Unterschiede innerhalb der Rolex 618 Typ 1 Reihe der Ref. 3646

  • Nach nochmaliger Durchsicht einiger Rolex 618 Kaliber des Typs 1 (Ref. 3646) sind mir innerhalb dieser Gruppe kleine Unterschiede aufgefallen. Die ganz frühen Werke weisen etwas andere Gravuren auf als die späteren Kaliber.


    Auf dem nachfolgenden Bild ist gut zu erkennen, dass bei den frühen Werken die Grundlinie der Gravuren der Räderwerkbrücke der oberen Kurvatur (2) der Brücke folgen. Im Vergleich dazu sind die Gravuren der späteren Kaliber des Typs 1 komplett gerade (1).



    Ein weiterer Unterschied stellt die Form des Buchstabens A (3) in Fab. Suisse dar. Bei den frühen Kalibern laufen Auf- und Abstrich spitz zusammen, während bei den späteren Werken Auf- und Abstrich durch eine Traverse miteinander verbunden sind. Auch ist bei den späteren Kalibern neben dem Abstand zwischen den Buchstaben auch die Schrift etwas grösser.




    Meiner Recherche zufolge haben die Uhren der Ref. 3646 A, B und C die frühen Kaliber mit dem Radius innerhalb der Gravur (Werkseriennummern: ~7’500’000 - 7’515’999). Erst die Kaliber des Typs D (meist Kampfschwimmer, Werkserienummern: ~7’519’000 - 7’519’999) haben die gerade Gravur. Die Typen E, F und G haben eine anonymisierte Version des Typs 1, das Typ 1 mod. (17 Rubis, Fab. Suisse).


    Diese Erkenntnis hilft dabei, ausgetauschte Werke ziemlich rasch und mit Bestimmtheit zu erkennen. Speziell bei den Typ C Uhren lassen sich so viele spätere Kaliber finden.


    Es wird z.B. auch sichtbar, dass das Werk in der bekannten Ref. 2533 mit Gehäusenummer 116272 ein späteres Kaliber des Typs D ist. Das lässt darauf schliessen, dass das orginale Werk (vielleicht ein Montilier 663 Extra Prima?) getauscht wurde.




    In “Panerai - Una storia italiana” von Loris Pasetto und Luciano Cipullo wird angenommen, dass obige 2533 komplett original ist. Infolge des “falschen” Uhrwerks kann nun stark daran gezweifet werden.



    In den Fokus gerät eine weitere hochinteressante Uhr, eine frühe 3646 des Typs A mit gravierter Lunette (Officine Panerai - Brevettato) und Gehäuseboden mit Sichtglas. Auch in dieser Uhr werkt offensichtlich ein spätes Kaliber des Typs D. Da es sich bei dieser Uhr allerdings um einen ultra-raren Prototypen zu Demonstrationszwecken handeln soll, ist das spätere Werk zumindest merkwürdig.


    Diese Uhr wird immer wieder im Rahmen offizieller Panerai Events gezeigt (zuletzt in Singapore) und ist wahrscheinlich Bestandteil des Panerai Museums.




    Quelle: Vintage Panerai - Die Referenzen


    Das Zifferblatt dieser Uhr hat eine grosse Ähnlichkeit mit jenen der Ref. 6154 aus 1954. Speziell der helle Ton in Kombination mit den Flecken am Rand des Zifferblattes und der ausgeprägte Radiumring sind in ähnlicher Form bei einigen bekannten 6154 Blättern zu sehen.




    Quelle: Panerai - Una storia italiana, Ref. 6154, 997607



    Die Zifferblätter der Ref. 6154 sind nur 1mm hoch. Die Sandwichblätter der Ref. 3646 sind dagegen doppelt so hoch, ganze 2mm oder sogar noch mehr. Diese Blätter setzten höhere Minutenrohre und Stundenräder voraus. Auch die Lunette fiel entsprechend höher aus.


    Bei der Ref. 6154 konnten dank dem schlanken Zifferblatt die normalen Minutenrohre und Stundenräder verwendet werden.


    Auf dem nachfolgenden Bild ist gut zu erkennen, dass das Werk wahrscheinlich über ein hohes Minutenrohr und Stundenrad verfügt, das Zifferblatt dagegen sehr niedrig sein muss. Man achte auf den grossen Abstand zwischen Stundenzeiger und Zifferblatt.



    Bei der gravierten Lunette handelt es sich wahrscheinlich um ein Gehäuseboden mit Sichtglas, welches statt der normalen Lunette montiert wurde. Soviel ich weiss kamen diese Plexi Gehäuseböden jedoch erst mit dem Einsatz der Angeluswerke in den 1960er Jahren zum Einsatz.


    Zeitlich könnte hier also einiges durcheinandergeraten sein, zumindest beim Werk gibt es keinen Zweifel.


    Ich hoffe, dass ich mit diesem Post niemandem auf die Füsse trete und dass eine konstruktive Diskussion angeregt wird. Schliesslich geht es uns allen doch darum, die Vintage Panerai Uhren und ihre Geschichte besser zu verstehen.



    Gruss


    Jose

  • @Jose
    wieder einmal mehr staune ich über die detektivische Arbeit und die Ergebnisse, sofern diese Deiner Aussage nach zutreffen.
    Hast Du Loris bezgl Deiner Erkenntnisse mal kontaktiert?
    Würde mich mal interessieren was er dazu sagt .

  • Meiner Meinung nach sollen hier alte Rechnungen beglichen werden und da kommt die WL als Plattform gerade rech


    :lol: ….die watchlounge hat im Vintage Panerai wohl zero content um als 'Plattform' zu dienen.
    Ich finde nur wenn man hier die Arbeit wie z.B. von Loris Pasetto mit seinen Recherchen in Misskredit bringt , wäre für mich erst einmal der Autor die erste Adresse um solch eine 'Entdeckung' an zu sprechen.


    Erste dann wären Foren wie u.a. die watchlounge eine Plattform diese Erkenntnisse zu teilen.

  • :lol: ….die watchlounge hat im Vintage Panerai wohl zero content um als 'Plattform' zu dienen.
    Ich finde nur wenn man hier die Arbeit wie z.B. von Loris Pasetto mit seinen Recherchen in Misskredit bringt , wäre für mich erst einmal der Autor die erste Adresse um solch eine 'Entdeckung' an zu sprechen.


    Erste dann wären Foren wie u.a. die watchlounge eine Plattform diese Erkenntnisse zu teilen.


    loris und lucianos bücher sind exzellent. meine obige aussage zur 2533 soll nicht als kritik missverstanden werden. beim rolex 618 typ 1 gab es bisher nur die unterteilung in typ 1 und typ 1 mod. (anonym), es gab keine weitere granularität. es ist davon auszugehen, dass sie das gar nicht wissen. wahrscheinlich wurden diese kleinen, aber feinen unterschiede bisher einfach übersehen.



    gruss


    jose

  • Vorab: Ich besitze keine Panerai, habe keine besonderen Sympathien für Militäruhren im Allgemeinen und italienischen Kapfschwimmer-Uhren im Speziellen, bin also erst recht kein Panerista (Paneristi?) und kenne mich mit der Historie der Marke vor deren Relounge 1993 resp. 1997 nicht aus. Auch kenne ich die hier und in dem Thread, der vor Wochen soviel Staub aufgewirbelt hat, benannten Protagonisten nicht. Ich bin also emotionsfrei und danke pereztroika deshalb einfach dafür, dass er mit seiner akribischen Arbeit, deren Richtigkeit ich fachlich nicht beurteilen kann, mein Interesse an dem Sachverhalt geweckt hat. Ich bin beeindruckt vom deiner detektivischen, im Prinzip fast wissenschaftlichen Arbeit, Pereztroika, und bin als unbeteiligter Laie gespannt, wie sich das Thema entwickeln wird :lupe: .

  • Danke José für diesen interessanten Bericht. :gut: Ich kann die Richtigkeit fachlich zwar nicht beurteilen, finde aber die Akribie mit der Du die feinen Unterschiede herausarbeitest, beeindruckend. :verneig:

  • @Jose
    wieder einmal mehr staune ich über die detektivische Arbeit und die Ergebnisse, sofern diese Deiner Aussage nach zutreffen.
    Hast Du Loris bezgl Deiner Erkenntnisse mal kontaktiert?
    Würde mich mal interessieren was er dazu sagt .


    danke an alle für die nette worte :gut:


    nein, loris habe ich nicht kontaktiert. ich schätze, der allgemeine konsensus bei den paneristi ist, dass man mich ausschliessen muss. wer teil der gang sein will, darf sich nicht durch interesse an meiner recherchearbeit kompromitieren lassen :bgdev:



    gruss


    jose


  • Naja José,wenn ich ein paar Vintage Pams hätte,die in Regionen von 100k+ anzusiedeln sind und dann stellt sich plötzlich heraus,dass meine Zwiebeln vielleicht doch nicht sooo unbefleckt sind,wie von den Fachleuten als 100% authentisch abgesegnet wurden ,dann....
    Ja dann,würde ich wahrscheinlich alles mögliche tun um dir Deine Recherche zu unterbinden,denn da geht es um sehr viel Geld,das darf man ned vergessen...Ich kann es mir schon ganz gut vorstellen,wie voll die Hose von den betroffenen sein müssen...
    Ich finde es toll,dass Du dir die Mühe machst und so tief in die Materie reingehst,wie wahrscheinlich noch keiner vorher gemacht hat...
    Für mich übrigens ergilt nach wie vor:Ich würde mich niemals beim Vintage Kauf auf irgendwelche Fachleute verlassen,ganz egal ob das ein Panerai Guru oder einer von sothebys,Crott und wie sie alle heißen ist...Wenn ich selbst und nur ich,die 100% Originalität nicht beurteilen kann,weil es mir das nötige Wissen fehlt,dann lass ich ganz einfach die Finger davon...Auf Fachleute würde ich mich niemals verlassen wollen,weil ein Leben mit der Gewissheit,"es könnte vielleicht doch..",wäre für mich eine unnötige Belastung.
    Mach weiter so José,tolle Arbeit :gut:
    Gruss,Niko

    • Offizieller Beitrag

    Keine Kritik, nur eine Antwort auf deine Annahme oben, Jose:


    Da widerspreche ich Dir Jose, ich liebe Vintage Panerai und mich interessieren alle Fakten zu diesen Uhren, wie auch bestimmt einige andere Vintage Panerai Freunde. Ich bin jemand der sich alles anhört bzw. ansieht und dann versucht die goldene Mitte zu finden. Deine wissenschaftliche herangehensweise an das Thema bringt sicher noch mehr Unterschiede zu den von Panerai verwendeten Rolex und Angelus Kalibern, wirft aber gleichzeitig auch viele Fragen auf. Dein Ansatz nicht bei Panerai sondern bei den Uhrwerken von Corteberet, Corteberet für Rolex für Panerai und Angelus für Panerai ist relativ neu und bringt sicherlich mehr Einsicht in die ganze Uhrwerk-Thematik. Ich denke du bist auch noch relativ jung wie ich auch und unsere Generation neigt gerne dazu zu glauben, dass auch früher alles so akribisch wie jetzt aufgezeichnet wurde und dadurch auch alles einem bestimmten Zeitstrahl folgt. Bei vielen Uhren-, Werke- und Teilherstellern wird das auch der Fall gewesen sein aber trotzdem ging es den Uhrmachern von damals und speziell den Uhrmachern für die Kriegsmarine sowohl auf italienischer als auch deutscher Seite nur um eins, die Uhr muss funktionieren um jeden Preis. Sprich die Argumentation von Marcus vor einiger Zeit ist schon auch stichhaltig wenn er vermutet, dass einfach Teile die passten durcheinander getauscht wurden und abgesoffene Werke in einer 3646 durch ein späteres oder früheres Coretberet Werk getauscht wurden, egal welches grad in der Schublade lag. (Was trotzdem Die Fake und Hommage-Szene in keinster Weise rechtfertigt).
    Was für einen Vorteil gegenüber Dir Volker, Ralf und bestimmt auch Loris haben ist, dass sie einfach viele Uhren vom ursprünglichen Besitzer kennen bzw. von dessen Nachfahren und diese auch persönlich in Augenschein nehmen konnten. Solche Uhren kann man als Referenz nehmen, die Geschichte der Uhr ist nachvollziehbar und man erfährt wie ein Werktausch / Zeigertausch eventuell vonstatten gegangen sein könnte.
    Prototypen lasse ich jetzt mal aussen vor, da braucht es Zeitzeugen, die beim Bau des Protos dabei waren.
    Viele der Fotos die du z.B. als Vergleich heranziehst gibt es nur wegen Volker, Ralf und Loris, wo wir zum nächsten Thema kommen. Du zeigst nur Fotos aus dem Internet, keine der gezeigten Vintage Panerai Uhren war in deiner Hand und kein Foto ist exakt in dem Winkel geschossen wie das jeweils verglichene Foto. Viele Details und Nuancen können, wie du weißt, auch durch Abbildungsfehler der verwendeten Kameras bzw. Smartphones entstehen -> https://de.wikipedia.org/wiki/Abbildungsfehler . Es kann aber auch sein, dass du Recht hast, man müsste halt Fotos im exakt gleichen Winkel mit demselben Setup haben um "Beweise" zu generieren.



    Was die Anerkennung deiner Arbeit in der Vintage Szene mit Sicherheit trübt (leider auch bei mir der Fall) ist das Wissen von uns Uhrenverrückten, dass sich mit solchen Details wie du dich befasst nur Faker/Hommage-Bauer und Dergleichen beschäftigen. Sprich exakte Explosionszeichnungen von Werken, akribische Aufzeichnug der Position von Gravuren, verwendete Fonts, Grösse und Satz der Fonts etc. etc. . Der Fakt, dass du direkt aus der Hommage-Szene kommst war mit Sicherheit kein Vorteil um in der Genuine-Szene Fuß zu fassen.


    Damit du mich nicht falsch verstehst, ich lese deine Berichte gerne und freu mich über jeden Neuen. Nur verstehe ich bis jetzt deine Motivation nicht.

  • Vorab: Ich besitze keine Panerai, habe keine besonderen Sympathien für Militäruhren im Allgemeinen und italienischen Kapfschwimmer-Uhren im Speziellen, bin also erst recht kein Panerista (Paneristi?) und kenne mich mit der Historie der Marke vor deren Relounge 1993 resp. 1997 nicht aus. Auch kenne ich die hier und in dem Thread, der vor Wochen soviel Staub aufgewirbelt hat, benannten Protagonisten nicht. Ich bin also emotionsfrei und danke pereztroika deshalb einfach dafür, dass er mit seiner akribischen Arbeit, deren Richtigkeit ich fachlich nicht beurteilen kann, mein Interesse an dem Sachverhalt geweckt hat. Ich bin beeindruckt vom deiner detektivischen, im Prinzip fast wissenschaftlichen Arbeit, Pereztroika, und bin als unbeteiligter Laie gespannt, wie sich das Thema entwickeln wird :lupe: .


    Dieser Beitrag gibt meine Meinung 100% wieder. Auf jeden Fall hat José wieder eine ganz tolle Arbeit geleistet! :gut:


    Ihm zu unterstellen, dass mit einer solchen oder ähnlichen Arbeit sich "nur Faker/Hommage-Bauer und Dergleichen" beschäftigen, finde ich ziemlich daneben. :rolleyes:


    Und machen wir uns nichts vor: Panerai hat binnen relativ kürzester Zeit einen Mythos erschaffen, der in der Uhrenindustrie einmalig sein dürfte. Das war's aber auch.

    • Offizieller Beitrag

    Das ist Fakt und keine Unterstellung, das wird Dir sicher auch Jose bestätigen, dass sich niemand mehr und akribischer mit Details von Genuine-Uhren auseinandersetzt als Faker und Hommage-Bauer. Ich denke Jose versteht meine Antwort oben schon richtig.


  • :gut: Genau das ist der Punkt, warum aus mir nie ein panerista "dieser Art" werden wird. Für mich sind die Freiheit zum eigenen Denken, möglichst geradeaus, und die zur eigenen Meinung wichtige Werte. Vereinsmeierei geht damit meistens nicht zusammen.


    Bebbe: Das gilt für alle professionellen Fälscher.