Glashütte Original Senator Chronograph - oder - Wie der Virus um sich griff…
Werte Uhrenliebhaber & Liebhaberinnen,
vor einiger Zeit hatte ich hier meine erste Uhr vorgestellt und beschrieben, wie ich durch die Nomos Tangente infiziert wurde. Heute geht es weiter mit der Fortsetzung, da, wie nicht anders zu erwarten, dieser hartnäckige Virus um sich griff.
Nachdem ich nun die erste mechanische Uhr aus Glashütte mein Eigen nannte, begann ich mich noch intensiver mit den Uhren und der Geschichte der Uhrenmarken aus dieser kleinen Stadt im Osterzgebirge zu beschäftigen.
Also Bücher, Zeitschriften, Kataloge und alles was sich finden ließ besorgt und stundenlang gelesen.
Die wechselvolle Geschichte von der Entstehung der Uhrenindustrie um 1845 in Glashütte über die gesamte Zeit in der DDR bis zum heutigen Tag ist schon sehr interessant.
Meines Wissens arbeiten in der Region mittlerweile wieder knapp 2000 Menschen in der Uhrenindustrie, davon schätzungsweise 500 bei Glashütte Original, kurz nach der Wende war davon nicht einmal zu träumen.
Hier das Gebäude von Glashütte Original:
Quelle: Wikipedia
Nachdem also alles was verfügbar war gelesen wurde, hatte ich mir das aktuelle Angebot aus Glashütte Markenübergreifend angeschaut und ein paar sehr schöne Modelle entdeckt.
Die große Ernüchterung kam, als ich mir die Größen der Uhren angeschaut habe, für jemanden mit schmalen Handgelenken ziemlich schwierig. Die Lange 1 von A. Lange & Söhne mit ihren (für mich) perfekten 38,5mm lasse ich jetzt mal aus „anderweitigen“ Gründen außen vor.
Eine Uhr in max. 39mm (außerhalb von Nomos) zu finden, welche einem dann auch noch gut gefällt, ist schon fast ein Ding der Unmöglichkeit.
Ziemlich deprimierend.
Dann erinnerte ich mich an die alten Zeitschriften und Kataloge, kurz nachgeschaut und siehe da, zumindest frühere Modelle gab es in 38-39mm, wäre doch gelacht, wenn sich da nicht etwas finden ließe.
Also wochenlang im Netz die einschlägigen Seiten durchforstet aber ohne Erfolg, es sollte einfach nicht sein, irgendetwas passte immer nicht.
So kam es wie es kommen musste, einige Zeit später, wir waren gerade in der Stadt unterwegs, da bemerkte ich plötzlich im Augenwinkel, wie etwas in einem Schaufenster versuchte meine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich wandte mich der Auslage zu und da stand er plötzlich, ein wunderschöner klassischer Chronograph, ungefähr aus dem Jahr 2000 und dazu noch aus Glashütte.
Sofort zeigten sich wieder bekannte Symptome, der Puls stieg und der Tunnelblick setzte ein.
Ein kurzer Blick zu meiner Frau, von dieser Seite kam ein Lächeln, oder war es eher ein bemitleidenswerter Ausdruck in ihrem Gesicht?
Genau kann ich es, aufgrund meiner geistigen Teilabstinenz in diesem Moment, nicht mehr sagen.
Daher konnte ich nicht anders und musste mir das gute Stück unbedingt zeigen lassen.
Es gibt diverse Varianten vom Senator Chronograph, dieses Modell war mir bis dato aber noch nie aufgefallen, es kommt ohne Datum und ohne die, wie oft bei den älteren Modellen, geriffelte Lünette daher. Das i-Tüpfelchen ist, dass die Drücker nicht rund sind, sondern oval, was mir schon immer besser gefallen hat.
Ein, wie ich finde, absolut zeitloses Design.
Optisch befand sich die Uhr in einem, für das Alter, traumhaften Zustand und auch an meinem Arm blieb der gute Eindruck erhalten, trotz der knapp 40mm Durchmesser. Das Verhältnis von Lünettenbreite zu Ziffernblatt passt einfach gut, dadurch wirkt die Uhr auch am schmalen Handgelenk nicht allzu groß.
Da ich nun schon länger auf der Suche war, gab es nicht mehr viel zu überlegen, sogar Box und Papiere waren dabei. Schlussendlich blieb mir gar nichts anderes übrig, als das gute Stück von seinem tristen Dasein im Schaufenster zu befreien und ihm eine ordentliche Bleibe zu geben.
Man(n) kann da einfach nicht anders, die soziale Ader halt….
Nun ein paar Details zur Uhr.
Das Gehäuse hat einen Durchmesser von 39,4mm bei einer Bauhöhe von 11,7mm und das ist auch mein persönliches Maximum, welches ich für mich festgelegt habe.
Das silberne Ziffernblatt unterscheidet sich dezent, von den drei kleinen, ebenso silberfarbenen Totalisatoren.
Je nach Lichteinfall ist das Hauptziffernblatt heller als die kleinen Hilfsziffernblätter oder eben umgekehrt, sieht wirklich toll aus.
Um das Glas wechseln sich drei feine polierte und mattierte Flächen ab, der Rest des Gehäuses ist mattiert und die Drücker glänzend, damit hat die Uhr meiner Meinung nach ein dezentes Erscheinungsbild.
Im Inneren tickt das Manufaktur Automatikkaliber GO 39-31 mit Schwanenhalsfeinregulierung und einer Gangreserve von ca. 40h. Das Herz pocht mit 4Hz (28800 A/h). Durch den Saphirglasboden kann man das tolle Werk ausgiebig bewundern. Der skelettierte Rotor besitzt eine Schwungmasse aus 21 Karat Gold und zeigt das gespiegelte „Doppel-G“.
Die typischen Glashütter Merkmale, wie die Dreiviertelplatine mit Streifenschliff, sowie der doppelte Sonnenschliff auf den Aufzugsrädern sind natürlich auch da wo sie hingehören.
Als Basis dient hier das bewährte Grundkaliber GO 39, dabei handelt es sich um ein modular aufgebautes Werk, was es in verschiedensten Ausführungen gibt, u.a. mit Panoramadatum, über eine GMT Variante bis zum Chronograph oder eben auch dem „Ewigen Kalender“.
Man erkennt es daran, dass Krone und Drücker nicht auf einer Ebene liegen, sondern V-förmig angeordnet sind, weil eben diverse Komplikationen auf das Basis-Werk „aufgesetzt“ werden können.
Mittlerweile habe ich drei verschiedene Bänder zur Uhr, ganz klassisch das Original in Alligator schwarz plus Alligator braun und dazu noch ein braunes Vintageband, für jeden Anlass das passende.
Mit dem Einzug dieser Uhr bei mir, schien es so, als ob ich den Virus vorerst in den Griff bekommen hatte, was sich aber einige Zeit später erneut als Trugschluss erweisen sollte.
Hier noch die technischen Daten im Überblick:
• Glashütte Original Senator Chronograph
• Referenz: 39-31-11-13-04
• Automatik-Kaliber: 39-31
• Chronograph: 6h / 30min / 60s
• Gangreserve: ca. 40h
• Schwanenhalsfeinregulierung
• 51 Steine
• Edelstahlgehäuse / Saphirglasboden
• Gehäusedurchmesser: 39,4 mm / Gehäusehöhe: 11,7mm
Mit den restlichen Bildern geht’s im nächsten Beitrag weiter…