IRREPARABEL? Achwas, nicht mit uns!

  • Sooo, freu mich extrem das schreiben zu können. Ich hab heute mit Kumpel mal außerhalb des Uhrensektors gewildert.


    Vorgeschichte: Es geht um einen defekten künstlichen Horizont des Herstellers Sperry. Herstellungszeitraum Anfang der
    1950er oder noch früher. Auf jeden Fall war er kaputt, der Fachmann teilte nach Durchsicht mit, dass er irreparabel sei.


    So kommts, dass das gute Stück bei mir landet. Der Besitzer ist aus der Familie.


    Mein hier behilflicher Kumpel ist ein großer Fan von Oldtimern und jeglicher Art von Instrumenten etc., und eben auch der Fliegerei. Er
    selbst ist übrigens auch Uhrmacher ;)


    Wir haben den Gyro also mal zerlegt und den Fehler gesucht. Er zeigte sich dann in Form eines defekten Kugellagers.
    Das Kugellager ist allerdings etwas sehr spezielles, dafür gibt es keinen Ersatz mehr - irreparabel? Nöööööööö!


    Also, im Grunde simpel:


    - Ersetzen der verrosteten Kugeln des Lagers
    - Nacharbeiten und polieren der Lagerschale (da gibt es eben keinen Ersataz mehr)
    - Nacharbeiten und polieren des im defekten Lager gelagerten Zapfens
    - Schmieren und reinigen der anderen Lager
    - Auswuchten des Gestells
    - Neulackierung der Anzeige


    Das ganze hab ich auch bebildert, die Bilder sind alle während und nach der Überholung entstanden.


    Hier das Innenleben vom Gehäuse befreit (die Anzeige ist hier bereits neu lackiert)




    Das muss zerlegt werden!




    Hier ist der Kreisel zu sehen, dieser dreht sich dann später wie wir hofften wieder mit mehrern 10.000 Umdrehungen in der Minute:


    Hier nochmal etwas näher, im Bild der nachgearbeitete Zapfen:


    Hier lässt sich noch erahnen weshalb der Kollege nicht mehr wollte, die alten rostigen Kugeln sprechen eine deutliche Sprache:


    Hier der Ersatz, jungfräulich und auch sonst ein tolles Spielzeug, bereits in die nachgearbeitete Lagerschale gelegt:



    Während der Testläufe. Der Gyro funktioniert mit angelegtem Unterdruck, im Flugzeug von einem Venturoventil realisiert.
    Die Seite haben wir zum Auswuchten des Gestells einfach mit Kunststofffolie abgedichtet (das Gehäuse muss dicht sein,
    damit die hindurchströmende Luft den Kreisel in Drehung versetzen kann), denn des Öfteren musste justiert werden.



    Das beste Detail des ganzen Geräts findet sich auf dessen Seite :lol: :gut:



    So ähnlich sieht nun die Front aus, einzig die Schrauben wurden nachträglich natürlich wieder schwarz lackiert,
    mit frisch lackierter Anzeige (alles das, was weiß ist):



    War eine Mordsgaudi, wir hatten mächtig Spaß an dem Gerät. Und als er dann wirklich lief war uns ein ziemlich
    breites Grinsen ins Gesicht geschrieben! Wirklich, hat verdammt viel Spaß gemacht sich um den Gyro zu kümmern
    und zu zeigen, dass er eben doch nicht irreparabel ist!


    Hier noch der Beweis, dass er wirklich funktioniert. Ohne Luftstrom, wenn der Kreisel nicht dreht, steht die Anzeige
    nicht exakt. Das ist übrigens was wir justieren mussten, nämlich dass die Anzeige im Betrieb wirklich hotizontal liegt.
    Wenn dann Luft abgesaugt wird und der Kreisel hochdreht ... aber schaut einfach ;)


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    Echt, war geil, und wir waren happy :G

  • Moin,
    der Fachmann in der Luftfahrtbranche, so er denn einer war, beurteilt gerade in der heutigen Zeit die Instandsetzungsmöglichkeiten eines Fluggerätes vor allem nach zwei einfachen Kriterien:
    1. Bezahlt der Kunde den Aufwand und viel wichtiger
    2. Hält seine Reparaturmethode einer kritischen Überprüfung durch die zuständige Luftfahrtbehörde stand.


    Schön, dass Ihr das Teil wieder zum Laufen bekommen habt. Aber wenn das einer gewerblich macht, dann hält er seinen Kopf dafür hin. Wenn das durch einen dummen Zufall schief geht, die Behörde neugierige Frage stellt, wo z.B. die Ersatzteile herkommen, dann ist er die längste Zeit seines Lebens Fachmann gewesen.


    Gruss, Shadow.

  • Und was hast Du genommen dafür?


    Ich frag deshalb weil Du keine Preise gegenübergestellt hast.
    Hat der Hersteller oder die Werkstatt "...keine Rep. mehr machbar..." dieses aus Nichtkönnen oder aus im Verhältnis keine Preisrentabilität gemeint?
    Habs nicht wirklich herausgelesen.


    Ich bekomme nämlich auch des öfteren aus der Oldtimerliga diverse Sachen zum Angucken oder reparieren, aber da wird meistens in
    "Gegeneinladungen beim Wirt'n" bezahlt.
    Weil aus dem engsten Freundeskreis.
    Real steht vieles bei diesem alten "Zeuch" nicht mehr im Verhältnis. Bzw. würden viele den realen Preis, den Du dafür berechnen müsstest -wenn Du nach realer Arbeitszeit gehst-
    schlicht weg nicht bezahlen wollen.


    Ich bin leider fast täglich damit konfrontiert, das die "Leute" keinen fair berechneten Cent in eine Reparatur investieren möchten weil sie schlicht weg
    KEINE AHNUNG haben was für ein Aufwand die Restaurierung solch schöner Sachen ist.


    Noch viel schlimmer ist es das die Leute glauben, wir "blöden" Uhrmacher stehen "Gewehr bei Fuss" für einen banalen Batteirewechsel und freuen uns noch darüber...
    Real ist es, das wir Spezialisten mit so viel Müll in einem "Gassenlokal" konfrontiert sind, und selbst da glauben die Leute wir sagen "Danke" für Hilfsarbeiterjobs wie Lederbänder,
    Teilreparaturen, Batterien ( bei denen aber finanziell wirklich was "hängen" bleibt (!!!!!!) ) usw. .


    Der "Fun-Faktor" ist das Eine, die Gewinnrechnung die Andere. Leider die Überlebensnotwendige...


    Daher meine Frage wollte der Besitzer "alles dafür bezahlen" oder hast Du nur schlicht als Profi in feinmechanischen Angelegenheiten ( vulgo "Uhrmacher"...) geholfen?


    Das Du es KANNST hätte ich nie in Frage gestellt. Nur zur Präzisierung!


    :wink:

  • Guten Tag zusammen,


    ich habe diesen Beitrag schon mal vorsichtig kommentiert und ihn weiter beobachtet, aber die Botschaft ist scheinbar noch nicht angekommen.
    Ich wollte hier keinen Stunk verbreiten und habe den Hausmeister gebeten, ob man diesen Beitrag nicht lieber in Absprache mit Bernd unsichtbar macht. Er war der Meinung, dass eine fruchtbare Diskussion sinnvoller sei, als einfach irgendwelche Beiträge verschwinden zu lassen...nun denn !


    Ich habe beruflich in der Instandhaltung von Fluggeräten zu tun und bin täglich mit dem Vorschriftenwahnsinn der Luftfahrtbehörden dieser Welt konfrontiert.
    Ich werde hier nicht die technische Leistung in Abrede stellen. Das Ding scheint wieder zu funktionieren. Leider geht es hier nicht um einen Oldtimer auf vier Rädern sondern offensichtlich um ein in Deutschland registriertes und aktives Luftfahrtgerät. Damit zählt aus meiner Sicht nicht die technische Machbarkeit sondern die Frage, ob das legal ist.


    Ich fasse das mal aus meiner Sicht zusammen: Zwei geschickte Zeitgenossen haben ein defektes Gerät wieder funktionsfähig gemacht. Gut und schön. Bisher ist hier aber nicht der Hinweis erfolgt, dass die beiden dazu formal berechtigt sind. Wir bewegen uns hier wie gesagt nicht in der Oldtimerwerkstatt wo der TÜV hinterher mal auf die Funktion schaut. Wir bewegen uns im Bereich der Luftsicherheit....da schaut das Luftfahrtbundesamt erst auf die Papiere/Dokumentationen. Erst wenn das alles sauber ist, wird sich der Funktion zugewandt.


    Instandhaltungsmassnahmen an Fluggeräten sind weltweit von Personal durchzuführen, das formal dazu berechtigt ist. Im Rahmen des "formal" ist dann auch festgelegt, in wieweit sie technisch qualifiziert sein müssen. Des weiteren sind diese Reparaturen durchzuführen nach anerkannten Reparaturmethoden, die zumindestens auf Herstellervorgaben beruhen. Diese Reparaturmassnahmen sind nachvollziehbar zu dokumentieren und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein gewerblich genutztes Fluggerät eines Unternehmens handelt oder um den kleinen Freizeitflieger.


    Die schlichte Konsequenz die daraus zu ziehen ist: Diese Instandhaltungsmassnahme ist zwar nett anzusehen, sie ist aber objektiv gesehen schlicht illegal. Rechtlich taugt dieses Fluggerät nur noch zur Ansicht für die Vitrine. Da hier auch noch der Einbau in ein aktives Luftfahrzeug erfolgt ist kann man die Frage der Lufttüchtigkeit auch gleich noch auf das ganze Flugzeug ausdehnen und im Ernstfall auf denjenigen, der das Teil eingebaut hat. Wenn er wissentlich ein gebasteltes Gerät in ein Flugzeug einbaut.....möchte ich an seiner Stelle nicht den Wert seiner Instandhaltungslizenz oder seiner PPL mit dem LBA diskutieren.


    Sorry, aber in der Luft hört der Spass auf und der Cheffe hier wollte die Diskussion.
    Wer das jetzt als Erbsenzählerei abtun will überlege sich folgendes Szenario: Der sonnige Sonntag, der Ausflug zum nahegelegenen Flugplatz. Die Überlegung man könnte seine Welt ja mal von oben betrachten und einen Rundflug in einem solchen Hüpfer buchen. Irgendjemand hat an diesem Flugzeug "unqualifiziert" herumgebastelt.....und der dumme Zufall will es das "DU" damit runterfällst.....!


    Gruss, Shadow.