Lünette reinigen / wechseln, Gehäuse zerlegen - kurze Anleitung zum Selbermachen

  • Leute - ich fühle mich schuldig.


    In einem anderen Thread wurde ich aufgefordert den Lünettenwechsel mit Bildern zu erklären. Ich habe es mir einfach gemacht und nur ein Verweis auf eine Webseite eingestellt.
    Ganz glücklich bin ich natürlich nicht darüber und somit habe ich heute dann doch mal meine Seiko Black Monster nackich gemacht. :G
    Ich habe aber schon vor ein paar Tagen Fotos meiner Neuerwerbung - eine Seiko 6306-7000, gemacht. Ich mische hier die Bilder, da ich die 6306, im Gegensatz zur Monster, komplett zerlegt habe.



    Fangen wir mal an:
    Ihr braucht zum Lünettenabheben einen scharfen, aber doch weichen Gegenstand. Weicher als Stahl. Somit wird nichts an der Uhr beschädigt.
    In einem anderen Forum schreiben sie gerne von der Kochlöffelmethode. Ich nehme eine Nagelfeile mit Kunstoffgriff oder einen Brieföffner aus
    Holz. Also wenn ihr irgend was änliches findet...
    Ich muss hier aber gestehen, das ich auch häufiger mein Taschenmesser verwende. Nur muss man sich im Klaren sein das da evtl. Späne fallen.


    Ganz so schlimm ist es nicht, aber es kann Kratzer geben. Also wer sein Schmuckstück makellos behalten will - lieber Holz verwenden.



    Ihr setzt also das Werkzeug waagerecht zur Lünette an und drückt die Schneide in den Schlitz zwischen Lünette und Gehäuse.
    Jeder von euch hat sicher schon mal eine Bierflasche geöffnet. Diese Bewegung habt ihr doch im Fleisch und Blut, oder?
    Genauso hebelt ihr die Lünette runter. Zischt bloß nicht.







    Bei der Black Monster ging das mit der Feile leider nicht. Dort habe ich mein Messer benutzen müssen. Habe die Uhr hochkant auf den Tisch gestellt und mit viel Kraft die Klinge in den Schlitz gedrückt. Da es ja nur mein Dailyrocker ist, fiel es mir nicht schwer.






    Das Ergebniss ist in beiden Fällen das selbe. Der Schwächere gibt nach. Die Lünette geht ab.





    So lag sie dann vor mir. Nackich. ;)




    Ihr könnt jetzt den Federing rund um das Glas erkennen. Mittels der hochgebogenen Ecke und der Rasterung in der Lünette (siehe auch nächstes Bild) ensteht dieses Klickgeräusch beim Drehen.
    Die Vintage-Diver haben den Federring, soweit ich das weiss, nicht. Dort sitzt eine kleine Kugel im Gehäuserand. Sieht man später auf einem anderen Foto.



    Der Federring von unten. Durch diese Zapfen kann man beim Zusammenbau nichts falsch machen.





    Die gehören hier in die Löcher im Gehäuserand:





    Hier die Lünettenunterseite mit dem Dichtring. Daher ist ölen der Lünette wohl nicht so gut. Vllt. löst das Öl den Dichtring an.
    Gut ist die Rasterung zu erkennen.
    Bei den älteren Divern kann man aus dem Lünettenring das lackierte Inlay nochmals rausnehmen. Falls der Nullpunkt etwas verschoben sein sollte, kann man sich das so ganz einfach selber richten. Lünettenring ohne Inlay auf das Gehäuse aufdrücken und dann das ausgerichtete Inlay wieder reinpressen. Geht alles mit bloßen Fingern.
    Keine Sorge.





    Das war es schon mit dem Lünettenwechsel. Vor dem Zusammenbau alles schön reinigen und die Lünette dreht wieder wie am ersten Tag.
    Lünette einfach an einem "Eck" ansetzen und mittels Daumen und Zeigefinger die Lünette rundum auf das Gehäus pressen.
    Fertig. :jump: :blume:



    Wer noch "tiefer" eindringen will, soll bleiben. Die anderen schalten jetzt ab.
    Los. Abschalten.
    Ihr seit ja immer noch da, sagte doch immer der Peter Lustig. (ging mir immer auf den Keks, der Spruch)



    Weiter geht es mit dem Glashaltering. Darunter sitzt das Glas in einer Gummidichtung. Diese könnte vllt. auch durch ölen der Lünette schaden nehmen.





    Den Glashaltering hebel ich immer mit einem Messer ab. Der Schlitz ist zu schmal für jedes andere Werkzeug.


    Darunter sieht es so aus. Etwas verschwommen, aber es geht noch:


    Gehäuse, Glasdichtung, Glas, Glashaltering




    Darunter sitzt dann der Minutenring mit seinem Haltering:


    achtet darauf das beim Zusammenbau der Haltering richtig rum sitzt. Anderenfalls könnte der Glashaltering nicht mehr passen.
    Dann keine Gewalt anwenden. Nochmal abnehmen und umdrehen. Es geht alles mit bloßer Fngerkraft zu montieren.





    Bevor ihr aber das Glas von hinten aus dem Gehäuse drücken könnt, müsst ihr erst den Gehäuseboden abschrauben und das Werk entnehmen.
    Solch einen Gehäuseöffner gibt es in der Bucht incl. Porto schon für unter 10 Euro.




    Nun seht ihr das Werk. Unterhalb der Krone könnt ihr einen kleinen Knopf erkennen (hat ein kleines Loch in seiner Mitte).
    Lockert die Krone wie zum Stellen der Uhr, drückt dann mittels schmalen Schraubenzieher diesen Knopf vorsichtig runter und zieht dabei mit der anderen Hand die Krone aus dem Tubus raus.
    Bei anderen Werken sitzt an ähnlicher Stelle eine kleine Schraube oder ein Federclip den man hochbiegt.




    Hier der Tubus im leeren Gehäuse. Gut ist auf beiden Bildern der Dreck und Rostfraß zu erkennen. So gut es geht reinigen um die neue Dichtung nicht gleich wieder zu beschädigen.




    Hier noch das Bild der besagten Kugel die bei den alten Divern die Lünettenrasterung erzeugt. Beim Reinigen aufpassen das sie nicht rausspringt und verloren geht.
    Ist mir bisher noch nicht passiert. Sie sitzt wohl doch recht fest. Aber Vorsicht ist ja bekanntlich...





    Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge.



    So, das war´s von meiner Seite. Ich hoffe der Admin ist mit der Bildgröße diesmal zufrieden. Habe die Bilder verkleinert und auch bei Imagshack die Größe 800x600 ausgewählt. Müsste also passen. Wenn nicht, kannst du da noch was abändern damit die Fotos erhalten bleiben? Hat immerhin einiges an Zeit gekostet.


    Ich wünsch euch dann also viel Vergnügen beim Basteln. Und denkt daran immer daran eure Finger zu schützen. Das Fett ergibt nach Jahren hässliche Flecken auf dem Werk.
    In der Apo gibt´s die netten Fingerlinge. Die benutze ich für diese Arbeit.



    Bis denn mal,


    Gruß,
    Matze

  • Wow - vielen Dank für die Arbeit die du dir gemacht hast :gut:


    Ich glaube ich traue mich jetzt mal daran, die Lünette meiner 6217 abzumachen, die dreht auch sehr schwer :grb: Mal schauen ob reinigen was bringt :gut:


    Danke dir und Viele Grüsse


    Michael

    make swiss-made great again


    Zwei Tage nach der Auktion in Alkmaar, am 5. Februar 1637, hatte der Verfall von Preisen in Haarlem seinen Anfang genommen. Bei einer der regelmäßigen Wirtshausversteigerungen konnte keine der angebotenen Tulpen zu dem erwarteten Preis verkauft werden.

  • Hallo Michael, ich habe gleich mal die Lünette meiner 6217 runtergemacht. Sie geht auch sehr schwer runter. Ich habe wieder das Taschenmesser benutzt.
    Such mal die Lünette ab - da ist extra der Rand an einer Stelle abgeschrägt um besser mit einem Werkzeug die Lünette abhebeln zu können.
    Drehe den abgeschrägte Bereich auf ein Horn und du kannst dein stumpfes Werkzeug beim Hebeln am Horn abstützen.
    Ich habe mein Messer auf neun Uhr angesetzt.


    Bekomme es leider nicht besser fotografiert:




    Die 6217 ist ja die erste Taucheruhr von Seiko. Damals gab es die Lünettenrasterung noch nicht. Daher hat die Lünette weder Rasterung noch Kugel oder Federring und ist noch beidseitig drehbar.
    Die Lünette hat innen diese Klemmfeder:






    Gruß,
    Matze

  • Vielen Dank Matthias, is ja der Hammer :verneig::verneig::verneig:


    Ich werde berichten, ob ich es ohne Blessuren zu verursachen geschafft habe :gut: Eine Frage hätte ich noch :rotwerd: die Klemmfeder sollte ich da beim wieder draufdrücken was beachten :grb:


    Danke dir und Liebe Grüsse


    Michael

    make swiss-made great again


    Zwei Tage nach der Auktion in Alkmaar, am 5. Februar 1637, hatte der Verfall von Preisen in Haarlem seinen Anfang genommen. Bei einer der regelmäßigen Wirtshausversteigerungen konnte keine der angebotenen Tulpen zu dem erwarteten Preis verkauft werden.

  • Ne, geht kinderleicht. Drauf ist sie sofort und ganz leicht. Ab ging viel schwerer.


    Hier ist sie wieder:




    Viel Erfolg wünsche ich euch allen.


    Gruß,
    Matze

  • Hi Matze,


    noch mal Danke, bei mir hat Demontage und wieder aufsetzen jetzt reibungslos geklappt, hatte erst a bisserl Schwierigkeiten beim aufsetzen, mit sanftem reindrehen hat es dann aber geklappt, die Lünette dreht jetzt wieder schön säuberlich ihre Runden, Bilder von Haaren und anderem ekligem Zeugs erspare ich euch lieber ;)


    Viele Grüsse


    Michael

    make swiss-made great again


    Zwei Tage nach der Auktion in Alkmaar, am 5. Februar 1637, hatte der Verfall von Preisen in Haarlem seinen Anfang genommen. Bei einer der regelmäßigen Wirtshausversteigerungen konnte keine der angebotenen Tulpen zu dem erwarteten Preis verkauft werden.

  • Ich muss mich nochmals melden. Mir sind da zum einen noch ein paar Dinge in den Kopf gekommen.
    Zum anderen kann ich die Seiko Monster nicht als Einstiegsobjekt empfehlen.
    Während dem Erstellen des Beitrags war die Lünette die ganze Zeit ab. Nun habe ich probiert die Lünette wieder draufzumachen.
    Es geht, im Gegensatz zu allen anderen Lünetten bisher, saumäßig schwer. :( Der Lünettendichtring klemmt sich immer zwischen Lünette und Glashaltering ein.
    Probiert also erst einmal an den herkömmlichen Diverlünetten aus wie es funktioniert.


    So, nun zu meinen Gedanken. Anscheinend habe ich in meinem kurzen Leben wohl nur einen verschwindend geringen Teil meiner Biere mit einem Flaschenöffner geöffnet.
    Daher war mir die Hebelrichtung nicht mehr so geläufig. Ich habe es immer so wie auf dem Bau gehandhabt - Feuerzeug, Schraubenschlüssel oder was auch immer. Da plöppt der Deckel dann noch oben weg. So geht das auch mit dem Lünettenabnehmen.


    Weiterhin wollte ich noch erwähnen, das ich an die Lünettendichtung und an die Glasdichtung kein Silikonfett gebe. Ich habe mal gelesen, das sich Cockpitspray im Auto negativ auf die Frontscheibe auswirken soll. Das darin enthaltene Silikon würde die Scheibe von den Rändern her erblinden lassen. Daher will ich meine Dichtungen in Glasnähe nicht damit behandeln.


    Gibt´s hier einen Experten der das widerlegen kann?



    Gruß,
    Matze

  • Guter Bericht:gut:




    Zur Frage von wegen Erblindung von Glas...das stimmt so nicht.


    Bei Autoscheiben bildet sich ein Belag, und das auch nur wenn man das Zeug nicht richtig mit einem geeigneten Reinigungsmittel entfernt.
    Durch die Lüftung (Lüftungsdüsen unter der Frontscheibe) trocknet das Zeug schnell an, warme Heizungsluft begünstigt das.
    Dann ensteht dieser Nebelschleier auf dem Glas, der sich nicht mehr so leicht entfernen läßt.


    Es bedarf dann starker Lösungsmittel oder abrassiver Politur.






    Wissenschaftlich erklärt ist es recht einfach, Glas ist chemisch neutral, daher findet keine Reaktion mit dem Cockpit-Spray statt.






    Zur Uhr, klar kann man Silikonfett oder Spray zum Reinigen und Pflegen der Dichtungen verwenden, auch die Lauffläche einer Lünette läßt sich so problemlos schmieren.


    Wichtig ist nur ein Grundsatz - weniger ist mehr:opa:


    Auftragen und hinterher gründlich wegwischen, dann bleibt nur der Schmierfilm haften, jedoch hat man keinen Dreck/Staubmagneten.


    Dichtringe, z.B. einer Deckeldichtung auch gründlich abwischen, dann haftet das Zeug nur da wo es soll.


    Alte Dichtungen bei Vintageuhren werden für etwas Silikon sehr dankbar sein, es pflegt und schützt...aber eben immer die Dichtung entfernen und gründlich reinigen.


    Natürlich ist eine zerbröselte poröse Dichtung defekt, da hilft auch kein Fetten.




    Konkret bei Lünetten ist es recht einfach, demontieren - reinigen - fetten - sauber wischen - drauf und fertig:gut:


    Natürlich sollte man Reste vom Glas gründlich runter wischen, sieht ja nicht schön aus.






    Wer nicht demontieren möchte reinigt mittels Drehen der Lünni unter lauwarmen fließenden Wasser, läßt über einige Stunden gründlich austrocknen und gibt ein Spritzer Silikonöl oder Spray zwischen Glas und Lünni.



    Ein paar Mal drehen damit sich das Zeug verteilt - fertig.
    Natürlich ist die Reinigung bei Demontage wesentlich gründlicher:gut:












    Für Bodendichtungen verwende ich 100% Silikonfett (z.B. weißes Wasserpumpenfett aus der KFZ Werkstatt), für Lünnis oder Ähnliches bevorzuge ich 100% Silikon-Spray.


    Die Dosen haben meist ein dünnes Röhrchen dran, damit kommt man auch zwischen Glas und Lünni und kann somit relativ gut dosieren.


    Wer Silikonöl nehmen möchte, der trägt es am besten mittel einer kleinen Spritze mit Kanüle auf, lässt sich auch super dosieren.








    Wichtig!!!




    Keine Silikonhaltigen Produkte verwenden, diese Mischprodukte können Dichtungen angreifen oder zersetzen.


    Nur 100% Silikonfett, Öl oder Spray verwenden:gut:


    Überflüssiges Fett oder Öl immer gründlich wegwischen, da sonst Staub und Dreck leichter anhaften können, nur ein Schmierfilm soll zurück bleiben.

  • Ich bedanke mich recht herzlich bei euch allen für das viele Lob. :verneig:
    Mich freut es sehr das euch mein Beitrag Nutzen bringen konnte.


    Weiterhin möchte ich mich bei Bärchen für sein ausführliches Statement zum Thema Silikonfett bedanken. Dieses hat mir sehr geholfen.
    Ich weiss nun, das ich meine Lünettendichtringe doch in Zukunft sanft einfetten werde.


    Danke euch allen und Gruß,
    Matze

  • Schönes Thema, davon brauchen wir hier mehr! :respekt:


    Kleiner Tip von mir: Passt auf Eure Flossen auf, wenn Ihr mit dem Uhrmachermesser hantiert! Die Teile sind normalerweise feinste Schweizer Messer und sauscharf. :eek: Ich bin ein Schi**er und ziehe dazu immer einen Kevlarhandschuh über die Hand, die die Uhr hält. :eek:


    ...ja, lacht nur, ich wische Euer blut jedenfalls nicht auf! :holly: ;)