Denke ich an Russland, dann denke ich an eine große und stolze Nation, an traumhaft schöne Kirchen, St. Petersburg und Moskau, Tschaikowsky und Rachmaninow, Tolstoi und Dostojewski, Katharina die Große und Peter der Große, an Soljanka und Wodka, die schönen Russinnen .... und an Poljot. Liebe Lounger, nachdem ich nun schon meine Oris Artelier Complication (klick [URL:https://forum.watchlounge.com/index.php?thread/244179-uhrenvorstellung-der-neue-stellt-sich-sowie-seine-oris-artelier-complication-vor/]), meine Frederique Constant Classics Moonphase Manufacture (klick [URL:https://forum.watchlounge.com/index.php?thread/244287-uhrenvorstellung-une-belle-genevoise-oder-die-frederique-constant-classics-moonp/]) sowie die Uhr meiner Tochter, die Swiss Military Hanowa Nautila Lady (klick [URL:https://forum.watchlounge.com/index.php?thread/244342-vorstellung-f%C3%BCr-kleine-und-gro%C3%9Fe-ladys-die-swiss-military-hanowa-nautila-lady/]), vorgestellt habe, möchte ich Euch heute mal eine weitere Uhr aus meiner kleinen Sammlung präsentieren, die am Arm sehr elegant und prunkvoll aussieht, ordentlich läuft und gut verarbeitet ist, sicher aber auch nicht den Geschmack eines jeden trifft und aus mehreren Gründen das Zeug zum Spalter haben könnte. Mich sprach diese Uhr aber vom ersten Blick her an und sie gehört nach wie vor zu den Zeitmessern, die ich gern und regelmäßig trage, die Poljot International "Zar Peter der Große" (Ref. 9211.1941611): Erst mal habe ich gegrübelt, in welche Rubrik ich diese Vorstellung packen soll. Unter "Deutsche Uhren" wäre gegangen, ebenso wie unter "Budgetfreundlich", oder halt "Uhren aus aller Welt", wofür ich mich schlussendlich entschied. Wie kam ich zu meiner Poljot International? Lasst mich mal einen Zeitsprung knapp 40 Jahre zurück machen: Es war im Jahre 1980, als ich in Sotschi in der damaligen Sowjetunion (heute Russland) verweilte. Unsere Freunde aus Berlin-Kreuzberg waren so kommunikativ, dass sie nahezu jeden im Hotel kannten. Somit blieb es nicht aus, dass sie relativ schnell mit dem gut Deutsch sprechenden Sekretär eines Ministers einer Sowjetrepublik ins Gespräch kamen, der sich mit seinem Chef und einer kleineren Delegation ebenfalls für zwei Tage im Hotel aufhielt. Gegen Nachmittag, wir lagen gerade am Pool, kam nun der Sekretär zu uns und sagte, dass sich sein Chef sehr freuen würde, wenn wir beim Abendessen seine Gäste sein würden. Schließlich mag dieser die Deutschen sehr und war auch schon öfters in Deutschland, zumindest in der damaligen DDR. Wir nahmen die Einladung liebend gern an und paar Stunden später an der großen Tafel Platz, an der der Minister, seine Mitarbeiter und einige Gäste saßen. Etwa 15 Kellner waren für ihn abgestellt, von denen 5 eigentlich nur die Aufgabe besaßen, leere Wodka-Gläser umgehend wieder randvoll aufzufüllen. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass es ein sehr feucht-fröhlicher Abend wurde, der erst gegen 3 Uhr morgens endete. Der Tisch war bis zum Schluss randvoll mit sehr köstlichen Essen und der Wodka floss in Strömen. Ich selbst hielt mich, da ich mich noch im Teenageralter befand, bzgl. des russischen Nationalgetränks jedoch ziemlich zurück. Nun kommt aber das interessante: Zur Delegation des Ministers gehörte auch ein sehr netter Herr, der dem Direktorium der Ersten Moskauer Uhrenfabrik bzw. Poljot angehörte. Dieser sprach etwas Deutsch, weshalb ich mich gut und lang mit ihm unterhalten konnte. Irgendwie schien er mich und meine jugendlich lockere Art zu mögen. Im Zuge des Gesprächs griff er auf einmal in seine Tasche, holte eine Uhr hervor und schenkte sie mir. Es war eine Poljot mit Handaufzug. Nun war ich damals noch kein Uhrenfreund und überhaupt trug ich lieber Uhren mit Digitalanzeige, wie das seinerzeit halt Mode war. Dennoch freute ich mich über das Geschenk und trug die Uhr öfters, bis zu dem Tage, an dem sie mir gestohlen wurde. Ich hoffe, der Dieb hat sie wenigstens in Ehren gehalten und regelmäßig mit Freude getragen. Auf jeden Fall war Moskau damals das Zentrum der russischen Uhrenindustrie. 37 Jahre später, nämlich 2017, hatte ich die Idee, mir mal wieder eine russische Uhr zuzulegen. Ich schaute etwas im Netz, fand aber nicht das passende, zumal in Russland selbst kaum noch Uhren hergestellt werden, womit das Thema erst mal wieder erledigt war. Eigentlich hatte ich mich eh vornehmlich auf "Swiss Made" festgelegt. Etwa ein halbes Jahr später kam dann der Gedanke wieder hoch, als ich in einem anderen Forum die Poljot International eines Uhrenfreundes sah. Ich schickte diesem eine PN und erhielt paar Tipps und Links. Nun begab ich mich wieder auf die Suche und entdeckte diese Uhr hier. Sie gefiel mir auf den ersten Blick, zumal ich mir sagte: Wenn schon eine russische Uhr, dann soll es auch eine sein, die sich optisch abhebt. Goldfarben, skelettiertes Werk, etwas Prunk und Bling-Bling, das russische Wappen auf dem Zifferblatt und nach Zar Peter der Große benannt ..... Perfekt, dachte ich mir, die passt! Ich las noch die Daten durch und drückte direkt auf den Bestell-Button. Die Uhr erreichte mich gut verpackt paar Tage später. Sie wurde in einer schönen Holzbox sowie mit einem Ersatzlederband von Rios, dessen Farbe ich bei der Bestellung wählen konnte, geliefert. Die Poljot Int. machte einen ordentlichen Eindruck. Sie ist gut verarbeitet und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Das Gehäuse aus vergoldetem Edelstahl ist teils matt, teils poliert. Oben verfügt die Uhr über ein gewölbtes Saphirglas. Der Sichtboden unten ist ebenfalls mit Saphirglas ausgestattet. Das Werk ist schön skelettiert sowie verziert und sieht ansehnlich aus. Die Zeiger sind schön geformt und gebläut. Seit so vielen Jahren hatte ich keine reine Handaufzugsuhr mehr. Mit dieser besaß ich nun wieder eine, worüber ich mich total freute. Bisschen Bauchschmerzen bereitete mir jedoch anfänglich das Werk, das als Poljot Int. 9011 bezeichnet wurde. Welches Basiskaliber sich genau hinter diesem verbirgt, erfuhr ich erst etwas später, nämlich ein Hangzhou, also ein chinesisches Werk, das allerdings bei Poljot Int. überarbeitet und reguliert wurde. Da kamen schon erst mal Zweifel auf und ich überlegte, ob ich die Uhr überhaupt behalten soll. Da mir diese jedoch gut gefiel und ich mich eigentlich nicht trennen wollte, schaute ich mir das Werk genauer an und testete die Ganggenauigkeit sowie die Laufzeit / Gangreserve. Von den Ergebnissen war ich wirklich überrascht ... im positiven Sinne. Mithin beschloss ich, die Uhr zu behalten, trage sie nun schon seit gut 18 Monaten regelmäßig und bin froh, mich so entschieden zu haben. Die Gangwerte hatte ich im Vorfeld dieser Vorstellung zweimal im Januar über jeweils 24 Stunden festgehalten. Die Lagenstabilität ist nicht ganz perfekt, je nach Lage kann die Gangabweichung schon mal von - 3,9 s/d bis +5,3 s/d gehen. Dennoch halten sich diese Werte im - wenn man es mal so vergleichen und ausdrücken möchte - Chronometerbereich, sind also grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im mittleren Gang liegt die Uhr je nach dem, wie lange man sie trägt oder ablegt nicht über 2 Sekunden pro Tag Abweichung. Nach Vollaufzug läuft das Werk knapp 38 Stunden, was man ebenfalls nicht beanstanden kann. Hier mal meine Messungen mit der App WatchCheck: Eigentlich ist diese schöne Russin ja nur bedingt eine richtige Russin, oder zwar schon eine richtige Russin, aber eine, die nicht in Russland "geboren" wurde. Die traditionelle Erste Moskauer Uhrenfabrik, später Poljot, gibt es ja schon seit dem Jahre 2004 nicht mehr. Poljot International, über die wir hier sprechen, ist eine Marke der Alexander Shorokhoff Uhrenmanufaktur GmbH aus Alzenau, also faktisch einer deutschen Firma, die ihre Uhren auch in Alzenau hergestellt. Allerdings ist Herr Shorokhov ein in Moskau geborener Russe, der noch für Poljot arbeitete und durch seine Person und zusammen mit seinen russischen Mitarbeitern den Uhren von Poljot Int. die russische Seele gibt. Vielleicht könnte man die Uhr ja als eine Deutsch-Russin bezeichnen. Gewidmet ist sie übrigens einem der größten Herrscher Russlands, Pjotr Alexejewitsch Romanow, besser bekannt als Zar Peter der Große (1672-1725). Übrigens wurde die Uhr auf 400 Stück limitiert und ist, soweit ich weiß, schon seit längerem nicht mehr erhältlich. Hier nun noch einige Daten in der Zusammenfassung: Hersteller: Alexander Shorokhoff Uhrenmanufaktur GmbH (Alzenau, Deutschland) Durchmesser: 43 mm Höhe: 12 mm Stegbreite: 20 mm Kaliber: Handaufzug, Poljot Int. 9011(18 Steine, 38 h Reserve, A/h 18.000) Wasserdichte: 5 ATM Material Gehäuse: Edelstahl - 10 μm vergoldet Material Glas (oben und unten): Saphir Komplikationen / Besonderheiten: Skelett, russisches Staatswappen zwischen 1 und 3, kleine Sekunde auf 9, limitiert auf 400 Stück Und zum Schluss nun noch paar Fotos von meiner Uhr. Ich hoffe, auch diese Vorstellung hat Euch etwas gefallen und ihr empfandet sie als interessant und ansprechend. Beste Grüße Tom :hut: