Der Whisky-Thread

  • Zum Wochenende eine kleine Sommergeschichte von vor vielen Jahren.


    199*, noch als Student, bereisten meine Frau, ein Freundespaar und ich Schottland mit Zug und Bus. Unsere Freunde wollten eigentlich nur nach Schottland und hatten keinen Plan für die Route, also plante ich in Abstimmung mit meiner Frau. Was Wunder zog sich diese entlang unterschiedlichster Destillerien. :dance:


    Ich nahm meine damals aktuelle Ausgabe von Michael Jacksons "Malt Whisky" mit und schaffte es, in jeder Destillerie, in der wir waren, einen Stempel auf der richtigen Seite und eine Unterschrift zu bekommen. Bei Lagavulin und Glen Moray unterschrieben sogar die Distillery-Manager. :gut:


    Wir hatten B&B gebucht (per Telefon und Auslandstarif :schock:) und zogen von Ortschaft zu Ortschaft. Alles, was ich für zwei Wochen brauchte, passte in einen mittelgroßen Rucksack. Wir begannen in Perth, dann hoch bis Inverness, die Westküste runter und natürlich Islay!


    Das auskömmliche schottische Frühstück ließ uns beim Wandern eigentlich immer bis abends durchhalten. Eine kleines Pausenbrot für unterwegs. Das war's. Selige Zeiten. Man fraß einfach weniger und sah dazu noch besser aus. :respekt:


    Irgendwann waren wir in der Speyside unterwegs. Unsere Freunde hatten am Whisky kein Interesse, machten unsere Wandertouren aber mit. Eine Tour ging nach Dufftown. Wir ließen Coleburn und Convalmore liegen und landeten irgendwann bei Glenfiddich. Dort hatte man bereits 199* mehrsprachige Tour-Guides (wir gerieten an einen deutschen Studenten). Es war nett, ja. Aber es war Glenfiddich. Immer wieder die gleichen, zigfach gehörten Witzchen von glücklichen Kühen und latent dauerbesoffenen Engeln. :rolleyes: Also schnell wieder raus und schauen, was die Gegend noch böte. :lupe:


    Unsere Freunde blieben in Dufftown, wir gingen zu Balvenie, die wir vom Weg aus hatten liegen sehen. Es war Wochenende und während Glenfiddich überfüllt war, nahm zu unserem Glück niemand von Balvenie Notiz. Alles war ruhig, niemand zu sehen und wir gingen voller Ehrfurcht auf eine Tür in einem langgestreckten Gebäude zu, klopften schüchtern und steckten den Kopf hinein. :wink: Jemand musste uns gehört haben und kam die Treppe herunter, fragte uns dann freundlich, ob wir die Destillerie besichtigen wollten und entschuldigte sich, dass nur er und seine zwei Kollegen da wären, die die Brennerei am Wochenende am laufen hielten. Keine Tour-Guides. Leider! Wenn wir aber wollten, könnte er uns etwas zeigen.


    Wir flippten vor Freude aus, die Brennerei, abseits allen Marketings zu erleben. :jump: Er freute sich offensichtlich ebenso, dass Leute kamen, die wirkliches Interesse an dem hatten, was die Jungs dort machten und nicht mit dem Bus im Rahmen einer Folklore-Tour zu Dutzenden ausgekippt worden waren.


    Der nette *** nahm uns die Treppe mit hoch und stellte uns seinen beiden Kollegen vor. Wir waren uns sofort sympathisch und die Jungs meinten, dass sie ohnehin gleich Pause hätten. Meine Frau wurde lachend „verdonnert“ für uns alle Kaffee zu kochen, was sie natürlich gern tat. Dann saßen wir da, mit drei Arbeiten von Balvenie. Tranken Kaffee, erzählten uns gegenseitig irgendwas, aßen alle unsere Pausenbrote und hatten eine einzigartige Zeit. Mit „Ckum'on. You cahn gimme ah hahnd!“ wurden wir anschließend aufgefordert, mitzukommen und man zeigte uns stolz die Brennerei.


    Der Empfehlung, meinen Kopf mal tief in den Maischbottig zu stecken und eine Nase voll zu nehmen, kam ich gern nach. Anschließend konnten alle gemeinsam über mich lachen. :prust: Die Jungs waren stolz. Wirklich stolz auf ihre noch immer ziemlich unabhängige Brennerei. :gut:


    Als wir uns verabschiedeten, zeigten sie auf ein Poster im Pausenraum. Darauf war eine eigentümlich lang gestreckte Flasche zu sehen. Es schien etwas Wehmut dabei zu sein. Auf meine Nachfrage erklärten sie uns (zumindest verstand ich sie so), dass das wirklich noch „ihr“ Produkt war. Das Produkt derer, die dort arbeiteten. So, wie es nach deren Vorstellung zu sein hatte. Es war eine alte 10yo. Founder's Reserve. Sie wirkte auf dem Poster wie der heilige Gral. :verneig:


    Wir verließen Balvenie und waren noch Tage danach von diesem schönen Erlebnis geflashed.


    Vielleicht ein halbes Jahr später absolvierte ich in Leipzig ein Praktikum und wohnte dort in einem kleinen Zimmer. Inzwischen war es fast Winter, der schöne Sommer mit seinen Erlebnissen weit weg. Kalt, Schneematsch, Regen. Schnell noch mal rüber zu Edeka. Ein paar Nüsschen und vielleicht eine Dose Bier für den Feierabend vorm Fernseher. :zwitscher:


    Und dann gibt es da diese Geschichten die eigentlich immer nur anderen Leuten passieren... :eek:


    Nüsschen und Bier im Korb schlurfte ich nochmal durch den Laden und konnte es nicht glauben! In der Schnapsvitrine, gegenüber meines Praktikantenzimmers, stand diese langgestreckte Flasche – ohne Preis. :sabber:


    Nochmals verglichen. Ja, stimmte. Balvenie, 10 yo. Founder's Reserve. Mit pochendem Herzen suchte ich jemanden, der mir die Vitrine aufschloss. Jetzt nur keinen Fehler machen. Nicht hektisch werden oder zu interessiert wirken. Nur Du weißt anscheinend, was dort steht. :kaempo:


    Der heilige Gral der Jungs aus Dufftown! :panik::panik::panik:


    Eine Angestellte schloss mir den Glasschrank auf. Was würde sie kosten? Beherzt drehte sie die Box um. „Sech'nfufftz'sch Mohrk.“ Selbst mit geringem Studenteneinkommen war mir klar, dass sie mit musste. Vorsichtig fragte ich nach, ob sie vielleicht noch eine derer hätten. Sie wollte mal nachschauen und kam mit drei weiteren Flaschen auf dem Arm zurück. Ich könnte sie gern alle haben. Die stünden schon ewig herum. So teuren Schnaps würde hier niemand kaufen. Meine Freude könnt Ihr Euch vorstellen. :buffel: Und ach ja, im Tabak- und Zeitungsladen nebenan, der zum Markt gehöre, stünden vielleicht auch noch welche...


    Jedenfalls fuhr ich mit sieben (!) Flaschen und einem Loch auf dem Konto am Wochenende überglücklich zurück nach Hause. :danielmuc::danielmuc::danielmuc:



    Wir freuten uns ein Bein aus, kauften von meinem überzogenen Konto noch eine damals aktuelle 10 jährige Abfüllung und verglichen ehrfürchtig voller Freude. Das Ergebnis im Detail kenne ich nicht mehr, weiß aber noch, dass uns die alte Abfüllung definitiv besser gefiel. :gut::gut::gut:


    Die Jahrzehnte gingen ins Land. Im Rahmen eines unserer mehrfachen Umzüge verkaufte ich mal eine Flasche bei ebay, was ich mit hätte sparen können. :holly: Aktuell hatte ich noch vier. In diesem Sommer entschieden wir uns, mal wieder eine Flasche zu öffnen. Der Korken war inzwischen etwas bröselig und brach ab. :rotwerd:


    Die emotional überlagerten Eindrücke von damals waren lange her und wir probierten einen quasi unbekannten Whisky. Was wir fanden, war keine überbordende Komplexität oder Aromengebimmel in höchsten Sphären. Nein. Wir hatten einen unglaublich honigtönigen, sehr sauberen und fast etwas einfachen aber wohl sehr ursprünglichen Speysider vor uns, was uns wiederum begeisterte. Ein Whisky, ehrlich bis auf die Knochen! Der einem nichts anderes vormachen will, als das er das ist, was er ist. Ein astreines handwerkliches Produkt. :gut:


    Das war das Produkt der Jungs von vor etwa dreißig Jahren. So sollte er sein. Weg von Superlativen – back to the roots. Wunderbar! :verneig::respekt:


    Wir denken heute noch ab und zu an das schöne Erlebnis und sind dankbar dafür, dass das gerade wir es erleben durften. :blume:


    Slainthe!



  • Und genau, solche Geschichten haben mich an Schottland und Whisky immer fasziniert.


    Vielen Dank Stefan- an Balvenie habe ich auch tolle Erinnerungen. Ich durfte mit dem Landi übers Gelände fahren, wir kamen auch mit einigen Arbeitern ins Gespräch, am Ende standen wir in der Kiln, wendeten Malz und trafen Abends einen der Jungs im Fiddich Side Inn. Legendär.


    Und ja, diese Abfüllung ist geschmacklich was Besonderes und mit dieser Geschichte...unbezahlbar.

    :wink: Benny :wink:

    Die junge Generation hat auch heute noch Respekt vor dem Alter; allerdings nur noch beim Wein, beim Whisky und bei Möbeln.
    Truman Capote



  • Hallo Bernd.


    Der persönliche Geschmack spielt bei diesem eine große Rolle. Ich persönlich mag dieses extrem Torfig und rauchige sehr. Ich finde ihn auch nicht scharf, obwohl doch 57 %. Wie gesagt sehr subjektiv, ich verzichte auch auf etwas Wasser, was ja gerne mal Verwendung findet.

    Die nachfolgenden Jahrgänge waren ja teilweise noch „rauchiger“ im Bezug auf ihre ppm.
    Meine Stärke ist es leider nicht diesen oder andere Whisky zu beschreiben...:flag:

    Cheers Patrick :attacke:
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    Ash to ash, dust to dust, fades to black

    But the memory remains....

  • N'Abend Leute,


    Gerade den Arran Private Cask geöffnet, meine Stärke ist es auch nicht einen Whisky zu beschreiben und bei diesem finde ich es sogar noch schwieriger.


    Mit 57% auch kein Leichtgewicht, schmeckt nach Karamell, dunkler Schokolade und recht würzig ist er.

    Gut, aber könnte ich nicht an jedem Abend trinken.


    LG Tom

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    Wer mich nicht mag, muss noch etwas an sich arbeiten ;)

  • Mist, gerade bekomme ich die Meldung von DHL, dass die es mal wieder nicht schaffen... :bash:


    Manchmal glaube ich, bei uns im Dorf wird die Post nur zugestellt, wenn sich genug zum Zustellen aufgestaut hat, ansonsten lohnten sich wohl nicht...

    Viele Grüße,
    Christoph
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    ...

  • Verglichen mit anderen 40% Sherrys die ich bis jetzt hatte, ist dieser sehr viel angenehmer und die 46% sind kaum wahrzunehmen und die Frucht kommt viel intensiver.


    Mehr kann ich dazu leider nicht beitragen 🙈 :wink:

    LG Tom

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    Wer mich nicht mag, muss noch etwas an sich arbeiten ;)

  • Lieferung ist angekommen, da kann ich die Whiskybar wieder ein wenig auffüllen - nichts Außergewöhnliches dabei, aber auf den Knockdhu von Signatory bin ich gespannt:



    Super weich, vielleicht etwas zu „schokoladig“, aber lecker!