NZZ Bericht über Tudor

  • Ich würde bei der stringenteren Auslegung bleiben, denn das würde bedeuten dass wenn sich ein Uhrenhersteller bei ETA oder einem anderen Werkhersteller einkauft/beteiligt und von dort seine Werke bezieht, diese dann plötzlich auch als Manufaktur iSv In-House gelten würden. Von „In-House“ kann dann aber mMn jedenfalls nicht mehr die Rede sein.

    Das hat doch eher damit zu tun, wann und von wem die Entwicklung vorgenommen wurde und wer die Produktion

    stemmt. Das hat sehr viel mit Wertschöpfung zu tun. Bei Tudor ist das Werk unter eigenem Namen und mit eigener Kompetenz

    entwickelt und produziert worden.

    Wenn der hypothetische Fall eintreten würde, dass sich jeman an ETA beteiligt, könnte er mit Sicherheit nicht von Manufakturwerken

    sprechen. Das machen nicht mal die Konzernschwestern von Tissot bis Union Glashütte oder Longines.

    Dass Breitling und Tudor zu einer Zusammenarbeit gekommen sind, macht ökonomisch sehr viel Sinn und hilt beiden, sich aus

    der Umklammerung der Swatch Gruppe zu befreien. M.E. haben langfristig im Luxussegment nur Hersteller eine Chance,

    die ihren Uhren mit ihren eigenen Werken ausstatten können.

    Wenn ich da sehe, was die Autoindustrie, bsonders die deutsche, da macht, da muss man nun nicht nicht päpstlicher als der Papst sein.

    Die Entwicklungkosten und die Werkzeuge für ein neues Werk liegen deutlich nördlich von Fr. 100 Mio. Bei einem Werk wie dem B01

    noch weit höher.

  • Dass es aus ökonomischer Sicht sinnvoll ist, steht außer Frage - ist ja aber auch nicht Stein des Anstoßes ;)


    Natürlich kann man argumentieren, dass Tudor in dieses Werk viel Know-How hat einfließen lassen, ggf. noch einen Gutteil der Entwicklungskosten getragen hat und an der Herstellerfirma nicht unwesentlich beteiligt ist.


    Den Begriff "Manufakturwerk" hat Tudor dann aber schon arg gedehnt...

    Klassisch In-house gefertigt ist es halt nicht (Beteiligung!), nichtmal exklusiv für Tudor.

  • Ich würde bei der stringenteren Auslegung bleiben, denn das würde bedeuten dass wenn sich ein Uhrenhersteller bei ETA oder einem anderen Werkhersteller einkauft/beteiligt und von dort seine Werke bezieht, diese dann plötzlich auch als Manufaktur iSv In-House gelten würden. Von „In-House“ kann dann aber mMn jedenfalls nicht mehr die Rede sein.

    Verbieten kann man den Winkelzug vermutlich nicht aber man muss sich als Konsument auch nicht verarschen lassen.

    ja, zumal der Begriff "Manufaktur" letztlich die eigene Kompetenz unterstreichen und die Marke somit in die Sonne gedreht werden soll.

    Das Warum hast du beschrieben, meiner Meinung nach trifft das aber nicht den Kern.

    Mit dem Begriff "Manufaktur" projeziere ich als Hersteller eine Botschaft zum Kunden, die so nicht stimmig ist.

    Es geht doch darum, die "wir-machen-das-selber"-Romantik zu bedienen, um damit know-how zu unterstreichen und auch höhere Marktpreise zu rechtfertigen.

    De facto macht es für mich als Käufer dann aber doch kaum noch einen Unterschied, ob das Werk von Eta oder Kenissi kommt.

    Rechtlich mag der Winkelzug, um Renès Begriff zu verwenden, funktionieren.

    Aus meiner (naiv-romantischen) Kundensicht aber schon weniger.

  • dann habe ich meine persönliche Definition des Begriffes "Manufaktur" zu korrigieren.

    Ich gründe oder kaufe einen Werkehersteller und fortan ist es dann Inhouse.

    Hatte das bisher etwas strenger abgespeichert.

    Danke Benny

    Mach die Sache halt umsetzbarer. Wird aber schon lange praktiziert. Rolex kaufte sinerzeit auch seinen Werkeproduzenten Aegler.

  • Mach die Sache halt umsetzbarer. Wird aber schon lange praktiziert. Rolex kaufte sinerzeit auch seinen Werkeproduzenten Aegler.

    Das war vor mehr als 100 Jahren. Damals hat es niemanden interessiert was in einer Uhr tickt und man hat auch nicht mit „In-House“ geworben.


    Rolex und Aegler []



    Noch in den 1990er war es selbst bei Omega, Breitling und IWC üblich Werke zuzukaufen. Selbst die große Komplikation von IWC, die Il Destriero Scafusia, beruhte auf einem ETA.


    Diese Zeiten sind lange vorbei. Wer heute mit „In-House“ wirbt sollte auch In-House produzieren. Aber wie schon geschrieben, rechtlich wird das wohl passen und den meisten Kunden wird es egal sein. Der Aficionado hingegen darf sich ein wenig getäuscht fühlen. ;)

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • Nach meiner Recherche hab ich das bis jetzt so verstanden.
    Tudor hat die Werke entwickelt und hergestellt.

    Um die eigene Werke als Drittanbieter zu vermarkten hat Tudor die Firma Kenissi gegründet.
    Die Werke die Kenissi Herstellt basieren auf den Tudor Werken und werden bei Marken wie Breitling Channel usw… eingesetzt.
    Breitling und Channel haben sich beteiligt an Kenissi somit profitieren alle Marken mit Ihrem Know How untereinander.


    Das einzigste was ich mich frage ist werden jetzt weiterhin die Tudor Werke bei / von Tudor hergestellt oder läuft das jetzt über Kenissi ?

  • Das war vor mehr als 100 Jahren. Damals hat es niemanden interessiert was in einer Uhr tickt und man hat auch nicht mit „In-House“ geworben.

    Rolex hat Aegler in 2004 übernommen. Bis dahin war Aegler in Familienbesitz, produzierte aber ausschließlich für Rolex. Der Firmennamen täuscht hier ein wenig (Manufacture des Montres Rolex SA)

  • Nach meiner Recherche hab ich das bis jetzt so verstanden.
    Tudor hat die Werke entwickelt und hergestellt.

    Um die eigene Werke als Drittanbieter zu vermarkten hat Tudor die Firma Kenissi gegründet.
    Die Werke die Kenissi Herstellt basieren auf den Tudor Werken und werden bei Marken wie Breitling Channel usw… eingesetzt.
    Breitling und Channel haben sich beteiligt an Kenissi somit profitieren alle Marken mit Ihrem Know How untereinander.


    Das einzigste was ich mich frage ist werden jetzt weiterhin die Tudor Werke bei / von Tudor hergestellt oder läuft das jetzt über Kenissi ?

    Tudor - als Tochter von Rolex - besetzt ein paar Stockwerke in einem Rolex Gebäude und konnte immer auf das Know How von Rolex zurückgreifen, betätigte sich was Uhrwerke betrifft aber als reiner Einschaler.


    Anfang 2000 versuchte man es erstmals mit eigenen Werken, das schlug aber fehl weil die Werke nicht dem eigenen Qualitätsanspruch genügten.


    2015 dann der nächste, nun erfolgreiche Versuch mit In-House Werken. Der Begriff ist legitim, weil diese Werke mWn direkt bei Tudor und von Tudor Mitarbeiter, die auf der Gehaltsliste von Rolex stehen, produziert werden. Andererseits werden Werke von Breitling zugekauft. Das MT5813 liefert Breitling fix und fertig montiert, im Gegenzug liefert Tudor an Breitling das MT5612, das Breitling als B20 Manufaktur verkauft.

    Soweit mir bekannt wurde erst daraufhin von Tudor und Breitling die Firma Kenissi (zuerst je 50%, später 20% für Chanel) gegründet und die Planung für den Bau eines eigenen Werks an einem eigenen Standort aufgenommen, auch um die Werke anderen Herstellern zur Verfügung zu stellen.


    Es kann damit meiner Interpretation nach jeder der 3 Anteilnehmer (und in weiterer Folge jeder weitere Anteilnehmer der sich in Zukunft einkauft) von sich behaupten Manufaktur herzustellen, während der Begriff „In-House“ für mich jedoch überstrapaziert und nicht mehr legitim ist. Vielleicht sollte man diese Begriffe getrennt betrachten.

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • Rolex hat Aegler in 2004 übernommen. Bis dahin war Aegler in Familienbesitz, produzierte aber ausschließlich für Rolex. Der Firmennamen täuscht hier ein wenig (Manufacture des Montres Rolex SA)

    Das war nur mehr eine pro-forma-Angelegenheit, der Begriff passt schon.

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • Die Uhrenindustrie hat hier einen Geist aus der Flasche gelassen, den sie nun nicht mehr zurück in diese bekommt und der ernährt sowie bedient werden will. Wurde uns doch seit Jahren von zahlreichen Vertretern der Uhrenbranche suggeriert, dass nur Manufaktur und Inhouse das einzig Wahre sind. Den Normalkunden, und da hat René völlig richt, interessiert es kaum, was da in der Uhr tickt. Der Uhrenfreund an sich ist aber schon dazu übergegangen, Uhrenhersteller, die noch auf ETA´s und Sellita´s setzen, nur noch verächtlich "Einschaler" zu nennen, für deren Uhren fast jeder Preis zu hoch bemessen ist, während man für Manufaktur die Brieftasche gern sehr weit öffnet. Klar, dass da viele auf den Zug aufspringen wollen oder müssen und sich ggfls. auch einiger Winkelzüge bedienen. Im Grunde war für viele Hersteller der Entschluss, eigene Werke zu bauen, neben dem damit verbundenen Knowhow eher darauf zurück zu führen, unabhängig von den wenigen Werklieferanten zu werden, spätestens seit die SG erklärte, mit ETA-Werken nur noch die eigenen Konzernmarken zu beliefern. Und da hat man aus der Not vermeindlich eine Tugend gemacht und dieses Werbewirksam in Szene gesetzt.

    Die Entwicklungkosten und die Werkzeuge für ein neues Werk liegen deutlich nördlich von Fr. 100 Mio. Bei einem Werk wie dem B01

    noch weit höher.

    Das würde ich, ohne es mit Fakten widerlegen zu können, dennoch bezweifeln, Jörg. Wo sollen diese Kosten herkommen? Das Grundprinzip eines Uhrwerkes ist seit 100 Jahren unverändert. Es geht eher um die Feinheiten, z.B. neue Materialien (Stichwort Silizium), größere Federhäuser und bessere Schmiermittel, um eine höhere Gangreserve zu erreichen etc.. Schau mal: Frederique Constant, die für ihre Enwicklungs- und Fertigungstiefe im eigenen Haus bekannt sind, hatte bereits vor der Übernahme durch Citizen über ein Dutzend eigener Werke heraus gebracht. Da hätten die ja über eine Milliarde für aufwenden müssen, was für einen seinerzeit so kleinen und unabhängigen Hersteller wohl kaum zu stemmen gewesen wäre. Ich glaube, die Entwicklungskosten für normale, gängige Manufakturkaliber (3 Zeiger + Datum) sind am Ende noch überschaubar, vor allem ab dem 2. Werk, wenn die Maschinen erst einmal angeschafft wurden.


    Beste Grüße

    Tom

  • Also, der Begriff Manufaktur sagt ja im eigentlichen Sinne, dass es per Hand gefertigt wurde.

    Dass das nicht mehr der Fall ist, ist jedem Klar. In Zeiten von CNC gesteuerter Feintechnik.

    Aber in zweiten Stepp verstehe ich da, dass derjenige, der ein Manufakturwerk herstellt, keine Teile zukauft, sondern alles selbst herstellt was er für das Uhrwerk braucht und das dann auch fertigt.

    Inhouse, und da gebe ich René recht, ist dann tatsächlich im eigenen Haus gefertigt. Ob man da jetzt eine Mehrheitsbeteiligung zu zählt, bleibt jedem selbst überlassen-.

    Aber solange Kenissi tatschlich alles selbst fertigt, ist es quasi ein Manufakturwerk. Nur halt nicht von Tudor. :lol:


    :hut:

  • Der Aficionado hingegen darf sich ein wenig getäuscht fühlen. ;)

    Das ist alles eine Frage der Erwartung und der Zahlungsbereitschaft.

    Wer neben der Freude an schönen Uhren auch noch die ökonomischen Zwänge versteht,

    wird halt akzeptieren, dass die Fr. 100-200 Mio für ein neues Uhrwerk samt Produktionsanlagen

    eine gewisse Mindestproduktion zur Rentabilisierung brauchen.

    Sehr schön kann man das bei Breitling sehen: Navitimer mit ETA 7750 in Chronometer-

    ausführung drinnen kosten als Retailpreisschnell mal Fr. 3-4K weniger als die B01-Varianten.