Interview mit Marcel Rößner/Panerai Deutschland


  • 06. Dezember 2005
    [SIZE=3]Zeit ist XXL[/SIZE]
    Marcel Rößner, Brand-Manager von Panerai, sprach mit Susanne Rössler über Marketing-Strategien und Markenpflege eines Luxusartikels


    "Panerai bleibt eine exklusive Nischenmarke", sagt Brand-Manager Marcel Rößner.


    Die Tradition, auf die Panerai sich stolz beruft, ist eine martialische: Italienische Marinetaucher trugen die monumentalen Zeitmesser im Zweiten Weltkrieg, wenn sie feindliche Schiffe mit Torpedos versenkten. 300 Uhren fertigte der Präzisionsinstrumentehersteller Giuseppe Panerai aus Florenz für die Marine an, danach wurde dieser Geschäftszweig nicht weiter gepflegt - bis Panerai 1993 eine limitierte Edition zweier Modelle auf den Markt brachte, die das Interesse eines Exil-Italieners in Hollywood weckten. Als Sylvester Stallone im Actionmovie "Daylight" eine Panerai am muskulösen Unterarm in die Kamera hielt, brachte er einen Stein ins Rollen, der den XXL-Uhren binnen eines Jahrzehnts zu Kultstatus verhalf.


    Der Standard: Wozu macht Panerai überhaupt Werbung? Die Nachfrage ist angeblich doppelt so hoch wie das Angebot.
    Rößner: Im Luxusmarketing gilt das Gesetz: "Biete immer ein Exemplar weniger an als der Markt verlangt." Daran halten wir uns, übrigens auch unfreiwillig, weil wir eine geringe Produktionskapazität haben.


    Der Standard: Warum wird die Kapazität denn nicht einfach ausgeweitet?
    Rößner: Weil wir Uhrmacher sind und keine Modeuhrenproduzenten. Unser Markenkonzept ist von A bis Z auf Exklusivität aufgebaut, und dabei bleiben wir.


    Der Standard: Sind die Werbemaßnahmen daher mehr Image- als Verkaufs-Kampagnen?
    Rößner: Ja. Es geht uns vor allem darum, dass die Kunden den Zusammenhang zur Geschichte der Marke erkennen - daher die Anzeigen mit den Bildern aus früheren Zeiten, oder die Headline "Il valore del tempo".


    Der Standard: Dabei setzen Sie auch auf Hollywood. Steigert es die Nachfrage, wenn Orlando Bloom in "Elizabethtown" eine Panerai trägt?
    Rößner: Das ist reiner Zufall! Auch in Luc Bessons Film "The Transporter" spielt eine Panerai mit. Aber die Schauspieler wählen sich ihre Uhren selbst aus. Wir würden das auch nicht unterstützen, denn wir machen absichtlich keine VIP- oder Testimonial-Geschichten. Wenn ein Promi eine Panerai haben will, muss er sie sich kaufen wie jeder andere auch.


    Der Standard: Warum so undankbar? Ohne Sylvester Stallones Einsatz wäre Panerai wohl nicht so weit gekommen.
    Rößner: Das stimmt. Um eine Marke zu lancieren, sind prominente Botschafter sehr wichtig. Aber: Stallone hat das ohne unser Wissen gemacht. Er ist ja auch Italiener und findet Panerai einfach toll. Heuer haben wir in Kooperation mit ihm eine Sonderedition herausgebracht, die "Slytech Submersible". Ein Teil des Erlöses geht an ein Hilfswerk für herzkranke Kinder. Stallones Tochter hat ja einen Herzfehler, und er engagiert sich sehr für die Erforschung dieser Krankheit.


    Der Standard: Hat der Hobbymaler Stallone dieses Uhrenmodell auch designt?
    Rößner: Nein. Das Design kommt ausschließlich aus unserem Haus. Die Italiener sind stur, was das Design betrifft - zu Recht. Nicht umsonst ist italienisches Design weltberühmt.


    Der Standard: Die Uhren sehen so retro aus, man könnte meinen, es werden immer nur die Modelle aus den Dreißigerjahren recycelt.
    Rößner: Aber wir recyceln nicht, sondern wir entwerfen jedes Jahr neue Modelle. Die historische Kollektion ist eine Hommage an unsere Geschichte - einfache Zweizeigermodelle mit Handaufzug. Die zeitgenössische Kollektion bietet Automatikuhren mit Funktionen wie Datum, Gangreserveanzeige, zweiter Zeitzone. Und die Sonderkollektionen sind Uhren auf höchstem uhrmacherischem Niveau, mit Tourbillon oder einem Schleppzeiger.


    Der Standard: Hat das übergroße Format auch einen praktischen Grund oder ist das ein Design-Gag?
    Rößner: Es gibt handfeste Gründe. Unsere Uhrwerke haben 16 Linien, sind also sehr groß. Je größer das Werk ist, desto mehr Platz zum Schwingen hat die Unruh, desto genauer geht die Uhr. Und Präzision ist unsere Kernkompetenz: Wir haben früher Präzisionsinstrumente für die Marine hergestellt. Und wegen der besonders guten Ablesbarkeit der Zifferblätter gewannen wir 1938 den Auftrag der italienischen Marine Taucheruhren zu erzeugen.


    Der Standard: Taucher wissen, dass unter Wasser alle Dinge 25 Prozent größer wirken, als sie sind. Das Riesenzifferblatt wäre nicht nötig.
    Rößner: Also ganz ehrlich: Genauso, wie die Breitling-Zielgruppe nicht aus Piloten besteht, ist unsere Zielgruppe nicht auf Taucher beschränkt.


    Der Standard: Wer sind die typischen Panerai-Kunden?
    Rößner: Jäger und Sammler, die sich für Uhrentechnik interessieren und substanzielle Marken mit Tradition haben wollen. Durch die Limitierung sind Panerai-Uhren auch beliebte Spekulationsobjekte.


    Der Standard: Wie viele Uhren produzieren Sie im Jahr?
    Rößner: Nur so viel: Deutlich weniger als die sehr exklusive Marke Patek Philippe. Daran wird sich nichts ändern: Wir bleiben auch in den nächsten zehn Jahren eine exklusive Nischenmarke.




    [SIZE=1]Marcel Rößner, Panerai Deutschland[/SIZE]

  • Was würde Herr Rößner wohl heute sagen?
    Würde er Konrad Adenauer zitieren? :grb:
    (Wenn er sich dieses Interview nochmal durchlesen würde und zu heutigem Statement dazu ...)


    Ganz sicher würde/müsste er das tun. Davon ist Panerai heute ein Stück weit entfernt.


    Die Strategie hat sich scheinbar geändert.



    Gruß,


    Oliver :wink:

  • wer nicht auf Märkte reagiert, die in Bewegung sind, wird irgendwann zum Dino und was aus denen geworden ist, weiß man ja bekanntlich



    außer man wohnt in Hamburg :bgdev: (HAESVAU)

  • Wer nicht Flexibel genug ist auch im Bereich einer Firmenstrategie wird langfristig keinen Erfolg haben.
    Solange Panerai erfolgreich ist werden wir auch immer wieder Freude an neuen Modellen haben wie zB mit der 587.


    Danke den langfristig Denkenden Damen und Herren von Panerai.

  • Wer nicht Flexibel genug ist auch im Bereich einer Firmenstrategie wird langfristig keinen Erfolg haben.
    Solange Panerai erfolgreich ist werden wir auch immer wieder Freude an neuen Modellen haben wie zB mit der 587.


    Danke den langfristig Denkenden Damen und Herren von Panerai.


    Sie versuchen sicher langfristig zu denken, aber das Marketing ist m.M.n.
    immer noch suboptimal. In Europa gibt es keine bekannten Gesichter,
    die die Marke repräsentieren und einer breiteren Käuferschicht zuführen.
    Einen prominenten Schauspieler zu finden, der diese maskuline Toolwatch
    bewirbt, sollte eigentlich kein Problem sein. Auf irgendwelchen Regatten
    zu werben, die kaum einen erreicht, macht für mich wenig Sinn.
    Auch in den Schaufenstern der Konzi's kann ich nichts von der interessanten Historie
    entdecken. Geschichte erzeugt Emotion und Emotion generiert Käufer.
    Im Bereich Marketing ist für mich noch Luft nach oben. Die Idee mit Real Madrid
    hat mir gefallen, auch wenn die Uhr hässlich war. Panerai hätte ja auch mal
    auf den Bänder Hype reagieren können und wenigstens in kleinen Serien
    Top Vintagebänder zu den SE's liefern können. Auch wenn die Bänder von Hirsch ok sind,
    trägt doch kaum einer die Bänder. Allerdings wird nach meiner Auskunft Herr Bonati
    inzwischen vom Richemont Konzern unterstützt und es wird intensiver an der Strategie gefeilt.


    VG Peer

  • Es ist manchmal schon lustig, alte Interviews zu lesen :G


    Aber die Welt entwickelt sich weiter und was Hr. Bonati bestimmt nicht braucht (und auch nicht bekommt), ist Entwicklungshilfe von Richemont. Es gibt nicht viele Uhrenmarken, die in den letzten 10 Jahren eine solche Entwicklung gemacht haben und das ist nicht ganz unwesentlich auf das Wirken von Bonati zurückzuführen. Dass auch er dabei ab und an mal eine Entscheidung trifft, die vielleicht nicht 100%ig sitzt, liegt in der Natur das Sache.


    Zum Marketing: es ist absolut erfrischend, dass Panerai nicht auf diesen Promi-Zug aufgesprungen ist und mit bekannten Nasen Werbung macht. Eine starke Marke mit starken Produkten braucht das nicht! Und ich hoffe, dass Panerai bei dieser Ausrichtung bleibt.


    "Interessant" finde ich auch die fortwährende Kritik an den OEM Bändern. Ich persönliche finde einige super und die meisten Kunden wohl auch. Warum sonst würde Panerai jede Menge davon verkaufen? Die meisten Kunden sind keine Paneristi und wissen vermutlich gar nicht, welche Strap-Maker alternative Bänder im Programm haben. Und ich persönlich vermisse bei Panerai kein einziges Vintageband, das aussieht, als hätte es schon jemand 100 Jahre getragen. Die Geschmäcker sind halt unterschiedlich ;)

  • Zum Marketing: es ist absolut erfrischend, dass Panerai nicht auf diesen Promi-Zug aufgesprungen ist und mit bekannten Nasen Werbung macht. Eine starke Marke mit starken Produkten braucht das nicht! Und ich hoffe, dass Panerai bei dieser Ausrichtung bleibt.


    +1


    Ich möchte keine Werbung am Fernsehen oder auf Plakaten sehen. Ebenfalls brauche ich auch keine Werbung an Formel 1 Rennen oder ähnliches.


    Lieber klein aber fein.


  • Ich möchte hier nicht meine sagen woher ich meine Erkenntnisse habe, aber Richemont hat unterhalb
    von Bonati eine unterstützende Hierachie installiert.
    Und nur weil jemand in den letzten 10 Jahren top Entscheidungen getroffen hat, bedeutet das nicht, dass
    er dies lebenslänglich macht. Es gibt ohne Ende Beispiele, wo man
    sehen kann, dass Führungspersonal irgendwann überholt ist und dann
    Unternehmen zu Grunde gehen. Das es für dich erfrischend ist, dass Panerai
    nicht auf den Promizug aufspringt glaube ich dir, aber ich denke Richemont geht
    es darum, die Marke breit und langfristig am Markt zu etablieren. Stallone und Schwarzenegger
    haben mehr für den Bekanntheitsgrad getan, als irgendwelche Regatten im Mittelmeer.
    Das die Leute nur OEM's tragen liegt sicherlich an Panerai, da sie deutschen Konzi's
    ja verboten haben andere Bänder zu verkaufen. Als sie die Bänder noch verkaufen durften, fanden sie guten
    Absatz und das zu höheren Preisen als hier. Natürlich ist auch eine Geschmacksfrage, aber ich würde
    auch bei den Krokos ohne nach zudenken ein RR bevorzugen. Natürlich kann ich Meinungen nachvollziehen,
    die der Meinung sind "klein aber fein" sei besser, aber es muss ja nicht meine sein.


    :wink:

  • ... da ist der im Vorteil, der sich in den letzten Monaten/Jahren einen kleinen Bestand an Straps von Reiner zugelegt hat. :bgdev::bgdev:


    Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Jungs um Sylvester Stallone als Testimonials - zumindest für eine bestimmte Zeit - schon Ihre Wirkung entfaltet haben. :lupe::lupe:


    Aber es stimmt schon, das es witzig ist, alte Interviews zu lesen ... wobei man schon sehen muss, was sich da in ein paar Jahren bei Panerai entwickelt / verändert hat, ist wahnsinnig.

  • ...wenn es so weiter geht mit der neuen Refs. Bzw. SE's,dann landen sie dort,wo der Nataf mit seinem Zenith Kram schon mal gelandet ist,nämlich in Niemandsland ..Wieviele Referenzen gab es zum Schluss bei Zenith? 800?900? Jedenfalls hat kein Mensch mehr durchgeblickt...Klar,beim Zenith spielten auch andere Faktoren große Rolle,trotzdem seh ich da Parallelen ,zumindest was die Referenzen Anzahl betrifft.
    Ich kann mich noch ganz gut erinnern,da hab ich ein Interview mit Bonati gelesen,da sagte er damals,dass die Marke Panerai mit kleinen Stückzahlen immer exklusiv bleiben wird(sowas in der Art jedenfalls).Mir war auch damals wie heute klar,dass das auf Dauer nicht möglich sein wird,trotzdem bin ich der Meinung,dass sie zumindest "bisschen" langsamer wachsen sollten.Sie waren fürmich damals mit diesen paar Unitas Modellen exklusiver,als sie jetzt sind,da ändern auch Bronzos,Marina Militares und SE Editionen in 4-Wochen Rhythmus nicht...
    Ich bin mir ganz sicher,dass es irgendwann ein "kräftiges Bumm "geben wird,wartet mal ab ;) .Gruss,Niko

  • Ich frage mich gerade, wo die Diskussion hier hingeht?


    Was hat das bitte mit Flexibilität und Anpassung an sich bewegende Märkte zu tun?


    Vor knapp 10 Jahren wollte man eine exklusive Nischenmarke sein. Heute bewegt man sich in Richtung Breitling, Omega, IWC was die Anzahl von Referenzen, Special Editions und sonstigem angeht.


    Das hat nichts mit "Dino" oder "Evolution" zu tun. Das ist schlicht ein Strategiewechsel. Und das meine ich weder positiv noch negativ.


    Patek ist seit mehr als hundert Jahren eine exklusive Nischenmarke und damit sehr erfolgreich.


    Ob der Weg, den Panerai wählt, der Richtige ist, wird sich zeigen. In der Preisklasse, in der sich die Marke im Gegensatz zu Patek bewegt, scheint es der Richtige zu sein. Da derzeitige Fülle an SEs erscheint mir persönlich jedoch viel zu hoch. Das geht - wie Niko bereits anmerkte - bedenklich in die falsche Richtung. Da kommt ja beinahe monatlich etwas Neues aus dem Baukasten und das sieht teilweise wirklich nach Resteverwertung aus (siehe PAM613).


    Ich glaube, dass der Verkaufsdruck im Richemont Konzern gerade sehr hoch ist. Man will mit aller Gewalt Panerai in Richtung 100.000 verkaufter Uhren bringen. Ob dies bei einem recht speziellen Produkt so möglich ist, weiß ich nicht. Panerai baut halt keinen Navitimer oder eine Seamaster...


    Und wohin die SE Fülle führt, sieht man bei IWC. Da will mittlerweile kaum noch jemand die Sonderuhren haben...


    Wenn man sich anschaut, welche SEs bei Panerai in den letzten Jahren wirklich beliebt waren, reduziert sich das auch auf eine Handvoll.



    Gruß,


    Oliver :wink:

  • Wortreich und inhaltsleer bezeichnete mein Partner mal ein Schreiben einer Gegenseite ;)


    Kennt ihr eigentlich überhaupt die Geschichte der Paneraibänder und warum ich in diesem Zusammenhang nach Belgien blicke?


    Es ist schon lustig, wenn man sich über eine Sache auslässt und nicht alles weiß


    In diesem Moment schau ich in das schöne Gesicht einer alten Panerai


    Man weiß im übrigen sehr selten, wohin eine Diskussion führt und das soll bitte auch so bleiben, sofern der Ton stimmt :gut:


    Ferner ist es nicht immer das Hauen und Stechen einer kleinen Community, was den Erfolg einer Uhrenmarke ausmacht, sondern ggf etwas mehr ;)




  • Ich glaube, du solltest bei Hublot schauen. Da findest Du werbetechnisch genau was suchst. Ich brauche keine Promis, deren Werbung ich u U durch d Kauf einer Uhr mitfinanziere. :grb:


    Grüsse Micha :wink: