Moin,
mir ist bewusst, dass dieser Thread bei einigen von Euch mindestens Kopfschütteln verursachen wird. Es gibt Dinge, über die redet „man“ öffentlich nicht und was könnte öffentlicher als das Internet sein ?
Neben Geld gehört auch Krankheit zu diesen Themen. Ich nehme mir die Freiheit, einfach mal über beide Themen und ihren Zusammenhang für mich zu reden .
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Faden starte, habe mich aber nach starkem innerem Ringen doch dazu entschlossen, weil ich gerade für mich ganz besondere Tage erlebe. Versteht das Geschriebene deshalb bitte auf keinen Fall als „Tränendrüsen-, dicke Hose- oder toller Hecht“-Thread, sondern so, wie ich ihn meine: Als eine Art Mutmach-Faden .
Vor ca. zweieinhalb Jahren erfuhr ich nach einer Reihe scheinbar zusammenhanglosen, aber teilweise dramatischen neurologischen Auffälligkeiten, dass ich an einem bösartigen Hirntumor litt, der sofort operiert werden musste .
Es folgte eine Radiostrahlen- und eine Chemotherapie, die ich recht gut verkraftete, aber oft genug ging es mir trotzdem richtig dreckig . Monatelang konnte ich meiner Arbeit nicht oder nur extrem eingeschränkt nachgehen und ich verlor dadurch einen nennenswerten Teil meines Einkommens .
Trotzdem war ich erstaunlich schnell wieder in der Lage, meine Firma zu leiten und "gefühlt" auch komplexeren Aufgaben gewachsen zu sein. Es zeigte sich aber retrospektiv, dass ich offensichtlich schon eine ganze Zeit vor der OP nicht mehr über alles Überblickt hatte, was ich tat und mich auch jetzt nicht richtig einzuschätzen wusste .
Mit viel Engagement gewann ich aber wieder Vertrauen in meine eigene Leistungsfähigkeit, arbeitete mich wieder heran und ging positiv ins Jahr 2020. Bis zum März, als sich während meines Routine-MRTs erneut Veränderungen zeigten, die Anlass zu sehr großer Sorge bereiteten. Also erneut: Sofortige Hirn-OP und neuerliche Chemotherapie notwendig .
Auch von dieser OP erholte ich mich vordergründig schnell, aber der weitere Verlauf meiner Erkrankung war nicht einzuschätzen und jetzt hätte es finanziell sehr eng werden können. Enger wurde es aber spürbar schon da. Ich musste kurz nach der OP deshalb „heilige Kühe“ schlachten und „kleinere Brötchen“ backen .
Unter anderem verkaufte ich meinen geliebten und ganz besonderen Porsche Boxster S „50 Jahre 550 Spyder“. Als er mit dem neuen Eigentümer vom Hof fuhr, stand ich vor der Haustür und heulte… Er fehlte mir von der ersten Sekunde an! In der Abwägung albern, ich weiß, aber es war eben so .
In den letzten 12 Monaten war jedes Kontroll-MRT ein Angang, aber zum Glück sieht es aktuell für mich nicht schlecht aus und ich konnte sogar wieder etwas „Spielgeld“ ansparen. Und so kam es, dass ich seit Donnerstag wieder Eigentümer eines Ur-Boxsters bin und heute mit meiner Frau die erste Ausfahrt gemacht habe. Es war großartig und ich fühle mich toll .
Gut, statt Spitzenmodell ist es jetzt eine Basisvariante, statt annäherndem Neuzustand ist es nun ein sehr gepflegter Gebrauchtwagen, aber er ist mein, bar bezahlt und er fährt wunderbar .
Das ist für mich ein Meilenstein in meiner Krankengeschichte und auf dem Weg zurück zur vollständigen Normalität, der mir sicher viel zusätzliche Lebensfreude bereiten und durch Boxsterausflüge mit meiner Frau und meinen ebenfalls Boxster- oder Cabrio fahrenden Freunden viel zusätzliche Energie spenden wird .
Warum breite ich das alles vor Euch so episch aus ?
Nun, erst einmal möchte ich mich bei Allen bedanken, die von meiner Situation erfuhren und mir teilweise sehr berührende PNs schrieben, insbesondere aber bei einigen meiner Nordlichterfreunde, für die Unterstützung, für die tatkräftige Hilfe und für den Zuspruch für meine Frau, die schlimme Ängste um mich ausstand .
Gleichzeitig möchte ich um Nachsicht bitten, dass ich Einigen von Euch im direkten Kontakt nicht so emphatisch erschienen sein mag, wie vor meiner Erkrankung, aber meine Emotionen haben sich durch die beiden Einriffe in dem Teil meines Hirns, in dem auch die Emotionalität verortet wird, wohl tatsächlich verändert. Es fällt mir selbst sehr schwer, das zu akzeptieren...
Ich weiß aber, dass es hier in der WL Mitglieder gibt, denen es auch schlecht geht und die unter gesundheitlichen Problemen leiden, die über ein kleines „Zipperlein“ weit, weit hinaus gehen .
Ich vermeide jetzt „Am Ende des Tunnels, auch morgen geht sie Sonne auf oder nach Regen kommt Sonne“-Phrasen, aber eines sage ich laut und deutlich: Verliert nicht den Mut !
Mein geliebter und ganz besonderer Boxster S "50 Jahre 550 Spyder" .
Scheiß Krebs - Bestrahlung macht keinen Spaß !
Zusteigen, dabei sein !
Der Voreigentümer bewies Augenzwinkern bei der Wahl seines Kennzeichens .
Was für ein schöner !
Ich liebe die organischen Formen des 90er-Jahre-Designs .
Ich weiß natürlich, dass ein Auto, egal wie großartig es sein mag, letztlich auch nur Konsum und ein Gegenstand ist, aber für mich ist es ein Symbol dafür, dass ich vorerst das Schlimmste überstanden haben könnte. Ich bin optimistisch!!