Guten Morgen Freunde schöner Uhren.
Tja, wie und wo fange ich an ?
Nach einigen E-Mails und Telefonaten erhielt ich eine Einladung (nahm, nach Rücksprache & Zustimmung, ein User aus der WL mit) zur Besichtigung der Richemont-Gruppe in München. Dieser Einladung nun folgend, ein kleiner Bericht über den Besuch beim Richemont-Service-Center in München.
Trotz unserer leichten Verspätung wurden wir herzlich in Empfang genommen. Auf meine Frage hin ob ich Fotos machen dürfte, kam ein deutliches Ja-nein. Bestimmte Bereiche, wie zum Beispiel der Posteingang / Postausgang durften aus Sicherheitsgründen und Datenschutz nicht abgedichtet werden. Für mich vollkommen verständlich.
Ohne weiter in Details zu gehen, wird das Paket von einer Mitarbeiterin in Empfang genommen, die Uhr ausgepackt und der beiliegende Mängelbericht* (dazu gehe ich etwas später noch drauf ein) registriert. Komplett, die Uhr mit Band und ggf. Zubehör.
Eine Abteilung weiter wird entheiratet. Gehäuse und Werk werden getrennt. Das ausgeschalte Werk kommt in ein spezielles Schutz-Behältnis, und erhält die gleiche Reg.-Nummer.
Hier trennen sich erstmal die Wege, denn das Gehäuse, Edelstahlbänder auch, werden in ihre Bestandteile zerlegt und gelangen, getrennt und doch zusammen, in die Reinigungsstrasse.
Selbstredend das alle Dichtungen vor dem Reinigungsbad entfernt wurden.
Die Reinigingsstrasse.
Das Werk hingegen ist beim Uhrmacher angelangt. Bevor dieser loslegt, wird der Mängelbericht* gelesen.
*desto genauer dieser Bericht ist, um so einfacher die Suche nach dem evtl. Fehler.
Stellt Euch vor ihr bekommt ein Uhrwerk auf den Tisch und im Bericht steht nur: Revi, Werk läuft nicht richtig. Was heißt nicht richtig ? Zu schnell ?, verliert Zeit ?, bleibt stehen ?, zu wenig Gangreserve ?, oder was ?
Hier beginnt dann die Suche für den Uhrmacher.
Deswegen ist man gerade dabei einen detaillierten “Revi-Fragebogen” zu erarbeiten, und dieser sollte der Konzi mit dem Kunden, per Ankreuzverfahren, erstellen werden.
Darin auch enthalten was genau gemacht werden soll, wie etwa z.B. Aufarbeitung des Gehäuses (und vieles mehr) oder nicht. Auch wird dem Wunsch des Kunden gefolgt, wenn dieser es möchte das die Uhr ins HQ soll. Der Hersteller spielt dabei keine Rolle.
Zurück zur Werks-Revi.
Nehmen wir meinen Chronographen. Dieser verlor nach 6 Jahren Dauereinsatz am Arm gute 10 Sek./Tag.
Zeit für eine normale Revi, unter genauer Angabe des Zeitverlustes.
Das Werk wurde einer Diagnose unterzogen und dabei Schritt für Schritt zerlegt.
Die Verschleißteile wurde gegen neue Teile ausgetauscht, wobei es auch mittlerweile komplette Revi-Kits für gewisse Werke gibt.
Das zerlegte Werk wurde gereinigt, dann wieder zusammengesetzt, geölt und neu einreguliert.
Das Gehäuse wurde nur gereinigt, denn meine Uhren dürfen Gebrauchsspuren haben, und landet dann wieder zur Hochzeit beim besagten Uhrmacher.
Bevor die Uhr in die Endkontrolle und anschließend Versand geht, wird sie noch einmal auf Herz und Nieren geprüft. Die 48 stündige Prüfung beinhaltet u.a., die Wasserdichtigkeit, die Zeigerstellung, der Aufzug, die Gangreserve u.s.w.
Hier hatte ich den Vorteil meine Uhr selbst unter die Lupe nehmen. Glas, Zeiger und Zifferblatt sind perfekt. Krone und Drücker funktionieren einwandfrei. Die Chono-Null-Stellung, alle verantwortlichen Zeiger springen auf den Punkt genau zurück.
Freudig überrascht war ich als ich erfuhr, dass die Revi meines Chronos auf Kulanz durchgeführt wurde.
Ein kleiner Sprung in die Ersatzteilversorgung.
Gehäuseteile.
Alle gängigen oder benötigten Teile sind in München in ausreichender Zahl vorhanden, und da wird auch peinlichst drauf geachtet das es so bleibt. Das garantiert ein gut durchdachtes Versorgungssystem, das weltweit bei der Richemont identisch ist.
Werketeile.
Das zweite Interessante war die Richtung Uhrmacher.
Wer macht was ?
Bevor ich darauf eingehen muss gesagt sein, dass das WIR-Gefühl in der Richemont groß geschrieben wird.
So sind die Abteilungen zwar getrennt, aber durch Glasscheiben besteht eine gewisse Verbundenheit. Jeder kann Jeden sehen.
Nehmen wir einen jungen Uhrmacher, der frisch bei der Richemont anfängt.
Um sein Gelerntes zu vertiefen, und Sicherheit in seine Arbeit zu bekommen, wird dieser Uhrmacher zuerst dort eingesetzt wo die Werke nicht so kompliziert sind.
Nach 2 bis 3 Jahren Erfahrungen sammeln, wobei er Inhouse und im HQ geschult wurde, besteht die Möglichkeit sich Intern weiter zu entwickeln.
So gibt es Uhrmacher, die z. B. von Panerai geschult wurden sind, und so auch in der Abteilung Panerai eingesetzt werden. Gleiches gilt für die anderen Abteilungen.
Weiteres Wissenswertes war die Frage, inwieweit arbeiten denn die Haupthäuser noch selbstständig ?
Hier ist es so, das, wenn eine neue Modellreihe auf den Markt gebracht werden soll, die Richemont-Führung ein Mitspracherecht hat.
Das gesamte Konzept wird vorgestellt und dann muss dieses abgesegnet werden/sein, bevor es in die Produktion geht.
Ich weiß, viel Text, aber so viele Informationen kann man nicht in 3 Worte fassen.
Eines sollte nicht unerwähnt bleiben.
Vom Eingang der Uhr, über die Reinigung und die Revi am Werk, bis hin zum Versand liegt die Handarbeit bei ca. 98%.
Zuletzt möchte ich dem gesamten Team der Richemont-Gruppe München meinen Dank aussprechen. Und auch meinen Dank an Dennis für die An - u. Abreise - Orga.
Danke für Eure Zeit liebe User, und wenn Fragen sind, dann fragt.
Dennis und meine Wenigkeit sind nun reichlich mit Infos versorgt wurden, die bei einem entspannten Mittagessen, u.a. mit Herrn Bestian, vertieft wurden.