Navitimer Rattrapante

  • Der Weg zu dieser Breitling Navitimer Rattrapante war sehr, sehr lang. So lang, dass es eigentlich nie hätte passieren dürfen.


    Vor ungefähr 10 Jahren sah ich eine Navitimer bei meinem damaligen Chef. Ein netter Kerl, mit dem ich auch heute noch Kontakt habe.


    Ich so als Uhrenbanause: »Hey Robert, schicke Uhr hast du da ...«


    Er: »Ist eine Breitling, habe ich mir gegönnt.« Oder so ähnlich, ich habe damals nicht mitgeschrieben.


    Die Rädchen in meinem Kopf fingen an sich zu drehen und versuchten auf die Frage eine Antwort zu finden, warum er die Anschaffung von so einer Zwiebel als etwas Besonderes darstellte.


    An dieser Stelle muss ich zugeben, dass ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, dass Menschen Summen jenseits 1.000 Euro für eine Uhr auszugeben bereit waren.


    Er sagte mir dann, was seine Uhr gekostet hatte. Den Preis habe ich vergessen, weil ich ihn nur ungläubig angesehen habe ... und fest der Überzeugung war, dass er mich gerade auf den Arm nahm.


    Die Jahre vergingen. Zwar ohne mich zu einen Jünger Schweizer Chronometer werden zu lassen, aber immerhin mit dem Wissen das Breitling schicke und scheißteure Uhren produzierte.


    Vor sechs Jahren dann der Eklat. Mein Schwiegervater, übrigens ein sehr feiner Mensch, der leider nicht mehr lebt, schenkte meinem damals 18 Jährigen Sohn eine alte Breitling Navitimer 806, die bei ihm schon seit Jahren in der Schublade lag.


    Mein Sohn so: »Danke, Opa!« Der Kleine war total happy. Nicht weil er wusste, was er da geschenkt bekam ... sondern weil er sich über das Geschenk freute. Die Uhr hat er übrigens immer noch und wird sie vermutlich auch die nächsten 80 Jahre nicht abgeben.


    Ich so: »Ähm ... habe ich gerade etwas verpasst?«


    Auch dieser Meilenstein brachte mich nicht näher an die Marke heran, ich hoffte nur dass mein Sohn nicht mit der Uhr schwimmen gehen würde.


    Immerhin waren Breitling Uhren, neben ihrem hirnrissigen Preis, nett anzusehen. Und damit jeder Rolex überlegen, die nicht nur noch teurer sind, sondern bis auf wenige Ausnahmen völlig behämmert aussehen.


    Letztes Jahr passierte dann etwas völlig Unerwartetes. Zu diesem Zeitpunkt besaß ich eine 20 Jahre alte Seiko Sports 100, die ich seit 18 Jahren nicht mehr trage und eine 50 Jahre alte Omega Speedmaster, die ich von meinem Vater geerbt und noch nie am Handgelenk hatte. Es gibt schöne Speedmaster. Meine gehört nicht dazu. Das grüne Ding wäre auch abgrundtief hässlich, wenn es nicht überall zerkratzt und den Anschein erweckte, einem japanischen Offizier beim Angriff auf Pearl Habor beim Messen der Laufzeiten für die Torpedos treue Dienste geleistet zu haben.


    Aber wieder zu dem unerwarteten Erlebnis. Ich stand in Roermond im Outlet Center vor einem Fossil-Shop und erklärte meiner völlig verdutzten Frau, dass ich mir eine Uhr kaufen werde.


    Sie so: »Du trägst doch gar keine Uhren.«


    Ich darauf: »Ich will mir eine kaufen ... ich muss sie ja nicht tragen.« Ich brauchte an diesem Tag eine Kompensation, da ich zu diesem Zeitpunkt ungefähr 20 Kleidungsstücke bezahlt hatte. Und auch die Tüten tragen durfte ... aber nichts davon für mich war.


    Mein Tipp: Fahrt nicht mit eurer Frau nach Roermond. Es ist voll. Die Tüten werden schwer mit der Zeit. Und ihr müsst zahlen.


    An diesem Tag habe ich mir sogar zwei Fossil-Uhren gekauft. Ein guter Kauf. Die Dinger stehen ungetragen in der offenen Schachtel auf dem Nachttisch neben meinem Bett.


    Noch ein Tipp: Das beste, was man mit einer Fossil machen kann.


    Im Herbst dann nahm das Unheil seinen Lauf.


    Ich wollte eine Uhr, die man auch tragen kann. Breitling! Ja, ich erinnerte mich. Die waren schick. Nicht so tuntig wie eine Rolex, die ich ohnehin nicht bezahlen wollte und keine Presseware wie eine Fossil, bei der an Angst haben musste auf der Straße Kleingeld in die Tasche gesteckt zu bekommen.


    Ich erwischte mich auch bei dem Gedanken, meinem Sohn seine 806 abzuquatschen. Nein, das habe ich nicht getan. Man sollte immer auf sein Karma achten.


    Ich so: »Ach die kriege ich günstig im Netz!«


    Ich so eine Stunde später. »Nicht wirklich ... « Aber es gab Alternativen. Ich fand einen Shop mit Fake Breitlingen.


    Mein Tipp: Auch ein falscher Breitling sieht besser aus als ein echtes Fossil. Und das Fake-Uhrwerk ist auch besser.


    Ha, ha! Ich habe mit für 120,- einen Fake-Breitling aus Hong Kong bestellt. Und auch geliefert bekommen. Tolle Sache.


    Ich zieh das Ding an und freu mich. Die Vernunft hat gesiegt. Ich so eine Stunde später: »Das Ding ist eine Fälschung.«


    Die Stimme der Vernunft in mir: »Du Spinner! Als ob dass jemand sehen würde!«


    Ich so: »Ich weiß es!«


    Die Stimme der Vernunft. »Grummfff.«


    Dann vor einigen Wochen. Ich war mir inzwischen sicher, dass Breitling in Grenchen, die Hong-Kong-Breitlinge mit Pheromonen bestreichen lässt.


    Man kann die Dinger zwar nicht ohne sich zu verbiegen tragen, aber ich konnte mich auch nicht dazu durchringen, den Fake-Breitling neben meiner hässlichen Speedmaster in der Schublade verschwinden zu lassen.


    Ich so: »Ich will eine echte Breitling!«


    Die Stimme der Vernunft. »Du bist bescheuert!«


    Ich so. »Wenn ich pleite wäre ... aber ich habe die Kohle, also bin ich höchstens exzentrisch.«


    Die Stimme der Vernunft. »Na gut ... wir gehen mal gucken.«


    Trara ... ich auf die Webseite. Navitimer gucken. Ein anderer Breitling stand nie zur Diskussion.


    Ich so: »Die ist aber schick!«


    Die Stimme der Vernunft. »Echt jetzt ... auch noch eine Vergoldete?«


    Ich so: »Die ist nicht vergoldet.«


    Die Stimme der Vernunft. »Ähm ... dass ist nicht dein Ernst! Da kaufen sich andere einen Mittelklassewagen von!«


    Ich so: »YOLO!«


    Was soll ich sagen. Da ist sie. Die Schönheit. Nummer 7 von 250. Zwar hat mir meine Stimme der Vernunft die Freundschaft gekündigt und die meisten auf der Straße werden den Breitling für einen Fake halten. Aber ich weiß, dass sie es nicht ist.

  • Viel Spaß mit dem Prachtstück, sehr gut gewählt! :blume:


    Und herzlichen Dank für die schöne Geschichte - man erahnt durchaus Deine berufliche Tätigkeit... :G


    Gruß Heiner :wink:


    Übrigens: Die Verwendung eines Microfasertuchs verhindert die kriminaltechnische Rückverfolgbarbeit zum Besitzer... :lol:

  • Glückwunsch :lol:


    Du hast mir den Morgen gerettet. Klasse Geschichte mir manchen Derails, in denen ich mich selbst erkenne.


    Viel Spass mit Deiner Breitling und die Fossil gib als Daily Rocker an Deinen Sohn weiter.

  • Navitimer geht immer :gut: , aber wenn du etwas nicht tuntiges wolltest war die Goldvariante ein Fehlkauf. ;)

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • Glückwunsch zum schönen Navitimer, ich finde ihn in Gold gar nicht so schlecht!
    Ist nicht wirklich eine Alttagsuhr, aber das wolltest du ja auch nicht.


    Wie ist das den eig. Gewicht mässig?
    Das Verhältniss Gold NT zum Stahlmodell, oder ist da kein großer Unterschied?

  • Die Geschichte war sehr erheiternd,und schön zu lesen,das hätte Seitentlang so weiter gehen dürfen,und den Hauptakteur,deinen Navitimer finde ich gerade in der Goldvariante sehr interessant.
    Vielleicht weil man ihn eigentlich sonst nur in Stahl zu Gesicht bekommt...jedenfalls wünsche ich dir viel Spass mit dem Goldstück.
    Glückwunsch :blume: und sehr gerne noch viele weitere U(h)rige Geschichten. :gut:


    LG Volkmar