Woraus ist die 8500er-Unruh

  • Sag ich doch :G


    Aber im Ernst: Sehr interessant!


    Du sagst, eine Si-Spiralfeder kostet in der Herstellung ungefähr das 20-fache einer Nivarox. OK. Könnte das aber auch daran liegen, dass fast alle Uhrenhersteller heutzutage Nivarox-Spiralfeder benutzen, während Si-Spiralfedern relativ neu sind und die Stückzahlen entsprechend geringer? Ich weiss nichtmal, ob überhaupt jeder Uhrenhersteller eine Si-Spiralfeder verwenden könnte, oder das Ding evtl. sogar mit Schutzrechten belegt ist ...


    Zumindest mit den bestehenden Herstellungsmaschinen ist praktisch keine Einsparung mehr drin bei Silizium. Wie bei der Halbleiterei denkt man da in Produktionslinien und die Auslastung einer vollen Produktionslinie ist eben die kleinste und günstigste Einheit... Ob ich zwei oder drei oder fünfhundert Linien in der Produktion stehen habe, macht nur marginale Unterschiede, weil die Vollauslastung der einzelnen Linie bereits das Optimum ist.
    Das sind Batch-Prozesse, d.h. keine Durchlaufanlagen, sondern es wird immer eine bestimmte Menge - ein Batch - von Bauteilen in einem Schritt behandelt. Die Batchgröße kann man leider nicht beliebig ändern, ohne in den Prozess einzugreifen.


    Allein die Materialkosten sind signifikant höher. Ein 300mm monokristalliner Wafer kostet in der entsprechenden Qualität und Abnahmemenge gut und gerne 70-80 Franken. Das macht puren unverarbeiteten Silizium-Materialwert pro fertiger Spirale von ca. 20 Rappen. Nivarox oder Elinvar ist da bei einem unverarbeiteten Materialwert von vielleicht 0,3 Rappen. Für metallische Spiralen ist das Ausgangsmaterial einfach ein gezogener Draht. Das ist praktisch nichts wert.
    Dann der eigentliche Verarbeitungsprozess:
    Bei metallischen Spiralen wird der Draht einfach aufgewickelt und an ein Endstück fixiert. That's it. Wenn es hochwertig ist (wie Nivarox) kommt danach noch eine Prüfung und Ausschuss wird rausgeschmissen.
    Zur Herstellung einer Siliziumspirale muss man zunächst den eingekauften Wafer reinigen. Dazu verwendet man üblicherweise Prozesse wie die so genannten RCA Standard Clean Prozesse aus der Halbleitertechnik. Da ist Ammoniumhydroxid, Wasserstoffperoxid, Salzsäure und vollentsalztes deionisiertes Wasser drin. Allein das Wasser kostet in diesem Qualitätsgrad schnell das fünffache von Leitungswasser. Und davon braucht man viel.
    Im nächsten Schritt wird mit so genanntem Resist (Fotolack) und einer Fotomaske eine lithografische Maskierung auf der Waferoberfläche erzeugt. Der Resist wird in einer Rotationsanlage aufgetragen, weil die Schicht exakt und ebenmäßig sein muss. Das muss im Reinraum stattfinden und quasi komplett im Dunkeln bzw. unter "unwirksamem" Licht, weil der Resist lichtempfindlich ist. Danach wird der Resist mit Temperatur ausgehärtet.
    Dann kommt die Fotomaske zum Einsatz: Dort, wo Material stehenbleiben soll, wird nicht belichtet, dort, wo Material weg soll, wird der Resist belichtet. Als Lichtquelle nimmt man Quecksilberdampflampen oder Excimerlaser. Dort, wo belichtet wird, wird die Struktur des Lacks soweit zerstört, dass man ihn mit relativ einfachen Mitteln entfernen kann. So eine Fotomaske hält nicht ewig, kostet aber leider auch schnell 150-200.000 Franken und besteht meistens aus Quarzglas. Allein die Fotomaske herzustellen ist eine Kunst für sich.
    Im nächsten Schritt muss wieder geätzt werden, nämlich zunächst mit einer basischen Lösung die belichteten Stellen des Fotolacks von der Waferoberfläche. Dieser Schritt nennt sich Entwickeln.
    Nach dem Entwickeln kann die Struktur geätzt werden. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass ich so ja aber einfach hinter der Maske ätzen würde und die Spirale verloren wäre. Das verhindert aber die Kristallstruktur von monokristallinem Silizium. Silizium hat anisotrope Materialeigenschaften in Bezug auf die Kristallorientierung. Das heißt, dass sich Silizium zum Beispiel in eine Richtung des Kristallgitters sehr gut ätzen lässt, in die andere aber so gut wie gar nicht. Und das ist der Trick: Der Wafer muss so passend zur Kristallorientierung geschnitten sein, dass die Richtung, in der ich einfach ätzen kann, genau senkrecht zur Waferoberfläche steht. So arbeitet sich mein nasschemischer Prozess exakt rechtwinklig durch die Waferoberfläche und ich lasse Material in voller Stärke stehen, wo ich es zuvor mittels Lithografie maskiert hatte :gut:
    Nach dem Ätzen ist aber immer noch der Fotolack auf der Spirale und der muss wieder runter. Also wieder ein nasschemischer Prozess, mit dem ich die Reste des Fotolacks entferne. Alternativ könnte man das auch im Sauerstoffplasma machen und den Lack quasi Verbrennen.
    Danach muss wieder gereinigt werden, das übliche Spiel eben...
    Jetzt sind die Spiralen fertig, auf dem Wafer. Von dem müssen sie aber noch runter. Vorher wird jede einzelne Spirale jedoch getestet und vermessen (100% Prüfung ist in der Arbeit mit Silizium dieser Güte unumgänglich). Ist die Spirale gut, wird sie aus dem Wafer heraus geschnitten. Erst dann ist die Spirale fertig.


    Ein riesiger Kostenfaktor bei der Herstellung solcher Bauteile aus Silizium ist die sehr teure Prozesschemie und Maskierung, die notwendig ist. Dann ist Silizium in Halbleitergüte kein gerade günstiges Material und verlangt nach 100%-Prüfung der Bauteile. Zusätzlich kommen noch die Anforderungen an die eingesetzte Maschinerie dazu. Wickelvorrichtungen für Draht sind billig. Maschinen für nasschemische Prozesse gehen in die Millionen und können nicht einfach in einer Fabrikhalle aufgestellt werden, sondern benötigen Reinraumbedingungen. Und zu guter letzt muss die ganze Prozesschemie auch wieder umweltgerecht entsorgt werden. Der nächste große Brocken in der Kostenkalkulation.


    Bevor einer fragt: Obiger Prozess ist nur anhand von Dingen beschrieben, die Stand der Technik und hinreichend bekannt sind. Das ist so weit Standard-Halbleitertechnik, wie ich es oben beschrieben habe. Nivarox hat aber noch etliche Geheimnisse und viel Know How aufgebaut, was auch nötig ist, um ein solches Bauteil reproduzierbar und prozesssicher herzustellen.


    Siliziumbasierte oder andere Monokristalline Bauteile in Uhren sind Königsklasse. Patek Philippe, Breguet, Ulysse Nardin - und Omega. Und deshalb sage ich auch immer wieder gerne, dass Omega uhrmacherisch ein paar Klassen über Rolex spielt ;):bgdev:

  • Danke für die ausführliche Antwort!
    Ich frage mich nur noch: Wir schaut es mit Induktion im Magnetfeld bei Silizium aus?


    Gruß


    Wenn magnetische Permeabilität µ = µ0*µr (µ0 ist die magentische Feldkonstante) gegen null geht, geht auch die magnetische Induktion unabhängig von der Feldstärke gegen Null. Da bei Silizium die Permeabilitätszahl nahe 1 ist, wirkt einfach nur die magnetische Feldkonstante, sprich es verhält sich quasi wie das Vakuum.
    Der Einfluss von Magnetfeldern auf Silizium ist zu gering, um einen sich auswirkenden Einfluss zu erzeugen.

  • Ich häng mich hier mal an, um keinen neuen thread aufzumachen:


    - Meine neue AT hat ein Si14 auf der Unruh stehen.
    - Weder auf dem Boden noch in den Papieren steht was von Si14. Die Piktogramm-Karte trägt kein Si14, überall steht was von 3 Jahren Garantie.


    Was hab ich nun? :grb: Si14? Oder nicht?
    Und: Wieviel Garantie hab ich? :rolleyes: