Prolog
Vintage Panerai Uhren waren als Werkzeuge für den harten Einsatz gedacht und wurden von ihren Trägern entsprechend sorglos behandelt. Die Uhren gehörten zur Grundausrüstung eines Tauchers und ihre Effizienz hatte vorrang. Auf Firlefanz wie Kosmetik wurde selten Wert gelegt.
Dies ist auch der Grund, weshalb einige der Uhren wild durcheinander gemischte Bauteile haben. Mal wurde ein Werk komplett oder teilweise getauscht, mal waren es die Zifferblätter oder ganz einfach die Zeiger. Da die Werke von Cortebert stammen, war es auch ein leichtes nach entsprechenden Taschenuhren zu greifen um Uhren/Werke am Leben zu erhalten.
In Panerai Fachkreisen spricht man diesbezüglich von Grauzone. Bei Panerai soll es ja kein schwarz oder weiss geben...
One fits all
Entsprechend harmlos fängt die nachfolgende Geschichte an. Wir schreiben das Jahr 2001. Bei Antiquorum wird eine Ref. 6152 (ja, die seltene) angeboten. Es handelt sich um Gehäusenummer 956642. Schnell wird jedoch klar, dass es sich um eine 6152/1 mit Kronenschutzbügel handelt und dass die Uhr wahrscheinlich lediglich ein Gehäusedeckel der Ref. 6152 hat. Diese Kombination ist ja an sich keine Seltenheit...
Die Uhr fand scheinbar einen Käufer und wurde für CHF 17'250.- verkauft. Auffällig bei dieser Uhr sind jedoch die komische Krone und die eigenartig geformte Aussparung des Kronenschutzbügels. Die Krone könnte vielleicht nur hineinretuschiert worden sein.
http://www.antiquorum.com/cata…ficine-panerai-lot-24-501
Im Jahre 2007 taucht dieselbe Ref. 6152 Gehäusenummer 956642 nochmals auf. Diesmal bei einer Auktion bei Christie's in Genf unter bekanntgabe der eigentlichen Ref. 6152/1 Gehäusenummer 124758. Die Vermutung mit dem vertauschten Gehäusedeckel bestätigt sich hiermit.
Interessant ist aber zu beobachten, dass die Uhr plötzlich ein anderes Zifferblatt hat. Es handelt sich dabei um eines der gesuchten "Marina Militare" Blätter mit einer wunderbaren Patina. Auffällig ist auch, dass das Werk scheinbar eines jener "Austauschwerke" ist, welche Bonati auf wundersame Weise im Lager fand und die drauffolgend in die PAM 021 eingebaut wurden. (>> Die Rolex 618 Kaliber aus der PAM 021) Der Kaufpreis für diese Uhr betrug CHF 85'000.-.
http://www.christies.com/lotfi…rare-4982896-details.aspx
Es geht weiter im Jahr 2008. Da taucht nämlich bei Dr. Crott eine Ref. 3646 Kampfschwimmer mit Gehäusenummer 260726 und wunderbarer "BK" Gravur auf. Auffällig bei dieser Uhr ist, dass sie ein Radiomir Panerai Zifferblatt aufweist.
Uhren dieses Nummernkreises haben normalerweise entweder die simplen Messingzifferblätter (Kiefer) oder aber die gesuchten "California" Blätter. Mir ist die Diskussion, ob sich innerhalb dieser Gruppe "California" Blätter befinden sollten oder nicht hinlänglich bekannt, aber in diesem Fall egal. Fakt ist, dass diese Uhren eine niedrige Lunette haben und ein entspechend dünnes, ca. 1mm dickes Zifferblatt.
Das Zifferblatt dieser Uhr weist einige Auffälligkeiten auf und schnell stellt sich heraus, dass es sich um jenes handelt, welches in der eingangs besprochenen Ref. 6152/1 mit 6152 Gehäusedeckel handelt. Der Zoom bringt es ans Licht.
Dieses Zifferblatt stammt wahrscheinlich aus einer Ref. 6154 aus dem Jahre 1954, zumindest trägt es sämtliche Attribute eines solchen. Im nachfolgenden Bild ist es in der mitte zu sehen.
Hiermit wäre die Geschichte um Teile, die viele Jahre nach erfolgtem Einsatz auf mysteriöse Weise zwischen Uhren verschiedener Modelle hin und her wechseln fertig erzählt. ...wenn ein kleines, aber feines Detail übersehen worden wäre
Die Sexspirale
Wie bereits angesprochen ist die Patina des "Marina Militare" Blattes, welches bei der Ref. 6152/1 mit Gehäusenummer 124758 im Jahr 2007 plötzlich auftaucht, unglaublich sexy.
Bei genauerer Betrachtung fällt auch auf, dass die offene 6 und 9 etwas anders aussehen, als die Ziffern die gemeinhin aus "Marina Militare" Blätter bekannt sind. Die Bögen sind nämlich geschlossener als bei obigem Blatt.
Die sehr offenen 6 und 9 sind mir eigentlich nur aus einigen Kampschwimmer Uhren der Ref. 3646 bekannt. Stellt man nun dieses "Marina Militare" Zifferblatt neben einem solchen Kampfschwimmerblatt wird eine frappierende Ähnlichkeit sichtbar.
Ich kann nur Vermutungen anstellen, worum es sich hierbei handelt. Eine Vermutung ist, dass dies tatsächlich ein Kampfschwimmer Zifferblatt ist, bei dem nachträglich die "Gewinnbringende" Marina Militare Gravur angebracht wurde. Ich erinnere mich dabei an eine Diskussion, bei der von einem stark radioaktiven "Luminor" Blatt die Rede war. Könnte es sich dabei um genau dieses Blatt handeln?
Es bleibt spannend!
Liebe Grüsse
Jose