Panerai und die Brücken von Nimwegen


  • Danke René. Das würde bedeuten, dass Panerai eigentlich gar keine eigene Kompetenz-Historie im Bereich Uhren hat. Oder ist das zu krass ausgedrückt??

    • Offizieller Beitrag

    Bebbe, mich interessiert aber nun genau das: was hat Panerai tatsächlich in der Historie an Kompetenz vorzuweisen außer ein paar Zifferblättern und Kontakten zur Marine.


    Es wäre toll, wenn das jemand mal gut und allgemeinverständlich hier zusammenfassen könnte.


    Panerai hatte gute Kontakte zu Vorlieferanten in den 1930iger um Ihr Produkt an den Mann zu bringen, genauso wie Rolex gute Kontakte zu Vorlieferanten hatte in den 1930igern ;) um wiederum die eigenen Produkte an den Mann zu bringen.
    Ich rede nur von den 1930igern bis 1950igern hier drin.


    Was Rolex heute macht und wer die Werke heute für Panerai Konzernintern entwickelt oder alles Hausintern geschieht darauf spiele ich hier in diesem Thread nicht an.

  • Danke René. Das würde bedeuten, dass Panerai eigentlich gar keine eigene Kompetenz-Historie im Bereich Uhren hat. Oder ist das zu krass ausgedrückt??

    Soweit mir bekannt ist hatte Panerai damals keinerlei Kompetenz in Sachen Uhren Ralf.


    Was Rolex damals selbst herstellte weiß ich nicht, aber jedenfalls haben sie bei Rolex sowohl das wasserdichte Gehäuse als auch die verschraubte Krone entwickelt.


    Panerai hat zweifellos das geniale ZB beigesteuert und in der Folge den einzigartigen Kronenschutzbügel.

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • War der bedeutendste Punkt in der Geschichte von Panerai nicht der Moment, an dem Sylvester Stallone 1995 ein paar Uhren der Marke gekauft und mit nach Hollywood genommen hat? :wech:

    nicht ganz korrekt - er hat nicht gekauft, er hat „genommen“ ;)
    Hat auch José in seiner tollen Abhandlung über die Fiddy beschrieben

    • Offizieller Beitrag

    Es werden ja in dem Faden hier verschiedene Wahrheiten verfolgt:


    - es gab nie Panerai, das waren alles Rolex


    - Panerai darf sich nicht als Uhrenhersteller bezeichnen, da sie ja nichts selbst entwickelt haben


    - Panerai ist ein Uhrenhersteller


    Ich stelle mal ein paar Fragen zum Thema, eventuell kommen wir dann zum Punkt:


    Hätte es ohne Panerai jemals diese Uhren gegeben auf denen all das beruht auf das wir so abfahren?
    Hätte es irgendeine Basis gegeben auf derer die Uhren die in den 1990igern und ab Richemont Zeitrechnung entworfen wurden gegeben
    ohne Panerai?
    Warum heißt dieses Unterforum nicht "Rolex Subbrands" zusammen mit Tudor?

  • Ich denke Panerai hat genug Geschichte, da braucht man nichts dazudichten.


    Die Symbiose Panerai und Rolex gab es ja nicht ohne Grund, wobei schon aus Gründen der Logik nicht Rolex an Panerai herangetreten sein kann sondern umgekehrt.


    Ich sehe Rolex nur als Starthilfe was die frühe Uhrengeschichte von wasserdichten Panerai Uhren betrifft, alles was danach folgte - einschließlich der Tatsache dass wir heute noch das kissenförmige Gehäuse haben - gehört ganz alleine Panerai.

    Gruß, René



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    Friedrich Nietzsche

  • Also ich finde diese Geschichten von damals toll. Machen für mich die Uhren noch interessanter. Aber sind keineswegs Gründe für mich, diese zu kaufen oder eben nicht zu kaufen. Ein Teil. Davon trifft einfach meinen Geschmack.


    Ebenso wie mich die Geschichte der Mondlandung fasziniert. Auch wenn die Amerikaner die größten Kriegsverbrecher unserer Zeit sind. Trotzdem geil, die Uhr.
    Ebenso wie es mega interessante russische Uhren gibt. Die Millionen Ukrainer verhungern haben lassen. Geschichte gehört für mich dazu. Fasziniert mich. Muss aber nicht jeden Teil davon geil finden. Ebenso wie ich nicht jede Rolex oder jede Panerai toll finde.


    Fasziniert mich die Geschichte um die Froschmänner? Oh ja.

  • Moinmoin, ich habe jetzt hier interessiert mitgelesen und bin bei Panerai geteilter Meinung was das Uhren Know How angeht . Fest steht ja nun mal das sich Panerai immer wieder bei anderen Werksherstellern bedient hat , ob es Rolex war mit dem 618 Werk oder das Angelus 240 oder auch dem Angelus Chronowerk 215 ,wenn auch nur im Prototypenstadium war . Auch später haben sie sich mit dem 6497 bedient und wenn ich das richtig sehe , auch bei dem PAM 245 , der Chronometer ist doch auch 1:1 mit leichten Abwandlungen gleich mit dem Russischem Seechronometer . Selbst die Schraubenlöcher sind an der gleichen Position .
    Ich denke , oder ich meine das Panerai einfach sehr viel Glück hatte mit dem Design des Gehäuses und des Ziffernblattes was sich halt bis heute sehr gut verkaufen lässt .
    Ich persönlich mag das Design auch , aber der große Uhrenhersteller in Punkto Uhrentechnik ist Panerai für mich nicht . Aber das ist auch nur ausdrücklich meine Meinung !

  • Das Einzige was ich möchte ist, dass José auch öffentlich einmal sagt was die Wahrheit ist, dass Rolex schlicht kein einziges Teil gefertigt hat was an einer Panerai verbaut wurde.

    Guten Morgen


    Rolex hatte damals keine Fabrik um Uhrenteile selbst herzustellen. Sie waren hauptsächlich Uhrendesigner. Dasselbe trifft übrigens auch auf den Rest der Schweizer Uhrenindustrie zu. Patek, Vacheron, Audemars, Omega, you name it... Praktisch alle Brands liessen ihre Gehäuse, Zifferblätter, Zeiger, Kronen, Gläser, etc. von spezialisierten Herstellern produzieren. Das ist nichts aussergewöhnliches für die damalige Zeit. So war die Industrie nunmal aufgebaut. Niemand sprach damals von Inhouse.



    Zitat von Bebbe

    Von Rolex selbst ist bis zum heutigen Tag keine einzige Uhr aufgetaucht mit den Referenzen 2533, 3646, 6152, 6154 die unter dem Namen Rolex an den freien Markt oder an jemand Anderen als Panerai verkauft wurde.

    Das stimmt so nicht ganz. Die 2533 aus dem Rolex Katalog von 1935 ist ja hinlänglich bekannt. Da ist definitiv der Rolex Schriftzug drauf. Diese Uhr gab es also bevor Panerai bezüglich Taucheruhren auf Rolex zuging.




    Das hier ist eine digitale Rekonstruktion der Uhr. Gemäss James Dowling befindet sich eine dieser Uhren im Rolex Archiv in Genf.




    Die 2533 war auch die Uhr, die Panerai damals für die Tests bestellt hat. Das nächste Dokument wurde von Loris Pasetto in Giuseppe Panerais Arbeitszimmer gefunden.




    Panerai hatte also mit dem Design der eigentlichen Uhr nichts am Hut. Sie haben lediglich die Zifferblätter beigesteuert. Erstaunlicherweise sieht es aber so aus, als wären die Zifferblätter anfangs nicht von Panerai sondern von schweizer Zifferblattherstellern gebaut worden. Das nächste Bild spricht eine deutliche Sprache. ZJ steht für Zelime Jacot (heute Cadrans Flückiger SA).




    Wichtig für mich ist auch wie Giuseppe Panerai das Ganze gesehen hat. Ferdinando Pacciolla, ein Ex Decima MAS, hat seine 3646 1955 bei der Orologeria Svizzera in Service gegeben. Auf der Quittung steht: "Service für Rolex Uhr". Für Giuseppe war die 3646 also eine Rolex Uhr. Ich glaube damit ist der Fall klar, oder?



    Den Artikel über Pacciolla werde ich demnächst publizieren.


    Ich glaube Giuseppe Panerai hat die Rolex Uhren erst als SEINE eigenen Uhren wahrgenommen, als er anfing den Kronenbügel zu installieren. Soweit bekannt, befindet sich im 1950er Foto Archiv von Panerai keine einzige unmodifizierte Rolex (mit Schraubkrone).


    Wieauchimmer, letztenendes sind das einfach geile Uhren, die wir alle schätzen. Wünsche allen einen schönen Sonntag.



    LG, Jose

  • Danke für deine Recherche José, so habe ich die Geschichte auch immer interpretiert. Der Kronenschutzbügel war der Sprung der Panerai erstmals zu einer Panerai machte. Die heutigen Radiomir haben für mich jedoch nichts mehr mit Rolex gemein - außer dem Ursprung.


    Einzig eine Anmerkung habe ich jedoch:



    Rolex hatte damals keine Fabrik um Uhrenteile selbst herzustellen. Sie waren hauptsächlich Uhrendesigner. Dasselbe trifft übrigens auch auf den Rest der Schweizer Uhrenindustrie zu. Patek, Vacheron, Audemars, Omega, you name it...


    Rolex war weit mehr als ein Designer, sie waren definitiv Entwickler, auch wenn sie ihre Entwicklungen nicht selbst produzierten. Die erste staub- und wasserdichte Uhr (Oyster) war 1926 nicht nur ein Design sondern eine Entwicklung, ebenso die verschraubte Krone und 1931 der Automatikaufzug der ebenfalls die Funktion hatte die Uhr vor Wassereinbruch zu schützen weil der Besitzer vergessen hatte die Krone nach dem täglichen Aufziehen wieder zu verschrauben.


    Jene Uhr die Mercedes Gleitze 1927 bei der (nach 10 Stunden gescheiterten) Durchquerung des Ärmelkanals um den Hals trug zeigt eindeutig das damals kissenförmige Gehäuse der Rolex Oyster das in weiterer Folge von Panerai genutzt wurde.


    Quelle: Rolex


    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

    • Offizieller Beitrag

    Vielen Dank José für die Aufklärung :gut: . Dass im Archiv in Genf eine 2533 liegt mag sein. Aber bis zum heutigen Tag ist keine irgendwo aufgetaucht oder ein Foto der Uhr aus dem Archiv. Das Einzige was ähnlich aussah war das Foto von der Auktion was ich Dir mal geschickt habe. Du sagtest aber es ist das falsche Gehäuse.




    Was mich annehmen lässt, dass die 2533 zwar im Katalog gezeigt wurde, jedoch nie verkauft wurde ausser an Panerai. Sonst sind doch von allen anderen Referenzen immer welche aufgetaucht über die Jahre, oder irre ich mich da?

  • Letztlich hat Panerai als eine Art Handelsmarke angefangen ohne wirklich eigene horologische Kompetenz. Das tut der einzigartigen Ausstrahlung der Uhren jedoch keinen Abbruch. Nur ist es eben auch ein wenig belustigend, die Marke mit künstlich aufgepumpter Historie hoch zu stilisieren.


    Panerai ist hauptsächlich eine Design-Brand und daran ist nichts auszusetzen, vor allem, da die meisten Kunden eh nur das Design kaufen und sich nicht für die Technik interessieren.


    Eine wirkliche Leistung ist eigentlich, dass es Panerai geschafft hat, sich trotz alledem preislich in einem Segment zu positionieren, in dem sich einige Marken mit wirklicher uhrmacherischen Kompetenz befinden.

  • Vielen Dank José für die Aufklärung :gut: . Dass im Archiv in Genf eine 2533 liegt mag sein. Aber bis zum heutigen Tag ist keine irgendwo aufgetaucht oder ein Foto der Uhr aus dem Archiv. Das Einzige was ähnlich aussah war das Foto von der Auktion was ich Dir mal geschickt habe. Du sagtest aber es ist das falsche Gehäuse.


    Was mich annehmen lässt, dass die 2533 zwar im Katalog gezeigt wurde, jedoch nie verkauft wurde ausser an Panerai. Sonst sind doch von allen anderen Referenzen immer welche aufgetaucht über die Jahre, oder irre ich mich da?

    Die originale Rolex 2533 ist extrem sagenumwoben. Was würde ich dafür geben, im Rolex Archiv herumwühlen zu dürfen und die Uhr endlich live zu sehen.


    Die von Dir gezeigte 3646 mit Rolex Precision Zifferblatt ist sehr eigenartig. Keine Ahnung was davon zu halten ist. Müsste man in der Hand halten. Interessant finde ich die auseinander gespreizten Wire Lugs...



    LG, Jose

    • Offizieller Beitrag

    Letztlich hat Panerai als eine Art Handelsmarke angefangen ohne wirklich eigene horologische Kompetenz. Das tut der einzigartigen Ausstrahlung der Uhren jedoch keinen Abbruch. Nur ist es eben auch ein wenig belustigend, die Marke mit künstlich aufgepumpter Historie hoch zu stilisieren.


    Panerai ist hauptsächlich eine Design-Brand und daran ist nichts auszusetzen, vor allem, da die meisten Kunden eh nur das Design kaufen und sich nicht für die Technik interessieren.


    Eine wirkliche Leistung ist eigentlich, dass es Panerai geschafft hat, sich trotz alledem preislich in einem Segment zu positionieren, in dem sich einige Marken mit wirklicher uhrmacherischen Kompetenz befinden.

    Jede Firma fängt mal an, ob erfolgreich oder nicht, das musst du auch Panerai zugestehen. Rolex wird heute auch als DIE Marke gesehen, Inhouse, Manufaktur etc. etc. . Auch Rolex hat einmal angefangen und ist heute dort wo sie sind obwohl die damals noch kein eigenes Teil gebaut haben.
    Henrik hat den Werdegang vieler Uhrenfirmen recht schön beschrieben ein/zwei Seiten vorher. Nichts Anderes passiert innerhalb des Richemont Konzerns, es gibt Synergien und wichtige Lieferanten werden gekauft.

  • Du reduzierst die Geschichte immer auf „selbst gebaut“ Bebbe (weil das Panerai in die Karten spielt), dabei geht es auch um „selbst entwickelt“ - und darin besteht der Unterschied.

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • Wieder einmal eine interessante Diskussion, die zeigt das vor allem Emotionen und Halbwissen letztendlich zum Kaufentscheid führt.
    Bei all der Information die es über Panerai in den letzten 10 Jahren in Form von Büchern und Publikationen in blogs wie dem Von Jose erschienen sind wundern mich dann doch so manche statements.


    Mal völlig losgelöst vom dem was heute Panerai als Luxus Branch darstellt und ist, muss man die Geschichte der Officine Panerai in den 20/30/40er Jahren sehen.
    Giovanni Panerai gründete das 'Geschäft' als reine Uhrmacherei bzw Verkaufsladen unter der Leitung von Guido wurde eine 'Officine' daraus, was nix weiteres als Werkstatt bedeutet. Zu dem Angebot von Uhren und Reparaturen kamen eben Aufträge der Marine diverse Instrumente für den maritimen Bereich zu entwickeln.
    Erst 1938 kam der Auftrag eine Uhr für die Marine zum militärischen Einsatz zu entwickeln.
    Durch die abgelieferten Arbeiten der Instrumente und das fachliche Know How durch den Uhrenverkauf und den angestellten Uhrmachern, immerhin konnte man damals auf eine 78 jährige Erfahrung in dieser Branche aufwarten, kam es wohl zu diesem Auftrag.


    Umso mehr wundert mich dann ...

    Letztlich hat Panerai als eine Art Handelsmarke angefangen ohne wirklich eigene horologische Kompetenz

    ...natürlich war Panerai kein Uhrenhersteller im herkömmlichen Sinn. Hatte aber wohl genug Kompetenzen und Beziehungen so etwas zu realisieren, was die Geschichte ja eindeutig belegt.
    Und es war doch (aus aus heutiger Sicht) verdammt clever von G.Panerai sich auf das 'networking' zu verlassen und sich Patente zu bedienen die nachweislich funktionierten.


    Nur ist es eben auch ein wenig belustigend, die Marke mit künstlich aufgepumpter Historie hoch zu stilisieren.

    ...naja....was heisst den 'künstlich aufgepumpt' die geschichtliche Betrachtung der Officine (Werkstatt) und derer Produkte ist doch klar belegt (völlig unabhängig von irgendwelchen politischen Ideologien und derer moralischen Bedeutung)
    Belustigend ist allemal wie immer wieder munter Fakten vermischt werden und die dadurch entstehenden Diskussionen.


    Das die Richemont Branch Panerai dazu nicht wirklich beigetragen sondern munter in diesem Geschwurbel dann auch noch Marketing betrieben hat, ist ausser Frage (und möchte ich auch nicht weiter kommentieren)
    Aber wie gesagt gibt es mittlerweile so viel Informationen über die Officine Panerai in dieser Zeit , dass für eigene Interpretationen wenig Spielraum übrig ist.