Winner's Curse (Part 3): Fortis B-42 Official Cosmonauts Chronograph

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Uhrenfreunde,


    im dritten Teil meiner Auktionsabenteuer (Teil 1 findet ihr hier: Winner's Curse (Part 1): JLC Polaris Mariner Memovox und Teil 2 hier: Winner's Curse (Part 2): IWC TU Centre Horloger Suisse Pour Invalides ) geht es wieder um eine moderne Uhr: Und zwar die Sinn 103 Ti Ar. Die 103 gehört ja zu den absoluten Klassikern in der Sinn-Kollektion und erzielte gerade in der letzten Zeit in verschiedenen limitierten Auflagen (z.B. in blau und in grün) wieder erhöhte Aufmerksamkeit.


    Ich hatte diese Uhr schon seit vielen Jahren im Blick, so richtig zum Kauf entschließen konnte ich mich trotz verschiedener Anläufe aber doch nicht. Die Uhr baut sehr hoch, die Stahlversion war zu glänzend, die bunten Versionen zu teuer - irgendwas war immer. Mit dem Alter kommt die Weisheit und man sieht klarer. Entsprechend schälte sich das Zielobjekt heraus - Titan, in der Ar-Version mit Tag-Datum (also keine Testaf, UTC, etc.). Nicht so schwer und deshalb nicht so kippelig, dazu durch das gestrahlte Gehäuse ohne jeden Bling.


    Blöderweise gibt es diese Uhr nicht mehr in der aktuellen Kollektion und auch die Gebrauchtangebote sind spärlich. Da stieß ich etwas abseits der üblichen Verdächtigen auf eine Auktion, bei der eine kleinere private Sammlung versteigert wurde. Nichts wirklich Aufregendes, aber doch ein gutes Dutzend Uhren der Sinn & Co. Liga - darunter auch eine 103 Ti AR und eine 103 Ti Ar UTC und sogar eine EZM 10 Testaf mit zwei Bändern.


    Die Voraussetzungen waren perfekt: Mäßig bekanntes Haus, mäßig attraktiver Auktionskatalog, unterirdische Präsentation der Uhren (dazu später mehr) und alles ohne bzw. mit niedrigen Limits. Das roch nach Schnäppchen :opa::G


    Diese Extra-Auktion folgte auf eine reguläre Veranstaltung, was das Timing immer etwas schwierig macht. Man kann immer so mit 80-120 Losen pro Stunde rechnen, mit entsprechendem Sicherheitspuffer habe ich mich dann eingeloggt - und leider übersehen, dass die Lose nicht durchgehend nummeriert waren, da fehlte in der Mitte ein Block :rotwerd: ...


    Entsprechend musste ich mit Grausen feststellen, dass die EZM 10 gerade für 2600 Euro (inkl. Aufgeld!!) zugeschlagen wurde - komplett, beide Bänder, schöner Zustand, ein Super-Deal. Nur leider nicht meiner, da ich zu blöd war, um rechtzeitig dabei zu sein :bash: . Ein gelungener Start und ich brauchte dann einen Moment, um den Ärger über mich selbst abzuschütteln und mich zu orientieren. Nur um festzustellen, dass in der Zwischenzeit auch die beiden Titan 103 zugeschlagen wurden. Das geht ja ratz-fatz, 30-60 Sekunden pro Uhr und weg waren sie. Mehr geht nicht, ein voller Erfolg :wech:


    Und dann wird es ganz gefährlich, weil man sich denkt: Jetzt braucht es dringend ein Erfolgserlebnis, um auf andere Gedanken zu kommen. Passend zum Thema wurde in diesem Moment ein Fortis B-42 Official Cosmonauts Chrono aufgerufen. Einfach aus Frust geboten - und wie es das Schicksal will, gleich den Zuschlag bekommen. Das war natürlich noch besser: Drei Uhren, die ich eigentlich haben wollte, nicht bekommen - und dafür eine Uhr, die ich eigentlich gar nicht haben wollte, gekauft :eek:


    Dazu kamen noch diese Bilder des guten Stücks:





    Komplett versifft, das Ding...



    Es ist mir unbegreiflich, wie man Uhren in einem solchen Zustand bei einer Auktion einliefern kann. Und eigentlich ist ein solcher Zustand ein klares Stopp-Signal - denn wer sich so gar nicht um seine Uhren kümmert, der haut auch Macken rein und hat das Wort "Revision" noch nie gehört.


    Jetzt haben (echte) Auktionen leider den Nachteil, dass es kein Rückgaberecht gibt - gekauft wie besehen. Also muss man das Beste daraus machen:


    Zumindest war der Preis offenbar gar nicht schlecht, wie eine schnelle Recherche ergab. Und dann erinnerte ich mich an meine jungen Jahre im Uhrenhobby, als unter den allerersten "richtigen" Uhren diese ihren Weg an mein Handgelenk fand:




    Das war zwar die erste Uhr, die ich auch wieder verkauft habe - aber schlecht war die nicht.


    Nach der Lieferung wurde der Chrono erstmal vorsichtig wieder präsentabel gemacht, was durchaus aufwändig war (Stichwort Baby-Zahnbürste :shower: ), aber zu einem überraschend guten Ergebnis führte: Es ist ja noch das alte Modell Ref. 659.27.141, also Titan mit einem gestrahlten Finish. Das verzeiht viel, so dass die Uhr am Arm und selbst bei genauerer Betrachtung ziemlich gut aussah. Selbst die äußere Entspiegelung war noch in Ordnung, was ich nicht erwartet hätte. Blieb das Werk, das ja immerhin schon 13 Jahre auf dem Buckel hatte. Doch die Fortis wurde ja nicht umsonst von den Russen für Weltraumeinsätze ausgewählt - auch nach all den Jahren (und garantiert ohne Service) lief die Uhr nahezu perfekt (um +2s /Tag).


    Und so dreht sich das Ganze doch noch zum Guten: Denn die Fortis tickt die gleichen Boxen wie die Sinn 103 Ti - robust, Titan, ein klassisches Design, das seit Jahrzehnten am Markt ist, mit einem VJ 7750-Traktor als Werk. Gut, die 103 ist im Durchmesser etwas kleiner (wie der Name sagt, hat die B-42 einen Durchmesser von 42mm, allerdings sind es 44mm an der Lünette und satte 53mm Lug-to-Lug), dafür ist die Fortis überraschenderweise deutlich flacher (15,4mm vs. 17mm bei der Sinn, beide bei 20 bar Druckfestigkeit).


    Wie schon damals bei der GMT beeindruckt mich auch beim Chrono besonders die Entspiegelung des Glases: Die ist wirklich extrem gut und in Verbindung mit dem matt-körnigen Zifferblatt hat man praktisch nie Probleme mit Reflexionen. Durch das Titangehäuse und das sehr massive Titanband sitzt die Uhr gut am Arm, ohne dass man das Hantel-Gewicht der Stahlversion hat.


    Und so wurde der eigentlich geplante sofortige Weiterverkauf gestoppt und die Fortis darf als zweite Raumfahreruhr in der Box bleiben - man muss ja schließlich vorbereitet sein, angesichts des aufkommenden Weltraumtourismus :G ...


    Bilder:













    Gruß,

    Christian


    P.S.: Falls übrigens noch jemand eine 103 Ti Ar loswerden will :zwitscher: ...

  • Wieder ein Beispiel dafür, daß ausgiebige Beschäftigung mit dem Gegenstand seiner Begierde zur richtigen Entscheidung führt. Da braucht man keinen Rat- Schlag ( Aua) anderer.

    Meinen Glückwunsch und viel Genuss beim täglichen Abgucken. Danke für die Vorstellung.

    Nebenbei: ich freu mich über die Entwicklung von Fortis.

    Gruß Andreas

    • Offizieller Beitrag

    ... stimmt, Volker, qualitativ gibt es gerade bei dieser Fortis-Generation nichts zu meckern.


    Das Zifferblatt wirkt zwar auf der ersten Blick sehr voll, hat aber ein sauberes Layout - da wird keine Ziffer abgeschnitten, der Farbeinsatz trennt die Chrono-Funktion optisch gut ab und selbst Kleinigkeiten wie die Hilfspfeile bei der Tag/Datum-Einstellung haben im Alltag ihren Mehrwert.


    Und genau wie Andreas verfolge ich auch die Entwicklung bei Fortis durchaus wohlwollend - der Jupp Philipp scheint ja ein ganz sympathischer Kerl zu sein und das ist schon ein ziemlich beeindruckender Schritt, einfach mal die eigene Lieblingsmarke aus der Insolvenz zu kaufen. Wäre ihm zu wünschen, dass er damit erfolgreich ist - einfach wird das in diesem Segment sicher nicht, aber zumindest das Potenzial ist bei der Marke da.


    Gruß,

    Christian

    • Offizieller Beitrag

    ritz : Das war jetzt eine Live-Auktion in Präsenz, die im Internet gestreamt wurde - heute kann man eigentlich bei allen klassischen Auktionshäusern online mitbieten. Bei den kleineren Häusern geht das über Plattformen wie Invaluable (Achtung: Das kostet bis zu 5% Gebühren zusätzlich!), die größeren Player haben einen Audio/Video-Stream auf der eigenen Plattform - in Deutschland macht das z.B. Dr. Crott/Muser so.


    Man hat aber als Online-Bieter ein paar Nachteile: Durch die Latenz der Übertragung ist man immer spät dran, d.h., man muss ziemlich schnell bieten, damit man noch zum Zug kommt und bei gleicher Gebotshöhe gewinnt so immer der Saalbieter. Auch Untergebote gehen in der Regel nur im Saal. Zudem kann man die Sachen natürlich vorher nicht anschauen, während man als Saal-Bieter in der Regel vor Auktionsbeginn die Einlieferungen anschauen und prüfen kann.


    Dafür ist im Saal das Risiko höher, dass man Unsinn macht - also z.B. einfach "irgendwas" kauft, weil man ja nun extra da war, oder bei schnellen Geboten das Aufgeld und die Gebühren aus dem Blick verliert. Da empfiehlt es sich, vorher eine Tabelle mit Gebotsschritten und den zugehörigen Endpreisen zu erstellen und mitzunehmen. Kopfrechnen unter Druck klappt nicht immer ;)


    Gruß,

    Christian

    • Offizieller Beitrag

    DS21 : Ja, da gibt es so manche Kandidaten, denen man eine "Wiederauferstehung" und eine neue Dynamik wie bei Fortis wünscht.


    Für Eterna habe ich habe ja (familiär bedingt) auch ein Faible und gerade die Royal Kontiki-Serie mit den eigenen Werken sind richtig gute Uhren. Die haben so viel Potenzial und lassen es einfach den Bach runter gehen :( . Eine weitere Marke wäre Vulcain, die an der gleichen Planlosigkeit der Eigentümer leiden.


    Insofern kann man ein wenig neidisch auf den Jupp Philipp sein - mit den entsprechenden finanziellen Mitteln, könnte so eine "Markenrettung" eine echt spannende Aufgabe sein.


    Vielleicht im nächsten Leben ;) ...


    Gruß,

    Christian