Wer weiß mehr über das Vorbild der Panerai 425 S.L.C.?

  • Hallo zusammen,
    befasse mich gerade mit den Radiomirs von Panerai und finde die 425 recht interessant...
    Angeblich gab es (laut HP) Ende der 30er nur je einen Prototyp mit dem ZB (1 x mit und 1 x ohne kleine Sekunde). Klingt schon sehr geheimnisvoll! Weiß hier jemand mehr über die ursprüngliche Variante oder gibt es Fotos davon? Habe da nichts gefunden.


    Meine dieses Hommage:


  • Die Uhr auf die sich Panerai bezieht, befindet sich in Ferrettis Museum in Montecatini Terme.


    Ein Blick auf das Zifferblatt genügt um zu erkennen, dass es sich um ein 1950er Zifferblatt handelt. Ich habe jedoch keine Zweifel, dass es sich um ein originales Zifferblatt handelt.





    Sandwich Zifferblätter aus den 1950ern sind einfach auszumachen. Der Leuchtstoff befindet nämlich sich direkt unterhalb der ausgeschnittenen Nummern. Bei Ziffeblättern aus den 1940ern befindet sich der Leuchtstoff weiter unten, hinter einer dicken Plastikschicht. In den 1930ern gab es noch keine Aluminium Sandwich Zifferblätter. Diese wurden erst 1941/42 entwickelt.




    Die ersten Panerai Zifferblätter aus Ende 1930er/Anfang 1940er waren die sogenannten "Genieteten Plastik Zifferblätter". Diese deformierten sich jedoch, entweder durch Hitze oder das Radium, und machten durch die teilweise extreme Wölbung die Uhr unbrauchbar.




    Das Werk von Ferrettis 2533 verrät auch einiges über diese Uhr. Es handelt sich um ein Werk aus einer Kampfschwimmer 3646 von 1944.





    Nachfolgend der Unterschied zwischen einer "italienischen" und "deutschen" 3646. Das obige Werk ist ohne Zweifel aus einer Kampfschwimmer Uhr. Dazu kommt, dass Panerai erst in den 1950ern anfing, ihre Produkte mit "OFFICINE PANERAI BREVETTATO" zu signieren.



    Die moderne Panerai hat ja historische Bilder der OROLOGERIA SVIZZERA aus den 1920ern manipuliert, um diesen Unsinn das zu legitimieren.




    Die 2533 mit kleiner Sekunde, auf die sich Panerai bezieht, ist nichts weiter als ein Rinaldi Fake. Rinaldi wollte immer das was Ferretti hatte, also hat er sich selbst eine 2533 gebastelt. Das Zifferblatt ist fake und das Werk ist ein 622 Kaliber aus einer Taschenuhr.





    Das Zifferblatt-Gravuren dieser Uhr weisen die gleichen Unregelmässigkeiten auf wie die restlichen Rinaldi Fakes. Ausserdem wurde diese Art von Sekundenzeiger erst in den 1960ern eingeführt.




    Ferretti hat mir mal erzählt, er hätte seine 2533 im alten Lager von Panerai gefunden. Officine Panerai zog anfangs der 1990er Jahre von Florenz nach Impruneta. Um den Umzug zu vereinfachen, baten sie Ferretti zu kommen und sich das zu nehmen was er für brauchbar hielt. Alte Dokumente wurden dabei einfach weggeworfen.


    Die moderne Panerai hat daraufhin die Legende erschaffen, die Dokumente seien bei der grossen Flut von 1966 vernichtet worden. Die Flut war katastrophal, das Wasser hat jedoch nie die Piazza Galileo Ferraris erreicht, wo Panerais Hauptisitz lag ;)


    Lediglich das Erdgeschoss der Orologeria Svizzera wurde geflutet. Der Wasserpegel erreichte in dieser Gegend 1,5 Meter. Die Büros der Orologeria Svizzera befanden im 2. und 3. Stock.




    Hier kann man eine kleine Tour in der Orologeria Svizzera der 1930er Jahre machen:


    https://perezcope.com/2018/02/…-svizzera-the-watch-shop/



    Ferrettis 2533 ist ein zusammenbestalteter Mistfink, wie Helge wohl sagen würde...


    Meiner Meinung nach wurde dieses Zifferblatt als eine Art "Stealth" Version entwickelt, um möglichst unerkannt zu bleiben. In Interviews mit italienischen Kampftauchern kam heraus, dass die Uhren und Instrumente manchmal mit Tüchern und Schlamm zugedeckt werden mussten, weil die Zifferblätter so hell leuchteten und man riskierte, von Wachen auf der Oberfläche gesehen zu werden.


    Die Uhr, auf der dieses Zifferblatt getestet wurde, sah mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so aus:





    LG, Jose

  • Hier ein Bild des Zifferblattes auf dem man besser erkennen kann, in welcher Schicht sich die Leuchtmasse befindet.




    Das nächste Bild zeigt den Werkhaltering. An der silbernen Farbe kann man erkennen, dass auch dieser von 1944 ist.




    Ich habe Ferretti mehrmals gebeten das Zifferblatt auszubauen und ein Bild der Rückseite zu machen. Er hat sich stets geweigert...


    Die Rückseite würde ganz klar zeigen, aus welcher Era das Zifferbaltt stammt.




    LG, Jose

  • Jose, ich bekomme in die ganze Geschichte um Panerai die Namen Ferretti und Rinaldi nicht richtig eingeordnet. Was hatten sie mit Panerai zu tun und war letztgenannter wirklich nur ein schlichter Fälscher?


    Gruß Uwe

  • Jose, ich bekomme in die ganze Geschichte um Panerai die Namen Ferretti und Rinaldi nicht richtig eingeordnet. Was hatten sie mit Panerai zu tun und war letztgenannter wirklich nur ein schlichter Fälscher?
    Gruß Uwe

    Ferretti war wohl einer der ersten Panerai Sammler überhaupt. Das wusste auch Officine Panerai SpA. Ich habe gehört, Ferretti soll öfters bei Panerai gesehen worden sein. Er hatte Kontakte zu gewissen Mitarbeitern, die im Geheimen Teile für ihn wegschaften. Wie bereits erwähnt, wurde Ferretti kontaktiert um das Lager leerzuräumen als das Unternehmen nach Impruneta zog um alle Mitarbeiter unter einem Dach zu bringen.


    Ferretti hat damals unzählige Uhrenteile im alten Lager gefunden. Die Rede ist auch von einer ganz bestimmten Box voller Uhrengehäuse. Es wird spekuliert, dass es sich dabei um die Referenz 6154 handelte.


    Was musste ich lachen, als Ferretti mir damals versicherte, er hätte 20 dieser Uhren in Ägypten gefunden...


    Wieauchimmer, Ferretti hat dann angefangen aus diesen losen Teilen Uhren zusammenzubauen. Mir erscheint das legitim, aber er hätte diesen nicht ganz unwichtigen Umstand den Käufern halt mitteilen müssen. Die meisten dachten nämlich, sie hätten eine historisch wichtige Uhr erstanden.


    Luciano Rinaldi war ein ganz anderes Tier. Dieser Mensch hat sehr früh begonnen, Rolex Zifferblätter zu fälschen. Praktisch alle Sammler und Auktionäre der ersten Stunde sind früher oder später auf seine Kreationen reingefallen. Die bekanntesten Blätter sind wohl die 3-6-9 Explorer Dials für die Submariner. Er hat auch mehrere Rolex PAN AM GMTs mit weissen Zifferblättern gefälscht. Diese Fakes hatten meist PAN AM Gravuren auf dem Gehäusedeckel. Diese Uhren wurden von Mondani in Büchern publiziert und dann von Patrizzi bei Antiquorum verkauft.




    Als Panerai dann Ende 1990er Jahren durchstartete, hat Rinaldi schnell festgestellt, dass praktisch nichts zur Geschichte bekannt war. Dieses Vakuum hat er dann ausgenutzt um allerlei Prototypen zu basteln. Auch er ist an viele Originalteile gekommen. Als in den frühen 1990er Jahren die alte Arturo Junghans Uhrenfabrik in Venedig zu Lofts umgebaut wurde, fand man unzählige Panerai Teile, die von den Deutschen Truppen kurz vor der Befreiung von Florenz im Juli/August 1944 dahin geschaffen worden waren. Die Rede ist von ca. 600 Zifferblätter. Viele dieser Dials wurden von Rinaldi mit fake Gravuren versehen.



    Während Ferretti Uhren aus losen Originalteilen zusammenbaute, baute Rinaldi vieles selbst. Fake Gehäuse, fake Dials, zusammengebastelte Werke, etc..


    Um das Jahr 2000 ist Rinaldi dann an unbenutzte Originalteile der Pre Vendôme Uhren rangekommen und hat angefangen Pre V Uhren zu basteln. Dabei mischte er Teile der Guenat und Coro Produktion. Die Werke waren meistens Standard Unitas 6497, die er mit speziellen Gravuren versah, um dem Original ähnlich zu sehen. Auch hatte er Kontakte um an original Booklets zu kommen, mit entsprechender Unterschrift versteht sich. Niemand weiss wieviele dieser Uhren gebaut wurden. Es müssen Dutzende sein...



    Rinaldi ist 2016 gestorben. Sein Sohn Samuele führt nun das "Familienunternehmen" weiter.


    Hier kann man ein bisschen was zu Rinaldis Machenschaften lesen:


    https://perezcope.com/2018/08/…aldi-chronicles-part-one/




    LG, Jose

  • Wusste gar nicht, dass so Fälscher noch (halbwegs) berühmt werden können!
    Danke Jose! Es macht unglaubliche Freude, das alles von dir zu lesen! :jump:


    LG und schönes Wochenende, Uwe

  • Jose hat da eine Kleinigkeit vergessen.
    Seit April 2019 ist diese alte arabische Schönheit aus der Versenkung aufgetaucht und keiner weiß wo der Ursprung liegt.
    Falls Sie einer findet bitte mir Bescheid sagen... ich find die PAM wunderbar


    :G




    Grüße, TOM/Pale_ora

  • Das sind mal wieder wunderbare Informationen von Jose.
    Vielen Dank dafür :gut:


    Mir haben auch die Nebeninformationen wie z.B das Hochwasser in Florenz.
    Ich dachte immer fast alles wäre zerstört worden.


    Lieber Jose,mir würde es ebenfalls sehr gut gefallen,wenn du ein Buch oder zumindest ein PDF (lieber ein Buch) schreiben würdest.
    Du hättest bestimmt genügend Abnehmer.


    Das Buch über Enicar soll nun auch erscheinen.


    https://www.kickstarter.com/projects/enicarbook/time-for-a-change-a-book-about-the-lost-watch-bran?lang=de



    Vielleicht wäre eine ähnliche Aktion etwas für dich.
    Dein Fachwissen und schon geschriebene Beiträge auf deiner Homepage oder hier,müssten nur gebündelt werden ;)