Breitling und die Zukunft-Coole Alternative zum traditionellen Luxus?

  • So ganz falsch sind die Gedanken und Einschätzungen von Herrn Kern sicher nicht. Der Markt und die Käufer ändern sich. Da gibt es irgendwann andere Prioritäten, vor allem bei der zahlungskräftigen Käuferschicht der Zukunft, sprich der jüngeren Generation, die jetzt von der Uni ins Arbeitsleben startet. Ob die noch die fossilen, goldenen Kälber, die momentan noch ganz oben auf dem Thron sitzen und um die zumindest die ältere Generation unentwegt tanzt, verehren und anbeten, dürfte infrage zu stellen sein. Für die junge Generation sind halt solche Dinge, ob sich ein Uhrenhersteller für die Ozeane oder den Regenwald einsetzt, wichtiger, als der große Name und Geschichten aus längst vergangenen Zeiten. Von den jungen Leuten interessiert es kaum noch einen, dass vor über 50 Jahren mal ne Omega auf dem Mond war, auch wenn die Bieler vermutlich noch in 500 Jahren darauf rumreiten werden.


    Ferner gibt es Uhrenhersteller, die entweder von der Geschichte her jünger sind, oder bislang noch nicht so bekannt waren, die aber schon seit Jahren verstärkt ihren Marktanteil ausbauen und immer mehr Zuspruch bei den Käufern bekommen, weil sie halt frischer, sympathischer, kundenorientierter, weniger abgehoben und gut im Netz vertreten sind, und / oder zeigen, dass man für richtig gute und hochwertige Uhren nicht immer ein Vermögen ausgeben muss. Das kommt bei jüngeren Leuten, von denen sich eh nur noch ein Teil für die klassichen Uhren interessiert, gut an. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass Prestigenamen, die heute noch Bewunderung und Neid beim Gegenüber und totale Faszination beim jeweiligen Uhrenfreund auslösen, in 15 Jahren aber so was von uncool sind (halt wie der Nerzmantel), wenn sich die entsprechenden Manufakturen nicht was einfallen lassen und mit der Zeit gehen. Und da hat Herr Kern in manchen Punkten, die er anspricht, sicher nicht unrecht.


    Beste Grüße

    Tom

  • Ich gehe bei Kerns Gedanken streckenweise mit. Mir stellt sich dabei aber gleich die Frage, ob mechanische Armbanduhren (über einen kleinen Nischenanteil hinaus) in 20 oder 30 Jahren überhaupt noch Relevanz haben: was fängt eine auf Nachhaltigkeit usw. getrimmte Generation mit einem reinen Luxusartikel ohne wirklichen Mehrwert noch an, unabhängig davon ob sich der ein oder andere Hersteller einen passenden "öko-sozial-nachhaltigen" Anstrich gibt?


    Der Stellenwert der hochwertigen mechanischen Armbanduhr als Zeitmesser und Schmuckstück dürfte in der Breite der Konsumentengruppe sinken. Ob Kerns Strategie das (zumindest für Breitling) hinreichend adressiert und der Marke langfristig ausreichend Interesse sichert - who knows?


    Ich finde es zumindest vor diesem Betrachtungshorizont für zu kurz gegriffen, seine Gedanken nur belächelnd abzutun.

  • Kern hat sicher Recht damit wenn er sagt das die Kaviar und Pferderennen Klientel nicht mehr zieht. War das überhaupt jemals die Zielgruppe von Breitling?

    Wenn aber ein großer Name nicht mehr reicht um Kunden zu locken was braucht es dann? Die Uhren müssen einen Mehrwert bieten! Meine erste Traumuhr war seinerzeit die Steelfish. Weil die was geboten hat! 44mm. Das war damals verdammt groß! 2000m wasserdicht! Wahnsinn! Das gab's nur selten. Die Rolex Sub hatte lächerliche 300!

    Die Steelfish hatte was ganz besonderes, unzerstörbares, viel abenteuerhafteres als die Mitbewerber. Deswegen musste ich sie haben. Das ich die Robustheit nie gebraucht habe und auch niemals annähernd so tief tauchen werde wie es die Uhr könnte versteht sich von selbst.

    So jetzt man erkannt dass Markenprestige alleine nicht mehr zieht und Luxus als Argument nicht ausreicht. So weit so schlau. Allerdings verstehe ich nicht wie parallel zu dieser Erkenntnis die Uhren von Breitling immer beliebiger werden. Was unterscheidet denn die Breitling noch von irgendeiner anderen Uhr? Mal gespannt was am 16. kommt.

  • Für mich sind seine Gedanken schwer nachvollziehbar. Mechanische Uhren sind in erster Linie (Männer)Schmuck und Emotion und nachhaltig im Sinne von einer sehr langen Lebensdauer waren sie schon immer. Man sehe sich nur an wie viele alte Rolex noch unterwegs sind.

    Da braucht man das Rad also nicht neu erfinden. Wer sich in 10, 20 oder 30 Jahren noch mit einer schönen mechanischen Uhr eine Freude machen will der wird das über die emotionale Schiene tun ohne über die sowieso gegebene Nachhaltigkeit nachzudenken, wird sich eine schöne Uhr kaufen und kann trotzdem viel beitragen um unseren Lebensraum zu bewahren. Dazu braucht es keine Uhr, nämlich gar keine. Ich bezweifle aber dass es Kern darum geht was in 10 Jahren sein wird, er versucht die Marke jetzt zu pushen.


    Die mechanische Uhr wurde schon oft tot gesagt - und tatsächlich gibt es heute einen viel größeren Markt als je zuvor - , erst mit den Quarzuhren, dann mit den Smartphones und wenn wir in Zukunft vielleicht mit einem Chip hinterm Ohr oder Auge herumlaufen der uns alle wichtigen und unwichtigen Informationen zerebral einspielt und Smartphones schon längst Vergangenheit sind dann wird es noch immer jene geben die sich den Luxus gönnen sich an einem schönen, mechanischen, altmodischen (das sind sie heute schon längst) aber wertigen Teil an ihrem Handgelenk erfreuen wollen. Und das können durchaus mehr sein als heute.


    Ob alle - und da speziell die kleinen - Hersteller überleben werden wird man sehen.

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • Hab‘s gelesen und frage mich spontan, was hier unsympathisch machen soll?


    Letztlich verfolgt jemand eine Vision, aber die fußt meiner Meinung nach auf tiefergehenden Analysen des Marktes und seiner Entwicklung. Wie so häufig sind dabei Annahmen versteckt. Beispielsweise zieht er eine Analogie eines Konsumgutes, das weniger als 100€ kosten kann und im Luxussegment immer noch günstiger ist als ein Neuwagen. Gleichzeitig soll es in Zukunft nur wenige Uhrenmarken geben, ähnlich wie bei der Autoindustrie. Das finde ich mutig.


    Die Ausrichtung ist für mich mit den Überlegungen dennoch nachvollziehbar. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Kritik an Kern auch nicht ansatzweise seine eigentliches Wirken reflektiert.

  • Hab‘s gelesen und frage mich spontan, was hier unsympathisch machen soll?

    Mir persönlich ist diese ganze Öko und „moderner Luxus“ Scheinheiligkeit zuwieder.

    Ich sehe das so wie Vamos, das ist eine Emotionsentscheidung und das weckt bei mir höchstens negative Emotionen.

    Wie man es richtig machen kann sieht man bei Panerai oder Oris.


    Was kommt als nächstes, die Breitling Premier Birkenstock Edition, garantiert ohne Atomstrom? :lol:

  • Keine neuen Erkenntnisse die H.Kern da von sich gibt. Über den Luxus in der Zukunft hat man sich schon vor 30 Jahren ähnliche Gedanken gemacht

    Bei dem letzten Abschnitt gebe ich H.Kern recht, in 10-15 Jahren wird es nur noch 15 relevante Uhrenmarken geben aber was heißt eigentlich relevant ?

    Hoffentlich ist dann Breitling noch dabei. :hut:

  • Ich finde es schon gut wenn Unternehmen auch eine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und sich in bestimmten Bereichen engagieren. Noch besser finde ich es, wenn dieses Engagement "natürlich gewachsen" ist und das Unternehmen in der Kommunikation diesbezüglich zurückhaltend auftritt. Wirkt in meinen Augen sympathisch, souverän und professionell ... aus Marketingsicht ist es natürlich suboptimal ein positives Engagement nicht offensiv zu bewerben.


    Wirbt man jedoch sehr offensiv damit, wirkt es so, als sei das gesellschaftliche Engagement nur Mittel zum Zweck. Mein Problem mit dem Text, auch wenn ich die Vision verstehe, ist, dass es eben kein natürlich gewachsenes Konzept ist, sondern kalt und konstruiert wirkt. Umwelt ist trendy also hauen wir unser Jet-Team und die Superconstellation raus und holen uns Surfer und reinigen Ozeane.


    Natürlich sind wir hier als Hardcoretruppe auch wieder nur dabei alles sehr kritisch zu analysieren und sollte der Umsatz seit 3 Jahren wirklich stetig steigen, dann macht Kern im Sinne von Breitling und CWC schon alles richtig. Zudem ist der ganze SchnickSchnack wie Jet-Team ja auch nicht auf Kerns Mist gewachsen, so dass man meiner Ausführung entgegenhalten könnte, dass er ja nur sehr konsequent seiner Vision folgt und entsprechende Entscheidungen trifft. Und ein harter Cut ist wie all unsere Ex-Partner uns gelehrt haben ja immer besser :G.


    Trotz aller Vorbehalte und Skepsis muss man zugeben, dass das neue Konzept eben doch modern und frisch wirkt! Auch wenn ich die Jets sehr mochte ;).

  • Das Recyclinggedöns ist ja löblich, kennen wir aber schon von Panerai.

    Naja, G.Kern hat da ja schon mit Aktionen wie Galapagos und Plastiki bei IWC gepunktet

    Mir persönlich ist diese ganze Öko und „moderner Luxus“ Scheinheiligkeit zuwieder.

    Die ganze Luxus Uhrenindustrie ist 'Scheinheilig' und unter dem größten Heiligenschein ist sogar noch ne Krone;)

    das ist eine Emotionsentscheidung

    ...wie alles im Luxusbereich ...

    da gibt es keine rationalen Gründe...


    Ich bin ja wahrlich ein großer Kritiker von G Kern.

    Für mich macht es aber den Eindruck er hat heute 'bessere' Berater oder Teamplayer als bei IWC im board.

    Er hat mit Breitling eine sehr angestaubte Marke übernommen und hat ist damit beschäftigt das Zielpublikum neu zu definieren.

    Es gelingt ihm wohl ganz gut Breitling einer neuen Generation 'fresh & hip' zu präsentieren.

    Ich habe im vergangene Jahr mit einigen aus dem Handel gesprochen und unisono haben sich alle positiv auf die Verkaufszuwächse bei Breitling geäussert...scheint wohl zu laufen.

    Kern ist ein absoluter Marketing Profi und da hat er bei Breitling etwas gefunden was noch extremes Potenzial hat.

    Ob einem die Geschichten da drum gefallen oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden

  • Morgen um die Zeit sind wir alle schlauer: dann wurde die NewChronomat enthüllt und genau an dieser Neuinterpretation muss sich Breitling messen lassen. WatchFred hat diese Linie nicht umsonst erst kürzlich als „The elefant in the house“ bezeichnet. Ohne den ´84-Chronomat hätte Breitling den Aufstieg in die erste Liga wohl nie geschafft. Jetzt also die Neu-Interpretation dieser Ikone und da muss alles das rein, was die Marke nun in die Zukunft führen soll: hipness, coolness, Nachhaltigkeit... keine leichte Aufgabe...

  • Grundsätzlich begrüße ich es, wenn Unternehmen Umweltaspekte berücksichtigen und in ihre Unternehmens- oder Produktstrategie aufnehmen. Da ist Kern jedoch alles andere als ein Vorreiter, das haben schon zig andere Hersteller bereits Jahre vorher gemacht. Blancpain (Ocean Commitment), Omega (Good Planet Foundation), Oris, Rolex, Panerai (...und ich bin mir sicher, dass hier noch nicht alle aufgelistet wurden!).


    Laut Kern soll der klassische Luxus ("Luxus als Statussymbol") aussterben, ja, da mag er schon richtig liegen. Aber so richtig konkret wird er auch hier nicht.


    Breitling soll also die relaxte Alternative zum klassischen Luxus werden. Weil die Shops in Zukunft anders aussehen (sollen)? Weil man die einzelnen Produktionsschritte einsehen kann? M.E. ist das alles ein bisschen zu wenig, um damit das Ende des klassischen Luxus einzuläuten....

  • Da ist Kern jedoch alles andere als ein Vorreiter, das haben schon zig andere Hersteller bereits Jahre vorher gemacht. ....

    ...ist er wohl aber eben bei IWC mit der Plastiki und Mission Earth war er schon um 2010 in diese Richtung aktiv .....alle von Dir genannten sind dann nachgezogen....;)


    Eine Luxury Brand ist alles andere als ein Weltverbesserer,....gehört aber zur Compliance heut zu Tage....business as usual....

    • Offizieller Beitrag

    Anbei der Link zu Swisswatches-Magazin, unkommentiert ;)

    Klick mich !!

    Danke fürs Teilen, Bernd, seine Vision gefällt mir, er zeichnet die Zukunft von Breitling wie ich Panerai in den 2000ern kennengelernt hab, ich bin gespannt. Mit den Vintage Homnagrs fangen mich er und Fred sowieso ;).