Hab ich doch glatt zugeschlagen, als ich diese mir unbekannte Trouvaille in der Chopard Boutique in Zürich im Schaufenster sah. Wie immer bei römischen Ziffern zuerst Ablehnung, ne also, und dann gab ich mir doch einen Ruck und enterte die Boutique. Die Bahnhofstrasse in Zürich ist ja nun mal ein Eldorado für Uhrenfreunde, oder auch eine böse Abzockermeile, wie man es will.
Zum Kauf wurde ich noch beschenkt mit einer trocken perlend französischen Flüssigkeit, einem Reise-Etui für die Uhr und einer kleinen Börse, wo Geldnötli oder leere Kreditkarten drin platz finden. Die Tasche war ganz schön schwer die ich da nach Hause verfrachtete, denn die Uhr ist in einer schönen Holzbox untergebracht.
Zur Uhr selbst: Modell 1937 Classic aus der L.U.C Serie, mit Manufakturkaliber L01.01, 42mm, 10.6mm Höhe, geschätzte 100gr leicht am Alligatorlederband. Dieses hat grosse eckige Schuppen, auf der Unterseite ist auch Alligator, und das Ganze ist handvernäht. Tönt edel, ist es auch, und sehr angenehm im Tragekomfort. Passt bestens zur Uhr. Was bietet die Uhr noch? - Der Stunden- und Minutenzeiger ist mit weisser Leuchtmasse befüllt, die auch im Dunkeln weiss leuchtet. Hab ich so noch nicht gesehen. Keine Leuchtpunkte bei den Stundenindexen. Der Sekundenzeiger hupft in kleinsten Schritten zum 4Hz - Takt bei 28'800 Halbschwingungen. Leider von Nivarox keine Spur, Magnetismus ist hier noch ein Thema. Das Werk ist jedoch sehr schön mit Genfer Streifen verziert und macht eine gute Gattung beim Blick durch das rückseitige Saphirglas. Sieht deutlich hochwertiger aus als man es in dieser Preisklasse gewohnt ist. Zudem nach C.O.S.C zertifiziert. Das Ganze ist in einem Stahlgehäuse untergebracht. Die schmale Lünette ist glanzpoliert, ebenso die Oberseite der kurzen Hörner. Seitlich sind die Flanken fein matt gebürstet. So mag ich es. Untenrum ist wieder alles auf Hochglanz getrimmt.
Nun Chopard kennt man hauptsächlich von edlem Schmuck für Frauen, mit Diamanten verzierten Damenuhren, oder die geschätzt 5 Millionen Mille Miglia Kreationen. Immerhin kann Chopard sagen, dass es in privater Hand ist und keinem der grossen Investoren gehört, die den Schweizer Uhrenmarkt dirigieren. Die Garantiezeit wird mit 2 Jahren angegeben. Ist in der heutigen Luxuswelt der Uhren jetzt kein Glanzpunkt.
Nach all dem Schnickschnack nur zur Frage: weshalb genau die? - Mir gefällt das versilberte Zifferblatt enorm, das Gebotene zu diesem Preis war für mich ein Grund, hier zuzugreifen. Chopard ist kaum auf dem Speisezettel der meisten Uhrenfreunde zu finden. Wenn das so ist, hat das auch seine Gründe. Nun das ist mir eigentlich ziemlich wurscht, denn ich darf sie nun täglich ausführen. Ist sie nicht eine Schönheit? Der Sonnenschliff auf dem Zifferblatt ist übrigens nicht zentral angebracht, sondern im oberen Bereich wo L.U. Chopard schwarz aufgedruckt ist. Die römischen Ziffern sind hier silbern rhodiniert, zudem leicht gewölbt, womit ein Kontrastverlauf erreicht wird. Diese Schattierung ergibt zusätzlich Leben auf dem Zifferblatt und ermöglicht auch eine klarere Zeitablesung. Der Effekt ist ein harmonisches Zifferblatt mit einigen Glanzpunkten, welches ein für mich faszinierendes Spiel ergibt. Das Glas ist hervorragend entspiegelt, was wiederum mehr Klarheit ergibt.
Schon sehr sehr viele Uhren haben den Weg mit mir gekreuzt. Kaum erstanden gabs wieder einen Richtungswechsel. Manchmal schleichend, manchmal aprupt. Ich hoffe, ich habe die Auffahrt zu einer Autobahn gefunden, die mir eine sichere und lange Begleitung erlaubt. Macht man eine Fahrt nicht lieber mit einer schönen, zu einem passenden Begleiterin? - Das werde ich nach einiger Zeit herausfinden. Schönheit alleine macht nicht glücklich. Kann ich mich auf sie verlassen, sind die inneren Werte auch so stark? Oder ist es gerade die Unperfektheit, die sie anziehend macht?