Besuch der Manufaktur Moritz Grossmann

  • Ich möchte Euch heute von meinem Besuch in der Manufaktur Moritz Grossmann berichten.
    Ein Uhrenfreund von mir liebäugelt schon länger mit einer Grossmann, ich hatte mich zuvor mit dieser Manufaktur noch nicht intensiv beschäftigt, was sich nach meinem Besuch ändern wird.


    Das Gebäude von Grossmann ist bereits von außen sehenswert, aber der Blick von innen über die Stadt ist überragend.


    Die Führung erfolgte durch Herrn Kern.


    Er hat zum Einstieg etwas zur Geschichte der Firma Großmann bzw. über Moritz Grossmann gesagt.


    Moritz Großmann absolvierte eine Lehre zum Uhr- und Chronometermacher und nach dieser war er zunächst auf Wanderschaft. Er sprach mehrere Sprachen, zumal er wie er sinngemäß sagte, die Sprachen durch die im jeweiligen Land kennengelernte Partnerin erlernte.
    Er gründete 1854 in Glashütte eine Uhrenmanufaktur und war auch sehr aktiv in der Uhrmacherschule.
    Mit 58 Jahren erlag er einem Schlaganfall.
    Nach seinem Tod wurde seine Firma liquidiert, bzw. aufgelöst. Leider gibt es heute kein Verzeichnis mehr über die Uhren, die von seiner Firma hergestellt wurden. Es kann deshalb von der Firma Grossmann nur bei einigen Uhren zu 100 % die Echtheit der Grossmann’schen Taschenuhren bestätigt werden.
    Grossmann wurde 2008 neu gegründet (die Namensrechte lagen übrigens nicht bei Glashütte Original). 2010 wird die erste neue Grossmann Uhr vorgestellt, und 2012/2013 das neue Gebäude bezogen.


    Nach dieser Einführung begann der Rundgang in der Abteilung, in der die Grundteile maschinell hergestellt werden. Hier entstehen mit modernsten Anlagen die Werkplatinen etc.


    Es war beeindruckend, welche filigranen Teile diese Maschinen herstellen.


    Als nächstes ging es in die Abteilung der Konstrukteure. Dort wurde uns ein Einblick in die Entwicklung der Uhrwerke vom Konstrukteur Herrn Schneider gegeben.
    Die Uhrwerke sind so konzipiert, dass sie jeder Uhrmacher reparieren kann, und das auch noch in 50 Jahren. Die Unruh hat nur 4 Gewichtsschrauben und 2 Regulierschrauben und eine solche Unruh gibt es nur bei Grossmann.


    Es ging dann weiter in die Prototypenkonstruktion, und sodann in die Abteilung für das Finish.
    Hier wird jedes Teil nochmals bearbeitet und es entsteht so jeweils ein Einzelstück. Allein für die Zeiger einer Uhr wird ca. 1 Tag benötigt. Ein handgravierter Unruhkloben mit spezieller Grossmann´scher Feinregulierung bedarf einer Arbeitszeit von ca. 3 Tagen.
    Für eine Uhr wird eine Zeit von ungefähr 3 Monaten benötigt, deshalb gibt es jährlich auch nur eine geringe Stückzahl, ich glaube derzeit sind es unter 500 Uhren pro Jahr. Bei der Fertigungstiefe ist das kein Wunder, dass nicht mehr Uhren entstehen.
    Für mich relativiert sich aufgrund des betriebenen Aufwandes auch der für die Uhren aufgerufene Preis.
    Der Abschluss des Besuches sollte sein, dass wir die Uhren live ansehen können. Ich dachte hierbei eigentlich, dass wir so 5 Uhren zur Ansicht bekommen, um so erfreuter war ich, als ca. 20 Uhren zur Ansicht auslagen.
    Für mich neben der Abteilung für das Finish der Höhepunkt des Besuches.
    Meine Favoriten waren übrigens die Benu Gangreserve in Platin und die Atum mit schwarzem Zifferblatt in Weißgold.


    Die Fotos habe ich nicht selbst erstellt, sondern von Herrn Kern zur Verfügung gestellt bekommen.


    Von mir auch an dieser Stelle nochmals vielen Dank an Herrn Kern für die tolle Führung und den schönen Vormittag bei Grossmann.




  • Peter, danke für den Bericht.


    Nachdem vor einigen Monaten schon einmal jemand über seinen Besuch bei Grossmann berichtet hat, habe ich mir die Uhren in München einmal live angesehen und war eher enttäuscht. Im Vergleich zu L&S oder Moser haben mich die Uhren live am Arm gar nicht überzeugt - vor allem in Bezug auf Haptik und wahrgenommene Wertigkeit.

  • Peter und Wolfgang, ich kann Euch den Besuch nur empfehlen.


    Ralf, eine Moser hatte ich zwar noch nicht in der Hand, aber ich denke die Uhren von Grossmann sind bzgl. der Wertigkeit mit den großen vergleichbar.
    Aber die Eindrücke eines einzelnen sind natürlich immer subjektiv.

  • Das ist so eine Marke die ich nie verstanden habe.


    Man benennt eine quasi Existenzgründung ohne Bezug zur Historie nach einer lange nicht existenten Uhrenmarke.
    Während etwas entwickelt wird und ohne dass wirkliche Produkte am Markt sind versenkt man erstmal einen Haufen Investorengeld in einem - wirklich nett anzusehenden - Neubau.
    Die Uhren habe ich mir beim Konzi angeschaut. Vom Werk ganz großes Kino, aber das können u.a. in Glashütte einige. Aber die Uhr als Gesamtkonzept? Eyechatcher? Alleinstellungsmerkmale? Nix, die Uhren könnten so bei Maurice Lacroix vom Band fallen. Und dazu die - im direkten Vergleich zu GO - vollkommen überzogenen Preise, wobei ich hier bei GO diverse Komplikationen bekomme, welche bei Grossmann bis auf eine alberne Gangreserve fehlen.


    Ich denke, dass die Marke bei deutlichen Nachfragerückgang am Gesamtmarkt ganz schnell wieder veschwindet.

  • Thilo, ich denke es dürfte derzeit immer schwierig sein im zurzeit schwächelnden Uhrenmarkt mit dem Aufbau einer Firma.
    Ich finde es aber gut, dass jemand den Mut hat eine Uhrenmarke wieder neu zu beleben und es wäre schade gewesen, wenn der Name Moritz Grossmann in Vergessenheit geraten wäre.
    Einen Bezug zur Historie bzw. zu den Uhren von Grossmann hat die Marke meines Erachtens, zumal das Werk angelehnt ist an die Taschenuhrenwerke von Grossmann.
    Ich gebe Dir natürlich recht die Uhren von GO sind auch sehr gut und bieten ein sehr gutes Preis Leistungsverhältnis, ich habe ja nicht umsonst auch einige ;)

  • Thilo, ich denke es dürfte derzeit immer schwierig sein im zurzeit schwächelnden Uhrenmarkt mit dem Aufbau einer Firma.
    Ich finde es aber gut, dass jemand den Mut hat eine Uhrenmarke wieder neu zu beleben und es wäre schade gewesen, wenn der Name Moritz Grossmann in Vergessenheit geraten wäre.
    Einen Bezug zur Historie bzw. zu den Uhren von Grossmann hat die Marke meines Erachtens, zumal das Werk angelehnt ist an die Taschenuhrenwerke von Grossmann.
    Ich gebe Dir natürlich recht die Uhren von GO sind auch sehr gut und bieten ein sehr gutes Preis Leistungsverhältnis, ich habe ja nicht umsonst auch einige ;)

    interessant finde ich, dass Investoren dort Geld investiert haben. Gerade L&S und GO bauen meisterliche Werke nach alter Tradition. Das ist also schon mal kein Differenzierungsmerkmal. In Bezug auf Design hat L&S mit der lange 1 und dem Datograph zwei Ikonen geschaffen und heute Design-Elemente, die eine Lange erkennbar gestalten. Pfeiffer von GO hat seinerzeit die Gestaltung der Lange 1 einfach kopiert, aber heute erkennt man auch die meisten GOs auf den ersten Blick.


    Zur Ausstrahlung der Grossmann-Uhren hat Thilo alles gesagt. Wofür steht also die Marke und welche Geschichte will sie erzählen? Und vor allem, wie differenziert sie sich, wenn die Uhren beliebig aussehen und es Werke in der Qualität auch in Uhren gibt, die eine Ausstrahlung und ein Gesicht haben?


    Aus meiner Sicht wird sich die Marke nicht halten können.

  • Ralf, ich verstehe nicht so richtig, warum Du meinen Text bzgl. des Differenzierungsmerkmales zitierst, zumal ich zum Differenzierungsmerkmal doch gar nichts geschrieben habe, sondern zum Bezug zur Historie bzgl. des Uhrwerkes.
    Das mit Pfeiffer bzw. GO sehe ich nicht so.
    Ich wollte übrigens auch nur einen Bericht zu meinem Besuch abgeben und mein Wissen zu Grossmann bezieht sich auf den Besuch von 2 1/2 Stunden.
    Ich hoffe das Grossmann sich auf dem derzeitig schwächelnden Uhrenmarkt halten kann. Sicher wird es einige treffen und für die, welche nicht ein Teil eines Konzerns bzw. einer Gruppe sind, wird es (denke ich zumindest)besonders schwer.

  • Guten Morgen Peter,


    Sorry, ich habe die Zitat-Funktion etwas unpräzise benutzt. Ich bezog mich auf den Teil in Bezug auf den Mut, die Marke neu zu beleben.


    Zum Thema "kopieren": das bezog sich auf die Übernahme des L1-Zifferblatt-Designs bei GO.

  • Hallo
    Ich denke Grossmann ist zu einer Zeit gegründet worden als es auf dem Uhren Markt noch horrende Zuwächse zu verzeichnen gab,und das von jemanden der/die Jahrelange Erfahrung in der Uhrenindustrie hat.
    In der Zeit war man vielleicht der Meinung,ein grosser Name,eine Namensgeschichte,ein gutes Fundament,dann der brummende Uhrenmarkt,das sind gute Voraussetzungen.
    Das Umfeld hat es sicher nicht leichter gemacht(ALS/GO)dann noch eine dritte Luxusmarke...schwierig.
    Irgendwie scheint die Marke unter anderem wohl auch zu wenig ins Bewusstsein der Kunden gelangt zu sein,vielleicht haette man lauter trommeln müssen,denn handwerklich sind die Uhren Topliga,sowohl Gehäuse, als auch Werke,die sich uebrigens sehr wohl von den anderen beiden Platz Hirschen unterscheiden.
    Die Werke mit grosser Unruh,mit 2/Drittel statt 3Viertelplatine,verarbeitet auf sehr hohem Niveau,also ein wenig Differenzierung gibt es da schon,und wenn man auf das abheben möchte,was es alles schon einmal gab,dann hätte es viele andere(heute)sehr gute Uhrenmarken auch nicht geben dürfen.
    Zu guter letzt noch ein Punkt zur Optik,meinen Geschmack treffen sie auch nicht unbedingt,aber das ist bei anderen Marken auch nicht anders...da sind wir wieder beim Auge,und Betrachter.
    Ich jedenfalls ziehe den Hut vor der Gründerin für soviel Mut ,und Enthusiasmus, und hoffe,das Grossmann irgendwann erfolgreich wird,auch wenn die Uhren optisch nicht so ganz meinen Nerv treffen,gut gemacht sind sie allemal.


    LG Volkmar

  • Wenn es so einfach wäre, würde noch viel mehr'Investoren' sich auf dem 'Spielplatz' der Uhrenhersteller tummeln.


    Die meisten gehen davon aus dass ein ehemals großer Name gleichzeitig einen Erfolgsstart garantiert.


    Wenn man eine Umfrage starten würde in der breiten Masse wer ein Abraham Louis Breguet war oder wer ein Moritz Grossmann war, würde man wahrscheinlich auf das gleiche Ergebnis kommen fragt man das in einem Uhrenforum, wird das Ergebnis wohl schon eindeutiger.


    Was ich damit sagen möchte zu dem Namen muss auch immer die 'story' passen und die will gut erzählt werden.
    Es gibt in der Branche wirklich herausragende G'schichten Erzähler.
    Es gibt Erfolgsgeschichten die haben sich nach einer Re-Animation hervorragend entwickelt. A.Lange & Söhne,Blancpain und Breguet sind einige davon.


    Bei Moser & Grossmann sehe ich noch kein Weg aus dem Tal , wobei mir persönlich das Moser Paket deutlich besser gefällt und 'horologisch' beeindruckender ist als das von Grossmann.
    (Ich kenne M.G. nur vom Konzessionärs Tisch , war aber schon 2x bei Moser und ich sehe das da erstmal Gebäude/Repräsentation und chichi zweitrangig ist)


    Bei Favre Leuba ging übrigens die Re-Animation total in die Hose, auch ein großer Name in der Branche.
    Es gibt auch noch Pioniere die versuchen mit eigenem Namen sich in der Branche einen Namen zu machen .
    Dazu zähle ich Laurent Ferrier (fast ein ganzes Leben bei PP) oder F.P. Journee die erfolgreich Ihren Namen am Markt positioniert haben. Bei dem Herrn Lehmann aus Schamberg sehe ich eine ähnliche dunkle Zukunft wie auch bei dem 'großen' Namen aus Glashütte.


    Wie gesagt zur Zeit ist keine gute Zeit um sich in diesem Markt zu behaupten und Investoren wollen vor allem eins . Schnelle Rendite. Das ist in dem Geschäft der Zeitmessbranche nicht unbedingt zielführend.