IWC Referenzen 3510, 3551 und 3511 - die Porsche Design Kompassuhren - ein Review

  • Hallo liebes Forum,


    in meinem heutigen Review geht es um eine wichtige Uhr aus der Zusammenarbeit von Porsche Design Salzburg und der IWC Schaffhausen.
    Diese Zusammenarbeit begann wohl im Jahr 1978, einer Zeit, in der die IWC wirtschaftlich in der (Quartz-) Krise steckte (die IWC gibt in
    ihren Katalogen den Start der Zusammenarbeit mit 1979 an, obwohl schon 1978 PD Uhren by IWC erschienen sind?!).
    Die Kooperation war aus heutiger Sicht betrachtet sicherlich ein Glücksfall, brachte sie doch so schöne Klassiker wie den Porsche Design
    Chronographen in all seinen Ausführungen und Evolutionsstufen, die legendäre Ocean 2000 mit ihren Schwestern Ocean BUND und Ocean 500
    oder eben die Uhr des heutigen Reviews, die Kompassuhr, hervor.
    Nebenbei erwähnt sei, dass sich die IWC durch diese Kooperation wirtschaftlich erholen konnte und wir daher heute noch über die IWC reden und schreiben können!
    Ebenfalls wurden in dieser Kooperation gänzlich neue Wege bezüglich der Gehäusematerialien und der Oberflächenbeschichtungen seitens der IWC beschritten.
    So wurde das Titan, anfangs unter großen Schwierigkeiten in der Produktion, als Gehäusematerial eingeführt.
    Damit beschritt die IWC in der Schweiz absolutes Neuland und tat wahre Pionierarbeit.
    Auch PVD-beschichtetes Leichtmetall wurde verwendet, wie im Fall der Kompassuhr.
    Die technische Evolution der IWC Porsche Design Uhren zeigte sich u.a. im Bereich der Uhrwerke, der Bänder (drei (manche sprechen von vier)
    Bandgeometrien; siehe auch den LINK in unseren Classics!) sowie im Bereich des Design durch wechselnde Zifferblattdesigns (s.u.).
    Die Zusammenarbeit von Porsche Design und der IWC endete offiziell im Jahr 1997.
    Ein scharfer Schnitt für beide Seiten! Aber PD kaufte Eterna und setzte das PD Uhren Konzept nun mit einem eigenen Hersteller fort.
    Und die IWC setzte ihre Entwicklung mit den Uhren der GST-Linie fort, die den Platz der PD-Uhren einnehmen sollten.
    Oder sagen wir besser, die entstandene Lücke so gut es ging zu schließen.
    Nur so besondere Uhren wie die Kompassuhr, die es in drei wesentlichen Varianten und vielen Sonderanfertigungen im Laufe der Jahre gab,
    wurden seither nicht mehr gebaut!


    Nun zum Review:


    Hier das erste Zifferblattdesign (1978-82):




    Und das dann ab 1983 verbaute Zifferblatt:


    Die Kompassuhr wurde 1978/79 als eine der ersten PD by IWC Modelle eingefhrt.
    Anfänglich als Referenz 3510 geführt und im oben gezeigten Design mit einem schwarz eloxierten Leichtmetallgehäuse und Karbonfieberband gebaut,
    folgte ca. 1982 eine parallel produzierte dunkelgrün (sog. NATO-grün) eloxierte Variante:





    Die Referenz 3510 wurde etwa bis 1986 hergestellt und im Katalog gezeigt.
    Es folgte die Referenz 3551 mit ebenfalls schwarz eloxiertem Leichtmetallgehäuse
    und einer Mondphasenanzeige bei 12 Uhr




    Die Ref.3551 wurde ca.1991 (manche Quellen sprechen von 1994, aber im PD Katalog taucht diese Referenz bereits 1991 auf) von der Referenz
    3511 abgelöst.
    Diese Uhr wurde aus dem Werkstoff Titan gefertigt und ist heute die seltenste und somit gesuchteste Variante dieses Modells.




    Gebaut wurde diese Uhr bis ca. 1996/97, also bis zum Ende der Kooperation.


    Im Unterschied zu den Referenzen 3510 und 3551, welche ein Band der ersten Bandgeometrie (s. Link zu den Bandgeometrien weiter oben) hatten,
    verfügt die Ref. 3511 ber ein durch gestiftetes Titanband der sog. 3.Generation.
    Auch ist bei der Ref. 3511 die Aufzugskrone auf die komfortablere "4 Uhr Position" gerückt. Dann drückt die Krone nicht so sehr in den Handrücken
    wenn man die Uhr linksträgt und das Handgelenk nach oben anwinkelt! In allem steckt hier eben ein Sinn...! Diese Kronenpostition hat sich schon bei der
    Ocean 2000 bewährt!



    1. Gehäuse und Band:
    Das bis 3 bar wasserdichte Gehäuse dieser Uhr wurde im Laufe der Jahre aus verschiedenen Gehäusematerialien (s.o.) hergestellt.
    Anfänglich aus schwarz oder Grn eloxiertem Leichtmetall wurde die spätere Variante der Uhr aus Titan gefertigt.
    Wenige Sondermodelle gab es im Goldgehäuse bzw. vergoldeten Gehäuse.
    Die Leichtmetallgehäuse hatten einen Durchmesser von 39 mm, der bei der Titanvariante auf 40 mm anwuchs.
    An technischen Raffinessen spart das Gehäuse nicht!
    Wenn man die bei 6 Uhr angebrachten Drcker beidseits betätigt, dann klappt die Kapsel, in der sich die eigentliche Uhr befindet, bis zu einem
    Öffnungswinkel von 45 Grad per Federkraft nach oben und der Blick auf dem 3mm dicken Kompass wird frei.





    Insgesamt ist das Gehäuse nur 12,2mm hoch!



    Das Kompassmodul ist drehbar und herausnehmbar



    Gepeilt wird ber einen Spiegel, der auf der Unterseite des Uhrenmoduls angebracht ist




    In diesem Gehäuse steckt jede Menge know how!


    Die Krone ist bei den Referenzen 3510 und 3551 nicht verschraubt und kann in zwei Positionen gezogen werden.
    Bei der Ref. 3511 ist sie verschraubt und kann in drei Positionen herausgezogen werden:
    1. Position: Stellen des Datums
    2. Position: Stellen der Mondphasenanzeige (nur bei der Ref. 3551!)
    2. bzw. 3. Position: Sekundenstopp und Einstellen der Uhrzeit


    Aber auch das Band hat es in sich! Sowohl die Bänder der ersten Generation als auch das der dritten Generation hatten einen Schnellentriegelungsmechnismus,
    mit dem das Band an der Schließe getrennt werden konnte (der silberfarbene Pin im nächsten Bild)



    Damit konnte man die Uhr flach auf eine Karte legen und die Position bestimmen oder auch Distanzen abschätzen.
    Hierzu muss man wissen, dass die IWC die Bandglieder der Kompassuhr exakt 5 mm breit gestaltet hat



    Ein pfiffiges Detail, welches den Nutzwert der Uhr wesentlich erhöht hat!
    "Form follows function" ist bei Porsche Design eben nicht nur ein Spruch, sondern wird aktiv gelebt!
    An der Uhr befindet sich nichts unützes!


    Die Schließe ist bei den Ref. 3510 und 3551 die altbekannte und noch heute verwendete IWC-Schließe an Metallbändern.




    Man stelle sich das mal vor: seit 30 Jahren wird dieser Schließen-Mechanismus nahezu unverändert gebaut!
    Oder andersrum: welche Qualität der Schließen fand man 1979 z.B. bei Rolex Sportuhren???
    Zumeist gestanzte und klapperige Blechschließen.
    Die Schließe der Titanvariante Ref. 3511 hatte aber noch eine Besonderheit, die man heute auch bei der IWC bei vielen Modellen vergebens sucht: sie hatte einen
    Verstellmechanismus, mit dem man die Uhr ein paar Millimeter weiter oder enger machen konnte.



    Diesen Mechanismus gab es zeitgleich auch bei den PD Chronographen etwa ab 1994.


    Die Uhr trägt sich auf Grund des geringen Gewichtes und der moderaten Abmessungen erstaunlich komfortabel.
    Typisch PD by IWC eben!
    Die Uhr macht einen sehr hochwertig verarbeiteten Eindruck! Das Spiel an den Gelenken ist minimal und die Mechanik des Gehäuses
    funktioniert auch nach Jahren noch einwandfrei.
    Einzig die eloxierte Oberfläche der schwarzen und grünen Uhren neigt nach Jahren zu Beschädigungen.
    Diese kann die IWC zwar reparieren, aber das ist sehr aufwändig und teuer!


    Weiter geht´s in Teil 2!

  • Der PD Kompassuhr - Review Teil 2


    Bezüglich des Uhrwerkes hat sich die IWC auf bewährte ETA-Technik abgestützt.
    Allerdings musste sowohl Werk als auch Uhrwerk antimagnetisch sein, sonst würde der Magnetismus die Funktion
    des Kompasses beeinflussen und ihn ungenau machen. Daher schied auch ein Quartzwerk aus!
    Aus dem gleichen Grund fiel die Wahl bei den Gehäusematerialien auf amagnetisches Leichtmetall und Titan.
    Somit wurden alle magnetischen Werkteile seitens der IWC gegen amagnetische Pendants ausgetauscht.


    Die Uhrwerke der Kompassuhren:


    Ref. 3510 IWC Kal. 375, später 37532
    Ref. 3551 IWC Kal. 3754
    Ref. 3511 IWC Kal. 37523


    Weitere Features des Kalibers IWC 37523 der Ref. 3511:
    28.800 Halbschwingungen / h
    Incablock-Stoßsicherung
    Flachspirale
    Steinanker
    Sekundenstopp
    Breguetspirale
    22 Rubine
    rubingelagerter (9 Rubine) und stoßgedämpfter Rotor
    (übrigens ist auch die Kompassnadel beidseits stoßgedämpft aufgehängt)
    Anzeige von Stunde, Minute, Sekunde, Datum


    Zubehör:
    Die Uhr wurde in typischen schwarzen und runden Lederbox geliefert, in der auch Platz für einen Schraubendreher ist.
    Die Garantiekarte, die Bedienungsanleitung sowie das Bandwechselwerkzeug (Bandgeo 3) sind natürlich auch dabei.



    Die Kompassuhr Ref. 3510 wurde 1982 für 2.750 DM angeboten. Damals ein stolzer Preis für eine Sportuhr!
    1984 kostete sie schon 3.250 DM.
    Die Ref. 3551 wurde trotz Zusatzfunktion zum gleichen Preis angeboten.
    1996 kostete die Ref. 3511 (die zu diesem Zeitpunkt bereits ab Fabrik ausverkauft war!) üppige 6.400 DM!


    Varianten:
    Neben den schwarzen und NATO-grünen Leichtmetallvarianten, der Ref. 3551 mit Mondphase und der Ref. 3511 in Titan gab es wohl etliche Sonderausführungen
    der Kompassuhr z.B. mit anderen Bändern (z.B. Textilband).
    Außerdem gab es Sonderausführungen z.B. für arabische Länder in Gold- oder goldaufgelegten Gehäusen und Bändern:






    (Quelle der Bilder: Vintage IWC)


    oder die hier schwarz eloxiert mit Wappen auf dem Blatt:




    (Quelle: Chrono24)


    oder diese hier mit arabischen Schriftzeichen:



    (Quelle: Chrono24)


    Gesamtbewertung:
    Die Kompassuhren der IWC gehören sicher zum erhaltens- und erinnernswerten Erbe der IWC.
    Technisch ausgefeilt und absolut einsatztauglich sind es typische Porsche Design Uhren made by IWC.
    Aber auch diese Uhren sind heute am Markt m.E. massiv unterbewertet, wenn man mal von der Ref. 3511 absieht.
    Wenn Ihr mal solch eine Uhr irgendwo liegen seht, dann nehmt Euch die Zeit und riskiert einen näheren Blick!
    Es lohnt sich!



    Vielen Dank an Mario Gensicke von Finetimepieces.com, der die Uhr wie auch einige Bilder zur Verfügung gestellt hat!


    Vorschau:
    Im nächsten Review werde ich mich nochmal etwas genauer der IWC Deep One widmen, über die ich ja schon
    ein paar Beiträge geschrieben habe. Der Review wird systematischer und vollständiger sein als die Einzelberichte.


    Gruß!


    Sascha

  • @ Sascha


    besten Dank für dein Review. Toll , danke


    Ja IWC PD, besonders die Kompass, ebenso für mich ein Meilenstein der IWC Geschichte.


    Auch die anderen Modelle werden noch "Sammlermodelle" werden.


    Leider oder "zum Glück für mich" ist diese Serie von den Sammlern eher unterbewertet.



    servus trippy


    ps: die Kronen verschraubung der 3511 Titan Kompass erscheint mir eher heikel, filigran, im Vergleich zur 3704

    • Offizieller Beitrag





    ... das ist design-mäßig schon ziemlich nah an der absoluten Perfektion - so sahen die Traumuhren meiner Jugendtage aus :verneig:


    Heute sehr selten zu sehen und leider auch nicht so wirklich robust, was die Materialien und die Eloxierung angeht (die sehen meist schon bös gerockt aus). In meinen Augen muss diese Uhr perfekt schwarz und die Zifferblatt-Elemente perfekt weiß sein. Wenn man das heute nochmal auflegen könnte, mit SL und Gehäuse/Band in der Qualität einer heutigen Sinn 856 S *träum*


    :blume: fürs Vorstellen!


    Gruß,
    Christian

  • Danke Sascha für den super tollen Überblick.
    Kleiner Nachtrag meinerseits,speziell die Ti-Versionen sind heute die wohl am häufigsten gesuchten Varianten dieser Uhr und wenn mal eine auftaucht meist nicht unter 5000-5.500€ zu bekommen.

  • Hallo,


    Ganz toller Bericht über einen Meilenstein der IWC Geschichte. :gut:
    Diese Uhr ist auch IWC intern (z.B. im Museum) für mein Empfinden zu wenig gewürdigt. Allein die Technik des Eta Kalibers (amagnetisch/wie schon geschrieben) wäre heute gar nicht mehr von IWC zu bauen.
    Die goldene Version hatte ich schon einmal (von einem Sammler) in der Hand (geschätztes Gewicht 260 g) .


    Viele Grüße
    F

  • Ich hole das hier mal wieder hoch, weil ich diese schöne 3551 erworben habe und die bereits hier vorhandene,
    ausführliche Zusammenstellung der Fakten zu der „Kompaßuhr“ ja wirklich mehr als lesenswert ist.



    Ich bin nicht über diese Fakten zur Uhr gekommen, sondern über die Uhr zu den Fakten.


    Mir ist diese Uhr schon seit über 10 Jahren bekannt und ich hatte sie immer als
    „nettes Gimmick“ wahrgenommen.



    Nun hatte ich die Möglichkeit im Rahmen eines Tausches mit Aufzahlung die IWC-Kompassuhr zu erwerben.


    Der „semiprofessionelle fliegende Händler“ hatte am Samstag Vormittag auch nicht wirklich viele Infos zu der Uhr
    - außer bezgl des Preises :lol: .



    Na - ja, ich hab sie mir dann gegönnt.




    Zu hause angekommen dann Fragen über Fragen.



    Glücklicherweise habe ich dann diesen tollen thread gefunden.



    Lediglich das mit dem Verstellen der Mondphase blieb mir ein Rätsel


    :wink: Sascha und Felix ;);)


    Hab´s ja dann aber doch noch selbst raus bekommen. Funktioniert halt wie bei einer
    Uhr ohne Datumschnellschaltung durch hin- u. herdrehen der Zeiger - allerdings - zwischen
    ca, 00;00 Uhr und 03;00 Uhr.



    Das Zifferblatt der 3551 ist wirklich sehr „aufgeräumt“ und der Mond in seiner ebenfalls
    sehr „minimalistischen“ Darstellung ist eine wunderbare Ergänzung und bietet dem
    Besitzer der Uhr eine schöne Abwechslung und gibt der Uhr irgendwie eine gewisse
    Dynamik.



    Abschließend muss ich nochmal sagen, dass ich so viele durchdachte und professionell
    umgesetzte Details (siehe thread weiter oben) noch selten bei einer Uhr gesehen habe.



    von wegen Spielerei!




    Einen schönen Sonntag


    Stephan

  • Lustig, wie die Geschmäcker auseinander gehen.
    Die Kompassuhr habe ich noch nie verstanden und fand es schon immer reichlich vermessen, bei diesem unförmigen Klotz von Design zu sprechen :eek:

  • Die Kompassuhr habe ich noch nie verstanden



    Wenn Du den ganzen thread mal liest, verstehst Du die Uhr ganz sicher.



    Ansonsten findest Du evtl. ja jemanden, der es Dir noch besser und genauer erklären kann






    Einen anderen Geschmack zu haben, ist selbstverständlich zulässig.



    Gruß


    Stephan