Eine der klassischen IWC-Komplikationen ist ohne Zweifel der Doppelchronograph – und das fängt schon beim Namen an. Denn eigentlich kennt man diese Komplikation als „Rattrapante“. Diese Uhren waren überaus selten, in der Regel extrem teuer und hatten aufwändige Handaufzugwerke.
Nachdem man schon mit dem Ewigen Kalender (1985) und der Grande Complication (1990) große Erfolge gefeiert hatte, war Anfang der 1990er ein Rattrapante das nächste Projekt – und zwar als Weltpremiere erstmals in einer Automatik-Uhr. Die Geschichte der Entstehung ist oft berichtet worden und es treiben sich ja durchaus Leute in Foren herum, da maßgeblich daran beteiligt waren …
Im Februar 1992 war es dann soweit, dass rechtzeitig zur Basler Messe die ersten Prototypen fertig waren – das Ganze war so knapp gestrickt, dass die Uhr noch nicht den Weg in die offizielle Preisliste fand. Hier tauchte der Doppelchronograph erstmals im April 1993 auf. Die Stahlversion kostete bei der Einführung 9.700 DM, was eine Menge Geld war (umgerechnet ca. zwei Daytonas), trotzdem für diese Komplikation erstaunlich günstig.
Die erste Generation (Ref. 3711, erkennbar am plexiartig gewölbtem Saphirglas) wurde trotzdem rund 3.200 mal verkauft. Das sind jetzt keine Blockbuster-Zahlen, aber für so eine Nischen-Uhr sicherlich nicht schlecht, vor allem wenn man bedenkt, dass IWC zu dieser Zeit ca. 40.000 Uhren im Jahr verkauft hat. Neben der Stahlversion gab es noch limitierte Varianten in Gelbgold und Platin, letztere kostete mit 27.600 DM fast das Dreifache.
1995 endete dann schon die Zeit der 3711, im gleichen Jahr als mit der Portugieser 3712 ein weiterer absoluter Klassiker vorgestellt wurde – der gerade in der späteren „abgespeckten“ Version als 3714 ab 1998 vermutlich zum erfolgreichsten IWC-Modell der Moderne wurde.
Der neue Flieger-Doppel 3713 wurde ab 1996 verkauft und hatte verschiedene technische Änderungen, die für den Laien eher verborgen blieben. Neben Anpassungen am Werk (das zu Beginn wohl noch etwas anfällig war), erkennt man die Unterschiede am Glas am Deutlichsten – hier gab es nun ein flaches Saphirglas, das eine andere Fassung benötigte. Diese Uhr wurde knapp 10 Jahre bis 2005 gebaut, im letzten Jahr lag der Listenpreis bei 7.400 Euro bzw. 8.500 Euro am Stahlband.
Nun geht es ja bei Uhren um Details, gerade wenn man dieses Hobby ein wenig ernsthafter betreibt. Auch da hat der Doppelchrono einiges zu bieten: Die zwei Generationen 3711 vs. 3713 hatte ich schon erwähnt, aber auch innerhalb der 3713 gibt es diverse feine Unterschiede:
- Von 1996 bis 2003 wurde die 3713 mit einem Tritium-Blatt und Tritium Zeigerspiel ausgeliefert und es gab 4 Sprachen bei der Datumsscheibe zur Auswahl (Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch)
- Im Modelljahr 2004 erfolgte dann der Wechsel auf Superluminova bei Zifferblatt und Zeigerspiel (übrigens deutlich später als bei anderen Modellen), bei den Datumsscheiben gab es nur noch 3 Varianten (Deutsch, Englisch und Italienisch)
- Im letzten Modelljahr 2005 wurde dann noch das Glas verändert und war nun beidseitig entspiegelt, diese Kosten hatte man dann bei den Datumsscheiben wieder eingespart, die gab es nun nur noch auf Englisch.
Nun war der Doppelchrono eigentlich etwas vor meiner Zeit, obwohl ich noch ca. 2010 in Hamburg ein Exemplar im Konzi-Schaufenster erspähte – sogar mit Tritium-Blatt, also eine ca. 6-7 Jahre alt „Neu“-Uhr. Als IWC-Freund kommt man aber an dieser Komplikation nicht vorbei. Allerdings habe ich die ersten 15 Jahre Doppelchrono-Geschichte quasi rückwärts beschritten.
Mein erster Doppel wurde 2007 vorgestellt und war ein absolutes Hass-Objekt der Old School-Fraktion. Das hatte diverse Gründe (u.a. die limitierte Vorgängerin 3786 aus 2006, mit den angeblich letzten Doppel-Werken), eine coole Uhr ist es trotzdem – inzwischen zum zweiten Mal bei mir:
Hier hatte ich sie ursprünglich mal vorgestellt:
Uhren-Hauptrollen in der IWC-Geschichte - Part 1: The Bad Guy...
Eine Stärke bei IWC ist aus meiner Sicht die Vielfalt der Kollektion und so ist es kein Wunder, dass es den Doppel in ganz verschiedenen Formen gibt. Nach dem Top Gun-Doppel in Keramik kam bei mir das Mauerblümchen der Reihe, der GST Rattrapante Ref. 3715 in Titan:
Tolle Uhr, sehr leicht und robust, aber sie stand immer im Schatten der beliebteren Flieger und Portugieser. Und selbst innerhalb der GST/Aquatimer-Kollektion griff man eher zum Ewigen Kalender oder den einfachen Chronos. Entsprechend günstig sind diese Uhren bis heute zu bekommen, obwohl der Listenpreis damals bei satten 9.050 Euro lag und diese Referenz nur von 2001-2004 in der Kollektion war.
Das absolute Gegenstück dazu war die Portugieser-Version – der Rattrapante Ref. 3712 startete 1995 wie schon erwähnt eine absolute Erfolgsstory und diese Uhr lebt bis heute in diversen limitierten Editionen fort (und natürlich optisch in der 3714/3716). Diese Uhr ist eine kleine Schwachstelle in meiner Liste, denn eigentlich müsste sie aus Gold sein, damit sie wirklich in den Material-Mix passt – vielleicht mache ich da nochmal ein Upgrade Bis dahin muss ich mich mit Stahl begnügen, geht auch
Und dann fehlte natürlich noch der Fliegeruhr Doppelchronograph als Urvater. Hier ging ich viele Jahre schwanger und hatte mich nach langem Überlegen auf eine Kombination eingeschossen:
Pyramidenband, SL-Blatt und -Zeiger, deutsches Datum und entspiegeltes Glas.
Wer aufmerksam gelesen hat, weiß um das Problem: Diese Kombination gab es nicht – zumindest nicht ab Werk. Und so vergingen die Jahre, bis ich vor kurzem zufällig fündig wurde. Die Beschreibung des Verkäufers war relativ grottig (angepriesen wurde eine 3711, es ist aber eine 3713 gewesen), aber die Revisionsrechnung machte mir Hoffnung – denn der absolute Engpass in der obigen Anforderungsliste ist das entspiegelte Glas. Diese Uhren gab es kaum und anders als bei ZB und Zeigerspiel erfolgt meist kein Tausch bei einer Revision (das ist nämlich ziemlich teuer). Aber hier war es gemacht worden und da musste ich dann zuschlagen. Kein Schnäppchen und die Uhr hat auch schon ein aktives Leben gehabt, aber der Anblick am Arm hat sofort überzeugt – deshalb nach der Top Gun, der GST, der Portugieser nun auch der Ur-Doppel in der Sammlung
Was bleibt, sind Bilder :
Ich finde es immer wieder erstaunlich, was für einen Unterschied das Glas macht - die Entspiegelung lässt das Zifferblatt und die Uhr insgesamt ganz anders wirken
Gruß,
Christian