Für Männer, die mit Druck umgehen können – IWC Aquatimer 2000, Referenz 3568-08
Das muss ein Fehler sein!
Salon International de la Haute Horlogerie (SIHH) in Genf, 2009
Auf dem Stand der IWC herrscht Aufregung. Präsentiert wird die neue Aquatimer-Reihe und die autorisierten Vertragshändler sind wenig begeistert. Unverkäuflich seien die Uhren in diesen Farbkombinationen und da müsse man in Schaffhausen aber noch einmal ran, war der überwiegende Konsens der Vertragspartner.
Aber was war es, das den vehementen Widerstand der Vertragspartner gegen die Neuvorstellungen aus Schaffhausen auslöste? War das Design der neuen Aquatimer Modelle tatsächlich so schrecklich?
Gezeigt wurden:
- Aquatimer Chronograph in Rotgold mit Manufaktur Uhrwerk, schwarzem Zifferblatt und schwarzem Kautschukband mit Waffelmuster, Referenz 3769-03
- Aquatimer Chronograph in Edelstahl mit modifiziertem ETA 7750 Uhrwerk in Schwarz/Gelb oder Blau/Orange mit silbernen Totalisatoren, Stahlband oder schwarzem bzw. blauem Kautschukband mit Waffelmuster, Referenz 3767-01 und 3767-02 bzw. 3767-03 und 3767-04
- Aquatimer Deep Two mit integriertem mechanischen Tiefenmesser, schwarzem Zifferblatt und schwarz-blauer Lünette am Stahlband oder schwarzem Kautschukband mit Waffelmuster, Referenz 3547-01 und 3547-02
- Aquatimer 2000 in Schwarz mit gelben Akzenten und Kautschuk- oder Stahlarmband, Referenz 3568-02 und 3568-01 sowie die Aquatimer 2000 mit weißem Blatt und orangefarbenen Akzenten auf den Indexen und Zeiger und Schwarz-Weißer oder Blau-Weißer Lünette mit ebenfalls orangefarbenen Akzenten und schwarzem oder blauem Kautschukband mit Waffelmuster oder Stahlarmband.
Den meisten Unmut erzeugten wohl die letztgenannten Uhren, denn zu den Händlern gelangten diese Modelle nicht – zumindest vorerst.
Ebenfalls abgelehnt wurden die Kautschukbänder mit Waffelmuster, die noch vor Verkaufsstart durch glatte Varianten ersetzt wurden.
Bis auf die Aquatimer 2000 mit den weißen Zifferblättern und den orangefarbenen Akzenten kamen trotz der Proteste alle anderen Modelle, vom bereits erwähnten Wechsel auf die Kautschukbänder ohne Waffelmuster abgesehen, unverändert auf den Markt. Die weiße Zifferblatt-Variante wurde zunächst ersatzlos gestrichen und tauchte im Katalog 2009/10 nicht auf.
Im Folgejahr ergänzte die IWC das Taucheruhren Programm dann wieder durch eine Aquatimer 2000 mit weißem Zifferblatt, die jetzt aber einfacher gestaltet war.
Die Uhr:
Nicht erst während der Suche nach meiner dritten Taucheruhr aus dem Hause IWC wurde mir klar, dass die Aquatimer Reihe zu den interessantesten und innovativsten Taucheruhren schweizerischer Provenienz gehören, auch ohne dass untragbare und unverkäufliche Prototypen bis zum Grund des Challengertiefs vorgestoßen sind. Was also sollte dagegen sprechen, meiner Sammlung (mindestens) je eine Uhr aus jeder Generation hinzuzufügen? Dadurch, dass die IWC mit teilweise recht schnellen aber immer radikalen Modellwechseln reichlich Vielfalt in die Aquatimer-Reihe brachte, käme damit auch reichlich Abwechslung in die Sammlung.
Auf die schon vorhandene Aquatimer GST (3536-02) und Ocean 2000 (3504-01) folgte im Spätsommer vergangenen Jahres dann die Aquatimer Automatic (3290-02) und im Herbst noch die Aquatimer Vintage Collection (3231-01) und jetzt mit dem ersten Uhrenkauf des Jahres 2023 die Aquatimer 2000 (3568-08).
Da ich kein großer Freund von weißen Zifferblättern bin – Schwarz, Blau und Silber sind okay – mich Chronographen nicht besonders interessieren und die Deep Two zu weit außerhalb meines Budgets lag, kam auch dieses Mal nur eine Uhr mit schwarzem Zifferblatt in Frage. Fündig wurde ich in Australien, das Angebot – die Uhr mit Box und Papieren und einem zusätzlichen originalen Kautschukband und Dornschließe – war fast zu gut um wahr zu sein und der Verkäufer liess sich sogar noch ein wenig herunterhandeln und so machten wir den Kauf perfekt.
… und das war er dann auch. Nach ein paar Wochen gespannten Wartens konnte ich die Uhr beim deutschen Zoll auslösen und seither trage ich sie mit wachsender Begeisterung.
Die Spezifikationen:
Gehäuse:
Material: satinierter und polierter Edelstahl
Glas: bombiertes Saphirglas, beidseitig entspiegelt
Gehäuseboden: verschraubter und gravierter Gehäuseboden
Abmessungen: Gehäusedurchmesser: 44.00 mm, Lünettendurchmesser: 44.00 mm, Höhe: 14.10 mm, Länge (über die Hörner gemessen): 52.00 mm
Bandanstoßbreite: 22.00 mm
Gewicht: ca. 222 g (am Edelstahl-Armband), ca. 150 g (am Kautschuk-Band)
Wasserdichtigkeit: wasserdicht bis zu einem Druck von 200 bar (2000 m)
Eigenschaften: außen liegende einseitig drehbare, einrastende Taucherlünette mit Saphirglas-Inlay und 60 Klicks, gesichert gegen unbeabsichtigtes Verstellen, mit „Probus Scafusia“ signierte Krone bei 3 Uhr, innen verschraubt, 6,6 mm Durchmesser, 3 Dichtungen, separater Kronentubus aus Stahl
Zifferblatt und Zeiger:
Farbe: mattschwarzes Zifferblatt, rhodinierte und polierte Zeiger
Stundenskala: aufgesetzte Indices, rhodiniert und poliert und mit Swiss Super-LumiNova® belegt, aufgedruckte Minuterie in Gelb,
Datumsanzeige bei 3 Uhr
Zeiger: rhodinierte und polierte Zeiger, mit Swiss Super-LumiNova® belegt
Uhrwerk und Funktionen:
Kaliber: vernickeltes Automatik-Kaliber 30110 (basierend auf ETA 2892-A2), 28.800 A/h, Zentralsekunde, Datumsscheibe schwarz mit weißer Schrift, 21 Lagersteine, Glucydur-Unruh, Nivarox-Spirale, stoßgesichert und antimagnetisch, perliert und mit Genfer Streifenschliff verziert, 163 Einzelteile, Rotor aus Wolfram, Sekundenstopp, Handaufzugsmöglichkeit, Datumschnellschaltung
Gangreserve: ca. 42 Stunden
Funktion: Stunden, Minuten, Sekunden und Datum
Armband:
Material: gebürsteter Edelstahl, 22 mm breit
Farbe: Silber
Schließe: signierte Sicherheitsfaltschließe aus Edelstahl, Tastenverschluß, keine Taucherverlängerung
Besonderheit: proprietäres IWC-Armbandsystem mit Schnellwechsel-System nach Cartier und Sicherheitstastenverschluß
zusätzliches Armband:
Material: Kautschuk
Farbe: Schwarz
Schließe: signierte Dornschliesse aus Edelstahl
Besonderheit: proprietäres IWC-Armbandsystem mit Schnellwechsel-System nach Cartier
Referenzen: (Band) IWA31759, (Dornschliesse) IWA34456
optionales Armband:
Material: Nylon
Farbe: Schwarz
Schließe: Velcro Klettverschluss
Besonderheit: proprietäres IWC-Armbandsystem mit Schnellwechsel-System nach Cartier
Referenz: IWA36516
Listenpreis (2011):
4.900,00 Euro (6.800,00 Dollar)
Chaos:
Die Modellvielfalt, die durch die häufigen Detailänderungen in der kurzen Lebenszeit dieser Baureihe entstand, sorgte für ein ziemliches Chaos bei den Referenznummern. Waren die Referenznummern der Dreizeiger Aquatimer bisher klar gegliedert und auf maximal vier Nummern beschränkt, änderte sich das bei der 3568 zum ersten und (hoffentlich) auch zum letzten Mal. Insgesamt unterscheiden die Referenzen elf verschiedene Modelle, die sich zum Teil nur in Details voneinander unterscheiden.
Referenz |
Zifferblattfarbe |
Akzente / Zeiger |
Armband / Farbe |
Jahr |
3568-01 |
Schwarz |
Gelb |
Edelstahl / Silber, gebürstet, polierte Mittelglieder |
2009 |
3568-02 |
Schwarz |
Gelb |
Kautschuk / Schwarz |
2009 |
3568-03 |
Weiß |
Orange und Blau |
Edelstahl / Silber, gebürstet, polierte Mittelglieder |
–/– |
3568-04 |
Weiß |
Orange und Blau |
Kautschuk / Blau |
–/– |
3568-05 |
Weiß |
Schwarz |
Edelstahl / Silber, gebürstet, polierte Mittelglieder |
2010 |
3568-06 |
Weiß |
Schwarz |
Kautschuk / Schwarz |
2010 |
3568-07 |
Weiß |
Orange |
Kautschuk / Schwarz |
2009 |
3568-08 |
Schwarz |
Gelb |
Edelstahl / Silber, gebürstet, gebürstete Mittelglieder |
2011 |
3568-09 |
Weiß |
Schwarz |
Edelstahl / Silber, gebürstet, gebürstete Mittelglieder |
2011 |
3568-10 |
Schwarz |
Gelb |
Kautschuk / Schwarz |
2011 |
3568-11 |
Weiß |
Schwarz |
Kautschuk / Schwarz |
2011 |
Die Referenzen 3568-03, 3568-04 wurden nach der Präsentation auf dem Salon International de la Haute Horlogerie (SIHH) in Genf wieder aus dem Programm genommen, ihnen wurde, im Gegensatz zur Referenz 3569-07, der sogenannten „Fanta“, leider kein späteres Leben in Form einer limitierten Auflage gegönnt.
Epilog:
Die fünfte Generation der IWC Aquatimer hatte es von Anfang an schwer, neben der Kritik der Vertragshändler fiel die Uhr auch bei den Sammlern und Enthusiasten zunächst durch: zu beliebig sei das Design, zu austauschbar die Uhr und es wurden Designvergleiche mit Seiko und Citizen gezogen. Tatsächlich ist die Uhr aber unverkennbar eine Aquatimer, auch wenn sie sich deutlich von ihren Vorgängern unterscheidet. Die fünfte Generation ist nach der ersten Generation die bislang einzige Aquatimer-Reihe, die es ausschließlich in Edelstahl gibt, dafür war sie 2009 neben der Blancpain Fifty Fathoms eine der ersten Uhren, die ein Lünetten Inlay aus Saphirglas bekam und sie war die erste Aquatimer, die mit ordentlich Leuchtmasse auf Zifferblatt, Zeigern und Lünette ausgestattet wurde.
Inzwischen hat sich die Situation aber geändert. Die 3568 erfreut sich, ähnlich ihrer Schwestern, zunehmender Beliebtheit.
Fazit:
Auch die fünfte Aquatimer Generation ist eine typische IWC: Qualitativ über jeden Zweifel erhaben und gebaut wie ein Tresor. Die 1982 mit der Ocean 2000 eingeführte Art der Lünettenbetätigung – die Lünette an zwei gegenüberliegenden Punkten herunter drücken und dann drehen – entfällt hier, die Lünette rastet aber sehr exakt, hat keinerlei Spiel und man muss definitiv keine Angst haben, dass sie sich versehentlich verstellt.
Die Uhr insgesamt ist groß und schwer, trägt sich aber erstaunlich bequem. Durch den für IWC Verhältnisse verschwenderischen Umgang mit Leuchtmasse ist die Ablesbarkeit auch im Dunklen und bei schwierigen Lichtverhältnissen sehr gut.
Die Aquatimer 2000 ist eine tolle Erweiterung meiner Taucheruhrensammlung. Sie bringt mit ihren gelben Akzenten ein bisschen Farbe ins Leben, bleibt dabei aber dezent genug, sodass die Uhr auch zum feineren Hemd getragen werden kann.
Die fünfte Generation der Aquatimer ist auch meine fünfte Uhr aus der IWC Taucheruhren-Familie. Wie ihre vier Schwestern vorher kann auch die 3568 wieder rundum überzeugen, auch wenn sie etwas weniger „technisch anspruchsvoll“ als ihre Vorgänger und Nachfolger daher kommt. Als einzige Schwachstelle könnte man das von der Konzernschwester Cartier übernommene Schnellwechselsystem sehen. Nicht dass es schlecht wäre, das ist es nämlich auf keinen Fall, es hat aber den Nachteil, dass Armbänder von Drittanbietern nicht ohne weiteres montiert werden können.
Quellenhinweise:
International Watch Co. „Die Uhren von IWC 2009/10“, „Die Uhren von IWC 2010/11“, „Die Uhren von IWC 2011/12“, „Die Uhren von IWC 2012/13“, „Die Uhren von IWC 2013/14“ und „Historical Selection – Engineering Time Since 1868“ | IWC.com | Chronos „Meilensteine: IWC“
Bildquellen: Bild 1 bis 6 und 20: International Watch Co. | Bild 7 bis 18 und 21: own work | Bild 22: unknown
Zusätzliches unnützes Wissen
Wie oben erwähnt wurden die Referenzen 3568-03 und 3568-04 nur auf der SIHH 2009 in Genf gezeigt und kamen nie in den Handel. Die circa 300 vorproduzierten Uhren der Referenz 3568-07 aka „Fanta“ wurden als „Limited Edition“ in den IWC Boutiquen verkauft, tauchten in den IWC Katalogen aber niemals auf und verkauften sich außer in den Niederlanden (Oranje ist dort die Nationalfarbe) ziemlich schlecht.
Ein Händler in Rotterdam legte auf Basis der „Fanta“ eine kleine „Rotterdam Edition“ getaufte Sonderserie auf, an deren linker Gehäuseflanke die Skyline der Hafenstadt eingraviert war. Die Uhren gab es mit Stahlband oder mit einem eigens angefertigten orangefarbenem Kautschuk-Band.