In den (Un-)Tiefen der Uhren-PR - ein Neuzugang...

    • Offizieller Beitrag

    ... um hier mal etwas Schwung reinzubekommen - diesen Monat endlich wieder ein Neuzugang von JLC :G


    Bevor es Bilder gibt, muss ich wie gewohnt etwas ausholen ;) :


    Wann immer ein neues Modell oder gar eine neue Modell-Linie auf den Markt kommt, ist es eine zunehmend liebgewonnene Tradition geworden, dass ein solches Ereignis wortreich von PR-Weisheiten begleitet wird. Denn nur so ist es für den stumpfen Uhrenfreund überhaupt erst möglich, die Größe und Einzigartigkeit des neu Geschaffenen in seiner ganzen Breite zu erfassen. In diesen Texten gibt es eine ganze Reihe von Standard-Analogien, die in beliebiger Weise vermischt werden können. Nicht fehlen darf meist der Hinweis auf die überaus reichhaltige Historie des Herstellers, aus dessen großen Schatz an Vintage-Modellen die Designer mehr oder weniger deutlich ihre Inspiration schöpften und so die Fackel der Tradition an eine neue Generation weiterreichen. Bei Retro-Modellen ist dieser Zusammenhang mehr als deutlich - ketzerisch könnte man da sagen, denen ist halt nichts neues eingefallen, dann werden eben die alten Sachen nochmal aufgewärmt. Manchmal ist es aber nicht einfach, den beschworenen Bezug zur Historie zu finden (insbesondere, wenn die eher sprunghaft war). Gerne genommen ist auch immer ein Bezug zu einer technischen Funktion, möglichst im Segment Flugzeuge/Schiffe/Autos, gerade Armaturenbretter und Bordinstrumente liegen da ganz weit vorne. Bei Funktionsuhren kommt dann noch die Notwendigkeit hinzu, eine scheinbar rationale Ebene einzubeziehen und die tollen Eigenschaften aufzulisten, die gerade diese Uhr zur besten Taucher-/Flieger-/Astronauten-Uhr ever machen - selbst wenn sie beim bloßen Anblick dieser Gefährte in der Realität bereits zu Staub zerfällt - zu konkret sollte man da nicht werden, zu kreativ auch nicht. Ein cooles Video ist dagegen Pflicht.


    All das ist in der Regel ein Riesenerfolg: Gewohnt kritische Uhrenjournalisten und (inzwischen) Blogger greifen sich die PR-Texte, nehmen jeden Seitenumbruch unter die Lupe und können dann atemlos verkünden, dass gerade Modell XY geradezu perfekt zum Tauchen geeignet ist, da sich die Lünette nur gegen den Uhrzeigersinn drehen lässt, was bei einer ungewollten Verstellung der Tauchzeit blablabla... ihr kennt das vielleicht schon ;)


    Als ebenso kritischer Uhrenfreund hat man eine natürliche Distanz zu diesem Wortgeklingel, zumindest solange man sich nicht gegenüber Lebenspartnern oder anderen Uhrenfreunden für Kaufabsichten rechtfertigen muss. Und wie könnte eine liebende Ehefrau das Leben des Gatten riskieren, indem sie ihn zum Kauf einer billigen Möhre zwingt, deren Lünette in beide Richtungen zu verstellen ist...


    Nun darf man aber den bemühten Absolventen der F. Flötenschniedel School of Creative Bla auch nicht unrecht tuen - die Aufgabe an sich ist oft keine Leichte: Denn so wirklich doll innovativ ist wenig, was neu auf den Markt kommt, da muss man sprachlich auch mal in Grenzbereiche vorstoßen. Manchmal kann man es förmlich fühlen, dass eigentlich dieser ganze Schmonzes überflüssig ist und es reichen würde: "Kinder, die ist neu - und was soll ich sagen: Einfach eine geile Uhr...".


    Das wäre ehrlich wie unbefriedigend. Denn so ein hochemotional aufgeladenes Großereignis wie ein Uhrenkauf braucht natürlich einen ganz anderen Rahmen - auch auf Käuferseite. Man kann ja schlecht im Forum auftauchen und schreiben: "Ich hab sie gesehen, fand sie toll und hab sie gekauft." :eek:


    Gar nicht so einfach: In Fortsetzung des Themas "Inhouse-Chronos" geht es diesmal um den JLC Deep Sea Chronographen - also schauen wir mal nach geeigneter Argumentationshilfe:


    http://www.jaeger-lecoultre.co…a-chronograph/2068570#/t1


    Da kann man so richtig aus dem Vollen schöpfen :G :


    Also, ich habe diese Uhr gekauft, weil sie einen tollen historischen Bezug hat zur legendären Memovox Deep Sea hat :gut: - hmm, irgendwie doch nicht, denn das war ja ein Wecker und kein Chrono, zudem gibt es von dieser Memovox eine ziemlich detail-getreue Re-Edition. Zumindest das Gehäuse ist das Gleiche - oder so...


    Zweiter Versuch: Ich habe diese Uhr gekauft, weil sie eine einzigartige Anzeige zur Aktivierung der Stoppfunktion hat, die von den legendären Chronoflight-Bordinstrumenten von JLC aus den 30er Jahren inspiriert wurde. Volltreffer - wobei: diese Chronoflight-Dinger hatten keinen Sekundenzeiger, da hilft so ein roter Punkt. Wenn aber der große Stoppsekundenzeiger munter über das Zifferblatt streicht, dann wird der Mehrwert dünn. Zumindest sieht man jetzt auf Fotos, ob der Chrono lief :lupe: :G ...


    Weiter: Spitzenmäßige Funktion, Taucheruhr vom Feinsten, kein echter Profi taucht ohne das Ding in die Tiefe ab, auch ein Beweis-Video ist vorhanden, perfekt - wobei: 10 bar sind jetzt nicht so arg der Bringer und das kurze Kalbslederband vielleicht auch nicht übermäßig zweckmäßig. Aber für mein Tauchverhalten reicht es völlig (also insbesondere gründliches Händewaschen vor dem Mittagessen).


    Letzter Trumpf: Das ist ja eine Jaeger-LeCoultre und die "Grande Maison" ist der Olymp der Uhrwerksentwicklung, entsprechend ist hier ein wahres Kleinod der Handwerkskunst verbaut - tja, eigentlich von der Funktionalität ziemlich Standard, längere Gangreserve, sonst aber nichts Besonderes (wie Flyback, Zehntel-Sekunde, Kombi-Zähler etc.). Zudem die erstaunlich deutliche Design-Ähnlichkeit zur Konkurrenz (Piguet) und ein eher mickriger Durchmesser. Doof...


    Schnäppchen ist sie auch nicht, weder neu noch gebraucht.


    Was bleibt? Als die Uhr 2012 vorgestellt wurde, war mein erster Gedanke: "Wow - die muss ich haben :sabber: ". Hat dann ein wenig gedauert, weil es erst fast ein Jahr brauchte, bis die Uhr beim Konzi landete, und dann nochmal über ein Jahr, bis sie mir jemand zu einem akzeptablen Preis verkaufen wollte. Und nun ist sie da - einfach weil sie mir gefällt, das muss reichen :rotwerd: ...












    Ich hoffe, dass trotz der mäßigen Lichtverhältnisse und eines defekten Autofocus auf den Fotos rüberkommt, was mich zum Kauf verführte :lupe: ;) ...


    Gruß,
    Christian

  • Gratulation, genau die JLC die ich auch auf der Liste habe :gut::gut:
    Hast Du noch ein Bild der Schliesse?



    Grüsse Jan

    Unter den Blinden ist der Einäugige Pirat!


    Da sprach der alte Häuptling der Indianer:
    Wild ist der Westen, schwer ist der Beruf


    Grüsse Jan aka " Der Niveaulounger "


    • Offizieller Beitrag

    ... danke, danke :G


    Der flache Boden ist in der Tat ein großes Plus, so sitzt die Uhr trotz der relativ langen Hörner sehr gut am Arm.


    Die Schließe ist optisch ganz nett, fühlt sich aber nicht übermäßig wertig an - das ist bei JLC aber ein generelles Problem, andere geben sich da mehr Mühe:



    Und das Ganze nochmal am Arm:



    Die Höhe von 13,9mm ist in der heutigen Zeit noch sehr zivil, auch der Durchmesser ist mit 42mm fast am unteren Ende des heutigen Chrono-Normalmaßes - wobei es auch noch Alternativen gibt in kleiner (die Vintage-Version hat 40,5mm) und größer (die Cermet-Version sit 44mm groß):







    Das Band gefällt mir optisch ziemlich gut, so im Stil der Tropical-Bänder der damaligen Zeit. Es ist auch relativ weich, was dem Tragekomfort zugutekommt. Kleiner Nachteil: Die Löcher sind nicht verstärkt, so dass man relativ schnell mit Verschleiss rechnen muss:



    Sieht einfach gut aus - ein bisschen Retro, aber ohne verkrampft auf alt getrimmt zu sein.


    Gruß,
    Christian

  • Eine wunderbar geschriebene Vorstellung :verneig: JEDE neue JLC hier in der WL gehört m.E. mit Pauken u. Trompeten u. ordentlich Tamtam begrüßt - man sieht hier viel zu wenige Uhren dieses tollen Herstellers. Ganz herzlichen Glückwunsch :blume:


    Ich bin kein großer Freund von "Retro-Design", "Vintage-Optik" usw. (ganz schlimm mMn: Vintage-Lume :flag: ) Deine neue Deep Sea macht da eine positive Ausnahme, sie wirkt trotz des historischen Hintergrunds eher klassisch/zeitlos, jedenfalls überhaupt nicht modisch :gut: Und erinnert damit fast ein bißchen an die gute alte Moonwatch.

    Nun darf man aber den bemühten Absolventen der F. Flötenschniedel School of Creative Bla auch nicht unrecht tuen - die Aufgabe an sich ist oft keine Leichte: Denn so wirklich doll innovativ ist wenig, was neu auf den Markt kommt, da muss man sprachlich auch mal in Grenzbereiche vorstoßen. Manchmal kann man es förmlich fühlen, dass eigentlich dieser ganze Schmonzes überflüssig ist und es reichen würde: "Kinder, die ist neu - und was soll ich sagen: Einfach eine geile Uhr...".

    Spitze :lol: OT: So Marketing-Geschwurbel erinnert mich immer an den Top Gear Test des Alfa 159, wo James May für jede Italotümelei (Emozione, ...) ordentlich das Phrasenschwein füttern muss :lol: .


    Viele Grüße
    Ulli :hut:

  • Also die Schliesse wird der Uhr ja mal gar nicht gerecht! Wenn ich da an VC Schliessen denke...


    Grüsse Jan

    Unter den Blinden ist der Einäugige Pirat!


    Da sprach der alte Häuptling der Indianer:
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    Grüsse Jan aka " Der Niveaulounger "


  • :G


    Klasse Vorstellung, danke! :blume:


    Mir zumindest reicht ein: "Die Uhr hat mir gefallen, drum hab ich sie gekauft" völlig aus, mache ich eigentlich auch meistens so.
    Richtig grinsen musste ich an der Stelle, an der das Marketing-Geschwafel dann dich genutzt wird, um die Ehefrau von der Sinnhaftigkeit der Anschaffung zu überzeugen. :lol:
    Erwischt, würde ich sagen. :lol:


    Glückwunsch zur tollen Jaeger! :blume: