Zur Funktion der Rechenscheiben

  • Liebe Uhren-Fans,
    vielleicht habt Ihr Euch auch schon einmal gefragt, wie die Rechenscheiben der diversen Breitling-Modelle eigentlich funktionieren. Dabei meine ich nicht die eigentliche Anwendung, denn diese ist in den mit den Uhren gelieferten Anleitungen recht gut beschrieben, sondern die Frage: Warum kann mit den „seltsamen“ Skalen überhaupt gerechnet werden? Daher nachfolgend der Versuch einer einfachen Erklärung.


    Die Rechenscheiben der meisten Uhren entsprechen den Skalen C und D eines Rechenschiebers, bei dem eine Multiplikation bzw. Division durch die Addition bzw. Subtraktion der Streckenlängen zweier verschiebbarer logarithmischer Skalen erfolgt.


    Das mathematische Prinzip:
    Werden die Logarithmen von x und y addiert, entspricht dies der Multiplikation von x und y.


    Ein Beispiel:


    5 multipliziert mit 8 ergibt: 40


    log(5) = 0,698970004
    log(8 ) = 0,903089987
    Summe von log(5) und log(8 ) = 1,602059991


    10 hoch 1,602059991 = 40 !!!


    Das gleiche Prinzip gilt für die Division, allerdings erfolgt dann eine Subtraktion der logarithmischen Streckenlängen bzw. Logarithmen.


    Ein großer Vorteil der Rechenskalen liegt in der mit einmaliger Einstellung der Skalen entstehenden Multiplikationstabelle, die beispielsweise die Umrechnung zweier Währungen ohne weitere Verstellung der Skalen ermöglicht. Ist der Umrechnungsfaktor einmal eingestellt, kann dann auf einen Blick ein Preis in der Währung x auf der gegenüberliegenden Skala in der Währung y abgelesen werden. Dies geht schneller als mit jedem Taschenrechner und führt manchmal zu ungläubigem Staunen, wenn nur durch einen Blick auf die Uhr blitzschnell eine Preisumrechnung erfolgt, während andere noch auf ihrem Taschenrechner herumtippen.


    Aber Vorsicht: Es gibt bei Breitling auch Rechenscheiben, die gegenläufige logarithmische Skalen haben (Chronomat der 40 und 50er Jahre, Navitimer 92, Chronospace, Bentleys), was die Handhabung etwas komplizierter und meines Erachtens nach weniger vielseitig macht. Die äußere Skala folgt bei diesen Modellen nicht der Funktion log(x), sondern der Funktion log(1/x) (Reziprokskala CI der Rechenschieber). Die Währungsumrechnung ohne Skalenverstellung ist bei diesen gegenläufigen Skalen daher nicht möglich, da bei einmaliger Skaleneinstellung nicht der Multiplikand konstant ist, sondern der Divisor. Warum aber dann überhaupt die gegenläufige Skalenanordnung? Nun, es gibt bestimmte Berechnungen, bei denen der Divisor konstant ist und daher durch die gegenläufigen Skalen vereinfacht werden. Dazu gehört beispielsweise die Tachymeterberechnung.


    Hier noch zwei Bilder der unterschiedlichen Skalen:


    Parallel laufende Skalen (z.B. Cosmonaute 809), aufsteigende Zahlen jeweils im Uhrzeigersinn:


    Gegenläufige Skalen (z.B. Navitimer 92), aufsteigende Zahlen innen im Uhrzeigersinn, außen gegen den Uhrzeigersinn:


    Wie Ihr seht, steckt ganz schön viel Mathematik in so mancher Breitling. Wieviele Besitzer dieser Uhren sich dessen bewußt sind oder gar die Rechenscheiben anwenden, wage ich aber nicht abzuschätzen. Ich habe allerdings folgende Erfahrung gemacht: Diejenigen, die die Skalen immer synchron eingestellt haben (60 auf 60, gleiche Zahlen stehen sich innen und außen gegenüber), benutzen die Rechenscheibe meistens nicht. Bei dieser Skaleneinstellung wird ja auch nur 1 x 1, 1 x 2, 1 x 3 etc. gerechnet. Die synchrone Einstellung ist übrigens nur bei den parallel laufenden Skalen möglich, die gegenläufigen Skalen können nicht synchron gestellt werden.


    Viele Grüße
    Matthias

  • hab zwar keine reitling aber danke für den hinweis... werde meinen benachbarten Breitlingträger mal damit drangsalieren :)


    danke! :G


    :gut: :gut:

    ero uno di quei figli sognatori adolescenti
    che non vogliono consigli e rispondono fra i denti
    Vaffanculo :alexus:

  • Super erklärt Matthias :gut:
    Deshalb ist sie für manche Leute auch nicht geeignet. :lol:
    Wenn ich manchmal auf die schnelle multiplizieren oder dividieren muß, dann ist er mehr als hilfreich. :gut:

  • Hey Matthias, ...


    ... so hätte ich mir Mathe in der Schule gewünscht !


    Du = :verneig::respekt::verneig::respekt::verneig:


    Ich verwende meine Scalen häufig, drehe sie jedoch IMMER wieder zurück !
    Ich KANN das nicht sehen, wenn die 60 (außen) nicht über der 60 (innen) steht ! :groll: --> :lol:


    :wink:

  • Klasse Erklärung, danke dafür!! :blume:



    Zitat

    Original von Paneristi65
    Ich KANN das nicht sehen, wenn die 60 (außen) nicht über der 60 (innen) steht ! :groll: --> :lol:


    Nicht nur Du drehst zurück Uli!!! :rotwerd:


    :lol:


  • Das kommt mir so bekannt vor Uli und Steffen,
    dann bin ich nicht alleine mit dem Splin. :gut:

  • Ich benutze die Rechenscheibe auch dauernd und habe neulich sogar eine elektronische Schaltung damit berechnet (vor der Zeit der Taschenrechner ging das ja schließlich auch).


    Nur zwei Punkte finde ich nicht so toll gelöst: Ich hätte die lieber die 1 oben als die 60, weil man die 1 ja für alle Operationen ständig finden muss. Außerdem sind mir zu viele rote Markierungen da - nur die 1 wäre mir lieber, auch auf dem beweglichen Teil der Skala.


    Folglich steht bei mir übrigens fast nie die 60 oben, sondern die 1, und zwar so, dass sie mit der Null-Markierung der Zeitskala übereinstimmt.

  • Zitat

    Original von Paneristi65
    Ich verwende meine Scalen häufig, drehe sie jedoch IMMER wieder zurück !
    Ich KANN das nicht sehen, wenn die 60 (außen) nicht über der 60 (innen) steht ! :groll: --> :lol:


    :wink:


    Zitat

    Original von Meffen
    Nicht nur Du drehst zurück Uli!!! :rotwerd:


    :lol:


    Zitat

    Original von crosswind
    Das kommt mir so bekannt vor Uli und Steffen,
    dann bin ich nicht alleine mit dem Splin. :gut:


    LOL, dann solltet Ihr niemals eine Breitling mit gegenläufigen Skalen (z.B. aus der Bentley-Baureihe) kaufen, denn diese Skalen können nicht synchron gestellt werden. Ihr würdet mit diesen Uhren nicht glücklich…..


    Zitat

    Original von Prof
    Nur zwei Punkte finde ich nicht so toll gelöst: Ich hätte die lieber die 1 oben als die 60, weil man die 1 ja für alle Operationen ständig finden muss. Außerdem sind mir zu viele rote Markierungen da - nur die 1 wäre mir lieber, auch auf dem beweglichen Teil der Skala.


    Die alten Chronomat-Modelle vor 1979 (Ref. 7808, 1808, 818, etc.) hatten tatsächlich die „1“ der inneren Skala auf der 12-Uhr-Position. Bei diesen Modellen fehlten auch die Umrechnungsmarkierungen für Meilen, dafür war die Zahl Pi markiert. Nachfolgend der Scan eines Breitling-Kataloges von 1969 aus meinem Archiv:



    Und hier noch ein Chronomat Ref. 818:

    (Quelle: unbekannt)


    Viele Grüße
    Matthias

  • Zitat

    Original von Prof
    Damals waren wohl noch die Ingenieure am Werk, danach kamen die Marketing-Fuzzies...


    Nicht ganz, denn die Rechenscheiben der Navitimer-Modelle haben seit 1952 die 60 auf der 12-Uhr-Position. Der Grund liegt in der etwas anderen Zielgruppe des Navitimers, denn Piloten legen Wert auf Zeit-, Distanz- und Geschwindigkeitsberechnungen, die durch die Anordnung der 60 bei 12-Uhr vereinfacht werden. Die Zielgruppe der „alten“ Chronomat-Modelle waren tatsächlich Ingenieure und Naturwissenschaftler, daher die andere Anordnung der inneren Skala.


    Die „neue“ Firma Breitling hat 1984 den Fehler gemacht, die alte Bezeichnung Chronomat für eine neue Breitling ohne Rechenscheibe zu verwenden. Die alte „Ingenieurs-Uhr“ Chronomat (als Abkürzung für Chronograph und Mathematik) geriet damit leider völlig in Vergessenheit. Heute steht Chronomat wohl als Abkürzung für Chronograph und Automatic.


    Noch eine Bemerkung zu den Navitimer-Skalen: Es gab bei den Navitimern vor 1979 eine zweite innere Skala, die die Zeitberechnungen vereinfachte (siehe Bild eines Navitimer 7806 aus meiner Sammlung):


    Diese Skala ermöglichte die einfache Umrechnung von Stunden+Minuten in Minuten. Ein Beispiel: Die Flugzeit betrug 3 Stunden und 30 Minuten, dies ergibt 210 Minuten und läßt sich direkt ablesen bzw. einstellen. Leider ist im heutigen Programm von Breitling nur noch ein Modell übrig geblieben, welches diese zusätzliche innere Skala aufweist: Es ist der Cosmonaute. Nachfolgend ein moderner Cosmonaute aus meiner Sammlung mit innerer Stunden/Minuten-Skala:


    Der Cosmonaute ist heute das einzige Breitling-Modell, welches die klassischen drei Skalen der alten Navitimer (und Cosmonauten) vor 1979 aufweist. Bei den modernen Navitimer-Modellen ist die Stunden/Minuten-Skala zugunsten einer Tachymeter-Skala aufgegeben worden:

    (Quelle: WL-Mitglied Higli)


    Viele Grüße
    Matthias

  • Danke Matthias :blume:
    nun habe ich wieder etwas dazu gelernt.
    Habe mir letztes Jahr auch die Cosmonaut gekauft und die Zeitskala ist mir auch sofort aufgefallen.
    Finde ich echt :gut:

  • Zitat

    Original von Prof. Rolex
    Nicht ganz, denn die Rechenscheiben der Navitimer-Modelle haben seit 1952 die 60 auf der 12-Uhr-Position. Der Grund liegt in der etwas anderen Zielgruppe des Navitimers, denn Piloten legen Wert auf Zeit-, Distanz- und Geschwindigkeitsberechnungen, die durch die Anordnung der 60 bei 12-Uhr vereinfacht werden. Die Zielgruppe der „alten“ Chronomat-Modelle waren tatsächlich Ingenieure und Naturwissenschaftler, daher die andere Anordnung der inneren Skala.


    Genau das halte ich für die Marketing-Story. Ich würde gern mal wissen, ob hier auch nur ein einziger Pilot anwensend ist, der tatsächlich jemals in seinem Leben die Rechenscheibe im Flugzeug für flugbezogene Rechnungen benutzt hat. Falls ja, kann er sich ja mal hier melden... Ich halte es nämlich für fast unmöglich, die Rechenscheibe in einem rüttelnden Cockpit auch nur abzulesen.


    Die Wahrheit wird sein, dass ein Pilot einfach besser ins Marketing-Konzept passt als ein Ingenieur ohne Taschenrechner oder ein Geschäftsreisender, der Wechselkurse umrechnet. Und natürlich gibt es wohl einfach viel zu wenig Menschen, die wüssten wie man die Rechenscheibe anwendet, sodass es denen egal ist, ob nun die 1 oder die 60 oben steht.