Liebe Uhren-Freunde,
im Zuge des Uhren-Gedaddels gibt es ja immer wieder Weiterentwicklungen, mutige Schwenks und manchen Irrweg - und gerade die "Heavy user" kommen irgendwann an den Punkt, an dem man alles schon mal vor der Flinte hatte. Was dann? Mancher lässt es vor lauter Verzweiflung groß knallen (gell, Hertie ), andere investieren ihre Zeit lieber in die Wahl eines saison-adäquaten Armpelzes.
Eine Alternative (oft genommen auch in anderen Lebenslagen): Zurück zum Anfang...
Der akute Auslöser meiner Uhritis war ein Geschenk vor vielen Monden - und zwar hatten meine wohlmeinenden Eltern aus gegebenem, erfreulichen Anlass verkündet, dass der Lieblingssohn für den weiteren Lebensweg eine vernünftige Uhr braucht. Geschenkt - was ja nicht verkehrt ist in jungen Jahren. Die Vorstellungen waren sehr vage gehalten: Einmal freie Auswahl, es wurde kein Limit verkündet. Nur meine Mutter meinte, dass "Patek doch sehr schöne Uhren macht". Hier gab es nun die erste Weggabelung: A. "Klasse - dann hole ich mir so eine." oder B. "Äh, Mütterchen, Du weißt schon, dass es da fünfstellig los geht?". Der gute Sohn wählte B., die Mutter war erleichtert (sie fand nur die Werbung so toll, mit dem Vater und dem Sohn - aber so viel Geld wäre doch übertrieben). So nah an einer Patek - noch dazu für lau - war ich seitdem nicht mehr ...
Die Suche ging dann los mit einem (aus meiner Sicht) angemessenen Budgetrahmen, der aber erschreckenderweise viele Marken und Modelle schon fast gänzlich ausschloss - als Anfänger fällt einem ja noch die Kinnlade runter bei den Preisen. Nach langem Suchen gab es dann eine Shortlist - Maßgabe war: klassische Dresswatch, respektabel, zeitlos, Eltern-kompatibel. Zur Auswahl standen am Ende eine IWC Portofino (damals noch mit 38mm) und eine JLC Master Control (damals schon mit 40mm). Beides schöne Uhren, bei der IWC wurde am Werk gemäkelt (war mir egal) und bei der Master Control wurde die Lünette bejammert und dass die alte doch viel schöner war (auch egal). Meine Eltern durften aussuchen und wählten die IWC - nicht überraschend, hatte ich doch die JLC mehr als "Straw man" aufgeführt, damit die Portofino solide und preiswert aussah (die MC war locker 50% teurer...).
Schön finde ich sie heute noch, obwohl ich sie nur noch selten trage. Aber die soll ja auch noch eine Weile halten.
Im Laufe der Zeit kreuzte die Master-Serie öfters mal meinen Weg, manche sogar bis in die Box - so richtig geklickt hatte es aber bei keiner. Bis ich letztes Jahr im Zuge der Refinanzierung meiner Ingenieur eine Zenith opfern musste und mich in einem hannoverischen McDonald's mit einem gediegenen Uhrenfreund wiederfand. Der hatte auch noch was zum Gucken dabei - u.a. eine Master Control. Aber diesmal die alte, mit der schmalen Lünette. Und was soll man sagen: All das Gesabbel der alten Nasen - stimmt. Ber der Uhr passte alles, gab auch zusammen mit der 666 ein schönes Paar. Hmm.
Vor zwei Wochen stieß ich dann zufällig wieder auf besagten Uhrenfreund, diesmal mit einem Lektüre-Hinweis auf die aktuelle "Armbanduhren", die ein Special zur Master Control anlässlich des 20. Geburtstags enthielt. Gleich gekauft - und dann reichte es: nochmal zurück auf Los, diesmal mit der Master Control (der richtigen ). Wie der Zufall ( ) spielt, bot sich zeitnah eine gute Gelegenheit und so erreichte mich heute eine etwas betagtere, aber noch sehr agil tickende Master Control in 37mm und mit dem Goldmedaillon auf dem Rücken
Große Details zur Uhr und dem Werk spare ich mir an dieser Stelle und verweise auf die "Armbanduhren" - übrigens eine überraschend lesenswerte Ausgabe. Mit der Master Control hatte JLC 1992 das 1000 Stunden Testprogramm eingeführt, das heute Standard für alle JLC Uhren ist. Ein weiterer Meilenstein bei der Renaissance der mechanischen Uhr. Wie JLC ja ohnehin vielleicht die einzige Uhrenfirma war, die auch in den dunkelsten Stunden immer weiter mechanische Uhrwerke entwickelt hat. Und auch das 889 (bzw. 889/1 und 889/2) in der Master Control entstand in seinen Ursprüngen Anfang der 80er Jahre, als die meisten anderen noch im Keller hockten und hofften, dass das Elend vorüber zieht. Ein ganz interessanter Artikel u.a. zum 889 findet sich hier:
http://www.watchtime.net/hefta…hp?pdf=CH_2003_05_108.pdf
Bilder vom Werk habe ich selbst keine, verweise aber gerne auf mutigere Leute mit Ersatzdichtungen zur Hand:
http://www.rwg.cc/topic/109442…of-a-1993-master-control/
Flach ist es, leise und zuverlässig - auch nach fast 20 Jahren tickt es in meiner sehr souverän. Und wie bei allen Master Control-Modellen, erkennt man nur an den Tragespuren an der Lünette das Alter. Bilder sind aufgrund des Lichts nur mäßig, muss ich mal bei anderer Gelegenheit nachholen. Wobei solche schlichten "silber in silber" Uhren auch nicht wirklich dankbar zu fotografieren sind.
Also: Uhrenwahn, zweite Runde, erster Zug - diesmal mit der anderen Abzweigung: JLC Master Control
Da siehst Du, was Du angerichtet hast, Wilhelm...
Gruß,
Christian