Zur Funktionsweise des Tachymeters der Daytona

  • Liebe Uhren-Fans,
    desöfteren taucht die Frage auf, wie die gravierte Lünette der Daytona, der sogenannte „Tachymeter“ eigentlich funktioniert. Die jeweiligen Anleitungen zur Daytona beschreiben zwar recht anschaulich den Gebrauch der Skala, aber wie kommt die Anordnung der Zahlen eigentlich zustande? Nachfolgend der Versuch einer (hoffentlich) einfachen Erklärung.


    Die Tachymeter-Skala erlaubt die Ermittlung der Einheiten pro Stunde durch die Messung des zeitlichen Abstandes zweier Einheiten. Die Skala der Daytona ist daher mit „Units per Hour“ gekennzeichnet:



    (Rolex Daytona Ref. 16523 aus meiner Sammlung, Skala beginnt mit 400 UPH)


    Bei anderen Uhren wird desöfteren auch die Bezeichnung „Tachymetre“ verwendet:

    (Omega Speedmaster Ref. 345.0808 aus meiner Sammlung, Skala beginnt mit 500 UPH)


    Um aus den gemessenen Sekunden nun die Einheiten pro Stunde zu errechnen, müssen 3600 Sekunden (= 1 Stunde) durch die gemessenen Sekunden dividiert werden. Ein Beispiel: Es wurden 40 Sekunden gemessen, daraus folgt U=3600/40=90 Einheiten/Stunde. Die Zahl 90 findet sich auf der Skala bei 40 Sekunden.


    Die Skala folgt also der mathematischen Funktion U=3600/t, wobei U die errechneten Einheiten pro Stunde und t die gemessenen Sekunden sind. Bei der Funktion handelt es sich um eine einfache Hyperbel, die sich asymptotisch Null nähert. Die Skala ist daher nicht logarithmisch, wie manchmal fälschlicherweise zu lesen ist.



    Gemeinhin wird ja angenommen, daß es sich bei der Skala um einen Tachometer handelt, mit dem die Geschwindigkeit eines Autos gemessen werden kann. Dies ist zwar ein möglicher und oft beschriebener Anwendungsfall, allerdings ist die Meßungenauigkeit sehr groß, da die erforderliche Distanz exakt 1 km betragen und die Geschwindigkeit über die Meßzeit konstant sein muß. Ein sicherlich sehr praxisferner Gebrauch.


    Wie bereits erwähnt, werden mit der Skala Einheiten pro Stunde (Units per Hour) gemessen. Dies können Kilometer sein, aber auch z.B. produzierte Einheiten, transportierte Personen etc.. Im Prinzip kann alles gemessen werden, was in Einheiten pro Stunde (UPH) angegeben wird.


    Ein Beispiel:
    In einem Automobilwerk wird am Fließband die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Wagen mit 40 Sekunden gemessen. Auf der Lünette läßt sich ablesen, daß das Werk momentan 90 Wagen/Stunde produziert.


    Ein weiteres Beispiel, welches gleichzeitig die Problematik der Tachymeter-Skalen bis 50 UPH aufzeigt, wie sie beispielsweise bei den Handaufzugs-Daytonas und der Ref. 1652x bis 1990 verwendet wurden:

    (Quelle: leider unbekannt)


    Bei einer Seilbahn mit Kabinen für jeweils 6 Personen wird der zeitliche Abstand zwischen 2 Kabinen mit 15 Sekunden gemessen, aber die obige Skala zeigt bei 15 Sekunden keinen Wert an. Hier liegt ein Problem der Skalen, die bis 50 UPH laufen. Die Zahlen zwischen 60 und 50 UPH stehen dabei für 60 bis 75 Sekunden Meßzeit. Dies war wohl ein Zugeständnis an den Gebrauch als Auto-Tachometer, der aber wie bereits erwähnt nicht sehr praxisnah ist. Daher wurde 1990 die Skala der Daytona geändert, um dem Gebrauch für z.B. Produktionsmessungen Rechnung zu tragen, da hier der Meßbereich bis 15 Sekunden wichtiger ist, als der zwischen 60 und 75 Sekunden. Mit der geänderten Skala läßt sich dann die Förderleistung der oben genannten Seilbahn einwandfrei messen. Bei 15 Sekunden Abstand der Kabinen lassen sich dann 240 Kabinen pro Stunde ablesen, umgerechnet sind das 240 x 6 (Personen/Kabine) = 1440 Personen/Stunde.


    Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Wartezeiten in den Schlangen vor Seilbahnen recht gut abschätzen. So wurde mir schon desöfteren die Frage gestellt "Wie machst Du das“, wenn die Wartezeit unter Zuhilfenahme des Tachymeters recht renau abgeschätzt werden konnte. Dies gelingt mit der Tachymeterskala aber nur bei Umlaufseilbahnen (Schlepplifte, Sesselbahnen, Gondelbahnen), bei Pendelbahnen (Großkabinenbahnen bzw. Standseilbahnen mit nur zwei Kabinen, die im Pendelverkehr zwischen Tal- und Bergstation fahren) wird schon ein Chronograph mit logarithmischer Rechenscheibe benötigt.


    Übrigens beginnt die Tachymeter-Skala meiner Breitling Chrono-Matic 2110 sogar bereits bei 1000 UPH:


    Bedingt durch die Hyperbelfunktion ist die Messung in dem Bereich 1000 bis ca. 600 UPH allerdings sehr sensibel, da bereits einige Zehntelsekunden einen erheblichen Einfuß auf das Ergebnis haben.


    Ich hoffe die Köpfe rauchen nun nicht zu stark. Für Mitglieder mit nur wenigen oder keinen mathematischen Vorkenntissen sei gesagt, daß die Tachymeterlünette natürlich auch ein Design-Objekt ist. Dies näher zu erläutern überlasse ich aber gern den Stilexperten………


    Viele Grüße
    Matthias

  • Ich gehöre zur Fraktion der rein optischen Nutzer...allerding habe ich mit meiner Daytona auch nur einmal probeweise etwas gestoppt.


    Vielen Dank! :respekt:

  • Danke für die ausführliche Beschreibung Matthias.

    Gruß
    Andreas
    :yourself:
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    "Der einzige Weg, eine Versuchung los zu werden, ist, ihr nachzugeben."


    (Oscar Wilde, englischer Schriftsteller (1854 - 1900))

    • Offizieller Beitrag

    Sehr schöne Beschreibung! Danke dafür :gut:


    Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich bestätigen, dass die Allermeisten an die beschriebene Geschwindigkeitsmessung denken, die tatsächlich realitätsfern ist. So hats mir auch mein Papa vor Zeiten erklärt, leider hat er mir nicht gleich die passende Rolex dazu gegeben :(


    Rolex verweist IMHO mit der Gravierung "units per hour" konsequent auf die sinnvollen Anwendungsbereiche - nicht zuletzt das macht die D so attraktiv.

  • danke für die infos!! klasse uhren hast du!!

    Wir leben alle unter demselben Himmel, aber wir haben nicht alle denselben Horizont. :knoppi:


    Wenn ich einmal Fussball seh, muss es Bayern sein, denn der FC Bayern München, das ist mein Verein. :shout::kiss:


    Lieber ein 6er im Lotto als einen 8ter im Reifen.. :gut: