Die Diskussionen im Panerai SIHH 2017-Thread zur Bewertung der Neuheiten verdienen einen eigenen Thread, der sich mit der Entwicklung der Marke Panerai beschäftigt.
Die Reaktionen auf die Neuheiten waren ja durchaus sehr unterschiedlich – aus meiner Sicht verständlich, da es stets auf den individuellen Standpunkt des Betrachters ankommt.
In dem Sinne ist es vielleicht ganz hilfreich, einmal möglichst objektiv auf die Entwicklung der letzten 10 Jahre zurückzublicken (auch ich selbst tendiere ja gerne zu emotional, subjektiven Meinungen):
Die Kollektion war 2007 mit 62 Referenzen recht übersichtlich und damit natürlich auch eher für einen eingeschränkten Kundenkreis interessant. Modelle mit Manufakturkaliber gab es exakt 3 Stück (233, 200, 201). Eine PAM000 kostete 2700 Euro.
10 Jahre später
- dürfte die Kollektion rund 170-180 Referenzen umfassen (die Preiseliste Mai/2015 zeigt 150 Referenzen plus die Neuvorstellungen danach).
- Die Kollektion wurde um komplette Modell-Familien wie die Radiomir 1940 und die Luminor Due erweitert, bestehende Linien wurden ausgeweitet und teilweise überarbeitet mit flacheren Gehäusen bei ausgewählten Modellen (z.B. 312 -> 1312) und last but not least gibt es bei einigen Referenzen heute eine breitere Auswahl an Zifferblattfarben.
- Erstaunlich bei dieser enormen Ausweitung des Produktportfolios ist, dass trotzdem jede einzelne Uhr auch ohne Schriftzug auf dem Blatt als Panerai-Uhr erkennbar ist. Sowohl Gehäuse als auch Zifferblätter weisen dafür stets ausreichend markentypische Designmerkmale auf – völlig unabhängig von der Frage, ob einige Umsetzungen nun gefallen oder nicht.
- Bis auf einige Ausnahmen bei den Base-Modellen besitzen heute alle Modelle ein Manufakturkaliber, wenngleich viele Basiskaliber (z.B. P3000) eher auf die industrielle Massenfertigung ausgelegt sind.
- Technikfreaks werden jedoch z.B. mit dem P2002/03 und seinen Derivaten, dem Regatta-Chrono, SEs mit Minerva-Werken, den Tourbillons, dem Minute-Repeater oder auch der Equation of Time bedient. Und das Werk ohne Schmierung der LAB-ID oder BMG-Tech mögen keine bahnbrechenden Innovationen perse sein, aber die Marke schaut nach vorne und investiert in High-Tech.
- Für eher optisch/modisch orientierte Uhrenfreunde gibt es Neuauflagen historischer Modelle, Farben bei Zifferblättern oder DLC-Beschichtungen bzw. Keramik/Composite-Gehäusen. Menschen, die im ehemals eingeschränkten Portfolio keine Panerai finden konnten, können heute fündig werden und zwar auch in Bezug auf die Größe tragbare Uhren.
- Natürlich wurden auch die Preise erhöht. Der Preis z.B. der PAM000 stieg von 2007 bis 2015 von 2700€ auf 4300€ - satte 59,3%. Eine Rolex GMT Master verteuerte sich von 2007 bis heute hingegen um 74,7% auf 7600€ (immerhin gibt es dafür heute eine Keramiklünette). Natürlich muss man jedes einzelne Modell ansehen und im Wettbewerb vergleichen. Das Beispiel mit Rolex soll schlicht zeigen, dass die Preissteigerungen von Panerai zwar maßlos waren, dies jedoch letztlich alle Luxusuhren betrifft und nicht Wenige noch deutlicher hingelangt haben. Und klar – einige Modelle sind völlig überzogen gepreist wie z.B. die Luminor Due (im Querverglich z.B. mit JLC oder IWC) oder die Goldmodelle, bei denen die meisten auf einem Preislevel mit Patek oder L&S liegen.
Alles in allem fallen mir jedoch nicht viele Marken ein, die in den letzten 10 Jahren im Großen und Ganzen so viel richtig gemacht haben und heute eine im Vergleich sehr breite und attraktive Kollektion anbieten.
Wir Uhren-Bekloppte tendieren hingegen dazu, stets das Haar in der Suppe zu finden. Mir persönlich als Technik-Interessiertem ist es nicht technisch genug, die Marken-Interessierten sprechen von Verwässerung der Marke, Vintage-Liebhaber hätten gerne noch mehr Vintage bei möglichst allen Uhren und die Flipper ärgert, dass man beim Flippern plötzlich Geld verliert usw.
Dabei vergessen wir gerne, dass wir nicht der Maßstab bzw. der Querschnitt der angestrebten Kunden sind. Und die ticken eben etwas anders und suchen in Summe eine optisch ansprechende Uhr einer interessanten Marke. Und für eben diese Zielgruppen hat das Panerai-Team einen beeindruckenden Job gemacht. Das man dabei das eine oder andere noch besser hätte machen können, bleibt unbenommen.