Eine Geschichte von Treue, Verrat und zwei Seamaster Uhren

  • Hallo Uhrenfreunde,


    ich weiß eigentlich gar nicht wie ich diesen Thread nennen soll. Eigentlich ist es ein kleiner Vorstellungsfaden der aber wiederrum nicht nur in die Omega Kategorie gehört, andererseits ist es eine Geschichte die sich sprichwörtlich im Zeitraffer über wenige Monate abgespielt hat. Aber da 2008 alles mit einer Seamaster begann und zwischenzeitlich auch dort pausiert, beginne ich einfach mal hier.


    Alles nahm seinen Lauf als ich vor knapp zehn Jahren dieses Thema hier veröffentlichte: Seamaster meets Oldies
    Ich war monatelang geflasht von meiner Schwertmaster, trug sie mir Bedacht, achtete penibelst darauf keine Macken zu verursachen und doch nahm unser Zusammensein den gleichen Lauf wie bei den meisten daily rockern, die erste Schramme kam, die erste Kerbe zierte das Gehäuse, die Microswirls verzierten die Schließe mit einem eigenen Muster und nach wenigen Jahren war meine Seamaster einfach nur noch "meine Uhr" die ich jeden Morgen anlegte wie andere ihr liebstes Paar Schuhe. Alles war gut. Mein Interesse an Uhren schwand wieder und die Jahre vergingen weiter. Bis zu diesem einen Tag als mir Folgendes widerfuhr: Krone Seamaster abgefallen.
    Unser bis dahin so unauffälliges Zusammensein bekam also einen gehörigen Knacks in Form einer längeren Trennung.


    Und um diese Zeit zu überbrücken beschäftigte ich mich - mehr aus Neugier als aus Interesse - wieder mehr mit dem Thema Uhren. Vieles hatte sich getan. Auch bei Omega. Die Preise für die SMP300 hatten neue Höhen erklommen die mich staunen ließen.
    Nur gut dass die Revision und Reparatur nicht noch länger dauerte denn als ich meine Seamaster wieder beim Konzi abholen konnte hatte ich eine quasi neue Uhr am Arm. Ein tiefer Blick in ihre Augen und uns war klar, wir würden uns nie trennen. Thema abgehakt... dachte ich.


    Bis ich eines Abends im Februar diesen Jahres rein zufällig eine IWC Pilot Spitfire am Handgelenk eines anderen Gastes im Wirtshaus erkannte und ich nicht widerstehen konnte ihn darauf anzusprechen. Aus diesem ersten Gespräch sind bis heute unzählige weitere geworden, eine Freundschaft und viele spontane Ideen entstanden.


    Die erste gipfelte darin dass ich mir einbildete neben meiner treuen Seamaster eine weitere Uhr haben zu müssen. Nun restlos infiziert schwankten meine Ideen zwischen unzähligen Uhren. Ich konnte chrono24 blind im Schlaf bedienen, legte mich am Abend fest und verwarf den Gedanken am Morgen schon wieder. So vergingen viele Wochen ohne konkret zu handeln. Da der Freund unter anderem oft seine schwarze Explorer II trug und ich wirklich angetan war von dieser Rolex überkam mich dann einfach der Wunsch nach eben dieser Uhr, die 216570 aber mit white dial... long story short: der Spezl ist gut in der süddeutschen Uhrenbranche vernetzt, kann somit hier und da attraktive Preise ermöglichen. Das nutze ich und erstand eine Rolex EX II:



    Da lag sie nun. Einträchtig neben meiner Seamaster. Wow, eigentlich genau das was ich wollte (versuchte ich mir einzureden), helles Blatt als Kontrast zur Omega, mal was zu wechseln, eine "Sommeruhr", was dezentes und nicht gleich von jedem als Rolex identifizierbar.
    Letzteres kann ich nicht beurteilen denn ich trug die EX II meist sehr wenig, gern auch unter der Hemdsmanschette so sie denn darunter passte. Die 216570 ist schon eine tolle Uhr. Robust, tolle Haptik, guter Tragekomfort usw.. Aber wir wurden nicht warm miteinander. Ich kann nicht mal sagen woran genau es lag. Wenn ich dann wieder meine Seamaster trug war das irgendwie wie "heim kommen". Die EX II habe ich eher behandelt wie eine Fremde: freundlich aber reserviert. Der einzige wrist shot entstand dann auch auf der Durchreise in Dresden vor der Frauenkirche weil mir direkt daneben ein großer Juwelier das Armband kürzte. Schlussendlich verschwand die Uhr in der Box und diese weit hinten im Schrank.


    Es wurde Sommer, meine Seamaster begleitete mich und ich nutzte die freien Wochen ohne an Uhren zu denken. Bis ich in einem Museum völlig unbedarft vor diesem alten Flieger stand:
    Eine Spitfire Mk XVIII der Royal Airforce...


    Und plötzlich ging mir ein Licht auf. Na klar, warum nicht eine IWC als eher dressigere Wechseluhr mit hellem Blatt. Wer eine davon hatte und diese auch weitergeben wollte wusste ich ja. Nach dem Urlaub also erstand ich so also eine IWC 371702 im full set aus "bekannter Hand" zum fairen Kurs.


    Auch hier die ersten Bilder zusammen mit der Benchmark - Uhr:




    Damit fühlte ich mich wohl. Das Lederband trägt sich angenehm, die Dornschließe habe ich durch eine orig. Faltschließe ersetzen lassen und es ist eine für mich wirklich elegante Uhr mit leichten Fliegergenen. Streng genommen also doch noch mehr das Gegenteil meiner Seamaster... so wie ich es wollte.



    Die Rolex bekam nur noch selten Tageslicht zu sehen und da mir ein gutes Angebot gemacht wurde ließ ich sie ziehen.



    Ich bin seit dem oft auch auf Uhrenbörsen gewesen. Nicht nur zum Stöbern, sondern quasi als rechte Hand zusammen mit meinem Spezl als Verkäufer. Und so kam es vor wenigen Tagen dass wir wieder auf einer Börse ein paar Uhren feilboten. Es macht schon Spaß mit den Leuten zu reden, zu fachsimpeln und sich mal auszutoben indem man so ziemlich alles in die Hände bekommen kann was Rang und Namen hat, von Omega über IWC und Rolex bis hin zu JLC, AP und PP.


    Achja, auch meine Seamaster hatte ich meist mit ausgestellt, einfach weil eine rote Omega Box zwischen den grünen und dunklen Boxen ein Eyecatcher sein sollte um die Blicke auf unseren kleinen Stand zu ziehen.



    ... und ab hier nimmt die Geschichte eine unschöne Wendung... denn es kam wie es kommen musste. Es gab viele Nachfragen nach meiner 2254.50 so schön wie sie dort ausgestellt war. Meist lief das so dass ich dann meine Preisvorstellung nannte, die Käufer scheinbar mit meinem Mut beeindruckte und sie wendeten sich anderen Uhren zu. Also keine Gefahr für mein Eisen. Bis dann aber jemand stehen blieb... und nochmals nachfragte... und sich meine Uhr von mir vorführen ließ. Und dann kam der Moment in dem ich offenbar einen mittellangen Aussetzer hatte: der Käufer sagte, ohne meinen Preis zu sehr zu drücken: "Ok, nehm´ ich" und ich schlug ein. Keine Ahnung was mich ritt... vielleicht doch der Wunsch nach einer anderen Uhr? Vielleicht die Chance noch hier auf der Börse etwas schickes als Ersatz zu finden? Vintage Rolex? CoAx Omega? Im Nachhinein kann ich es nicht erklären. Die Uhr ging und mir tat dieser deal so Leid. Ich Depp, ich Verräter, ich... brauch ne neue Uhr. Das klappt unter Druck auch ganz hervorragend wenn man weiß dass die Börse in 30 Minuten schließen wird und die Händler eh schon mit Einpacken beschäftigt sind. Spätestens als mir dann eine JLC Memovox mit einer Omega Krone feilgeboten wurde musste ich zugeben dass das hier nicht mehr zu einem sinnvollen Ende zu bringen ist. Daheim grinste mich die IWC verächtlich an und mein Abend war gelaufen. Das war an einem Sonntag.


    Genau 24h später konnte ich nicht mehr anders und habe den Fehler korrigiert. Es musste wieder eine Seamaster her, vielleicht einen tick moderner, aber doch eine Anlehnung an meine Peter Blake. Eine Alltagsuhr. Und ich wurde noch fündig.





    Meine "neue" alte 2201.50 Planet Ocean. Man sieht ihr das Alter schon an, hatte man meiner unpolierten Schwerty aber auch. Ich bin wieder happy, auch wenn ich dann und wann noch wehmütig an die SMP300 denken muss.



    So long: Augen auf beim Uhrenkauf. Hin und Her macht Taschen leer.



    Danke fürs Lesen, Glashütter.

  • Danke fürs mitnehmen. Ich finde es eine tolle Geschichte bei der es ja nach momentanigem stand ja doch noch zum happy end kam.
    Was lernen wir daraus? Wenn Dich das Uhrenfieber einmal gepackt hat kann man(n) meistens nicht mehr geheilt werden. :bgdev:
    Wünsche Dir viel Freude und lange Wristtime für die beiden Schönheiten.

  • Ich lerne daraus..... sei zufrieden mit dem was man hat, besonders wenn man glücklich ist, und führe uns nicht in Versuchung....
    Du wirst DEINE Schwerty immer vermissen :( traurige Geschichte.

    • Offizieller Beitrag

    Danke für den Bericht. :blume:


    Beim Lesen kamen Erinnerungen hoch.
    Deine Geschichte ist eine, die, so meine ich, viele Uhrenverrückte shon einmal durchgemacht haben. So ist das Uhrenleben, und ich finde es gut so.


    Viel Spass mit der IWC und der alten, neuen Omega.

  • Vielen Dank für die lesenswerte Geschichte, die die meisten von uns wohl gut nachvollziehen können.
    Schade um die Schwerty. Die PO lindert den Trennungsschmerz aber ganz sicher.


    Eine Frage noch: was würdest Du denn tun, wenn man Dir bei irgendeiner Gelegenheit eine sehr gepflegte Schwerty zu einem fairen Kurs anbietet?
    :G


    Gruß, Fabian.

  • Zum Glück ist mir ein Uhrenverkauf meist zu lästig, dadurch sind meine Lieblinge vorm Verkauf geschützt, lach...wer weiß, so eine Situation kann ich nachvollziehen, stand auch ich schon mal vor der Überlegung ob verkaufen oder nicht.


    Schöne Geschichte die ja leider etwas tragisch endet :( , zum Glück ist die Schwerty ja nicht so selten als das man nicht bei Zeiten an ein Exemplar ran käme. ;)


    Aber auch so ein schönes ergänzendes Pärchen die PO und die IWC. :gut:

    Gruß aus dem Bergischen.


    Ingo


    Die, die sich auskennen, sehen den Wert. Die, die sich nicht auskennen - wen interessieren die?


  • Eine Frage noch: was würdest Du denn tun, wenn man Dir bei irgendeiner Gelegenheit eine sehr gepflegte Schwerty zu einem fairen Kurs anbietet?
    :G

    Servus Fabian,


    ist schwer zu sagen. Zum einen weil es ja dann nicht mehr "meine" wäre, zweitens weil:


    ...zum Glück ist die Schwerty ja nicht so selten als das man nicht bei Zeiten an ein Exemplar ran käme.

    und last but not least gehe ich aktuell schon wieder mit einer weiteren Idee schwanger. Scheinbar ist mit dem Verkauf der Schwerty auch ein Stück weit meine Emotion zu der eigenen Uhr abhanden gekommen. Erst heute habe ich wieder erleben dürfen dass diese Uhren mit ein wenig Glück und Geschick leicht fungibel sind. Der Verkäufer meiner IWC präsentierte mir heute seine neueste Errungenschaft: das gleiche Modell wieder.


    Dennoch herzlichen Dank an alle für die Glückwünsche zur PO. Sie macht nach wie vor Spaß und ist ein toller und unauffälliger täglicher Begleiter.