Weshalb und wie ich zu meiner neuen Rolex Air-King (116900) kam - eine kurze Erzählung neun Akten (Teil I)

  • Guten Abend,


    die Geschichte zu meinem neuen Zeitmesser aus dem Hause Rolex ist schnell erzählt. Unmittelbar nachdem die Neuheiten der Baselworld 2016 Mitte März vorgestellt wurden, war ich mir, zum wiederholten Male, darüber im Klaren, wie schwer es die Uhrenindustrie einem mit dem Uhrenvirus infizierten Menschen zu schaffen machen kann. Oder gar will. Obgleich alles irgendwie gefühlte tausendmal gesehen, tausendmal gefühlt und auch tausendmal berührt, trug das besagte Uhrenvirus zu einem exponentiellen Wachstum meiner Neugierde bei. Berufliche Angelegenheiten ließen eine Fahrt nach Basel, auf die ich mich im Vorfeld sehr freute, leider nicht zu. Trotzdem nahm ich mir vor, die ersten zwei bis vier Stunden nach der Eröffnung des dort stattfindenden Spektakels ausschließlich inmitten der virtuellen Welt der Uhren zu verbringen. Geplant, getan.



    Erster Akt: Es ist der 17. März 2016. 9.10 Uhr. Ich rufe bei meinem Konzessionär, der zu diesem Zeitpunkt in Begleitung seiner Gefolgschaft Basel unsicher macht, an und teile der Dame, die meinen Anruf entgegennimmt, mit, dass ich verbindlich die neue Keramik-Daytona mit dem weißen Zifferblatt bestellen will. Am anderen Ende der Leitung höre ich schallendes Gelächter. Etwas irritiert frage ich höfflich nach, was an meiner fernmündlichen Mitteilung so amüsant ist. Sie meint, ich könne die neue Daytona noch gar nicht bestellen, denn sie wurde erst vor zehn Minuten der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Ausgezeichnet, flüstere ich ihr ins Ohr, dann können Sie mich auf die neue Warteliste setzen. Ganz ehrlich, ich habe Wartelisten respektive Wartefristen niemals richtig gemocht. Aber das Leben ist manchmal voller Listen und deshalb nicht unbedingt gerecht. Dennoch nicht selten total gerecht. Ich setze die Dame darüber in Kenntnis, dass die Geschichte mit der Daytona eine Art "Liebe auf den ersten Blick" ist und ich mich diesbezüglich auch mit ihrem "Chef", nach seiner Rückkehr aus Basel, unterhalten werde. Als ob das meiner Verzweifelung helfen würde, denke ich mir dabei. Sie zeigt dafür Verständnis, ferner bittet sie mich darum, ihre "spontane Reaktion" am Anfang des Gesprächs zu entschuldigen. Das tue ich. Selbstverständlich.


    Zweiter Akt: Etliche Meldungen und die dazugehörigen Bilder rauschen durch meinen Kopf. Meine Favoritenliste ist ziemlich lang. Für Vollgold bin ich (noch) nicht reif genug, das räume ich ein. Bicolor? Vielleicht. Bronze? Warum denn nicht? Diese neue Black Bay sieht ja vorzüglich aus. Eine richtige Toolwatch, die im wahrsten Sinne des Wortes mit ihrem Träger altern kann. Ja, zwar ist sie goldfarben, jedoch nicht aus Gold. Selbsttäuschung pur. Ein Tourbillon? Die Tag Heuer ist wirklich speziell. Aber für mein Handgelenk leider doch etwas überproportioniert. Mir fällt ein, wie gerne ich doch eine Uhr mit einer Mondphasenkomplikation hätte. Brauche ich das wirklich? Brauche ich überhaupt noch eine weitere Uhr? Ich wollte doch die ultimative Exituhr zum täglichen Rocken, sofern es sie tatsächlich geben sollte. Weg mit dem Ballast, volle Konzentration auf das Wesentliche. Weniger ist mehr.


    Dritter Akt: Besonders auffällig -eine gelbe Krone. Darunter ein grüner Schriftzug - ROLEX - gefolgt von fünf prosaischen Zeilen in Weiß. Dazu ein passender grüner Sekundenzeiger, der sich unter den restriktiven Bedingungen der Chronometernorm um die eigene Achse drehen soll. Lauter weiße Zahlen, funkelnde Weißgold-Indizes auf 3, 6 und 9. Ein Dreieck auf 12. Eine ungewöhnliche Typografie. Chromalight? Wenig, ganz wenig. Und all das auf einem einzigen Zifferblatt? Moment mal! Air-King. Innovation? Revolution? Geschmacksverirrung? Die Gehäuseform kommt mir sehr bekannt vor. Genauso wie das Zifferblatt. Überraschung.



    Vierter Akt: Die Geschichte der Air-King, die im Übrigen sehr spannend zu lesen ist, lässt sich lückenlos bis in die 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurückverfolgen. Die Uhr, die einst die Handgelenke mancher Flugpioniere schmückte, wurde neu auferlegt, sie wurde etwas unkonventioneller, gleichzeitig aber auch maskuliner, zumindest hinsichtlich ihrer Proportionen. Darüber hinaus musste sie einigermaßen die luftigen Höhen verlassen und etwas bodenständiger werden, so habe ich zumindest die Verbindung zwischen ihr und dem Bloodhound SSC Projekt verstanden. Die Gestaltung des Zifferblattes bekommt eine andere Bedeutung und wird verständlicher. Zweifellos.





    Fünfter Akt: Mein Entschluss steht fest. Obwohl ich keine Milgauss und auch keine Explorer haben wollte, werde ich mir die neue Air-King auf jeden Fall genauer anschauen. Es ist dieses gewisse Etwas, das bei dieser Uhr seit Anfang an polarisiert. Die einen finden sie toll, die anderen wiederum ganz schrecklich. Ich finde sie toll. Das müsste, vorerst, reichen. Ich tätige noch einen kurzen Anruf, dieses Mal erwarten mich wieder ein schallendes Gelächter, noch eine Warteliste. Das Leben ist total gerecht. Vorfreude.


    Sechster Akt: Es ist der 20. Juni 2016, via WhatsApp trudelt bei mir eine Benachrichtigung ein, dass die Uhr, auf die ich warte, soeben eingetroffen ist. Naiv, wie ich bin, frage ich, ob es sich hierbei um die Daytona handelt. ;) Freilich nicht, lautet die prompte Rückantwort. Einige Stunden nach der unverbindlichen Verabredung darf ich das neue Objekt meiner Begierde minutiös begutachten. In Natura viel besser als auf den mannigfaltig existierenden Bildern erscheinend, meine Freude wird von meiner Fachverkäuferin weder übersehen, noch genauso wenig überhört. Das "Fachsimpeln" findet nebenbei statt, ich liebe es, wenn man mir so charmant Geschichten auftischt, die mich regelrecht zum Schmunzeln bringen und offensichtlich das Zeug zum tagelangen Philosophieren über das Nichts innehaben. Wunderbar.


  • Siebter Akt: Alles passt und das, was nicht passt, wird passend gemacht. Gut gelaunt lasse ich meine Fachverkäuferin, die nebenbei erwähnt wirklich sehr hübsch ist, wissen, dass ich sie mitnehmen werde. Nicht Sie, meine Verehrte, sage ich leise zu ihr, die Air-King. Doch stop! Plötzlich höre ich Dinge, die mir nicht so gut gefallen. Sie ist nämlich da, die Air-King, allerdings steht sie nicht zum Verkauf. Noch nicht. Anschauen, begutachten, befingern, drehen, wenden, DNA-Spuren hinterlassen. Erlaubt ist alles, lediglich das (Ver)Kaufen nicht. Frau bittet mich um Verständnis, ich werde auf jeden Fall erneut benachrichtigt, alsbald sie zu haben sein wird. Meine ganze Welt bricht innerhalb weniger Sekundenbruchteile regelrecht zusammen, die Zeit steht plötzlich still, ich fühle mich völlig unverstanden und teilweise missbraucht. (Okay, okay, so extrem war es nicht.:lol:) Unverrichteter Dinge ziehe ich nach einem abschließenden Dialog von dannen. Enttäuschung.


    Achter Akt: Tage, Wochen, sogar Monate vergehen wie im Flug. Albert Einstein meint einst, dass die Zeit eine Illusion sei. Des Öfteren halte ich mich in den Räumlichkeiten meines Konzessionärs an verschiedenen Orten auf, mal wegen einer Revision, mal wegen des Kaufs einer Uhr, auf die ich knappe 1 1/4 Jahre warten musste. Jedoch hauptsächlich wegen der neuen Daytona, schließlich will man im Gespräch bleiben und nicht in Vergessenheit geraten. ;) Die Air-King habe ich mehrmals am Handgelenk, deren Folien dürften inzwischen voll mit meinen DNA-Spuren benetzt sein. Zugegeben, mit der neuen Yachtmaster - eine wunderschöne Uhr! - habe ich auch schon ziemlich lange geliebäugelt, aber etwas Blaues befindet sich bereits in meinem Uhrenkasten. Abgehackt.


    Neunter Akt: Die Ferien sind vorbei, die Tage werden kürzer und die Nächte länger. Straßencafes voller Leben, strahlende Gesichter, braun gebrannte Haut an fast jeder Ecke. Jedes Mal, wenn ich an diesem Fenster aus Panzerglas vorbei laufe, lächelt mich eine gelbe, unscheinbare Krone an, die mich an diesen herrlichen Spätsommer, die wohltuende Sonne und die grüne Natur erinnert. Ich werde emotional. Die Air-King wird aus ihrem kleinen Gefängnis befreit, konstatiere ich. Gestern war es dann soweit. Während die üblichen Formalien erledigt werden, wird (wer hätte es gedacht? :D) gefachsimpelt. Ach, wie ich das liebe! Ob es demnächst eine Preiserhöhung geben wird, möchte ich noch wissen. Bisher sei nichts bekannt und, falls eine überhaupt, so käme diese frühestens in zwei bis drei Jahren. Fabelhaft, die Community wird nach diesen neu gewonnenen Erkenntnissen aufatmen können - vorerst! Als ich erfahre, dass die Air-King, die gerade eben kurz und schmerzlos den Eigentümer gewechselt hat, die erste ist, die in dieser Filiale verkauft wurde, muss ich laut lachen. Meine eigene DNA findet zu mir zurück, das kann doch kein Zufall sein. Wenige Minuten später befinde ich mich, mit einer recht unauffälligen Papiertüte in der Hand, wieder unter dem wolkenlosen Himmel, abseits des künstlichen Lichtes. Die Sonne lacht. Die gelbe Krone ebenso. Geschafft. :gut:


    Meine Erzählung wird nun von ein paar Bildern ergänzt.


    Frisch aus/in der Box, jungfräulich und ein Tag nach dem Kauf nach wie vor voll verklebt.



    Die in alter Manier durchgeführte "Entklebungszeremonie" übersteht sie unbeschadet.



    Hier ist sie, die Air-King. Die polierten Flächen sind nicht nur für Fingerabdrücke besonders anfällig, sondern können im Notfall als Spiegel dienen. Die Form des Gehäuses ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, eine außerordentliche Kopflastigkeit konnte ich jedoch nicht feststellen.



    Eine fast perfekt zentrierte Krone.




    Das Oyster-Band besitzt die 5 mm-Easylink-Verlängerung und war im Auslieferungszustand wie für mein Handgelenk gemacht. ;)



    Ein letztes Bild.



    Die technischen Daten im Schnelldurchlauf: Ø 40 mm, 13,7 mm hoch, knappe 156 Gramm leicht, Wasserdicht bis 100 Meter Tiefe, darin tickt das Kaliber 3131, welches ähnlich wie in der Milgauss gegen äußere Magnetfelder abgeschirmt ist, Gangreserve 48 Stunden.


    Danke für Eure Aufmerksamkeit, bis zur nächsten Uhr! ;)

  • Tolle Vorstellung . Danke dafür :gut: . Ich finde sie auch cool :gut: . Und eben in meinen Auge eine besondere Rolex, die du mit Sicherheit nicht an jeder Straßenecke an den Handgelenken anderer Leute sehen wirst. Viel Spaß damit... Und Spanne uns nicht länger auf Folter ! Whristshot bitte :jump:

  • Habe ich sehr sehr gerne gelesen, vielen Dank dafür! :gut:


    Und Gratulation zur ganz besonderen Krone! :blume:

    Gruß, René



    Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

    Friedrich Nietzsche

  • geniale Vorstellung ;) ... und ich finde sie mit 40mm nun richtig schön ... das Ziffernblatt spaltet, aber irgendwie hat sie doch was ... etwas Anderes, das man sonst bei Rolex nicht findet :gut: ... ich wünsche Dir viel Spaß damit ...