AP Revision - oder Werkstausch?

  • Ein hochwertiges mechanisches Werk, was sich revisionieren lässt, einfach zu tauschen und wegzuwerfen, geht aus meiner Sicht heute gar nicht. Dabei ist es bei einem Luxusprodukt völlig egal, was günstiger ist. Es ist eine Frage der Haltung und Werte.


    Ralf, ich teile Deine Meinung, glaube dennoch, dass wir das Ganze doch zu nostalgisch-idealistisch betrachten. Richemont, als Paradebeispiel, hat 2017 Uhren für knappe 500 Millionen Euro zurückgekauft und den Großteil davon quasi entsorgt. Zu glauben bzw. zu hoffen, dass es den heutigen Uhrenindustriellen, unabhängig von deren Rang und Namen, tatsächlich um Haltung und Werte geht, ist irrig.

  • Ich wundere mich immer wieder, wie unkritisch viele bestimmtes Verhalten beurteilen.


    Ein hochwertiges mechanisches Werk, was sich revisionieren lässt, einfach zu tauschen und wegzuwerfen, geht aus meiner Sicht heute gar nicht. Dabei ist es bei einem Luxusprodukt völlig egal, was günstiger ist. Es ist eine Frage der Haltung und Werte.


    Traurig und beschämend für AP.

    Omega geht (leider) auch so vor. Wenn sich ein Werk, das vom Kunden beanstandet wird, nicht im ersten Anlauf reparieren lässt, kommt ein neues rein, was dann mit der S/N des alten versehen wird und fertig. Gerade bei Problemen mit der Co-Axial Hemmung wird da schnell zum neuen Werk gegriffen, weil die nicht so einfach zu korrigieren ist. Nicht nur aus meiner Sicht sind das somit Einwegprodukte und die oft propagierte "ewige" Haltbarkeit und Reparierbarkeit einer mechanischen Uhr zieht da nicht.


    Betriebswirtschaftlich macht für AP der Einbau eines neuen Werkes Sinn. Die Lohnkosten sind in Le Brassus nicht unerheblich und neue Werke werden von jüngeren Fachkräften (Monteuren) zusammengebaut, die alle jeweils nur einen Teilbereich des Werkes montieren. Die Materialkosten des Werkes sind zu vernachlässigen. Die Reparatur hingegen wird von einem (erfahrenen) Uhrmacher mit höherem Stundensatz erledigt, der das Werk zerlegt, reinigt, defekte Teile (die einzeln teuer vorgehalten werden müssen) tauscht und danach alles wieder zusammenbaut und einstellt. Dabei geht locker doppelt so viel Zeit drauf wie für die Assemblage eines Neuwerkes - zu eben höheren Lohnkosten.


    Aus meiner Sicht wenigstens ein fairer Zug von AP beides preisgleich anzubieten. Wobei sie da sicher bei beiden Varianten kein Geld drauf legen werden...

  • Ich wundere mich immer wieder, wie unkritisch viele bestimmtes Verhalten beurteilen.


    Ein hochwertiges mechanisches Werk, was sich revisionieren lässt, einfach zu tauschen und wegzuwerfen, geht aus meiner Sicht heute gar nicht. Dabei ist es bei einem Luxusprodukt völlig egal, was günstiger ist. Es ist eine Frage der Haltung und Werte.


    Traurig und beschämend für AP.

    Ich verstehe Deinen Punkt schon. Und trotzdem sprechen heute betriebswirtschaftliche und vielleicht sogar technische Gründe dagegen. Es macht manchmal weder aus der einen noch aus der anderen Sicht Sinn, lange an einem defekten komplizierten System "rumzubasteln" um es irgendwann dann hinzubekommen.

    Wer heute einen Motorschaden oder Getriebeschaden hat, bekommt einfach einen neuen Motorblock bzw. ein neues Getriebe. Klar können Spezialisten heute alles wieder revisionieren - Motor, Getriebe, Uhrwerke ... alles lässt sich richten. Aber ob ein revisioniertes Modul besser funktioniert, als ein aus Neuteilen bestehendes neues, sei dahingestellt. Und gerade dort, wo ich als Kunde Präzision und Leistungsmerkmale bezahlt habe, würde ich manchmal den sofortigen Austausch und Ersatz durch ein neuwertiges Modul erwarten. Und nicht (eventuell sogar mehrmalige!) Reparaturversuche, die im schlimmsten Fall kaum je zu der versprochenen Präzision und Leistung führen.


    Natürlich, das muss jetzt im vorliegenden Fall nicht unbedingt zutreffen, könnte aber sehr wohl sein. Wenn es nur der Austausch einer Feder wäre, würde AP den Werktausch nicht einfach so von vorne herein anbieten.

  • Wenn man einmal von reinen Einschalern absieht dann sind die Herstellungsprozesse bei den üblichen Verdächtigen wie Rolex, Omega, aber auch PP (siehe unten) - und daher sicher auch bei AP - ziemlich ident was Handarbeit und Maschineneinsatz betrifft, wobei da überall noch ein Gutteil Handarbeit - insbesondere beim Zusammenbau des Werkes - enthalten ist.


    Man muss dabei auch die Entwicklungskosten einrechnen, die vermutlich einen Gutteil ausmachen, insbesondere wenn wirklich geforscht wird, weswegen ich die Werte von zB € 300,- „Herstellungskosten“ die in in diesem Zusammenhang gerne genannt werden sehr kritisch sehe.



    Ganz genau - die Herstellungsprozesse - zumindest für viele Komponenten - sind ziemlich identisch. Und dann kommt aber der Unterschied, und das sind die Passagen, die Du in der Buchkopie nicht unterstrichen hast: die perfekte Synthese dieser Herstellungsprozesse und alter Handwerkskunst auf handbetriebenen Maschinen aus dem 19. Jhd. oder der Einsatz der Uhrwerke in Gehäusen, die mit einer über 100 Jahre alten Guillochiermaschine verziert wurden.


    Genau das passiert nicht nur bei PP, sondern auch bei AP, wo das Clou-de-Paris Muster jedes Zifferblatts einer RO durch eine uralte mechanische Kopiervorrichtung von einem großen Original mechanisch abkopiert wird - in einer Stunde (!), wenn ich mich recht erinnere.

    Die Finissierungen, Anglage usw. an den Uhrwerkkomponenten werden wohl überwiegend maschinell vorgenommen (darüber spricht AP nicht direkt, aber ich gehe mal davon aus) - aber sie sind in großem Umfang vorhanden. Man muss ein 3126 (Standardkaliber von AP) nur neben ein 3135 (Standard-Rolex-Kaliber) legen, und der Unterschied ist sofort ersichtlich. Schon allein der Rotor beim AP aus Gold ist derart aufwändig hergestellt, überwiegend maschinell wahrscheinlich, wobei bestimmte Polituren daran eine Maschine nicht so ohne Weiteres bzw. nur ein "Mensch mit einer Maschine in der Hand" durchführen kann. Aber auch viele andere Komponenten des Uhrwerks sind einfach aufwändiger bearbeitet - wieder maschinell und automatisch nehme ich an, aber immerhin. D.h. der Komplexitätsgrad bei der Herstellung ist einfach höher. Es wird mehr Wert auf die Ästhetik gelegt. Leider macht das das AP-Werk weder genauer noch robuster als das Rolex 3135 :G Das steht völlig außer Frage, und darum geht es aber auch nicht.


    Zu guter Letzt ist auch das Gehäuse und das Armband aufwändig hergestellt, und da wird tatsächlich wohl das Schleifen und Polieren der Kanten und das Oberflächenfinish von Menschen in Handarbeit und/oder an Maschinen hergestellt - aufwändig, da sich eben auf jedem Glied satinierte und polierte Flächen befinden. Das kann nur jemand machen, der ein Händchen dafür hat. Das macht die Herstellung einfach kostenintensiver.


    Hm ... am Ende ist es dann schon schade, wenn man sowas dann einfach wegwirft und nicht mehr repariert - so wie Ralf oben meinte :(

  • Kurzes Update: Die Uhr ist zurück aus der Revision. Sie sieht aus wie ... vorher (na ja, etwas sauberer als vorher - vielleicht dank Ultraschallreinigung des Gehäuses). Sie macht das, was sie soll ... sie läuft und zeigt permanent die genaue Uhrzeit an - und das nicht nur zweimal am Tag.

    Der Uhrwerkstausch ist dokumentiert (auf der Revisionsrechnung). Hier heißt es "...die neue Werksnummer wird in das Register von Audemars Piguet eingetragen...". Ich werde mich jetzt mal direkt an AP wenden, um einen Auszug aus diesem "Register" zu erhalten. Der Konzi konnte (oder wollte?) mir da nicht weiterhelfen.


    Fazit für mich: Alles gut! Gemessen an den bisherigen Erfahrungen war diese Revision schnell und termintreu. Gut so. Hatte die Uhr in der Vergangenheit vielleicht ein- oder zwei Tage "Tragezeit" im Monat, so trage ich sie aktuell schon drei Tage am Stück - und erfreue mich am Anblick meiner "Neuen".


    Beste Grüße

    Tom