Kern-Frage: Ist das noch Breitling-DNA? - Breitling Avenger Chrono 45 Night Mission (V13317101B1X2)

  • Hallo Uhrenfreunde,


    kaum ein Thema beschäftigt so viele Fans der Marke Breitling und wird so kontrovers diskutiert, wie die Neuausrichtung des Unternehmens unter ihrem neuen CEO Georges Kern seit 2017.


    Meine neueste Errungenschaft, der Avenger Chrono 45 Night Mission ist eines der neueren Produkte aus der Ära Kern. Zeit, sich die Uhr einmal kritisch und im Detail anzusehen. Zum Vergleich kann ich das Vorgängermodell, den Avenger Chrono 45 Bandit aus dem Portfolio vor Georges Kern heranziehen, die ich erst kürzlich hier vorgestellt hatte.



    DER WEG ZUR UHR


    Schon in meiner Vorstellung der Avenger Bandit hatte ich angemerkt, dass ich die Avenger Chronos immer schon sehr cool und begehrenswert fand, aber der robuste Military Charakter mit den ehemals komplett polierten Gehäusen und Armbändern für mich nicht zusammenpassten.


    Die Avenger Bandit bildete unter den Avenger Chronos des vorkernschen Portfolios die rühmliche Ausnahme und deshalb hatte ich mich für dieses Modell entschieden. Doch schon während der damaligen Entscheidungsfindung liebäugelte ich auch mit dem aktuellen Avenger Modell Night Mission. Der deutlich simpler gestaltete Boden und die fehlenden Schablonenziffern zwischen den Hauptindexen der Lünette gaben den Ausschlag und ich entschied mich für das ältere Modell. Bereut habe ich das nicht, denn die Bandit ist eine wirklich wahnsinnig toll gestaltete Uhr, an der einfach alles stimmig ist und passt.


    Dennoch ging mir die Night Mission nicht aus dem Kopf. Mit DLC beschichteten Uhren habe ich bislang ausschließlich positive Erfahrungen gemacht und mit gefällt der spezielle Look und die Farbe des beschichteten Titans außerordentlich gut. Zudem fasziniert mich der sportliche Kontrast aus tiefschwarzem Zifferblatt und gelb abgesetzter Applikationen auf dem Zifferblatt und der Rehaut. Die weiß abgesetzten und hinsichtlich Schriftart veränderten Ziffern geben der Uhr zusätzlich das gewisse Etwas. Und plötzlich, nachdem ich ja bereits eine Avenger mit aufwendiger Bodengestaltung und Schablonenziffern auf der Lünette besitze, dachte ich mir, dass auch eine Night Mission eine Existenzberechtigung in meiner Sammlung haben könnte und es damit u.a. genug Unterscheidungsmerkmale gibt, die den Erwerb des neuen Modells rechtfertigen.


    Aufgrund der Verfügbarkeit und des größeren Komforts entschied ich mich für die etwas teurere Variante mit Drückerfaltschließe.


    ERSTEINDRUCK


    Was für eine lässige Uhr! Das ist der erste Gedanke beim Betrachten der Avenger Night Mission. Besonders gut gefällt mir die Farbe der DLC Beschichtung. Kein langweiliges Schwarz, sondern ein wunderschönes Anthrazit bzw. Gunmetallic. Dazu das tiefschwarze Zifferblatt mit den gelben Akzenten, ganz großes Kino! Trotz Titan bringt die Uhr stattliche 132 g auf die Waage.


    Etwas irritiert war ich vom Armband mit der Faltschließe. Auf den ersten Blick kaum von der Version mit Dornschließe zu unterscheiden, aber mit dem Unterschied, dass das überstehende Bandende nicht nach hinten, sondern nach vorn gerichtet ist. Schlimm ist das nicht, aber man ist es eben anders gewöhnt. Der Vorteil dieser Faltschließenkonstruktion ist jedoch, dass diese Schließe mit jedem x-beliebigen Armband nutzbar ist, welches für die Verwendung mit einer Dornschließe konzipiert ist.


    UNTERSCHIEDE ZUR VORGÄNGERGENERATION


    Schon auf den ersten Blick ist die Uhr als Avenger zu identifizieren und Unterschiede zur Vorgängergeneration sind erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Fangen wir mit dem Positiven an. Die Stoppuhr-Totalisatoren wurden vergrößert, was in der Tat zeitgemäßer und stimmiger wirkt. Die Beschriftungen auf dem Zifferblatt sind nun in Englisch statt Französisch.


    Neutral sehe ich das komplett neue Gehäuse. Die Maße sind gleich geblieben und auch sonst sind die Unterschiede marginal. Leichte Unterschiede gibt es im Verlauf der Hörner oder beim Kronenschutz. Drücker und Krone scheinen identisch zu sein. Das Datum ist nicht mehr umrahmt. Leichte Modifikationen sind bei den kleinen Zeigern der Totis und der Spitze des Stoppsekundenzeigers erkennbar. Für die Schablonenziffern wurde eine andere Schriftart gewählt, die meiner Meinung nach sogar noch etwas lässiger rüber kommt als bisher. Bei der Lünette handelt es sich keineswegs um die frühere Colt-Lünette, wie es teilweise wahrgenommen wird. Die Lünette ist technisch und funktional absolut identisch zur früheren Avenger Lünette, lediglich die Schablonenziffern zwischen den Hauptindexen wurden durch Indexe ersetzt. Das kann man gut finden oder auch nicht. Mit einer Sparmaßnahme hat es jedenfalls nichts zu tun. Das gleiche gilt für die Ausführung der Gravuren.


    Negativ anzumerken ist der vergleichsweise lieblos gestaltete Gehäuseboden. Für sich gesehen schaut dieser zwar auch recht cool aus, aber wenn man schon mal einen Boden der Vorgängergeneration gesehen hat, ist man schon etwas enttäuscht. Unterschiede gibt es auch im Inneren. Während früher ausschließlich ETA Werke zum Einsatz kamen, scheint es die neue Generation sowohl mit ETA 7750 als auch Sellita SW500 Werken zu geben. Ich schreibe bewusst „scheint“, denn ich kann mich nur auf die Aussage eines Konzessionärs berufen. Details hierzu findet ihr im nächsten Kapitel beim Thema Datumsscheibe.


    VARIANTEN


    Die Avenger Night Mission Chronos gibt es in zwei Grundvarianten. Einmal die hier vorgestellte Version in 45 mm mit schwarzem Blatt und gelben Applikationen und eine Super Avenger mit 48 mm und blauem Zifferblatt mit roten Applikationen. Beide Varianten gib es wahlweise mit Dorn- oder Faltschließe.


    Es gibt jedoch noch eine weitere Sache zu wissen, die für den einen oder anderen wichtig sein könnte. Die neuen Avenger Modelle gibt es nämlich mit unterschiedlichen Datumsscheiben. Wenn man Glück hat, mit der bereits bekannten, spezifischen Breitling-Datumsscheibe der Vorgängergeneration mit der breiten und kräftig gedruckten Schriftart und wenn man Pech hat, ist eine unspezifische Datumsscheibe mit einer dünnen und schlecht lesbaren Standardschriftart verbaut. Letzteres ist lt. Aussage meines Konzis der Fall, wenn ein Sellita Uhrwerk im Inneren tickt. Dass es unterschiedliche Datumsscheiben gibt, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Dass dies etwas mit dem verbauten Werk zu tun hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber das war die Erklärung meines Konzis.


    DATENBLATT


    Hier das obligatorische Datenblatt mit allem Wissenswerten in komprimierter Form:



    BILDERSTRECKE


    Dass ich immer einen sehr großen Aufwand bei den Bildern betreibe, dürfte bekannt sein. Die Night Mission mit ihrem anthrazitfarbenen Gehäuse realistisch zu reproduzieren war eine kleine Herausforderung. Die meisten Bilder und Videos, die man im Netz findet, lassen die Uhr meist viel zu hell erscheinen, was primär daran liegt, dass die Automatiken für Belichtung und Weißabgleich bei diesem Modell so ihre Probleme haben. Ich denke, es ist mir recht gut gelungen, die Uhr realitätsnah wiederzugeben:



    Das Military-Armband schaut richtig klasse aus und passt bestens zu diesem Night Mission Modell.



    Die vier Reiterlünetten bieten einen gewissen Schutz für das Uhrglas und gewährleisten die Bedienung auch mit Handschuhen. Die Lünette selbst verfügt über 120 Raststufen und ist nur einseitig (gegen den Uhrzeigersinn) bedienbar. Ein übergroßer Leuchtpunkt ist auf der 12 Uhr Position aufgebracht.



    Die Breitling Gehäuse sind nicht einfach nur von der Stange gedreht. Die Gehäusemittelteile werden in mehreren Stanzvorgängen in Form geprägt. Im Falle des hier verwendeten Titans kommt das Warmgesenk Verfahren zum Einsatz. Der aus einem Mittelteilrohling geschnittene und auf 1.100°C erhitzte Metallbarren wird durch 15 aufeinanderfolgende Prägungen unter immer höherem Druck in Form gepresst. Danach erfolgt die Metallbearbeitung bis hin zur finalen Oberflächenveredlung.




    Die spezielle Faltschließenkonstruktion hat den Vorteil der uneingeschränkten Kompatibilität mit herkömmlichen Armbändern für Dornschließen.



    Der neugestaltete Boden der aktuellen Avenger Generation. Ich vermute, man wollte ein modernes und frisches Erscheinungsbild und falls dem so ist, dann ist das durchaus gelungen. Dennoch fand ich den aufwendigen Boden der Vorgängergeneration schöner.



    Optisch unauffällig und kaum von einer normalen Dornschließe zu unterscheiden. Ein weiterer Vorteil ist der Entfall eines optisch plumpen Schließenkastens und einer geringeren Fläche für das Verkratzen.



    Seit jeher eine Domäne von Breitling - die praktisch unsichtbaren Uhrgläser dank Superentspiegelung. Das Uhrglas findet nicht statt und man hat einen ungetrübten Blick auf die liebevollen Details des Zifferblattes. Gleichzeitig gehören die Breitling Entspiegelungsschichten zu den robustesten am Markt. Diese werden bei 280°C in einem Vakuumofen aufgebracht.




    Auch im Profil sehr markant, maskulin und ein wenig martialisch. Das Anthrazit des Gehäuse unterstreicht den Military-Charakter zusätzlich.




    Breitling gehört zu den Herstellern, welche das Einschalen der Werke unter Reinraumbedingungen, wie man sie aus der Medizin- und Elektrotechnik kennt, vornehmen. Das gewährleistet eine völlig staubfreie Luft und beugt Einschlüssen von Fremdpartikeln vor. Die Montage erfolgt bei 20 - 23°C und einer Luftfeuchte von unter 50%. Durch die Filteranlage wird die Luft in den Montageräumen sechsmal pro Stunde komplett ausgetauscht.





    Hier zwei Makroaufnahmen vom Zifferblatt. Die Totis sind mit Schallplattenrillen versehen.




    Im Gegensatz zur Bewerbung auf INSTAGRAM sind die Schablonenziffern nicht mit Leuchtmasse versehen. Das tut der Nachtablesbarkeit jedoch keinen Abbruch.



    FAZIT


    Ob man die Neuausrichtung der Marke nun gut findet oder nicht, zumindest der Avenger Linie kann man nach wie vor die typische Breitling DNA bescheinigen. Im Falle der Night Mission Modelle sogar in einer – wie ich finde – besonders attraktiven Form.


    Aufpassen sollte Breitling jedoch, dass das mit viel finanziellem Aufwand über Jahrzehnte erworbene Image keinen Schaden nimmt. Ein bunter Mix unterschiedlicher Datumsscheiben bei der gleichen Produktlinie oder sogar dem gleichen Modell ist im hochpreisigen Luxussegment nicht akzeptabel.


    Ich bin gespannt, was ihr zu der Uhr zu sagen habt und freue mich auf euer Feedback und Diskussionen! Euch allen einen schönen Wochenstart!


    Viele Grüße

    T-Freak

  • Hallo T-Freak,


    eine tolle Uhr aus der Avenger-Serie hast du dir ausgesucht.

    Alle Punkte, die du hervorhebst, kann ich so zu 100% unterstreichen.


    Schon als Kind habe ich mir an den Schaufenstern der Juweliere die Nase platt gedrückt ;)

    Breitling ist seit jeher die Marke für mich. Somit stellen die Avenger Modelle für mich weiterhin die attraktivste Kollektion innerhalb Breitling dar.


    Viel Spaß beim Tragen und wie immer vielen Dank für deine ausführlichen Vorstellungen und die tollen Bilder.

    Immer wieder ein Genuss zu lesen. :respekt:

  • sehr umfassend beschrieben und sehr hochwertig bebildert.


    Die Sache mit dem quasi umgedrehten Band, um Standardbänder verwenden zu können, ist bekannt. Ist bei meiner Seiko Presage auch so. Ist etwas gewöhnungsbedürftig, speziell dann, wenn das Band recht lang ist und der Überstand entsprechend groß ist.

    Ich habe so meine Zeit gebraucht, um mich damit zu arrangieren.


    Insgesamt sieht die Avenger sehr hochwertig aus und "knallt", wenn man so sagen darf.

    Persönlich mag ich grundsätzlich keine schwarzen Uhren, egal welche Marke.

    Deshalb wäre es persönlich kein Favorit für mich, was aber ja auch unwichtig ist.


    Viel Spaß mit der B :hut:

  • Schöne Vorstellung und super Bilder! Ich hatte mal die Skyland 13380 ich fand das ZB super, aber im vergleich zur Bandit viel BlingBling...


    Die Bandit danach hat das Toolige nochmal hervorgehoben und auf nen neuen "Avenger-level" gebracht, allein der Werbespot damals war der Hammer.


    Die neuen Avenger folgen zum großteil der DNA. Ich finde deine neue und die olive am schönsten oder die limitierte "Patrouille Suisse"


    An deiner stelle hätte ich mich nur für die Drückerschliesse entschieden, aber das schwarz/gelbe Band passt schon wie die Faust aufs Auge, ganz viel Spaß mit der Avenger! :gut:

  • Klasse Breitling hast du dir zugelegt, die Avenger Modelle sind einfach Breitling pur. Herzlichen Glückwunsch :blume:. Das mit den unterschiedlichen Werken finde ich schon eine sehr seltsame Nummer von Breitling, danke für die Aufklärung. Und danke für die ausführliche und informative Vorstellung :gut:

  • Ja, super Vorstellung und cool, dass beide bei Dir Wohnung nehmen durften. Bin schon jetzt gespannt, welche von beiden länger bei Dir bleiben wird. Wie gefällt Dir die Haptik vom Armband? Ich fand es im direkten Vergleich doch ziemlich "fantastic plastic," das von der Bandit empfand ich da doch deutlich wertiger. Dass die Schablonenziffern selbst nicht leuchten, finde ich sehr schade. Das ist aber sogar der Zeitschrift Chronos nicht aufgefallen, denn bei deren Test der Night Mission werden die Ziffern extra als Selbstleuchtend erwähnt. Da fragt man sich schon, ob die Redakteure die Uhr wirklich in der Hand gehabt haben....

  • Bin schon jetzt gespannt, welche von beiden länger bei Dir bleiben wird. Wie gefällt Dir die Haptik vom Armband? .... Da fragt man sich schon, ob die Redakteure die Uhr wirklich in der Hand gehabt haben....

    Also ich habe nicht vor, eine davon gehen zu lassen. Tendenziell gefällt mir die Night Mission aber etwas besser. Die Haptik vom Armband finde ich bei der Night Mission besser. Das Band der Bandit neigt dazu, Fussel anzuziehen wie ein Magnet. Das ist bei der Night Mission nicht so. Auch die Optik des Bandes finde ich schöner. Deshalb habe ich der Bandit auch nachträglich ein Diver Pro Kautschukband spendiert.


    Was Testberichte in Zeitschriften angeht, da ist höchstes Misstrauen angebracht. Ich hatte teils über Jahre beruflich mit Marketing und eben solchen Gutschriften zu tun. Wer denkt, dass es da mit rechten Dingen zugeht, der ist naiv.


    So wurden u.a. in der Stif...test einmal Waschmaschinen getestet, einmal von Siemens und einmal eine zu 100% baugleiche mit einem anderen Label. Die Siemens war Testsieger und die baugleiche sehr weit hinten platziert...

  • (...)


    Was Testberichte in Zeitschriften angeht, da ist höchstes Misstrauen angebracht. Ich hatte teils über Jahre beruflich mit Marketing und eben solchen Gutschriften zu tun. Wer denkt, dass es da mit rechten Dingen zugeht, der ist naiv.


    So wurden u.a. in der Stif...test einmal Waschmaschinen getestet, einmal von Siemens und einmal eine zu 100% baugleiche mit einem anderen Label. Die Siemens war Testsieger und die baugleiche sehr weit hinten platziert...

    Allerdingsleider wahr. Im Fotobereich (einer Firma mit u. a. auch diesem Bereich war ich lange beschäftigt) auch ganz deutlich zu sehen und von Fachkenntnis reden wir mal lieber nicht. Es lohnt sich zu beobachten, welche Firmen die teuersten und häufigsten Anzeigen schalten. Das ist nur ein Aspekt. Zum Glück teste Stif... keine Flugzeuge. Mit Autos hatten sie es ja mal probiert, naja....

    Ende OT

    Herzliche Grüße

    Wolfgang

    Du kannst die Uhr anhalten, aber niemals die Zeit.

    Die Zeit verweilt lange genug für denjenigen, der sie nutzen will. (Leonardo da Vinci)

    sapere aude