Probus Scafusia: Die GST Aquatimer, Referenz 3536-02, der International Watch Co.
Die International Watch Company:
Firmengründung; Höhen und Tiefen
Im Jahr 1868 gründete der amerikanische Ingenieur und Uhrmacher Florentine Ariosto Jones (1841–1916), der ehemalige Direktor von E. Howard & Co. in Boston, dem damaligen führenden Uhrenhersteller in Amerika, die International Watch Company in Schaffhausen.
F.A. Jones wollte modernste Technologie aus den USA mit Schweizer Handwerkskunst kombinieren, um Uhren, Werke und Uhrenteile für den amerikanischen Markt herzustellen.
Achtzehn Jahre früher baute der Schweizer Industrielle und Uhrenhersteller Johann Heinrich Moser („H. Moser & Cie“) das erste Wasserkraftwerk in Schaffhausen und legte so den Grundstein für die zukünftige Industrialisierung der kleinen Stadt am Rhein. Er traf F.A. Jones 1868 wahrscheinlich in Le Locle und zeigte großes Interesse an seinen Plänen, ein Werk zur Uhrenherstellung zu bauen und so überredete er den Amerikaner, mit an den Rhein zu kommen. Gemeinsam legten sie dann den Grundstein für den einzigen Uhrenhersteller in der Nordostschweiz: The International Watch Company in Schaffhausen wurde Realität.
Zunächst arbeitete und produzierte F.A. Jones im Fabrikgebäude von Heinrich Moser, doch schon bald reichte der Platz dort nicht mehr aus und er pachtete weitere Räume im Oberhaus, einem der ältesten Gebäude in Schaffhausen. Doch auch im Oberhaus wurde es schnell zu eng und so entschloss sich Jones, ein eigenes passendes Gebäude zu bauen.
Mit der Planung und dem Bau der Fabrik, die Platz für bis zu 300 Arbeitsplätze bieten sollte, wurde der Schaffhausener Architekt G. Meyer beauftragt und im Frühjahr 1875 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen. Zunächst arbeiteten 196 Personen in der 45 Meter langen Fabrik in der Baumgartenstrasse 15.
Aus Jones’ Vorhaben, die Uhren verstärkt in den USA abzusetzen, wurde zunächst wegen der hohen amerikanischen Einfuhrzölle nichts und auch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1874 brachte die Firma nicht auf die angepeilte Erfolgsspur und so zog sich F.A. Jones 1880 wieder in die Vereinigten Staaten zurück.
Die IWC wird 1880 durch den Schaffhausener Fabrikanten Johannes Rauschenbach übernommen und mit dem Eintritt von Urs Haenggi, der sich hauptsächlich um den Vertrieb und die damit verbundene Kundenakquise kümmerte und der Übernahme der technischen Leitung durch Johann Vogel, der auch das Nummernsystem für die IWC-Kaliber einführte, stellte sich auch endlich der gewünschte Erfolg der Marke ein.
Schon ein Jahr nach der Übernahme stirbt Johannes Rauschenbach und sein Sohn Johannes Rauschenbach-Schenk übernimmt das Ruder, bis auch er 1905 stirbt. Die IWC wird an Ernst Homberger-Rauschenbach, den Psychoanalytiker Carl Gustav Jung und dessen Frau Emma Marie Rauschenbach-Jung vererbt und firmierte ab dann unter „International Watch Co. J. Rauschenbach's Erben“. Ernst Homberger-Rauschenbach übernimmt 1929 die Anteile von C.G. Jung und seiner Frau und führt die jetzt „International Watch Co. Uhrenfabrik von Ernst Homberger Rauschenbach“ genannte Firma bis zu seinem Tode im Jahr 1955.
Die IWC wird erst deutsch und dann „afrikanisch“
Hans Ernst Homberger, der Sohn von Ernst Homberger-Rauschenbach, übernimmt und führt das Unternehmen bis 1978 und verkauft dann die durch Goldpreiserhöhungen und Dollarsturz angeschlagene Firma an die deutsche VDO Adolf Schindling AG, die bereits Eigentümer der traditionsreichen Manufaktur Jaeger-LeCoultre ist. 1991 gehen beide Uhrenmarken an die Mannesmann AG.
Hier übernimmt Günter Blümlein die Führung der IWC und führt sie zu bis dahin nicht gekanntem Erfolg.
Blümlein gründet die „Les Manufactures Horlogeres“ (LMH)-Gruppe mit Sitz in Schaffhausen, die 100% an der IWC, 60% an Jaeger-LeCoultre und 90% an der wiederbelebten sächsischen Uhrenfabrik A. Lange & Söhne hält und insgesamt rund 1440 Mitarbeiter beschäftigt.
Blümlein holt Anfang der 1980er Jahre Ferdinand Alexander Porsche zur IWC, beziehungsweise verpflichtet er ihn als Designer für die sehr erfolgreiche „Porsche Design by IWC“ Sportuhren-Reihe.
Im Jahr 2000 wird Mannesmann an die britische Vodafone verkauft, die Uhrengruppe LMH geht im gleichen Jahr zu einem Preis von 2,8 Milliarden CHF an den südafrikanischen Richemont-Konzern. Trotz der Übernahme wird die Eigenständigkeit und Kontinuität der LMH-Marken als geschlossene Einheit unter dem bestehenden Management weiterhin gewährleistet und sowohl Jaeger-LeCoultre als auch A. Lange & Söhne und die IWC können ihren Erfolg fortführen.
Die horologischen Highlights der IWC
Echte uhrmacherische Originale sind schon bald nach der Firmengründung entstanden, beispielsweise die Pallweber-Taschenuhr mit digitaler Anzeige der Stunden und Minuten, die schon 1885 präsentiert wurde.
Die „Portugieser“ war und ist ebenso eine Ikone im Uhrenbau wie die Fliegeruhr „Mark XI“, die von 1948 bis 1981 gebaut wurde und von 1949 bis 1981 offizielle Dienstuhr der Piloten der Royal Air Force war.
Die 1985 vorgestellte IWC „Da Vinci“ zeigte deutlich, dass echte Uhrmacherkunst auch in der Ostschweiz, also abseits der bekannten Uhrmacherzentren, entwickelt und gebaut werden konnte. Die „Da Vinci“ war der weltweit erste mechanische Armbandchronograph mit dem ewigem Kalender nach Kurt Klaus. Der Bau hochkomplexer Uhren wurde zu einer Tradition in Schaffhausen: Es folgte die „Grande Complication“ und zum 125-jährigen Firmenjubiläum im Jahr 1993 erschien die auf 125 Stück limitierte „Il Destriero Scafusia“ („Das Schaffhausener Schlachtross“), die mit 22 integrierten hochkomplexen Funktionen seinerzeit komplizierteste Armbanduhr der Welt. Bis heute sind hochkomplexe Uhren im IWC Portfolio zu finden, aktuell dürfte die „Siderale Scafusia“ das Maß der Dinge darstellen.
Auch für technisch anspruchsvolle Kunden fand sich immer etwas im Angebot der Schaffhausener Uhrenbauer. 1955 wurde die „Ingenieur“ präsentiert, bei der es den Entwicklern gelungen war, dem für Uhren schädlichen Magnetismus ein Schnippchen zu schlagen, indem sie das Uhrwerk in einen Weicheisenkäfig innerhalb des Uhrgehäuses packten und die „Ingenieur“ so gegen magnetische Felder bis zu einer garantierten Stärke von 80.000 A/m schützten.
Den Weltrekord im Magnetfeldschutz stellte 1989 die vom Stardesigner Gérald Genta entworfene „Ingenieur 500 000 A/m“ auf, die, wie der Name schon andeutet, magnetischen Feldern mit einer Stärke von 500.000 Ampere pro Meter klaglos widerstehen konnte und das nur mit neuen Materialien im Uhrwerk und ganz ohne den Weicheisenkäfig.
Mehr noch, die Ingenieure der IWC testeten die „Ingenieur 500 000 A/m“ in einem Kernspintomographen und setzten sie magnetischen Feldern mit einer Stärke von unglaublichen 3,7 Millionen A/m aus, die die Uhr schadlos überstand. Damit dürfte die „Ingenieur 500 000 A/m“ die Uhr sein, die sogar der Marvel Comics Antiheld „Magneto“ problemlos tragen könnte.
Aber nicht nur bei den Werkstoffen im Uhrwerk gingen die Schaffhausener eigene und neue Wege, auch bei den Materialien für Bänder und Gehäuse leistete die IWC Pionierarbeit. Wie schon die amagnetische Niob-Zirkon-Legierung für die Flachspirale der „Ingenieur 500 000 A/m“ ein Novum war, so war das auch der Einsatz von Titan als Gehäuse- und Bandmaterial bei den „Porsche Design by IWC“ Uhren (ab 1981) und von Keramik bei der „Da Vinci Keramik“ (1986).
… to be continued…