Liebe IWC-Freunde,
am Feiertagswochenende ist endlich mal wieder Zeit, einen kürzlichen Neuzugang etwas umfassender vorzustellen. Nun stelle ich ja relativ regelmäßig neue Uhren vor und die überwiegende Zahl der Käufe ist dabei durchaus mehrheitsfähig - also Uhren, die man in Kreisen der Uhrenfreunde als gelungen und kaufwürdig betrachtet.
Ab und an kommt aber mal ein "Exot" dazwischen, wo die Resonanz durchaus geteilt ist. Das trifft besonders solche Uhren, die z.B. beim Design oder beim Preis deutlich außerhalb des Normbereichs liegen und wo man sich bei der Vorstellung der Referenz gedacht hat: Wer soll so etwas kaufen?
Ein klassisches Beispiel für eine solche Uhr ist mein IWC Da Vinci Chrono Ref. 3764:
Als diese Uhr 2007 vorgestellt wurde, war das Echo relativ verheerend: Zu groß, zu teuer und das noch in einem Tonneau-Gehäuse. Gekauft habe ich sie später trotzdem, da sie optisch mal etwas anderes war, im Detail sehr hochwertig gestaltet ist und der Preis gebraucht dann auch keine Hürde mehr darstellt. Und einen weiteren Grund gab es für mich als IWC-Freund auch noch: Das war der erste Inhouse-Chrono in der Geschichte des Unternehmens.
Das ist nun schon einige Jahre her und man kann inzwischen sagen, dass diese Uhr immer noch auf ihre "Entdeckung" wartet. Diese Referenz ist praktisch nicht zu sehen im Netz oder am Arm und entsprechend sind die Preise tendenziell sogar noch einen Tick weiter gefallen, was im Bullen-Markt der vergangenen Jahre ja durchaus eine Leistung ist - ich habe die Uhr trotzdem lieb und habe bisher nie mit einem Verkauf geliebäugelt.
Ein paar Jahre später kam dann wieder so eine eher spezielle Uhr ans Licht der Öffentlichkeit - wobei allein schon die Vorstellung ziemlich komisch lief. Bereits im Mai 2013 kursierten im Netz erste Fotos einer Portofino mit einem Monopusher-Chronographen. Doch es dauerte über zwei Jahre, bis diese Uhr dann auch wirklich offiziell vorgestellt wurde. Nach einem "Piece Unique" für das Tribeca Film Festival 2015 wurde zur Watches and Wonders im August 2015 der Portofino Monopusher Chronograph Handaufzug enthüllt, in zwei Versionen: Rotgold mit silbernem Blatt und Weißgold mit Ardoise-Blatt.
Die Reaktionen waren etwas positiver als bei der Da Vinci, aber auch hier tauchten wesentliche Kritikpunkte wieder auf: Diese Uhren sind mit einem Durchmesser von 45mm sehr groß, betont nochmal durch die schmale Lünette und den großen ZB-Durchmesser. Und auch wenn die Hörner sehr kurz und nach unten gezogen sind, bleibt ein Lug-to-Lug-Maß von ca. 53mm. Dazu kam ein happiger Preis, der für die WG-Version damals bei 26.700 Euro lag - und damit nochmal ca. 4k über den Preisen der 18k Versionen der Kal. 89630 Automatik-Chronos.
Nicht überraschend hielt sich der Verkaufserfolg in engen Grenzen und die WG-Referenz wurde sogar nur in einer einzigen Preisliste überhaupt aufgeführt (2016), die RG-Version blieb noch bis 2018 in der Kollektion. Und auch das Werk verharrte lange im Exotenstatus, bis innerhalb des letzten Jahres Monopusher-Referenzen in der Portugieser- und der Flieger-Kollektion eingeführt wurden.
Doch die Portofino bleibt das Original und der erste Inhouse-Handaufzug-Chrono der IWC-Geschichte. Nun war aber selbst für mich als IWC-Fan der Preis lange eine unüberwindliche Hürde, bis sich vor kurzem eine günstige Gelegenheit ergab: Einer der großen Gebrauchthändler in DE (sonst nicht für Schnäppchen bekannt) hatte überraschend bei eBay eine große Verkaufsaktion gestartet, bei der offenbar Randgruppen-Uhren und Ladenhüter versteigert wurden, um ein wenig das Lager zu räumen. Da gab es für den Uhrennerd einige spannende Sachen abseits des Mainstream, z.B. JLC, Chopard, Blancapin, Breguet, aber eben auch NIschenuhren von IWC. Die Aktion wurde irgendwann abgebrochen, ohne dass viele Uhren überhaupt zum Zuschlag kamen - entweder weil ein Liquiditätsziel erreicht wurde oder weil die Preise nicht passten (obwohl die Bieterprofile zum Teil verdächtig aussahen... ). Ein erster Schwung Uhren lief aber durch und wurde tatsächlich zugeschlagen, zum Teil deutlich unter dem Einkaufspreis des Händlers (den ich bei manchen der Uhren kannte ).
Und so landete eine IWC Portofino Monopusher in Weißgold bei mir, tatsächlich sogar im Full Set und noch mit vielen Jahren Garantie - zu einem Preis, bei dem ich absolut nicht "nein" sagen konnte
Damit das keine traurige Textwüste bleibt, hier nun ein paar Bilder aus der grellen Herbstsonne:
Das Ardoise-Blatt wechselt den Farbton je nach Lichteinfall, von hellgrau bis fast schwarz, die sehr schön geformten Zeiger fangen aber immer ausreichend Licht, um eine Ablesbarkeit zu gewährleisten. Nur wenn es dunkel wird, merkt man die fehlende Leuchtmasse.
Die Uhr war offenbar nur minimal getragen, entsprechend sieht man trotz des empfindlichen Weißgold-Gehäuses kaum Spuren. Und auch die Funktionen passen: die Uhr läuft über das gesamte Aufzugprofil leicht im Plus, auch ein mitlaufender Chrono ändert daran nichts. Die Multifunktionskrone leistet ihren Dienst, sowohl aufziehen, einstellen, als auch stoppen geht leichtgängig und präzise, wobei diese Uhr aufgrund der langen Liegezeit vor dem Verkauf beim Service war.
Soweit der erste Eindruck von meiner Monopusher-Premiere, Bilder am Arm und vom Werk folgen später.
Gruß,
Christian