Liebe IWC-Freunde,
die Uhrenbranche erlebt zur Zeit nach einem langen Boom mal wieder ein etwas anspruchsvolleres Marktumfeld - China, Brexit, Terror etc. verstärken die Rotationen in den Chefetagen und reduzieren die Rotationen in den Lagern und Auslagen. Im Zuge der Krise müssen manche Marken sogar Ware zurücknehmen, die unverkäuflich geworden ist. Edelmetalle werden dabei eingeschmolzen, die Werke wandern zurück ins Regal und warten auf neue Verwendung.
Nach allem, was man so hört, hat IWC diese Krise bisher nicht so stark getroffen und so ist der CEO auch nicht rausgeflogen, sondern befördert worden. Der Kern des Erfolges (welche ein Wortspiel ) liegt dabei in den "Drei P" (Portugieser, Pilot & Portofino) - diese drei Kollektionen ziehen relativ unerschütterlich ihre Bahnen und sorgen für gut drei Viertel des Gesamtumsatzes. Alle "Ps" haben dabei eine Gemeinsamkeit, wenn man in die Marken-Geschichte zurückschaut: Sie haben ihre Wurzeln in übergroßen Armbanduhren, die mit Taschenuhrwerken bestückt wurden. Bei den Portugiesern waren es die berühmten portugiesischen Kaufleute, die 1939 robuste Uhren mit dem Kal, 74 SC (später Kal. 98) orderten. Bei den Fliegern die mehr berüchtigt als berühmte deutsche Luftwaffe, die ab 1940 B-Uhren mit 55mm Durchmesser und dem Kal. 52 SC in Auftrag gab. Beides waren eher Kleinstserien, bei der Fliegeruhr wurden 1200 Exemplare geliefert, von der ersten Generation der Portugieser Ref. 325 gab es knapp 600 Exemplare (+ ca. 50 "Missing Links"). Keine dieser Ursprungsserien war aber so klein, wie bei der Portofino: Die Ur-Portofino Ref. 5251 wurde nur 325 Mal verkauft, obwohl sie 18 Jahre lang in der Kollektion war.
Das Design der Ref. 5251 war sehr eigenwillig - ein für die damalige Zeit enormer Durchmesser (46mm), eine extrem flache Höhe (6mm) und die sehr dünne Lünette lassen diese Uhr riesig erscheinen. Und doch ist sie durch die kurzen Hörner sehr gut tragbar - über alles beträgt die Länge nur 51mm, nur 1mm mehr als bei einer Mark XVIII :
(c) http://ninanet.net/watches/others05/Mediums/mIWC5251.html
Doch die Ursprungsgeschichte der Portofino beginnt nicht mit der Ref. 5251, sondern früher. Eine große Stärke der Kern'schen IWC ist ja das Story-Telling, mit dem jede Kollektion nochmal historisch aufgeladen wird. Und so findet sich auch für die Portofino die offizielle Legende auf der IWC-Webseite:
http://www.iwc.com/en/experien…r-classic-iwcs-portofino/
Und wie das bei Geschichten so ist, nicht immer ist es am Ende so ganz deckungsgleich mit den Fakten . So kam die Ref. 5251 nicht 1984 zur Welt, sondern wurde bereits 1981 in die Kollektion aufgenommen:
Allerdings wurde diese Referenz im Band "Sämtliche Taschenuhren" geführt, das kann einem schon mal durchrutschen :
Auf dem Foto ist dann auch der wahre Ursprung der Portofino zu entdecken: Eine Taschenuhr . Ende der 1970er Jahre hatte IWC in der Verzweiflung der Quarz-Krise alles auf das Segment der hochwertigen Taschenuhren gesetzt. Diese Geschichte hatte ich hier schon mal etwas ausführlicher dargestellt:
Schicksalsjahr 1974: Als das letzte Kapitel der IWC Taschenuhren begann...
Neben den ersten Kalenderuhren von Kurt Klaus (den Urahnen des noch heute verwendeten Ewigen Kalenders), wurde ein klassisches Dreizeiger-Modell der damaligen Zeit mit einer Mondphase aufgewertet: Aus der Ref. 5201 mit dem ultra-flachen Kaliber 952(0) wurde die Ref. 5250 mit dem Kal. 9521. Diese Uhr wurde erstmals 1979, direkt nach der Übernahme durch VDO vorgestellt:
Doch obwohl man damals schon den Marketingslogan vorwegnahm, der Jahre später Patek reich machen sollte ...
... blieb der wirtschaftliche Erfolg aus - die Ref. 5250 war ein Ladenhüter. Und so saßen Konstrukteur Kurt Klaus und Chef-Designer Hanno Burtscher (bekannt als Schöpfer der runden Da Vinci) der Legende nach eines Abends in der Kneipe zusammen, um zu überlegen, wie man das Modell retten konnte. Eine kurze Skizze auf dem Bierdeckel begründete die Idee: Aus der Taschenuhr einfach eine Armbanduhr machen, in dem man das Werk um 90 Grad dreht, so dass die kleine Sekunde auf die 9 wandert (wie man es später bei der Minutenrepetition Ref. 5240 erneut gemacht hat).
Diese Ref. 5240 war immer mein "Heiliger Gral" der Armbanduhren - zusammen mit der Ref. 5441 die schönste IWC der Geschichte . Die ausführliche Vorstellung findet sich hier:
Der gute Ton: IWC 5240-05 Portugieser Minutenrepetition
Leider musste diese Uhr im Zuge des Hauskaufs gehen , aber vielleicht kommt sie ja irgendwann wieder...
Bei den Taschenuhren hatte ich auch so einen heiligen Gral, eben jene Ur-Portofino-Taschenuhr Ref. 5250 in Gold. Zwar sind solche "Gral-Uhren" im Taschenuhr-Segment deutlich günstiger als das Armbanduhren-Gegenstück, dafür sind sie leider umso seltener. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, aber vermutlich wurden nicht viel mehr als 100 dieser Uhren gebaut - trotz der langen Bauzeit von 1979 bis 1995. Die Preise haben nicht geholfen, 1979 ging es mit 5070,- DM los, 1980/81 waren es 6.600,- DM und (auch durch die Turbulenzen am Gold- und Währungsmarkt) schnellte der Preis dann 1982 auf 11.200,- DM hoch - übrigens wurde für die Armbanduhrversion 5251 immer der gleiche Preis angesetzt. Für das Geld hätte man so einige Subs oder Daytonas kaufen können . Die Preissteigerung danach war angesichts des mauen Absatz dann eher minimal, 1995 kostete die 5250 am Ende 14.900 DM.
Nach dieser Uhr habe ich seit gut 5 Jahren aktiv gesucht. Und einmal war ich eigentlich schon fündig geworden, als Teil eines Deals zwischen zwei IWC-Taschenuhr-Sammlergrößen. Doch leider entpuppte sich die Portofino-Variante als eine Ref. 5252, also die Version mit Tula-Silber-Gehäuse. Das war nicht so meins, fand aber auch einen (hier nicht unbekannten) Abnehmer:
(c) Heiko
Doch nur knapp 2,5 Jahre später hatte ich endlich Erfolg: Eine Ref. 5250, in Gold, komplett mit Box und allen Papieren aus erster Hand .
Ein Traum-Paket - und dazu kommt noch eine Besonderheit, die das Sammlerherz höher schlagen lässt. Aber dazu später mehr im zweiten Teil ...
Gruß,
Christian