Das Jahr 1967: Die letzte Generation vor der Quarzkrise - Teil III: IWC Aquatimer 812

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Uhrenfreunde,


    nach den Yacht Club 811 und der Ingenieur 866 folgt nun der dritte Teil über die letzte IWC-Generation vor der Quarzkrise:


    Nicht wenige andere Uhrenmarken definieren sich wesentlich über ihre Taucheruhren - Rolex, Omega, Blancpain, Vulcain, um nur einige zu nennen. Bei IWC dagegen führen diese Uhren heute ein Nischendasein und werden eher stiefmütterlich behandelt, wenn es um neue Modelle, eigene Werke oder sichtbare Kommunikation geht.


    Sehr zu unrecht, wie ich finde, hat doch IWC in den letzten Jahren eine ganze Reihe spannender Diver hervorgebracht. Ich bin ja bekanntermaßen ein großer Fan der Generation von 2004, der ersten Aquatimer-Kollektion in der Neuzeit:



    Diese Uhren wurden 2004 eingeführt und dann 2009 abgelöst durch Modelle mit einem klassischen Taucherdrehreif:







    Obwohl diese Uhren endlich über eine sehr gute Leuchtkraft verfügten und dazu erstmals ein praktisches Schnellwechselsystem verwendet wurde, war auch diese Generation nicht wirklich ein Renner - obwohl gerade die Dreizeiger inzwischen durchaus gesucht sind.


    Die aktuelle Generation von 2014 ging dann wieder zurück zur Innenlünette mit dem charakteristischen Knubbel auf 9 Uhr, aber trotz dieser Spielerei blieb der richtige Durchbruch weiterhin aus:




    Und nach 7 Jahren könnte es hier durchaus mal wieder einen neuen Impuls geben - mal sehen, was die kommende Woche bringt...


    Denn es gibt durchaus unstrittige Beispiele für Taucheruhren-Klassiker aus Schaffhausen - wobei auch diese meist ihre Anerkennung nach Ende der eigentlichen Bauzeit einfahren konnten.


    Geht man von den 2004ern rückwärts, dann gab es von 1999 bis 2002 als Design-Vorläufer die IWC Deep One mit integriertem Tiefenmesser:


    IWC_Vintage_GST_Deep_One_3527_Front_Museum_2019.jpg?resize=1024%2C624&ssl=1

    (c) Roger / https://diveintowatches.com/re…-r/iwc/iwc-gst-aquatimer/


    Heute extrem rar, gerade wenn man komplette Sets mit allem Zubehör sucht. Aktuell findet sich bei Chrono24 nicht ein einziges Exemplar - und trotzdem kostet diese Uhr nicht mehr als irgendeine Graumarkt-Submariner aus aktueller Produktion...


    War die Deep One keine offizielle "Aquatimer", trugen drei GST-Modelle von 1998 bis 2003 diese Bezeichnung zumindest in der Referenz, die "GST Aquatimer" 3536:




    Gerade die Titan-Version ist dabei das Inbild des kompromisslosen Divers, ohne Bling und Schnick-Schnack, dafür dicht bis 200 bar und mit dem bis heute benutzen Schnellverstellungs-Mechanismus für die Bänder.


    Technisch basieren diese Uhren auf einem anderen absoluten Klassiker, auch wenn man es optisch nicht vermuten würde - und zwar der Ocean 2000, wohl dem Flagschiff aus der Kooperation mit Porsche Design:




    Diese Uhr wurde mit verschiedenen Bandgenerationen zwischen 1983 und 1997 gebaut und ist heute gerade in den Varianten als militärische Einsatzuhr der deutschen Bundesmarine ein Highlight jeder Diver-Sammlung.


    Und was war davor? Es gab eine klassische 70er Jahre-Generation in bunt und mit Kissengehäuse, nämlich die IWC Aquatimer 1816/1822, die tatsächlich ursprünglich auch aus den späten 60er Jahren (die 1816 wurde 1968 vorgestellt) stammt:


    IWC_Vintage_Aquatimer_816AD_Red_Front_2_Museum_2019.jpg?resize=1024%2C624&ssl=1

    (c) Roger / https://diveintowatches.com/re…-r/iwc/iwc-gst-aquatimer/


    Die muss man mögen, mein Fall ist sie trotz der coolen Blätter nicht so - denn die Gehäuseform liegt zumindest bei mir alles andere als bequem am Handgelenk.


    Was fehlt noch? Die Ur-Referenz, die diese Kollektion bei IWC begründet hat - die IWC Aquatimer 812 (später 1812). Diese erste Taucheruhr aus Schaffhausen wurde im November 1966 vorgestellt und kam 1967 auf den Markt und damit deutlich später als viele der Konkurrenten. Waren bei der 1816 die Zifferblätter ein Spiegel der Zeit, war es bei der 1812 das Gehäuse: Denn ähnlich wie die Konkurrenz u.a. von JLC, Vulcain oder Enicar setzte auch IWC auf ein Compressor-Gehäuse von E. Piquerez SA - deshalb auch die typischen zwei Kronen. Technisch war die 812 absolut auf der Höhe, wasserdicht bis 200 Meter und mit dem neuesten Kaliber 8541 ausgestattet. Trotzdem wurde diese Uhr nicht so richtig ein Bestseller, was natürlich auch an der aufziehenden Quarzkrise lag. Trotz einer extrem langen Bauzeit von knapp 15 Jahren (1967 bis 1982) ist dieser Uhr heute sehr selten und gute Exemplare schwer zu kriegen.


    Als Aquatimer-Fan war ich schon länger auf der Jagd nach einer 812 und hatte über die Jahre immer mal wieder Beinahe-Abschlüsse - aber irgendwas kam immer dazwischen. Vor einiger Zeit gab es dann eine neue Chance, als bei einem der großen Auktionshäuser eine spezielle IWC-Sammlung versteigert wurde: Und zwar Pärchen aus den Originalen und dem jeweiligen Modell der Vintage Collection von 2008. Diese Uhren fanden nicht so sehr die Liebe der Vintage-Freunde, entsprechend sah ich meine Chance - denn ich mag die VC Aquatimer durchaus:




    Und so fand dieses Pärchen zu einem akzeptablen Preis den Weg zu mir - die 812 dabei im Topzustand und neuer IWC-Revision. Und damit sind wir nach seitenlangem Text endlich beim eigentlichen Grund für diesen Beitrag angekommen :G










    Und damit ist meine Aquatimer-Sammlung (für den Moment ;) ) komplett. Auch wenn die Hoffnung bleibt, dass sich IWC bei Gelegenheit mal wieder aufrafft, dieser Serie weitere potentielle Klassiker hinzuzufügen... :lupe:


    Gruß,

    Christian

  • Danke für den Aufwand mal wieder Christian.


    Und noch eine technische Spezialität der frühen ATs, beschrieben in einem Katalog der 70er Jahre,

    Allerdings war diese Konstruktion nicht optimal und wurde bei nachfolgenden Modellen nicht mehr verwendet.


  • Du hast wieder geliefert, Christian! Dankeschön dafür! :gut:


    Ein toller Bericht mit wieder tollen Fotos von den "Wasser-Zeitnehmern"!


    Eine Nachfrage habe ich noch: hat die IWC noch Ersatz-Gläser für die Ur-Aquatimer-Uhr?



    Viele Grüße und frohe Ostern -

    Christian

    • Offizieller Beitrag

    Danke, danke :wink:


    Napier : Ich glaube nicht, dass die Gläser ein großes Problem sind - das waren ja eher Standard-Teile von Zulieferern, die sollte es heute noch geben (zumindest gleichwertig). Was meines Wissens dagegen Probleme bereit, ist die Innenlünette - wenn man hier ein Problem hat, sieht es wohl mit Ersatzteilen nicht mehr ganz so gut aus. Aber diese Uhren sind ja heute keine Daily Rocker mehr, insofern hat zumindest meine auch nichts mehr auszuhalten.


    Hier nochmal ein paar mehr Bilder:



    Hier hat die Fischkrone wirklich ihre Berechtigung:





    An den Bodengravuren kann man immer gut erkennen, wie oft und wie stark die Uhr poliert wurde. Wenn das U-Boot nicht mehr zu sehen ist, ist alles verloren. Wenn man dagegen noch die Schrift und die Gehäuse-Nummer erkennen kann, hat man ein gutes Exemplar erwischt:



    Die originalen Tropic.Bänder werden heute auch wie Gold gehandelt. Allerdings gibt es seit kurzem verschiedene Anbieter, die die einigermaßen originalgetreu nachbauen:




    Die Größe trägt sich ganz verträglich - 37,5mm sind zwar nach heutigen Maßstäben eher klein, trotzdem wirkt die Uhr am Handgelenk nicht verloren:




    Ein heikler Punkt ist die Innenlünette - hier ist nur noch selten die Tritium-Auflage erhalten. Bei mechanischen Defekten werden hier auch schon mal Nachbauteile eingesetzt:








    Wirklich ein sehr zeitlosen Design, das man auch heute noch so bringen könnte. Man erkennt auch, was der VC Aquatimer etwas fehlt - die Proportionen kriegt man in 44mm nicht ganz so gut hin und den Charme einer Vintage kann man natürlich auch nicht einfach so nachbauen.


    Gruß,

    Christian

  • Wieder sehr interessant und lehrreich dein Bericht. Danke dafür :gut:

    und natürlich Glückwunsch zu dieser seltenen Uhr.

    Nur mit neuen Modellen nächste Woche könnte es eher dürftig werden.....;)

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    Am besten Südwesten :wink:

    Gruß

    Bernd

    • Offizieller Beitrag

    @ Bernd: Tja, das steht zu befürchten mit der Modellflaute :( - ich wäre ja schon zufrieden, wenn zumindest die Umstellung auf die Inhouse-Werke erfolgen würde. Das kann ja eigentlich kein großes Problem sein, wie man bei der 3714 gesehen hat.


    So richtig kann ich das Desinteresse an den Aquatimern und Ingenieuren auch nicht erklären. Nur mit einer "more-of-the-same"-Strategie werden die sicherlich nicht wieder in die Wachstumsspur der Kern-Jahre kommen. Gerade die gut strukturierte Breite der Kollektion ist eigentlich eine Stärke bei IWC, die man noch viel mehr nutzen könnte.


    Aber gut, zumindest lebt es sich als Sammler in der Nische ganz gut, da die Preise vergleichsweise niedrig und die Uhren trotzdem extrem selten sind. Und inzwischen haben wir ja zumindest in der Watchlounge eine sehr solide Basis mit Informationen zu den einzelnen Baureihen. Sonst ist das im Netz allerdings relativ dürftig - im deutschsprachigen Raum gibt es eigentlich nur noch die Beiträge von meinem Moderations-Vorgänger Sascha, z.B. hier


    https://100percentpassion.net/…der-taucheruhren-der-iwc/


    Und von Roger, der natürlich als Chefredakteur an der Quelle sitzt, z.B. hier


    https://diveintowatches.com/re…-r/iwc/iwc-gst-aquatimer/


    Falls noch jemand gute Übersichtsquellen zu den Aquatimern hat, gerne hier posten :wink: .


    Gruß,

    Christian