedeutung.


    vor ca. 15 Jahren begeisterte mich die goldene Eterna

    Ich brauchte dann intern ein gutes Argument warum ich mir diese Uhr kaufe.

    Also erklärte ich meiner werten Gattin….. ich höre mit dem Rauchen auf

    Und von der Einsparung kaufe ich mir diese Uhr.


    ja dann fang mal an zu sparen, meinte sie.


    Nein das hast Du falsch verstanden, ich kaufe die Uhr jetzt und danach rauche ich nicht mehr.


    hat geklappt meine Selbstüberlistung setz mich unter Druck Methode😎


    lg

    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Schön zu hören, dass Eterna auch hier in der WL noch ein paar Fans hat :wink:


    Man muss ja auch sagen, dass die Probleme des Unternehmens vermutlich nicht unbedingt auf der Produktseite lagen - da hat man mit der Historie und den eigenen Werken doch einiges zu bieten. Aber wenn dann die Strategie mit und ohne Eigentümerwechsel immer nur kurzlebig oder gar nicht vorhanden ist, dann wird es schwierig.


    Was sehr schade ist, denn die Uhren hätten mehr Erfolg verdient - als Beleg hier noch ein paar mehr Fotos, zunächst mal vom Chrono:


    comp2_DSC_0118-01.jpg


    comp2_DSC_0121-01(1).jpg


    comp2_DSC_0146-01.jpg


    comp2_DSC_0126-02.jpg


    comp2_DSC_0124-03.jpg


    comp2_DSC_0057-01(3).jpg


    Gruß,

    Christian

    • Offizieller Beitrag

    DS21 : Witzigerweise liegt mir Vulcain auch sehr am Herzen, seit vielen Jahren gehört eigentlich immer eine Nautical zur Sammlung (inzwischen die dritte).


    Die arbeiten übrigens aktuell auch wieder an einem Relaunch. Am 15. September soll es eine neue Kollektion geben, auf der Webseite kann man da schon was sehen.


    https://vulcain.ch/


    Da bin ich gespannt, ob das eine nachhaltige Geschichte ist oder wieder mal nach ein paar Jahren jemand die Lust verliert.


    Die waren ja zwischenzeitlich so klein (<10 Mitarbeiter), da hatte ich tatsächlich mal versucht herauszufinden, was der Laden wohl kosten würde - blieb aber eine Träumerei...


    Gruß,

    Christian

  • Inhabergeführt, Branchenkenner und Herzblut für die Marke. Und einen langen Atem. Das brauchts. Ich glaube nicht richtig dran. Weder bei Eterna, noch bei Vulcain.

    Obwohl - die Familie Jenny hat mit Doxa gezeigt, was geht. Insofern finde ich den Jenny Fish auf der Krone mehr als gerechtfertigt. Auch wenn das eingefleischte Doxa Päpste anders sehen.

    Gruß Andreas