Moin Tom,
laut Oris wird es das COSC Zertifikat nicht geben. Dies ist bewußt so entschieden worden.
Sicherlich weil es einerseits Kosten sind, schwerer zu vermarkten ist gegenüber der "gleichen" Uhr im gleichen Gehäuse und nicht zuletzt, weil man auch davon überzeugt ist, das die Gangwerte sowieso erreicht werden und innerhalb der vorgegebenen Toleranz liegen oder sogar besser sind.
Auch soll die Ganggenauigkeit innerhalb der kompletten 5 Tage gleichmäßig sein. Man wird sehen.
Zum Rotor noch: Dieser wurde so gewählt und nicht im Oris typischen rot, weil man mit dem C400 etwas komplett neues herausbringt und da wohl mehrheitlich der Meinung war, das dies besser paßt.
Ich hätte mir jetzt einen roten zu diesem neuen Werk auch nicht vorstellen wollen.
Alles anzeigen
Vielen Dank für Deine Ausführungen und Erklärungen, Bernd.
Wir wissen ja alle, wie es mit dem Chronometerzertifikat und auch mit Manufakturwerken ist. Wenn mich einer fragt, ob Chronometeruhren zwangsläufig besser und genauer laufen, als Nicht-Chronometer, und ob Manufakturwerke grundsätzlich die besseren sind, gegenüber Werken aus der Großproduktion reiner Werkshersteller, so würde ich hier ganz klar mit NEIN antworten. Mein Baume & Mercier Baumatic-Chronometer mit dem BM13-1975A kann mit wirklich sehr guten Gangwerten aufwarten (-1,1s/24h). Meine Frederique Constant mit dem FC-715 Manufakturkaliber läuft nach meiner Messung im mittleren Gang jedoch noch ganz leicht genauer (+0,9 s/24h), obwohl kein Chronometer. Am genauesten - man höre und staune - läuft jedoch das ETA2825 (+0,3s/24h) in meiner Mido, obwohl weder Chronometer noch Manufaktur. Das ETA2824 in meiner Emile Chouriet weist hingegen deutlich schlechtere Werte aus, wenngleich in verschiedenen Lagen mit +6,2/24h im mittleren Gang nun auch wieder nicht sooooo schlecht. Meine Oris Artelier mit dem Sellita SW200-1 liegt irgendwo dazwischen bei +3,0s/24h. Man sieht an meinen Beispielen also, dass ein Nicht-Chronometerwerk genauer laufen kann, als eines mit COSC, und ein Werk von der Stange genauer, als ein Manufakturkaliber, es aber auch anders herum sein kann.
Das COSC-Zertifikat, auf das nach Deinen Worten Oris bewusst verzichtet hat, ist immer eine schöne Auszeichnung für die Uhr und den Hersteller. Gleichwohl ist es im alltäglichen Betrieb keineswegs gesagt, dass dieses Zertifikat für einen spürbar besseren Gang garantiert, weshalb ich den Verzicht auch nicht als Nachteil ansehen würde. Und was soll es denn auch? Wenn wir ehrlich und realistisch sind, dann lieben wir Relikte aus längst vergangenen Zeiten. Wir sind, wie die Liebhaber von Dampflokomotiven. Allen ist klar, dass eine Dampflok dreckiger, langsamer und lauter ist, als eine hochmoderne E-Lok. Dennoch wird eine E-Lok niemals an den Charme und die Faszination einer Dampflok heran kommen, so wie Funk- oder Quarzuhren in vielen Eigenschaften, insbesondere in der Genauigkeit der Zeitanzeige, unseren geliebten, aber technisch veralteten Mechanikern zwar hoch überlegen sind, den Charme und die Faszination mechanischer Uhren aber nie erreichen werden können .... zumindest nach unserem Empfinden nicht. Wir sollten uns daher aber auch nicht über Sekundengenauigkeit und Gangwerte zuviel Gedanken machen. Zum Charme und zur Faszination unserer Uhren gehören halt auch die Nachteile, z.B. die Gangabweichung, so wie zur Dampflok der Dampf sowie das Zischen und Schnaufen gehören.
Und nach paar Worte zu Manufakturwerken: Diese wurden uns in den letzten Jahren auch von der Uhrenindustrie bzw. einigen Manufakturen als das Maß der Dinge erklärt, so dass zwischenzeitlich bei den Uhrenfreunden die Meinung herrscht, dass alles, außer Manufaktur, nichts ist. Hersteller, die Werke aus Großproduktion in ihre Uhren bauen, werden (für mich das Unwort des Jahres) verächtlich als "Einschaler" tituliert. Wir sollten aber eines nicht vergessen: Viele Uhrenhersteller springen auf den Zug mit den Inhouse-Kalibern auf, weil sie sich hierdurch eine Stufe höher in der Welt des Prestige-Uhrenmarktes setzen und somit auch an der Preisschraube drehen können. Außerdem kennen wir die seit Jahren geführte Diskussion über den Lieferstopp der ETA außerhalb des SG-Konzerns. Mit eigenen Werken macht man sich schließlich unabhängiger von der Gnade der großen Werkhersteller. Ob nun jedoch alle Manufakturwerke, nach denen immer mehr verlangt wird, die teilweise aber auch mit heißer Nadel gestrickt werden und nichts anderes als im Großen und Ganzen ETA-Nachbauten sind, über den Werken aus Großproduktion stehen, oder auch nur einen geringen Mehrwert bieten, kann man noch anzweifeln. Bei dem neuen Calibre 400 von Oris und sicher vielen anderen würde ich sagen, dass diese zweifelsohne die Uhrenwelt bereichern. Bei manchen Manufakturwerken steht allerdings die Frage im Raum, ob man mit einem 1000-fach bewährten und erprobten ETA oder Sellita für deutlich weniger Geld nicht besser bedient ist.
Beste Grüße
Tom