Mitte Februar hatte ich die Möglichkeit, Blancpain im Vallée de Joux erstmalig zu besuchen. Dieser Bericht soll einige Eindrücke wiedergeben, natürlich bebildert. Aufgrund der hohen Anzahl von Fotos (knapp 100) werden jene als Collage dargestellt, ferner wird der Bericht zwei Teile umfassen.
Der Besuch begann in Paudex (Lausanne) mit anregenden und entspannten Gesprächen über aktuelle und vergangene Referenzen, hierbei wurde sofort die familiäre Atmosphäre gepaart mit höchster Leidenschaft sichtbar, was sich an allen Standorten fortsetzte. Man konnte spüren, dass es sich um mehr als nur ein Business handelt, ohne jegliche Romantisierung erscheint wirklich die Freude an der Entwicklung und Herstellung schöner Zeitmesser die treibende Motivation für alle Mitarbeiter zu sein.
Von dem frühlingshaften Lausanne ging es dann entlang des Genfer Sees innerhalb einer Stunde zurück in den Winter im Jura.
Am folgenden Tag ergab sich die Möglichkeit, eine geführte Tour durch das Blancpain Werk in Le Sentier zu erhalten. Diese Betriebsstätte ist normalerweise nicht für Besuche geöffnet, von daher habe ich dem Wunsch, keine Fotos abseits der Vitrinen mit Schaustücken zu machen, gerne entsprochen. Somit kommt im Folgenden etwas mehr Text
Le Sentier war der Standort von Frederic Piguet, bevor der Werkehersteller in Blancpain integriert wurde. Heute ist Le Sentier die größte Produktionsstätte für Blancpain mit 700 Mitarbeitern. Neben der Herstellung aller Uhrwerke für Blancpain (und teilweise anderer Marken) wird hier die Endmontage sämtlicher Referenzen bis zur Komplexität eines ewigen Kalenders durchgeführt. Die Endmontage konnte ich nicht besichtigen, wohl aber die Herstellung der Uhrwerke:
Aus riesigen Bändern von Messing, Gold und auch Platin werden die Rohlinge für Hauptplatinen und Werksteile gestanzt, Löcher für die Aufnahme in den Maschinen werden gebohrt, und der Prozess der Herstellung eines hochfeinen Uhrwerks hat begonnen.
Jede Platine wird einzeln per Hand in Maschinen, die erste Veredelungen des Rohlings vornehmen, platziert und zuvor mit einer feinen Bürste gereinigt. Nachdem ein paar Exemplare bearbeitet wurden, wird an einer Kontrollstation die Einhaltung der exakten Spezifikationen geprüft und falls notwendig, die Einstellung der Maschine manuell korrigiert.
Zwischen den einzelnen Veredelungsschritten werden die Platinen und Teile mehrfach gewaschen, um z.B. Ölrückstände von vorigen Operationen zu entfernen. In der weiteren Folge werden die genutzten Maschinen selbstverständlich komplizierter und präziser. CNC Maschinen werden für die finalen Bohrungen und die Herstellung feinster Teile genutzt, nachfolgend erfolgt die Feinbearbeitung und Dekoration per Hand. Die komplexesten Teile benötigen bis zu 50 verschieden Bearbeitungsschritte vom Rohling bis zum einbaufertigen Zustand, die kleinsten Werksteile haben eine Größe von 0,05mm!
Es ist erwähnenswert, dass in Le Sentier sämtliche Werkzeuge zur Produktion von Uhrwerksteilen selbst hergestellt werden. Ich konnte die Produktion von winzig kleinen Werkzeugen für noch winzigerer Teile beobachten, die Präzision während dieser Herstellung ist absolut beeindruckend. Auch hier ist sehr viel Handarbeit im Spiel, die manuelle Herstellung eines feinsten Werkzeugs unter dem Mikroskop benötigt mindestens genauso viel Hingabe und Talent wie die finale Dekoration eines Uhrwerks höchsten Standards. Es ist somit nicht überraschend, dass sämtliche Werkzeuge, die jemals für die Herstellung von Teilen genutzt wurden, sicher aufbewahrt werden.
Hinsichtlich der finalen Dekoration gilt: jedes Teil, das mir Schliffen, Polierungen und Anglagen verziert werden kann, wird auch verziert – selbst jene Teile, die für den späteren Besitzer der Uhr nicht sichtbar sind. Dieser Standard gilt für jedes Uhrwerk, sei es ein 1151 der Bathyscaphe 38mm oder ein 2322 in der Le Brassus Torubillon Carrousel.
Weiter geht es jetzt mit einem Blick ins alte Bauernhaus in Le Brassus, wo alle komplizierten Zeitmesser jenseits eines ewigen Kalenders und sämtliche Uhren, die den Einsatz spezieller Handwerkskünste benötigen, gefertigt werden.
Le Brassus ist die bekannteste Produktionsstätte von Blancpain, ein Atelier für große Komplikationen und Einzelstücke sowie eine Art Ausstellungsraum für die Manufaktur.
Hier herrscht eine sehr ruhige Atmosphäre, direkt neben einer kleinen Skipiste gelegen, ein Ort, an dem das Dorf in die Natur des Jura übergeht. Das Bauernhaus wurde vor einigen Jahren komplett renoviert und repräsentiert heute die Ästhetik der Marke bis ins kleinste Detail.
Es folgen ein paar Impressionen aus den Ateliers. Schaut Euch die Werkzeuge, die zur Finissierung und Dekoration der Uhrwerksteile genutzt werden. Nach dem Besuch kann ich nun aus persönlicher Erfahrung sprechen, wie schwierig selbst eine einfache Perlage auf einem Messingschaustück umzusetzen ist
Zwei der Komplikationen, für die Blancpain berühmt ist, sind das Tourbillon und das Carrousel Volant Un Minute:
Dies sind faszinierende Komponenten, deren aktueller Nutzen in einer Armbanduhr zwar begrenzt sein mag, die aber die Fähigkeit, Ästhetik mit feinster Mikromechanik in der hohen Uhrmacherkunst zu verbinden, eindrücklich zur Schau stellen.
Vor diesem Hintergrund betrachte man auch eine weitere bedeutende Komplikation, die Minutenrepetition:
Wer könnte dem kristallklaren Klang der Repetition widerstehen, welcher eine akustische Dimension zu der optischen und haptischen Wertschätzung einer feinen Uhr hinzufügt. Insbesondere dann, wenn man sieht, wie fein der Mechanismus gebaut ist, wieviel Arbeit in die Herstellung der Einzelteile und die Feinabstimmung aller Komponenten investiert wurde. Leider konnte ich keine Audioaufnahme des Klangs machen, somit müssen wir uns hier auf die optischen Aspekte konzentrieren.
Hier ein ins Feinste dekoriertes Werk der Minutenrepetition aus der Le Brassus Modellfamilie:
Dies führt uns zu den Handwerkskünsten, für die Blancpain berühmt ist. Das Métiers d’Art Atelier realisiert selbst die ausgefallensten Ideen, von der Vorstellungskraft des Kunden geht es über erste Zeichnungen bis hin zur kunstfertigen Umsetzung in der Uhr. Für Zifferblatt, Gehäuseboden, Rotor oder Brücken, ob es sich um Cloisonné oder Champlevé Email, Shakudo oder Damasquinée Gravuren handelt, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Teil 2 des Berichts folgt sogleich...