Leica M

  • Moin in die Runde!



    Zur Zeit bin ich am überlegen ob ich meine doch recht umfangreiche Nikon-Ausrüstung verkaufen soll und mir dafür eine Leica M hole..
    Die wuchtigen Spiegelreflex-Kameras mit den großen und schweren Objektiven sind oft einfach unpraktisch. So kommt es, dass die Kamera-Ausrüstung viel zu oft zu Hause bleibt...


    Inzwischen habe ich mich etwas eingelesen und die Leica M auch mal im Laden getestet. Und meine Gefühle sind etwas zwiegespalten: Tolle Kamera, tolle Bilder allerdings keine Kamera für "den schnellen Schnappschuss".
    Man hat mir glücklicherweise angeboten die Kamera mal ein Wochenende zu testen, was ich auch gerne machen werde.


    Aber einstweilen wollte ich mich bei euch nach der "Praxistauglichkeit" der M erkundigen.
    Wie kommt man ohne Autofokus zurecht?
    Wie limitierend ist die feste Brennweite?
    Wie lange braucht man als geübter M-Fotograf für ein Bild? Bei mir artete das im Laden erst mal in viel Gefummel aus. :G


    Ansonsten bin ich für alle Erfahrungsberichte dankbar! :lupe:




    Viele Grüße,
    Andi

  • Hi Andi,


    wenn das mal so einfach wäre mit dem Kaufen der Leica M... hat dich der Händler auch schon über die Lieferzeiten aufgeklärt? Ich schätze mal nicht das er eine auf Lager hat... ;)


    "Schneller Schnappschuss" und fotografieren mit einer M widerspricht sich auch. Meiner Meinung nach sind gerade diese schnellen Schnappschüsse das was die Fotografie in den letzten Jahren kaputt gemacht hat. Die Kameras haben alle einen Automatikmodus, Autofokus, etc. Die Leute ziehen einfach nur noch schnell die Kamera aus der Hosentasche, drücken auf den Auslöser und fertig. Die meisten machen sich gar keine Gedanken mehr darüber welche Einstellungen jetzt am besten wäre, geschweige denn welche Einstellungen man überhaupt vornehmen kann. Mit einer Leica M kommt halt das Ur-Feeling des Fotografierens zurück. Im Prinzip muss ich mir genau wie man Vater vor 50ig Jahren Gedanken über die Blendenöffnung, die Verschlusszeit und auch über das Fokussieren machen. Genau das macht unglaublich viel Spass und weckt die Leidenschaft für das Fotografieren.


    Zu deinen Fragen:


    Fehlender Autofokus: Klar ist ein Autofokus in gewissen Situationen ein Vorteil, darüber müssen wir sicher nicht diskutieren. Das manuelle Fokussieren gibt einem aber das bessere Gefühl genau auf den richtigen Punkt scharf gestellt zu haben. Ein bisschen Übung braucht man dafür natürlich schon, aber ich will es nicht mehr missen.


    Festbrennweite: Gehört natürlich auch unbedingt zu einer Leica dazu, die Bilder sind gestochen scharf auch am Rand. Aber auch hier natürlich ist es ein Nachteil das man nicht einfach ranzoomen kann. Ich mache mir vorher schon Gedanken mit welchem Objektiv ich starte und welche andere ich ggfs. noch mitnehme.


    Wie lange braucht man für ein Bild: Also ich mache sehr gerne Nachtaufnahmen, es fängt damit an, dass ich mir überlege welches Objektiv ich mitnehme. Dann ziehe ich los und bringe mich in Position. Da mir die Objekte in den meisten Fällen nicht weglaufen kann ich in Ruhe fokussieren (dauert nur ein paar Sekunden). Dann mache ich mal eine erste Aufnahme mit ISO 160 und Blende 8, Verschluss auf Automatik. Danach noch eines mit Blende 2 oder 1.4 (je nachdem was das Objektiv hergibt). Danach schaue ich mir die Ergebnisse auf dem Display an und entscheide mich ob ich an den Einstellungen noch was verändere. Wenn ich zum Beispiel ein Bild von meinem kleinen Neffen machen im Haus meiner Schwester, dann checke ich vorher schon mal ab auf welchen ISO Wert ich ca. gehen muss, danach stell ich schon mal grob die Entfernung ein und muss dann meistens nur noch ganz leicht korrigieren.


    Hier mal ein paar Beispielfotos von mir: http://www.flickr.com/photos/dirkr1977/
    (Ich habe allerdings die M9-P und nicht die neue M)


    Viele Grüsse
    Dirk

  • ...denn her geht es um die Fotografie, die in den letzten 90 Jahren stilbildend war und nicht über Makro, Panorama etc.


    Da gibt es viele Fotoseiten, Bücher, Kalender etc., hier eine Diskussion zu starten halte ich sehr schwer..


    ...denkt das erwachsene Kind und Enkelkind eines Drogisten/Fotografiebegeisterten...

  • Super, vielen Dank für die Tipps Dirk!


    Mit "schnellem Schnappschuss" habe ich mich vielleicht auch etwas falsch ausgedrückt.
    Es geht mir dabei eher um bewegte Momente bzw. Szenen auf der Straße. Wie schnell lässt sich unter solchen Umständen eine Aufnahme realisieren?
    Wie hoch ist dabei die "Trefferquote" ohne Autofokus?


    Und ja, der Händler hat mich auch schon aufgeklärt: Ca. 6 Monate Wartezeit im Moment. ;)
    Sie haben allerdings 1-2 Stück vor Ort, die man eben auch mal für ein Wochenende ausleihen kann...



    Und ich stimme zu: Wirklich tolle Nightshots auf Flickr! :gut:

  • Hi Andi,


    Leica ist da eine ganz andere Welt als die Nikon oder Canon Modelle.


    Man fotografiert und gestaltet etwas anders.


    Es wird alles etwas ruhiger und besonnener, habe ich den Eindruck.


    Ich hatte zwar damals nur eine M6TTL und keine Digi-M, aber die Prinzipien sind ja die Gleichen... ;)



    Die "Schnappschüsse" gehen, wenn man sich gut mit der Materie beschäftigt.


    Bei Cartier-Bresson oder Burri hat es ja auch oft genug geklappt... ;)



    Es ist hilfreich, wenn man Lichtwerte ganz gut schätzen kann und wenn man weiß was man will.


    Ich habe bei Städte-Trips die Belichtung am Anfang grob eingestellt und dann eben nur schnell korrigiert, wenn ich was geschossen habe, das nicht im passenden Licht war.


    Die Fokussierung ist eine Übungssache. Aber wenn man es mal drauf hat, geht es blitzschnell und präzise!


    Ich mag die Messsucher-Kameras!


    Der Trick von vielen der großen Reportage-Fotografen war, die Distanz an der Optik auf einen Wert zu stellen, der für sie gepasst hat und dann einfach abdrücken, wenn das Objekt in der richtigen Entfernung ist.



    Festbrennweiten machen auch einfach Spaß! Ich schieße sehr gerne damit. Man gewohnt sich auch recht zügig daran, dass man mit den Füßen zoomen muss, wenn man einen anderen Ausschnitt will.



    Die Frage, vielleicht noch interessant sein kann, ist, ob die die Leica reicht, für das was du fotografieren willst.


    Ich hatte den Gedanken auch schon häufiger wieder eine Leica zu kaufen. Aber leider wäre es für mich "nur" eine Hobby-Knipse, für die ich gerade nicht so viel Geld aus geben mag.



    Du musst wissen, welche Brennweiten du verwenden willst und ob was du gerne fotografierst.


    Bei Leica M ist bei 135mm Feierabend. Bei Sportaufnahmen wird es ab da oft erst interessant.


    Uhren-Makros würde ich auch mit einem anderen System machen.


    Shift- und Tilt-Optiken gibt es da auch nicht.




    Ach ja und zum Gewicht...


    Die Leicas und die Optiken sind auch nicht wirklich leicht. Da kommt es dann auch darauf an, welche und wie viele Optiken du mit schleppen willst.



    Ich hatte im Urlaub die M6, ein 35er und ein 90er Summicron dabei. Dazu noch einen einfachen Blitz. Das eigentlich die perfekte Ausrüstung dafür... Nicht zu schwer und einfach angenehm zum "arbeiten".




    Alles in Allem bin ich ultra großer Fan von Leica und im Speziellen vom M-System. Ich muss aber auch sagen, dass mich da die analogen mehr interessieren würden, als die Digi-Cams.



    Bin gespannt, wie du dich dann entscheidest, wenn du die mal richtig testen konntest.


    Viel Spaß schon mal!

    Viele Grüße


    Olli




    "styles change, style doesn't"




    "Some will win, some will loose, some were born to sing the blues" - Journey

  • Danke erstmal für das Feedback zu meinen Bildern!


    Also schwierig wird es dann, wenn du mit voll geöffneter Blende z.B. ein Kleinkind was viel rumhampelt aus der Nähe fotografieren willst. Dafür braucht man schon etwas Übung und meistens ein paar Versuche bis ein gutes Bild rauskommt.


    Kennst du die App DOFMaster? Die ist noch ziemlich hilfreich. Kann man auch einfach als Page aufrufen über z.B. Safari auf dem iPhone. Die App gibt einem ein gutes Gefühl dafür. Nehmen wir mal folgende zwei Beispiele:


    1. Das besagte Kleinkind welches du mit einem 50mm Objektiv und Blende 1.4 fotografieren möchtest und das bewegt sich in einer Entfernung von zwei Metern. Laut dem DOFMaster hast du einen Tiefenschärfebereich von nur 13cm und zwar von 1.94m bis 2.07m. Alles ausserhalb von dem Bereich ist nicht mehr scharf. Wenn du dich dort beim Fokussieren um 10cm vertust, dann wird das Bild schon nicht mehr so toll aussehen.


    2. Du bist als Tourist in einer Stadt unterwegs, schlenderst über einen Platz, auf der Kamera ist wieder das 50mm Objektiv und du hast Blende 8 eingestellt. Auf der anderen Seite vom Platz, ca. 10 Meter entfernt passiert was und du willst schnell ein Foto machen. Wenn du unter den Bedingungen auf 10 Meter fokussierst, dann beträgt der Schärfebereich 218.1 Meter und zwar von 5.11m bis 223.2m. Du kannst dir hier sicher vorstellen, dass ob du auf 10 Meter genau triffst, oder ob es 8 Meter sind oder 15 Meter, das macht keinen grossen Unterschied und das Bild wird scharf sein.


    Lange Rede kurzer Sinn, wenn die Blende nicht zu weit offen ist und die Distanz mehr als 10 Meter beträgt dann ist es quasi unmöglich falsch zu Fokussieren. ;)

  • Ich habe viele Jahre mit Festbrennweiten und ohne Autofokus fotografiert. Teilweise auch ohne Belichtungsvollautomatik oder mit Handbelichtungsmesser.
    Auch, wenn es nicht mit einer Leica war, dürften einige Erfahrungen ähnlich gewesen sein.
    Man fotografiert einfach bewußter. Da man nicht optisch, sondern nur zu Fuß zoomen kann, entwickeln man ein recht gutes Gespür für den Bildausschnitt. Außerdem gewöhnt man sich an, vorausschauend zu arbeiten: Wie ist der Ablauf bei Veranstaltungen? Wann muß ich wo stehen? Welche Brennweite brauche ich für welche Situation?
    Man setzt sich auch intensiver mit den Möglichkeiten der Ausrüstung auseinander. Oder lernt heute noch ein Fotoanfänger, was die hyperfokale Entfernung ist und wie man sie nutzt? ;)


    Mein Fazit: Damit man maximalen Spaß an dieser Art der Fotografie hat, sollte man seine Ausrüstung möglichst blind beherrschen. Was mit etwas Übung am Anfang kein Problem sein sollte. (Das gilt natürlich auch für die DSLR. Nur komme ich hier schon mit der "Urlaubsknipse" durch Motivprogramme und Autofokus zumindest zu mehr oder weniger scharfen und korrekt belichteten Fotos. ;) )
    Man muß sich der Möglichkeiten, aber auch der Einschränkungen gegenüber einer modernen Spiegelreflexausrüstung bewußt sein. Wenn das für einen akzeptabel ist, dann sollte die Sache auch passen.

  • Super, noch mal danke für das Feedback allerseits!


    Ich sehe schon, ich muss die Kamera wirklich erst mal ausgiebig testen bevor ich mir ein Urteil erlauben kann.
    Aber ich denke die Chancen stehen ganz gut, dass mich die Kamera begeistern kann.
    Auf die typische Urlaubsknipse stehe ich nämlich auch nicht, Motivprogramme sucht man bei mir jetzt schon vergeblich. ;)


    Ich kann ja mal ein paar Beispiel-Bilder einstellen wenn ich die M mal für ein Wochenende hatte.



    olli: Ja, an das 35 mm und 90 mm habe ich jetzt auch gedacht. Evtl. auch erst mal nur ein 50er.
    Dirk: Ja, die App kenn ich, hat schon länger einen festen Platz auf dem Handy :)
    P.S.: Da sind ja noch einige Bilder auf Flickr dazu gekommen! :gut:

  • Hi,


    also ich hab als Standartobjektiv das Summilux 1.4/50mm, damit bist du in den meisten Situationen gut bedient. Es geht sehr gut für Porträts, auch Nachtaufnahmen gehen gut und mal kann auch mal freihändig ein Feuerwerk fotografieren. Gereizt hätte mich auch mal das Noctilux 0.95/50mm, allerdings ist das dann auch eine Frage was der Geldbeutel hergibt. ;)

  • ich stehe der Sache sehr skeptisch gegenüber. Aber kommt darauf an, was Du willst.
    Gerade bei Action-Betonten Abläufen, Tiere, Sport etc. sind die Top Systeme im DSLR Bereich deutlich überlegen.
    Da zählt für mich DER Schuß, den man dann ggf. aus 20 Pics auswählt.


    Wenn ich über eine Ausrüstung vom Budget deutlich über DSLR Topniveau nachdenken würde, käme für mich nur ein größeres Format in Frage.
    (ggf. Hassi oder Ä. )


    nur meine Sicht ;)


    LG