L’ Hommage: Die IWC Aquatimer Vintage Collection

  • L’ Hommage: Die IWC Aquatimer Vintage Collection, Referenz 3231-01



    Ein Blick zurück


    Die International Watch Co. wurde im Jahr 2008 runde 140 Jahre alt und dieses Jubiläum sollte mit einer Serie neu aufgelegter und sanft modernisierter Klassiker aus dem Hause IWC gefeiert werden.

    Neben Modellen aus der Da Vinci, der Portofino, der Ingenieur, der Portugieser und der Fliegeruhren Reihe gab natürlich auch eine Neuauflage eines Aquatimer Klassikers.


    1.jpeg


    Alle Modelle der Vintage Collection waren mit Edelmetall- oder Edelstahlgehäusen erhältlich und auch die Aquatimer gab es in den Varianten mit Edelstahlgehäuse (Referenz 3231-01) oder mit Gehäusen aus Weißgold (Referenz 3231-03), Roségold (Referenz 3231-04) und Platin (Referenz 3231-05). Die Vintage Collection war von 2008 bis 2012 fester Bestandteil im IWC Portfolio.



    Die Uhr


    Die Aquatimer VC ist eindeutig eine Hommage an die erste Aquatimer, Referenz 812 AD, aus 1967.


    2.jpeg


    Die modernere Fassung ist allerdings deutlich größer, ganze 6,5 Millimeter hat sie beim Gehäusedurchmesser zugelegt. Gemeinsam mit ihrem Vorbild hat sie aber eindeutig das Design und ein Manufaktur-Uhrwerk mit Pellaton Aufzug – bei der 812 AD kam ein IWC Kaliber 8541 zum Einsatz, bei der 3231 ist es ein IWC Kaliber 80111.


    IWC-typisch hat auch die Aquatimer VC wieder ein paar technische Spielereien an Bord. Am auffälligsten ist hier wahrscheinlich die durch den Wasserdruck beim Tauchen automatisch entkoppelnde Krone zur Einstellung der Tauchzeit. Die bei 4 Uhr liegende Krone lässt sich wenige zehntel Millimeter zu Gehäuse hin gegen einen leichten, durch eine Feder erzeugten Gegendruck, eindrücken. Dadurch wird der Antrieb der Krone auf den innenliegenden Drehring entkoppelt und die Tauchzeit kann dann nicht mehr (versehentlich) verstellt werden. Ab einer bestimmten Tauchtiefe – den genauen Wert konnte ich leider nicht herausfinden – sorgt der dabei entstandenen Wasserdruck dann dafür, dass diese Krone eingedrückt wird und der Drehring so automatisch gesichert wird.


    Während der ungewöhnliche und sehr effektive Pellaton-Aufzug mit einem Blick durch das Saphirglas im Gehäusebogen bewundert werden kann, bleiben die Rubinlager des Taucherdrehrings dem Betrachter leider verborgen.



    Albert Pellaton und sein Aufzugsmechanismus


    Albert Pellaton (* 1898; † 1966) entstammte einer Uhrmacherfamilie und war der Enkel des auf Tourbillons spezialisierten Uhrmachers Albert Pellaton-Favre (* 1832; † 1914) und Neffe von Jämes Cesar Pellaton (* 1873; † 1954), dem langjährigen Direktor der Uhrmacherschule Technicum in Le Locle.


    Er arbeitete nach seiner Ausbildung unter anderem bei Vacheron & Constantin, und war von 1944 bis zu seinem Tod im Jahr 1966 Technischer Direktor der IWC. Albert Pellaton beeinflußte die Entwicklung der IWC bis in die heutige Zeit hinein. Er entwickelte ein System eines automatischen Aufzugs, welches 1946 zum Patent angemeldet und 1950 vervollständigt wurde, den nach ihm benannten Pellaton-Aufzug.


    Albert Pellaton zeichnete aber auch für die Entwicklungen des legendären Kaliber 89 (bekannt u.a. aus der Mark XI, produziert von 1946 bis 1976) und die bereits mit dem Pellaton-Aufzug ausgestattete Kaliber-Familie 85 verantwortlich. Er war es auch, der 1957 Kurt Klaus von der Uhrmacherschule in Solothurn zur IWC holte. Jenen Mann also, der den berühmten Ewigen Kalender der IWC entwickelte.


    Der Pellaton-Aufzug


    Das Prinzip dieses Aufzugssystems für automatische Uhren ist im Grunde so einfach wie genial.



    3.jpeg


    Es unterscheidet sich in seiner Funktionsweise allerdings grundlegend von anderen Konstruktionen, denn an Stelle von Zahnrädern wird die vom Rotor erzeugte Energie über eine Kurvenscheibe, die von einer Gabel mit Rubinrollen an den beiden Enden umfasst wird, sowie eines ausgeklügelten Schaltklinken-Systems, das wechselweise die Aufgaben von Aufzug und Rücklaufsperre wahrnimmt, an die Triebfeder im Federhaus übertragen.


    4.gif


    Dieser Mechanismus erlebte seine Wiedergeburt im Jahr 2000 mit der Lancierung des ersten neuen und hauseigenen Kalibers 50000 in der Portugieser Automatic. Mittlerweile ist der Pellaton Aufzug das Markenzeichen der IWC eigenen Kaliber, so z.B. des Kal. 80000 der Ingenieur-Modelle und des Kal. 89360 aus den neuen hauseigenen Chronographen.


    Dieses Aufzugssystem war und ist so gut, dass verschiedene Automatik-Kaliber von Patek Philippe mit dem von IWC patentierten System ausgestattet wurden und auch das 13 Jahre nach der Patentanmeldung durch IWC von Seiko vorgestellte „Magic Lever“ Aufzugssystem funktioniert nach dem gleichen Prinzip.


    Bei einem Blick auf das Uhrwerk fällt auch die „wild“ geformte Automatik-Brücke auf, die den Rotor trägt. Die Brücke schlängelt sich, schön mit einem kreisförmigen Streifenschliff versehen, förmlich links neben der Unruh über das Uhrwerk. Die Form dieser Brücke hat nicht nur ästhetische Gründe, sondern auch eine Funktion, denn sie soll auch Stöße aufnehmen und den Rotor vom Uhrwerk entkoppeln.



    Die Spezifikationen:


    Gehäuse:

    Material: gebürsteter und polierter Edelstahl

    Glas: leicht gewölbtes Saphirglas, doppelt entspiegelt

    Gehäuseboden: verschraubter Saphirglasboden

    Abmessungen: Gehäusedurchmesser: 44.00 mm, Höhe: 14.50 mm, Länge (über die Hörner gemessen): 52.00 mm

    Bandanstoßbreite: 22.00 mm

    Gewicht: ca. 122 g

    Wasserdichtigkeit: wasserdicht bis zu einem Druck von 12 bar (120 m)

    Eigenschaften: innen liegende einseitig drehbare, mit 60 Klicks rastende Lünette, betätigt durch die nicht signierte Krone bei 4 Uhr, mit „Probus Scafusia“ signierte Aufzugskrone bei 2 Uhr, innen verschraubt, 6,6 mm Durchmesser, 3 Dichtungen, separater Kronentubus aus Stahl


    Zifferblatt und Zeiger:

    Farbe: mattschwarzes Zifferblatt, rhodinierte und polierte Zeiger

    Stundenskala: aufgesetzte Indices, rhodiniert und poliert und mit Swiss Super-LumiNova® belegt, aufgedruckte Minuterie, Datumsanzeige bei 3 Uhr

    Zeiger: rhodinierte und polierte Zeiger, mit Swiss Super-LumiNova® belegt


    Uhrwerk und Funktionen:

    Kaliber: rhodiniertes Automatik-Kaliber 80111 (basierend auf dem IWC Kaliber 80110), 28.800 A/h, Zentralsekunde, Datumsscheibe schwarz mit weißer Schrift, 28 Lagersteine, automatischer Aufzug System Pellaton, Glucydur-Unruh, Nivarox-Flachspirale, Schweizer Ankerhemmung, Triovis Feinregulierung, stoßgesichert und antimagnetisch, Kloben und Brücken angliert, perlierte Grundplatine, kreisförmiger Streifenschliff, Stahlteile matt gebürstet und angliert, polierte Schraubenköpfe, teilskelettierter Rotor, Sekundenstopp, Handaufzugsmöglichkeit, Datumschnellschaltung

    Gangreserve: ca. 44 Stunden

    Funktion: Stunden, Minuten, Sekunden und Datum


    Armband:

    Material: Kautschuk, am Bandanstoss 22.00 mm breit, zur Schließe verjüngt sich das Band auf 18.00 mm

    Farbe: Schwarz

    Schließe: signierte Dornschließe aus Edelstahl


    Listenpreis (2008 – 2012):

    5.650,00 Euro



    5.jpeg


    6.jpeg


    7.jpeg


    8.jpeg


    9.jpeg


    10.jpeg


    11.jpeg


    12.jpeg


    13.jpeg


    14.jpeg


    15.jpeg


    16.jpeg


    17.jpeg


    18.jpeg


    19.jpeg


    20.jpeg


    Epilog:


    Nicht erst während der Suche nach meiner dritten Taucheruhr aus dem Hause IWC wurde mir klar, dass die Aquatimer Reihe zu den interessantesten und innovativsten Taucheruhren schweizerischer Provenienz gehören, auch ohne dass untragbare und unverkäufliche Prototypen bis zum Grund des Challengertiefs vorgestoßen sind. Was also sollte dagegen sprechen, meiner Sammlung (mindestens) je eine Uhr aus jeder Generation hinzuzufügen? Dadurch, dass die IWC mit teilweise recht schnellen aber immer radikalen Modellwechseln reichlich Vielfalt in die Aquatimer-Reihe brachte, käme damit auch reichlich Abwechslung in die Sammlung.


    Auf die schon vorhandene Aquatimer GST (3536-02) und Ocean 2000 (3504-01) folgte also im Spätsommer diesen Jahres die Aquatimer Automatic (3290-02) und jetzt die Aquatimer aus der Vintage Collection (3231-01), zu der ich allerdings wie die Jungfrau zum Kinde kam.


    Eigentlich hätte als nächstes eine Aquatimer 2000 mit der Referenz 3568 meine Sammlung bereichern sollen, doch es sollte anders kommen. Während der Suche nach einem passenden Angebot stieß ich in der Bucht auf eine Auktion, in der eine Aquatimer VC versteigert wurde und deren Höchstgebot rund fünf Tage vor Schluss bei bescheidenen 1.990,00 Euro lag. Da ich aber auch die Aquatimer aus der Vintage Collection auf meinem Zettel hatte – geplant zwar erst für 2023 – dachte ich mir, da spiele ich einfach mal mit. Damit, dass ich die Auktion tatsächlich gewinnen sollte, habe ich nicht gerechnet…


    Als ich die Uhr dann in den Händen halten konnte, war ich mehr als angenehm überrascht. Nicht nur dass sie in der Realität wesentlich besser aussieht als auf den zugegebenermaßen eher miserablen Bildern der Auktion fällt positiv auf, sondern auch, dass sie so anders ist als die andere Taucheruhren aus der Aquatimer-Reihe und die Uhren, die ich in meiner Sammlung habe und hatte – und hier ist nicht das Super-Compressor Design gemeint.

    Dadurch, dass auf ein Rehaut verzichtet wird und auch der auf Rubinen gelagerte Drehring sehr flach gehalten ist, wirkt es fast so, als befände sich das Zifferblatt unmittelbar unter dem Glas. Deshalb – und natürlich auch wegen der Größe – wirkt die Uhr sehr dominant am Handgelenk.


    Die Uhr ist erwartungsgemäß hervorragend verarbeitet, die Gangwert sind exzellent und die IWC verzichtet bei der Aquatimer VC zum ersten Mal seit der Einführung der Ocean 2000 im Jahr 1982 auf ein proprietäres Bandsystem und befestigt das hochwertige und bequeme Kautschukarmband an profanen Federstegen.

    Die Wasserdichtigkeit von „nur“ 120 Meter mag manchem Uhren-Liebhaber als zu wenig erscheinen, in der Realität reicht diese Druckfestigkeit aber für den Tauchsport vollkommen aus. Nebenbei sei hier noch erwähnt, dass die Aquatimer Split Minute, die Aquatimer Deep One und die Aquatimer Deep Two ebenfalls „nur“ bis 120 m (12 bar) wasserdicht sind.


    Die IWC Aquatimer Vintage Collection ist eine großartige Uhr und daher wundert es ein wenig, dass diese Uhr in den diversen Uhrenforen quasi keine Rolle spielt.


    Alles in allem war auch dieser Kauf wieder ein Glücksgriff, ich scheine bei den Taucheruhren der IWC immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.


    21.jpeg






    Quellenhinweise:

    International Watch Co. „Die Uhren von IWC 2008/09“ und „Historical Selection – Engineering Time Since 1868“ | IWC.com | Chronos „Meilensteine: IWC“

    Bildquellen: Bild 1 bis 4: International Watch Co. | Bild 5 bis 21: own work

    Ich glaub' von allen Tieren hat der blaue Wal, mit Sicherheit das größte Genital

    Heiko „Schotty“ Schotte

    Blancpain | Certina | Clerc | Eterna | IWC | Porsche Design by IWC | Vulcain