Liebe Uhrenfreunde,
der Wahnsinn hat begonnen.
Nach vielen Jahren der Leidenschaft für mechanische Uhren bin ich sozusagen in die nächste Entwicklungsstufe gestolpert. Auslöser war der Erwerb einer Elysee mit einem Unitas 6497. Obwohl ich schon einige Uhren mit Unitas-, ETA-, Orient- oder Miyota-Werken besitze und mich die Mechanik schon immer faszinierte, schaffte es erst die Elysee durch den schönen großen Blick auf das Werk und dem schmalen Rand des Rückdeckels, dass ich mehr wollte als nur zu „gucken“. Ich wollte nun ausbauen, zerlegen, zusammenbauen, umbauen oder vielleicht neu gestalten.
Eine Idee war, chinesische Werke für erste Versuche der Zerlegung zu beschaffen. Da wäre bei dilettantischer und zerstörerischer Vorgehensweise der wirtschaftliche Schaden gering gewesen. Aber wie es der Zufall will, bin auf drei als defekt deklarierte 3602-Taschenuhr-Werke von Molnija gestoßen. Diese konnte ich zu einem sehr günstigen Preis erwerben. Dummerweise lag auch schon seit einigen Jahren ein unbenutzter Uhrenwerkzeugsatz in meinem Keller. Nachdem ich mir zwei entscheidende Videos (Zerlegung eines Molnija und Funktionsweise einer mech. Uhr) angesehen habe, war ich der Ansicht, dass ich als überdurchschnittlich begabter LEGO-Technik-Freak (Dank an meine Kinder) in der Lage bin, so ein Werk zu zerlegen und mithilfe von selbstgemachten Handyfotos auch wieder zusammenbekomme.
Was soll ich sagen, das Zerlegen war easy und das Zusammensetzen auch. Das Molnija 3602 ist sehr robust und verzeiht auch einen unsanften (unerfahrenen) Umgang. Ich habe keine Fotos benötigt, die Platzierung der Bauteile erklärt sich von alleine. Ich begann zu säubern, zu reinigen, zu ölen und zu „spielen“: mal ein bisschen schleifen, dann etwas mehr schleifen, dann polieren, plötzlich verzieren und dann noch bläuen. Das war ein Wahnsinn!
Leider tendiert mein Interesse für Taschenuhren gegen Null. Also mussten Armbanduhrengehäuse her. Außerdem waren diese Zifferblätter von Molnija nicht immer schön. Schon begannen die nächsten Baustellen. Ich muss aber feststellen, dass ich auf einem guten Weg bin. Von bisher sechs Molnijas war nur eins tatsächlich defekt und dient nun als Ersatzteilspender. Die restlichen versagten ihren Dienst nur aufgrund von Verschmutzung und unzureichender Schmierung und laufen wieder tadellos.
Ich möchte mit diesen paar Zeilen versuchen, dem einen oder anderen (der sich mit der Thematik vielleicht befassen möchte) den letzten „Schubser“ zu geben – alles halb so wild.
Das einzige was mir Sorgen macht: manchmal habe ich beim Einschlafen so ein komisches Ticken im Kopf.
Hier noch eine Information zum Uhrwerk 3602 von Molnija (Quelle: a) www.uhrwerksarchiv.deund b) www.ranfft.de
a) Das Molnija 3602, das fast fünfzig Jahre lang, zwischen 1960 und 2008, produziert wurde, ist das am häufigsten anzutreffende russische Taschenuhrenwerk.
Es geht auf auf das, in den 30er/40er Jahren in der Schweiz produzierte Cortebert 616 zurück, dessen Maschinen wohl anschließend nach Russland verkauft wurden.
b) Zu Cortebert 616: Lepine-Kaliber, Breguet-Spirale, Unterschiede nicht bekannt zwischen 616, 618; 618 ist möglicherweise eine speziell für Rolex/Panerai gefertigte Variante.
Ein paar Bilder für Euch:
Ursprünglicher Zustand:
Die Zerlegung:
Perlierung:
Zusammenbau:
Wiedereinbau in eine Taschenuhr:
Beschaffung eines Gehäuse-Bausatzes:
B-Uhr mit 3602:
B-Uhr mit DIY-Band:
Dresswatch mit Original-Zifferblatt:
Werk nur poliert:
Unbekanntes Zifferblatt, kleine Sekunde deaktiviert (nicht vorhanden):
Mit gebläuten Schrauben (einfache Methode mit LIDL-Lötkolben):
Unzeit