[Uhrenvorstellung] Das flachste Floß der Welt.

  • Das flachste Floß der Welt: Eterna Matic 1856 KonTiki Professional Diver Chronometer, Ref. 1400.41.42.105



    Vorgeschichte:


    Manchmal sind es ganz profane Ereignisse, die einen darin bestärken, jetzt aber unbedingt eine neue Uhr zu benötigen.

    Bei mir war es ein neu gekauftes Hemd des im bayerischen Passau beheimateten Herstellers Eterna Mode GmbH, dessen Manschette nicht so glatt über die Uhr flutschen wollte.

    Komische Sache, gab es doch mit den anderen Hemden, auch mit denen von Eterna, das Problem nicht. Da die Manschetten gleich knöpft waren war schnell klar, dass ein neues Zeitmessinstrument her musste, natürlich etwas kleiner und flacher als die schon vorhandenen Stücke.


    Eine klassische, eventuell auch etwas sportliche Dresswatch, vielleicht mit Handaufzug, wäre wohl die Ideallösung, allerdings ist diese Position in meiner „virtuellen Uhrensammlung“ schon fest und unumstößlich besetzt, derzeit finanziell aber noch nicht umsetzbar.

    Da ich durch den Vater, ein ehemaliger Schiffsführer beim Wasser- und Schifffahrtsamt, und einen Onkel, ein ehemaliger Seemann bei der Handelsmarine, irgendwie maritim vorbelastet zu sein scheine, reizen mich Taucheruhren schon seit Ewigkeiten mehr als alle anderen Uhrentypen und da es eben diese, neudeutsch „Diver“ genannten, Uhren ja auch mit Gehäusedurchmessern unter 41 Millimetern geben sollte, fiel der Entschluss, nach einer kleinen und möglichst flachen Taucheruhr zu suchen, recht schnell.


    Das Angebot im Bereich „Taucheruhren mit einem Gehäusedurchmesser ≤ 40 Millimeter“ ist, sogar wenn man von vorn herein asiatische Hersteller und Microbrands ausklammert, erstaunlich groß und trotzdem gelang es mir, meine Auswahl relativ schnell auf die Modelle „Zenith Rainbow Elite 670“ und „Eterna Matic 1856 KonTiki Professional Diver Chronometer“ einzuschränken. Beide Uhren stammen aus den ‘90er Jahren und befinden sich schon lange nicht mehr im Programm der jeweiligen Hersteller. Mich stört das nicht, im Gegenteil, denn tatsächlich mag ich die „Semi-Vintage“ Uhren sehr.



    Die Eterna SA:


    Die Firmengeschichte der Eterna SA kann man wohl getrost als spannend bis turbulent bezeichnen. Der im Jahr 1856 durch den Arzt Josef Girard und den Lehrer Urs Schild als „Girard & Schild“ in Grenchen gegründete Rohwerkehersteller war recht schnell sehr erfolgreich und man konnte dank der präziseren Fertigung der Einzelteile als einer der ersten Herstellern vorgefertigte Ersatzteile für Reparaturen anbieten. Der Erfolg der Eterna SA gründete aber auch auf wichtigen Innovationen, die später von anderen Herstellern übernommen wurden, so meldete Eterna zum Beispiel schon 1908 den ersten Armbandwecker zum Patent an und 1914 wurde er erstmals auf der Schweizerischen Landesausstellung der Weltöffentlichkeit vorgestellt. 1948 wurde von der Eterna der kugelgelagerte Rotor präsentiert, eine Innovation, die die Aufzugsleistung der Automatikkaliber erhöhte und bis heute nicht mehr wegzudenken ist. Das Rotorlager wurde mit fünf Kugeln bestückt und diese fünf Kugeln bilden seit 1948 das Firmenlogo der Eterna SA.


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    Ein Jahr zuvor segelte der Norweger Thor Heyerdahl und seine Crew mit dem Balsaholz-Floß „Kon-Tiki“ über den Pazifik und auch bei folgenden den Fahrten mit dem Papyrus-Floßen „Ra“ (1969) und „Ra II“ (1970) und dem Schilfboot „Tigris“ (1977) soll die Crew bei diesen Reisen Armbanduhren von Eterna getragen haben. Gesichert ist das aber nicht, belegt ist nur, dass Heyerdahl während der Reise mit der „Kon-Tiki“ von Callao in Peru nach Raroia im Tuamotu-Archipel eine Longines Paratrooper COSD Fliegeruhr trug.


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    Eterna stellte 1980 die „Delirium IV“ vor, die mit einem von der ETA entwickelten Quarzwerk ausgestattete Uhr ist nur 0,98 mm hoch und bis heute die flachste Armbanduhr der Welt.


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    Aber nicht nur bei den Entwicklungen und Innovationen lief es gut bei der Eterna, auch geschäftlich befand sich die Firma, vor allem durch ihre uhrmacherischen Kompetenzen, in ruhigem Fahrwasser. Bei der Gründung der Allgemeine Schweizerische Uhren AG (ASUAG) 1931 war die Eterna SA mit von der Partie. 1932 wurde die Firma in zwei Bereiche geteilt, zum einen in die Eterna SA, die hochwertige Uhren herstellte und vertrieb und in die ETA SA, die Rohwerke für die Uhrenindustrie lieferte. Beide Bereiche blieben bis zur von Nicholas Hayek initiierten Fusion mit der 1930 in der Westschweiz gegründeten Société Suisse pour l'Industrie Horlogére SA (SSIH) 1983 in der ASUAG. In dem jetzt „Société de Microélectronique et d'Horlogerie SA“ (SMH), später „Swatch Group“ genannten Konzerngebilde fand die Eterna SA aber keinen Platz mehr und wurde in die PCW-Gruppe von Franz Wassmer eingegliedert. Die Entwicklung von eigenen Uhrwerken wurde eingestellt, die Eterna SA musste Uhrwerke aus der ehemals eigenen Rohwerkeherstellung zukaufen, konnte aber unter anderem auch mit vom italienischen Automobil-Designer Pininfarina kreierten Uhren erfolgreich im Markt bestehen.


    Ferdinand Alexander Porsche stieg mit seiner F.A.P. Beteiligungsgruppe GmbH 1995 bei Eterna ein und als 1998 die Verträge mit der IWC ausliefen, wurden die neuen Porsche Design Uhren von Eterna gefertigt. Ab 2004 startete auch die Produktion von eigenen Uhrwerken wieder und mit dem aus 800 Einzelteilen und 101 Rubinen bestehenden Kaliber 6036 hatte die Eterna auch gleich das komplexeste seriengefertigte Uhrwerk der Welt im eigenen Haus.

    Zum 150sten Jahrestag 2006 wurde das Manufaktur-Kaliber 3030 lanciert, ein Jahr später das Kaliber 6037 und 2009 das „Spherodrive“ mit doppelt kugelgelagertem Federhaus – es ging wieder aufwärts mit dem kleinen Uhrenbauer aus Grenchen.


    Damit ist aber seit 2011 Schluss. Die F.A.P. Beteiligungsgruppe GmbH verkaufte die Eterna SA an die International Volant Limited, die zur China Haidian Holding gehört. Unter der chinesischen Führung geht es mit dem traditionsreichen Schweizer Uhrenhersteller stetig bergab.



    Die Uhr:


    Viel kann man zur „Professional Diver“ nicht sagen, eine ähnlich glorreiche Historie wie die Blancpain „Fifty Fathoms“ oder die Rolex „Submariner“ hat die Eterna nicht. Sogar der, was der Einstieg in den Taucheruhren-Markt betrifft, Spätzünder IWC kann mit der „Aquatimer“ auf eine interessante oder sogar spannende Geschichte hinweisen, Eterna muss hier passen. Einzig die Zuordnung zur „KonTiki“ genannten Sportuhrenreihe im Hause verleiht der Uhr einen historischen und exklusiven Glanz.


    Aber die Eterna ist klassisch schön und bringt etwas mit, das weder die „Fifty Fathoms“ noch die „Submariner“ mitbringen und die International Watch Co. nur der „Porsche Design by IWC Ocean 2000“ angedeihen lassen konnte: ein sehr flaches Gehäuse.

    Mit der Eterna Matic 1856 KonTiki Professional Diver Chronometer trägt man eine vollwertige Taucheruhr aus Edelstahl, die einem Wasserdruck von bis zu 20 bar widersteht, eine automatisches Uhrwerk und eine außen liegende Drehlunette hat und deren Gehäuse nur 8 Millimeter hoch ist – die Eterna ist somit immer noch die flachste Automatik-Taucheruhr der Welt.



    Meine KonTiki ist inzwischen 26 Jahre alt und befindet sich in unverändertem Originalzustand. Zifferblatt, Zeiger, Krone, Glas, Gehäuse, Band und Schließe – alles noch so, wie es 1994 das Werk in Grenchen verließ. Natürlich mit den unvermeidbaren Tragespuren und auch an der Tritium-Leuchtmasse ist die Zeit nicht spurlos vorbei gegangen: Bei einer Halbwertszeit von 12,32 Jahren strahlt nach all den Jahren da nicht mehr viel. Erregt man die Zinksulfide in der Leuchtmasse mittels einer Taschenlampe, dann leuchten Zeiger und Indexe zwar immer noch schön hell nach, der Spaß ist aber nur von kurzer Dauer – nach wenigen Minuten ist’s wieder finster wie im Bärenarsch. Davon aber abgesehen sind Zifferblatt und Zeiger in einem Topzustand und so werde ich hier nichts unternehmen und mit der zusätzlich noch durch die matte Lackierung der Zeiger erschwerte Nachtablesbarkeit leben.


    Gehäuse, Band und Schließe sind für das Alter der Uhr in einem ausgezeichneten Zustand. Natürlich gibt es Swirls und kleine Kratzer, aber keine tiefen Schmisse oder Beulen. Die Kanten sind noch scharf und nichts deutet darauf hin, dass die Uhr jemals poliert wurde. Das Glas ist makellos und auf dem Aluminium-Inlay der Lunette finden sich nur minimale Einsatzspuren.


    Das Herz meiner KonTiki ist leider in einem weniger guten Zustand. Auf der Zeitwaage wird durch die geringe Amplitude und die hohe Abweichung deutlich, dass eine Revision ansteht. Da die Eterna aber nicht meine erste „Semi-Vintage“ ist – genau genommen sind inzwischen alle meine „guten Uhren“ irgendwo zwischen 15 und 30 Jahre alt – habe ich von vorn herein damit gerechnet und inzwischen auch einen Uhrmacher gefunden, der sich der Eterna annehmen will. So hat mich das gute Stück vor einigen Wochen schon wieder verlassen und wird, hoffentlich, in ein paar Wochen kuriert und mit überragenden Gangwerten wieder zu mir zurück kehren.


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    Die technischen Daten:


    Gehäuse:

    Material: gebürstetes und poliertes Edelstahl

    Glas: antireflexbeschichtetes Saphirglas

    Gehäuseboden: verschraubter und gravierter Gehäuseboden

    Abmessungen: Ø 39.00 mm, Höhe: 8.00 mm, Bandanstoßbreite: 20.00 mm, Länge (über die Hörner gemessen): 44.50 mm

    Wasserdichtigkeit: wasserdicht bis zu einem Druck von 20 bar (200 m)

    Eigenschaften: außen liegende Taucherlunette aus Stahl mit Aluminium Inlay, einseitig mit drehbar (60 Klicks); verschraubte und signierte Aufzugskrone bei 3 Uhr


    Zifferblatt und Zeiger:

    Farbe: mattschwarz lackiertes Zifferblatt

    Stundenskala: aufgedruckte Indices mit Tritium T25 (radioaktive Strahlung 25 mCi) belegt, aufgedruckte Minuterie

    Datumsanzeige bei 3 Uhr

    Zeiger: mattschwarz und weiß lackierte Zeiger, mit Tritium T25 (radioaktive Strahlung 25 mCi) belegt


    Uhrwerk und Funktionen:

    Kaliber: fein verziertes ETA 2892-A2 Chronometer Uhrwerk mit Automatikaufzug, Frequenz von 28.800 Halbschwingungen pro Stunde bei einer Gangreserve von 38 Stunden, 21 Lagersteine, Sekundenstopp, Handaufzugsmöglichkeit, Etachron Rückersystem, vergoldete Glucydur Unruh, vergoldeter Rotor, Anachron Spiralfeder, COSC zertifiziert

    Funktion: Stunden, Minuten, Zentralsekunde und Datum


    Armband:

    Material: gebürstetes und poliertes Edelstahl

    Farbe: Silber

    Schließe: signierte Sicherheitsfaltschließe aus Edelstahl mit signiertem Sicherungsbügel und integrierter Taucherverlängerung


    Listenpreis (1994):

    1695,00 DM (866,64 Euro)


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    Auszug aus dem '94er Eterna Katalog: Es gab sechs Variationen der KonTiki Professional Diver Chronometer


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    Größenvergleich: 39, 41 und 42 Millimeter Gehäusedurchmesser. Wer hätte das gedacht?











    Quellenhinweise: Bettina Hahnloser „Der Uhrenpatron und das Ende einer Ära: Rudolf Schild-Comtesse, Eterna und ETA und die schweizerische Uhrenindustrie“ (NZZ Libro, ISBN: 978-3038100263), Eterna Katalog 1994 (Ref.: 5000-10/1), Wikipedia, Eterna-Movement.com, Eterna.com, NZZ.ch, Historisches Lexikon der Schweiz

    Bildquellen: Bild 1 und 3: Eterna SA, Bild 2: National Library of Norway, Bild 4 bis 17: Own work

    • Offizieller Beitrag

    Moin,

    tolle Vorstellung. :gut:

    Viel Spass mit dem Chronometer.


    Wie Du weißt wohnt bei mir die Schwester in Stahl/Gold mit dem Zifferblatt in blau.


    Das sind richtig gute Uhren.

  • @all

    Ich danke Euch für Euer Feedback.


    BSBV

    Dass Du die blaue Schwester hast, hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm. Ich überlege derzeit noch, ob ich mir vielleicht noch die Costa Smeralda Yachting Club gönnen soll. Aber zwei (fast) identische Uhren?

    Außerdem steht ja irgendwie auch noch die Zenith Rainbow Diver Elite 670 auf'm Zettel. ;)

  • Gestern konnte ich, da ich diese Woche beruflich im Osten der Republik unterwegs bin, die kleine Eterna vom Service in Leipzig abholen. Nach der Revision und der Band- und Gehäuseaufarbeitung sieht sie wieder aus wie frisch aus dem Laden und kann auch mit anständigen Gangwerten aufwarten.